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Arbeitszeiterfassung: Gesetz, Pflicht, Regelungen & Formen

Die Arbeitszeiterfassung sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen ernst nehmen. Beide Parteien können so nachhalten, zu welcher Zeit gearbeitet wurde: Das Unternehmen erhält einen Überblick über Anwesenheit und Leistung, Mitarbeiter können die geleisteten Stunden nachweisen und entsprechende Vergütung – gerade bei Überstunden – verlangen. Aber ist die Arbeitszeiterfassung im Job Pflicht – und was gilt seit dem EuGH-Urteil? Wir erklären, was Sie zur Erfassung Ihrer Arbeitszeit wissen müssen und wie die Arbeitszeiterfassung durchgeführt wird…



Arbeitszeiterfassung: Gesetz, Pflicht, Regelungen & Formen

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Arbeitszeiterfassung: Nachweis geleisteter Arbeit

Als Arbeitszeiterfassung werden die verschiedenen Möglichkeiten bezeichnet, die Arbeitszeiten von Arbeitnehmern möglichst genau zu erfassen und somit feststellen zu können, wie lange Angestellte tatsächlich arbeiten. Der Arbeitsvertrag regelt dabei eine festgelegte Arbeitsdauer als Gegenleistung für das vereinbarte Gehalt.

Die Erfassung ist eine Möglichkeit zur Kontrolle, ob die Verpflichtungen erfüllt werden – und zwar für beide Seiten. Für Mitarbeiter ist gerade der Nachweis geleisteter Überstunden wichtig, um nicht ohne Ausgleich deutlich mehr als vereinbart zu arbeiten.

Vorgaben zur erfassten Arbeitszeit

Wird die Arbeitszeit von Mitarbeitern dokumentiert, müssen einige Vorschriften beachtet werden:

  • Der Mitarbeiter muss über die Arbeitszeiterfassung informiert werden.
  • Beide Vertragsparteien sowie die Personalabteilung haben Zugriff auf die Arbeitszeiterfassung.
  • Außer den autorisierten Personen sowie den Vertragsparteien haben lediglich Behörden wie der Zoll (zur Kontrolle bei Schwarzarbeit) Zugang zu den Daten.

Diese Punkte sind wichtig für den Datenschutz, da verschiedene Informationen und Daten erfasst werden, die sich Mitarbeitern eindeutig zuordnen lassen.

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Gibt es eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung?

In Deutschland wird die Arbeitszeiterfassung im Arbeitszeitgesetz geregelt. In § 16 Absatz 2 des ArbZG heißt es dazu:

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 Satz 1 hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen […]

Arbeitet ein Mitarbeiter länger als die gesetzlich erlaubte Höchstdauer von acht Stunden, gibt es für Unternehmen somit eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung. Diese umfasst jedoch zunächst nur die geleistete Mehrarbeit. Die reguläre Arbeitszeit muss nicht verpflichtend bis ins Details erfasst werden. Bis jetzt.

Pflicht durch neues Gesetz auf den Weg gebracht

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, die Arbeitszeiterfassung zu verschärfen. Ein entsprechendes Urteil dazu wurde bereits 2019 gesprochen. Der Inhalt: EU-Mitgliedsstaaten müssen ansässige Arbeitgeber dazu verpflichten, eine vollständige, lückenlose und umfassende Arbeitszeiterfassung durchzuführen.

Soll heißen: Jede Arbeitsstunde aller Mitarbeiter muss genau dokumentiert werden. Klingt nach großem Aufwand und einem Instrument zur Kontrolle, soll aber Mitarbeitern helfen. Ohne eine vollständige Arbeitszeiterfassung sei es für Mitarbeiter kaum möglich, Arbeitszeiten und vor allem Überstunden verlässlich zu erfassen, um eigene Rechte und Ansprüche durchzusetzen. Überstunden ohne Ausgleich sollen so verhindert oder wenigstens reduziert werden.

Bisher wurde das Urteil des EuGH noch nicht in nationales Recht umgesetzt. In der Rechtsprechung haben sich erste Gerichte aber bereits darauf berufen. So ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis eine endgültige Pflicht zur umfänglichen Erfassung der Arbeitszeit besteht.

So profitieren Arbeitnehmer

Wer bisher die eigene Arbeitszeit nicht lückenlos dokumentiert hat, konnte nur schwer beweisen, wie viele Überstunden tatsächlich geleistet wurden. Durch das neue Urteil zur Arbeitszeiterfassung soll Arbeitnehmern dabei geholfen werden. Mit einer detaillierten und vollständigen Arbeitszeiterfassung kann jederzeit nachvollzogen werden, wann ein Mitarbeiter mehr geleistet hat, als im Arbeitsvertrag geregelt wurde.

Zusätzlich soll durch das Urteil vom EuGH der Schutz von Arbeitnehmern gesteigert werden. Durch die größere Transparenz und Regulation der Arbeitszeiten infolge der Arbeitszeiterfassung soll verhindert werden, dass Mitarbeiter ausgebeutet oder in Arbeitszeiten gedrängt werden, die dem Gesetz widersprechen. So soll auch Stress reduziert sowie die Gesundheit verbessert werden.


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Formen der Arbeitszeiterfassung

Spätestens wenn das Gesetz angepasst wird, muss die Arbeitszeit erfasst werden, doch beginnen viele Arbeitgeber bereits jetzt mit der Umstellung. Wie genau die Erfassung erfolgt, regelt das Gesetz jedoch nicht. Die Entscheidung bei der konkreten Umsetzung wird den Arbeitgebern überlassen. Die klassische Stechuhr ist nur noch selten zu finden, meist werden moderne Varianten bevorzugt – aber auch klassische Methoden kommen weiterhin zum Einsatz. Wir stellen die häufigsten Formen vor:

  • Stundenzettel

    Viele Arbeitgeber setzen weiterhin auf einen klassischen Stundenzettel. Auf einem vorgefertigten Formular werden die genauen Arbeitszeiten an jedem Arbeitstag aufgeschrieben. Das kann handschriftlich oder über eine Excel-Tabelle geschehen. Auch Pausen können eingetragen werden. Dies eignet sich vor allem in kleineren Unternehmen mit wenigen Mitarbeitern.

  • Elektrische Terminals

    Die moderne Stech- oder Stempeluhr ist oft ein elektrisches Terminal. Mitarbeiter haben eine Chipkarte, mit der sie sich an- und abmelden. So wird die tägliche Arbeitszeit bis auf die Minute genau digital erfasst und abgespeichert. Auch können über das Terminal die Anzahl der Urlaubstage oder geleistete Überstunden eingesehen werden.

  • Software und Apps

  • Verschiedene Anbieter ermöglichen Arbeitszeiterfassung über Apps oder Programme, die in Unternehmen eingeführt werden können. So können sich Mitarbeiter beispielsweise auch im Homeoffice ihre Zeiten digital erfassen.

Arbeitszeiterfassung durch Mitarbeiter

Eine andere Möglichkeit ist es, dass Arbeitgeber die Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit an die Mitarbeiter weitergeben. Diese können dann selbstständig eintragen, von wann bis wann gearbeitet wurde – was wiederum kontrolliert werden sollte, um die Richtigkeit der Angaben zu gewähren.

Wahl der passenden Möglichkeit

Worauf ein Unternehmen letztlich zurückgreift, ist letztlich eine Frage des Budgets und des zu erwartenden Zeitaufwands. Kann der deutlich zurückgefahren werden und so zu Einsparungen bei Kosten führen, rentiert sich womöglich eine Anschaffung. Arbeitgeber sollten dabei genau überlegen, was zur Situation im Betrieb passt. Sehr große Unternehmen haben mit Stundenzetteln auf Papier sicherlich keine gute Lösung. Arbeitet ein Teil der Mitarbeiter von zuhause aus, bringt eine elektrische Zeiterfassung am Arbeitsplatz allein wenig.

Schwierigkeiten bei der Erfassung von Arbeitszeit

Eine vollständige Erfassung scheint simpel: Zu Arbeitsbeginn melden Mitarbeiter sich an, zum Feierabend wieder ab. So einfach ist es aber nicht. In vielen Jobs und Branchen ist ein Arbeitstag nicht so gradlinig.

Verschiedene Arbeitszeitmodelle, Telearbeit und andere Arbeitsformen bringen Fragen bei der Arbeitszeiterfassung mit. Was gilt bei Dienstreisen? Müssen sich Mitarbeiter bei einer längeren Kaffeepause schon abmelden und auch andere Unterbrechungen angeben? Und: Wer soll kontrollieren, ob gearbeitet oder anderen Beschäftigungen nachgegangen wird?

So muss im Zweifelsfall hinterfragt werden, inwieweit eine korrekte – im Sinne von durchgehend dokumentierte – Arbeitszeiterfassung überhaupt möglich ist.


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Arbeitszeiterfassung: Hilfe oder Kontrolle?

Ziel der Arbeitszeiterfassung ist laut EuGH der Schutz von Arbeitnehmern und deren Rechten. Sie ermöglicht nicht nur eine Dokumentation von Überstunden, sondern gibt Überblick über die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Pausen und Ruhezeiten. Wird nämlich aus der Erfassung ersichtlich, dass die tägliche Arbeitszeit über einen längeren Zeitraum ohne Ausgleich überschritten wurde, muss der Arbeitgeber gemäß seiner Fürsorgepflicht handeln.

Umgekehrt dient die Erfassung auch zur Kontrolle von Mitarbeitern. Stellt sich heraus, dass Arbeitszeiten nicht wie vereinbart eingehalten werden, können ebenso Maßnahmen ergriffen werden. Die Arbeitszeiterfassung ist somit Mittel gegen schwarze Schafe – auf beiden Seiten! Arbeitgeber, die Mitarbeiter zu viel und zu lange schuften lassen und Arbeitnehmer, die regelmäßig zu wenig arbeiten.

Aufdeckung von Arbeitszeitbetrug

In einigen Fällen lässt sich sogar Arbeitszeitbetrug nachweisen. Dazu zählen verschiedene verbotene Verhaltensweisen:

  • Angabe falscher Arbeitszeiten
  • Manipulation von Stempeluhren oder Software der Arbeitszeiterfassung
  • Angabe von Privatfahrten als Dienstreisen
  • Führen von privaten Telefonaten und Chats
  • Schreiben von privaten Mails
  • Surfen im Internet
  • Videos gucken oder Zeitung lesen

In solchen Fällen hat der Arbeitnehmer wenig Gutes zu erwarten. Es handelt sich um einen schwerwiegenden Vertrauensbruch, der im schlimmsten Fall bis zu einer Kündigung führen kann. Im Sinne aller ehrlichen Mitarbeiter ist es daher wichtig, dass klare Regelungen bestehen und die Handhabung der Arbeitszeiterfassung sowohl verständlich als auch einwandfrei ist.

Zehn Minuten Kaffeepause: fristlose Kündigung!

Wie wenig Pardon Arbeitsrichter bei Arbeitszeitbetrug kennen, zeigt jetzt ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm (AZ 13 Sa 1007/22): Eine Raumpflegerin ging während der Arbeitszeit einen Kaffee trinken – zuvor hatte sie sich allerdings dafür bei der elektronischen Zeiterfassung nicht ausgestempelt. Der Chef sah das, machte Handyfotos und sprach sie auf das Fehlverhalten an. Zunächst leugnete die Frau noch, dann gab sie die Tat zu. Folge: fristlose Kündigung – zu Recht. Eine Abmahnung sei hier entbehrlich gewesen, so die Richter, weil die Beschäftigte ihre Tat zunächst leugnete und verschleierte. Der Vertrauensbruch sei zudem enorm und ein vorsätzlicher Missbrauch der Stempeluhr. Das rechtfertige eine fristlose Kündigung.



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