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Arbeiten im Ramadan: Was Sie jetzt beachten sollten

Der Ramadan ist für Moslems eine besondere Zeit. Am 2. April 2022 beginnt der islamische Fastenmonat und endet am 2. Mai. In diesem Zeitraum heißt Ramadan: Zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang darf weder gegessen noch getrunken werden. Eine freiwillige Entbehrung aus Glaubensgründen, die nicht immer leicht ist. Neben Hunger und Durst wirkt sich das Fasten auch auf Job und Leistungsfähigkeit aus. Wir erklären, welche Regelungen gelten und wie Arbeitgeber und Arbeitnehmer während des Ramadans die bestmöglichen Lösungen finden…



Arbeiten im Ramadan: Was Sie jetzt beachten sollten

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Ramadan: Zwischen Glaubensfreiheit und Dienstvertrag

Die Religionsfreiheit ist in Deutschland ein hohes Gut. Sie ist in Artikel 4 des Grundgesetzes festgeschrieben. Hier heißt es unmissverständlich: „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.“ Gerade im Hinblick auf einen möglichen beruflichen Zusammenhang ist der zweite Absatz sogar noch wichtiger: „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“ In Deutschland hat jeder das Recht, seinen Glauben auszuüben – im Rahmen anderer Gesetze natürlich.

Für Arbeitnehmer gilt gleichzeitig der Arbeitsvertrag. Auch dieser ist laut Gesetz verpflichtend, im Bürgerlichen Gesetzbuch steht: „Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet (§ 611 Abs. 1 BGB).“ Ein Arbeitnehmer hat also seine Arbeitsleistung – so wie im Dienstvertrag festgeschrieben – zu erbringen.

Arbeitsrecht: Was gilt im Ramadan?

Auf der einen Seite sind Beschäftigte verpflichtet, den Weisungen des Arbeitgebers Folge zu leisten. Tun sie dies nicht, drohen Abmahnung oder gar Kündigung. Außerdem gibt das deutsche Arbeitsrecht die Maxime vor: Ohne Arbeit kein Lohn. Kann ein Mitarbeiter wegen der Fastenzeit nicht arbeiten, entfällt die Entgeltzahlungspflicht.

Aber: Kommt ein Arbeitnehmer den Weisungen seines Arbeitgebers aus Gründen der Glaubens- und Gewissensfreiheit nicht nach, urteilen die Gerichte im Zweifel für die Religionsfreiheit und gegen die Berufsfreiheit des Arbeitgebers. Hier ist ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts von 2011 richtungsweisend: Eine Kündigung ist also – wenn etwa ein Mitarbeiter während des Ramadans fastet – nur schwer durchzusetzen.

Für den Arbeitgeber besteht zudem die Pflicht, den Arbeitnehmer während des Ramadans so einzusetzen, dass er seinen Glauben ausüben kann. Ist das nicht möglich und der Mitarbeiter weigert sich weiterhin, kann eine Kündigung aber gerechtfertigt sein. Letztlich kommt es dabei immer auf den Einzelfall und die genauen Umstände an.


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Ramadan: Auswirkungen auf das Arbeitsleben

Religionsfreiheit und Arbeitspflicht – diese beiden Normen stehen sich im Ramadan durchaus diametral gegenüber. Wenn zwischen Dämmerung und Sonnenuntergang keinerlei Nahrung aufgenommen wird, sinkt – den Naturwissenschaften folgend – die Leistungsfähigkeit. Geringe Flüssigkeitsaufnahme kann zu Konzentrationsproblemen und nachlassender Aufmerksamkeit bei Aufgaben führen.

Nahrungsaufnahme am späten Abend und frühen Morgen (nach Sonnenuntergang und vor Sonnenaufgang) führt zudem häufig zu weniger Schlaf – auch das ein Faktor, der sich an einem langen Arbeitstag bemerkbar machen kann. So ist in zahlreichen Berufen und Tätigkeiten mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen zu rechnen. Das können sein:

Unterschiede zwischen den Berufen

Hier kommt es natürlich auch auf die Art der Beschäftigung an. In körperlich sehr anstrengenden Berufen sind die Auswirkungen größer, die fehlende Nahrungsaufnahme zeigt sich hier schneller. Bei klassischen Bürotätigkeiten hingegen lässt sich die Fastenzeit leichter bewältigen. In manchen Berufen kann es dabei schwierig sein, die Vorgaben mit der Arbeit zu kombinieren. Ein Verkäufer, der den ganzen Tag fastet? Durchaus vorstellbar. Ein Chirurg, der über viele Stunden weder isst noch trinkt und dann eine komplizierte Operation durchführen muss? Das kann ein unverantwortliches Risiko sein.

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Arbeitnehmer: Das können Moslems tun

Wer die Fastenzeit als Arbeitnehmer mit allen Konsequenzen einhalten will, sollte dies vor allem mit seinem Arbeitgeber besprechen. Im Rahmen der Religionsfreiheit haben Sie das Recht, Ihren Glauben auszuüben – dies ohne vorherige Kommunikation zu tun, ist jedoch weder eine elegante, noch eine faire Lösung. Suchen Sie besser vorab das Gespräch mit dem Vorgesetzten, um das Thema und mögliche Schwierigkeiten zu besprechen.

Konsultieren Sie auch Ihren Arzt oder den Betriebsarzt, um abzuklären, ob das Arbeitspensum ohne Nahrungsaufnahme tatsächlich zu schaffen ist. Sollte es keine bessere Option geben, können Sie auch Ihren Jahresurlaub in die Zeit des Ramadans legen. Ebenso kann der Abbau von Überstunden eine (Teil-)Lösung sein, um die Arbeitslast im Ramadan zu reduzieren.

Offener Umgang mit Kollegen

Nicht nur mit dem Chef, auch innerhalb des Teams kann ein offener Umgang hilfreich sein. So wissen Ihre Kollegen, dass Sie für einen gewissen Zeitraum möglicherweise etwas weniger leistungsfähig sind und können Aufgaben entsprechend verteilen. Die meisten Mitarbeiter zeigen sich hier verständnisvoll – gerade wenn Sie selbst offen auf andere zugehen.

Noch einfacher ist gegenseitige Rücksichtnahme. Schließlich ist gegenseitige Unterstützung keine Einbahnstraße. Je mehr Sie die Kollegen aufklären, um Verständnis werben und um Mithilfe bitten oder selbst mal einspringen – etwa, indem Sie dafür sorgen, dass die Kollegen um Weihnachten herum frei machen können – desto besser das Miteinander und Betriebsklima.

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Arbeitgeber: Wie Chefs reagieren sollten

Arbeitgeber sollten rücksichtsvoll auf kulturell-religiöse Bräuche reagieren und diese vor allem ernst nehmen. Außerdem stellt sich oft die Frage: Warum sollten religiös motivierte Pausen und Fehlzeiten nicht gestattet sein, Raucherpausen aber schon?

Eine wichtige Aufgabe für Unternehmen ist es, im Ramadan möglichst pragmatische Lösungen zu finden und den Mitarbeitern entgegenzukommen. Oft lässt sich eine andere, leichtere Arbeit für den Zeitraum anordnen oder Arbeitszeiten lassen sich flexibler gestalten, um sich besser an die Zeiten des Ramadans – auch das Fastenbrechen am Abend – anzupassen. Aber Vorsicht: Hier könnte es einen juristischen Haken geben – den sogenannten Verdacht der Vorzugsbehandlung.

Keine Ungleichbehandlung von Mitarbeitern

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz sagt, dass muslimische Mitarbeiter nicht besser gestellt werden dürfen als die übrigen Beschäftigten – gleiches gilt natürlich auch andersherum. Werfen Sie also nicht den gesamten Schicht- oder Dienstplan um, weil gerade Ramadan ist. Das wäre nicht im Sinne der Gleichbehandlung und würde beim Rest der Belegschaft – nicht ganz zu Unrecht – Neidgefühle wecken.

Am besten sprechen Sie das Thema allgemein an und finden gemeinsam Lösungen, die allen versammelten Glaubensrichtungen – ob es sich dabei um Katholiken, Orthodoxe, Juden oder Hindus (und natürlich auch Atheisten) handelt – gerecht werden. Rücksicht nehmen und Lösungen für die Fastenzeit suchen? Unbedingt. Gleichzeitig gilt: Gleiches Recht für alle.


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