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Direktheit: Lieber etwas zurückhaltender

Niemand möchte angelogen werden. Die Wahrheit gilt gemeinhin als hohes Gut. Und dennoch gibt es Situationen, in denen Direktheit gar nicht gut ankommt. In denen stattdessen eher Diplomatie gefragt ist. Diese zu identifizieren, macht das menschliche Miteinander teilweise kompliziert; denn nicht jeder Mensch ist gleich sensibel und merkt teilweise gar nicht, wenn er seinem Gegenüber auf die Füße tritt. Damit das Ihnen nicht passiert…



Direktheit: Lieber etwas zurückhaltender

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Direkte Art: Wie äußert sie sich?

Man spricht von Direktheit – je nach Kontext auch Offenheit – wenn jemand sich unmissverständlich und in aller Deutlichkeit äußert, Dinge unverblümt anspricht. Es zeigt sich, dass Direktheit (englisch = directness, straightforwardness) ein zweischneidiges Schwert ist, das verdeutlichen bereits die vielen Synonyme:

  • Eindeutigkeit
  • Geradlinigkeit
  • Klarheit
  • Impulsivität
  • Offenheit
  • Spontaneität
  • Unbekümmertheit
  • Unmittelbarkeit

Warum sich jemand in aller Direktheit äußert, kann verschiedene Gründe haben. Es kann es Gedankenlosigkeit, Unüberlegtheit passieren. Beispielsweise stellen Sie Ihrem Teamkollegen Ihren Designentwurf vor und hätten gerne eine Meinung. Sie haben sich Mühe gegeben, teilweise nächtelang gegrübelt und sind nun endlich (vorläufig) fertig geworden.

Und die Rückmeldung ist nicht nur verhalten, sondern Ihr Kollege äußert sich brutal ehrlich und Ihnen ist klar, dass das Design nicht ankommt. Wie würden Sie reagieren? Nur mit den Schultern zucken und sich denken, „gut, dann schlage ich mir noch ein paar Nächte um die Ohren“?

Oder besteht nicht eine große Chance, dass Sie ziemlich enttäuscht und auch gekränkt sind? Vielleicht sogar fassungslos, weil Sie bisher immer positive Rückmeldungen für Ihre Arbeit bekommen haben?

Zumindest ist das die latente Gefahr bei direkten Äußerungen. Direktheit kann toll sein, vor allem, wenn es um Komplimente und Zuspruch geht. Sobald Sie aber Kritik vorzubringen haben, kann sich eine direkte Art als Minenfeld erweisen.

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Die Crux mit der Direktheit

Wer wünscht sich nicht Klarheit? Immer wieder ist das eine zentrale Forderung in der Kommunikation – sei es zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern, sei es wie Unternehmen sich in der Öffentlichkeit präsentieren. Natürlich möchte man als Mitarbeiter eindeutige Anweisungen bekommen.

Ebenso wie die Angestellten ein Recht auf klare Aussagen haben, wenn das Unternehmen beispielsweise verkauft werden soll. Geschwurbel à la „Sie werden sicherlich eventuell höchstwahrscheinlich nicht davon betroffen sein“ kann niemand brauchen.

Auch Offenheit und Spontanität werden als Persönlichkeitsmerkmale immer wieder positiv bewertet. Spontan jemanden einladen, etwas unternehmen, spontane Ideen für die Umsetzung eines Projektes haben – das alles ist in Ordnung.

Aber bekanntlich macht die Dosis das Gift. Und die Situation und das Gegenüber. Synonyme für das Adjektiv direkt sehen schon nicht mehr uneingeschränkt positiv aus:

  • brutal
  • ehrlich
  • entwaffnend
  • frappierend
  • frisch
  • schnörkellos
  • schockierend
  • undiplomatisch
  • unhöflich
  • unverstellt

Doch wann wird eine direkte Art zur Taktlosigkeit? Tatsächlich scheint es ein Charakteristikum der deutschen Gesellschaft zu sein, dass die Menschen hierzulande sich vergleichsweise direkt äußern. Im Umgang mit anderen Kulturen kann das zu Schwierigkeiten führen.

Berühmt-berüchtigt sind hier die Briten, deren Höflichkeit geradezu legendär ist. Indirektheit ist dort quasi Volkssport: Dort heißt es, zwischen den Zeilen zu lesen. Eine Formulierung wie „It’s not quite what I had in mind“ liest sich auf Deutsch ungefähr wie „An so etwas hatte ich jetzt nicht gedacht – aber es wäre auch in Ordnung.“

Blöderweise ist die eigentliche Bedeutung der englischen Formulierung ein ungleich negativeres, aber freundlich verpacktes „Es gefällt mir nicht.“ Das bedeutet, dass Sie in einer globalisierten Umwelt, in einem internationalen Unternehmen mit ausländischen Kollegen Feingefühl im Sinne von interkultureller Kompetenz benötigen. Was für Sie vielleicht ganz selbstverständlich und noch vertretbar ist, kann auf fremde Ohren sehr drastisch wirken.

Direktheit: Zitate und Sprüche

  • Harmlos flog manch Wörtlein aus, böse ist es angekommen. Sagst du etwas grad heraus, wird es häufig krumm genommen. Otto Jaegerl
  • Ehrlich währt am längsten. Deutsches Sprichwort
  • Ein gerades Wort ist eine Göttergabe. Sorbisches Sprichwort
  • Direktheit hat den Vorteil, dass der andere weiß, was man möchte. Er könnte nur so verletzt sein, dass er keine Lust mehr hat, darauf zu hören. Kimberly B. Kolbe
  • Ein ehrliches Wort braucht seine Stunde und seinen Ort. Unbekannt
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Vorzüge eines unumwundenen Ausdrucks

Fangen wir mit den Vorteilen von Direktheit an. Angenommen, Ihr Freund will sich einen Wagen kaufen, mit dem er schon lange liebäugelt und Sie haben schlechte Erfahrungen mit dem Händler gemacht. Wenn Sie ihm nun Ihre ehrliche Meinung sagen, dann…

  • schützen Sie ihn vor Enttäuschungen
  • vermeiden Sie größeren finanziellen Schaden
  • beweisen Sie Loyalität, weil Sie Ihr Wissen nicht zurückgehalten haben.

Auch im Arbeitskontext kann sinnvoll sein, Klartext zu reden: Wenn es gilt, knappe Deadlines einzuhalten, oder wenn dadurch gar Leben gerettet wird, dann ist Direktheit absolut wertvoll.

Denn bekanntlich ist Zeit Geld, und wenn jemand auf den ersten Blick einen groben Produktionsfehler oder eine Sackgasse erkennt, dann haben Eitelkeiten in solchen Fällen nichts zu suchen.

Soweit, so simpel. Wesentlich schwieriger wird es, wenn eine Freundin Ihnen voller Begeisterung ihren neuen Freund vorstellt und Sie leider wissen, dass dieser Mann ein notorischer Heiratsschwindler ist. Sobald Emotionen dazu kommen – und davon ist in Beziehungsfragen wohl auszugehen – wird es heikel.

Wie viel Wahrheit eine Freundschaft verträgt, hängt sicherlich nicht nur von der Kunst der Diplomatie ab, sondern auch, wie lange Sie beide sich kennen, wie gut und wie reflektiert Ihre Freundin ist.

Als Maßstab kann hier der Spruch gelten: Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu.

Das erfordert von Ihnen natürlich ein gewisses Maß an Empathie. Sie sollten im Zweifelsfalle kurz innehalten und überlegen, wie es einem selbst in so einer Situation ginge.

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Direktheit als Schwäche

Kommen wir zu den Nachteilen. Die sind überschaubar, können aber weitreichende Konsequenzen haben und Sie entweder in die soziale Isolation treiben, oder sogar Gefälligkeiten und Geschäfte vermiesen.

  • Kränkung

    Wer sich nicht zurückhält, sondern unbedacht sofort das hinausposaunen muss, was ihm gerade durch den Kopf geht, macht sich keine Freunde – auch dann nicht, wenn Sie womöglich gar nichts Böses im Sinn haben. Aber die Art und Weise, wie Sie etwas herüberbringen, entscheidet darüber, ob die andere Person gekränkt und verletzt wird.

    Ein Klassiker in diesem Zusammenhang ist immer die Frage nach dem Aussehen, wenn gerade ein neues Kleid oder eine neue Frisur vorgeführt wird. Mögen Sie die Person? Dann müssen Sie einen Weg finden, der angemessen direkt ist, ohne Ihr Gegenüber zu verletzen.

    Als Richtschnur können Sie sich merken, dass Ihr Handeln anderen Menschen gegenüber immer von Wohlwollen geprägt sein sollte. Wenn es darum geht, eindeutige Fehlentscheidungen zu verhindern oder Schaden abzuwenden, dann kann es notwendig sein, mit Direktheit seine Meinung kundzutun. Unter Umständen rüttelt das den einen oder anderen wach.

    Wenn es allerdings lediglich eine Geschmacksfrage ist, dann tun Sie weder sich noch anderen Menschen einen Gefallen, wenn Sie mit größtmöglicher Ehrlichkeit vorgehen. Dann kann sich Direktheit als Schwäche entpuppen, indem Sie in Fettnäpfchen treten.

  • Verlust

    Je nachdem, wen Sie gekränkt haben und wie tief die Verletzung sitzt, schneiden Sie sich ins eigene Fleisch. Kollegen und Freunde gehen unter Umständen auf Abstand, werden Sie nicht mehr fragen, wenn es darum geht, gemeinsam etwas zu unternehmen. Ihre Meinung wird womöglich nicht gehört werden wollen; Sie mögen etwas auf der Sachebene Richtiges anzumerken haben, leider kommt es sehr schlecht auf der Gefühlsebene an.

    Daher empfiehlt es sich gerade bei Menschen, die Sie noch nicht lange oder besonders gut kennen, etwas zurückhaltender als üblich zu sein. Jeder Mensch hat Schwachstellen, aber nicht bei jedem sind es die gleichen.

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[Bildnachweis: Doppelganger4 by Shutterstock.com]