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Erlernte Hilflosigkeit: Ursachen, Symptome, wie überwinden?

Erlernte Hilflosigkeit ist die negative Überzeugung von Menschen, nichts an den eigenen Lebensumständen ändern zu können. Die Bezeichnung geht auf das Modell des amerikanischen Psychologen Martin E. P. Seligman zurück. In seinen Experimenten mit Hunden erkannte er Parallelen zwischen depressivem Verhalten beim Menschen und den Folgen der im Labor hervorgerufenen Hilflosigkeit bei Tieren: Menschen verhalten sich, als ob sie nichts ändern könnten, fühlen sich hilflos. Dennoch lässt sich erlernte Hilflosigkeit überwinden. Zur Definition, Beispiele, Ursachen und Symptome…



Erlernte Hilflosigkeit: Ursachen, Symptome, wie überwinden?

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Definition: Was versteht man unter erlernter Hilflosigkeit?

Erlernte Hilflosigkeit bezeichnet das negative Gefühl der Machtlosigkeit und des Kontrollverlusts. Zusätzlich glauben die Betroffenen, die alleinige Verantwortung für den Zustand der Hilflosigkeit zu tragen. Es handelt sich hierbei um eine psychologische Störung, die nicht die Realität abbildet.

Diese führt dazu, dass Menschen grundsätzlich glauben, nichts ausrichten zu können: Nicht nur in Situationen tatsächlicher Hilflosigkeit, sondern darüber hinaus. Sie entwickeln ein lethargisches Verhalten bis hin zur Depression.

Erlernte Hilflosigkeit Beispiel

Fast jeder Mensch kennt Bereiche, in denen er oder sie nicht so gut ist. Oft führen verinnerlichte Glaubenssätze dazu, dass viele nach einmaligem Scheitern keinen zweiten Versuch unternehmen. Meist muss mangelndes Talent als Grund herhalten:

  • Ich habe null Orientierungssinn – in fremden Orten bin ich vollkommen aufgeschmissen.
  • Rechnen ist mir schon zu Schulzeiten schwergefallen, ich kann einfach nicht logisch denken.
  • Ich bin total unsportlich, schon in der Schule hatte ich immer eine 4 in Sport.

Die Betroffenen sehen gar nicht, dass es in vielen Fällen beileibe nicht Talent, sondern harte Arbeit ist. Der Klassenprimus ist nicht der Beste, weil ihm alles in den Schoß fällt, sondern weil er für die Klausuren regelmäßig lernt. Menschen mit gutem Orientierungssinn prägen sich auffällige Stellen an fremden Orten ein, um sich zurechtzufinden. Und spielerisches Training hat schon aus so manchem Sportmuffel ein Ass gemacht – jedenfalls in einigen Disziplinen.

Der erlebte Kontrollverlust liefert allerdings auch schnell Erklärungen für deutlich wichtigere Bereiche. Erlernte Hilflosigkeit kann beispielsweise bei plötzlicher Arbeitslosigkeit weitere Enttäuschungen begünstigen. Erweist sich die Arbeitsplatzsuche als schwierig, sinkt die Hoffnung und damit das Engagement.

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Ursachen erlernter Hilflosigkeit und ihre Folgen

Bei manchen Menschen ist erlernte Hilflosigkeit eine Art zu reagieren, beispielsweise auf Gewalterfahrungen, Verlust oder Behinderung. Solche Erfahrungen führen bei diesen Personen häufig zu einer Opferhaltung. Gedanken wie die folgenden bestimmen die Selbstwahrnehmung:

  • Ich kann sowieso nichts ändern.
  • Das konnte ja nur mir passieren.
  • Meine Wünsche zählen nicht.
  • Ich bin zu schwach.

Die Betroffenen gleiten in die Resignation ab und unternehmen nichts, um etwas zu ändern. Stattdessen werden sie häufig depressiv und apathisch. Menschen mit erlernter Hilflosigkeit erleben sich als Opfer der Umstände, in ihrer eigenen Wahrnehmung können sie nichts ändern – auch wenn das Umfeld das häufig anders wahrnimmt.

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Erlernte Hilflosigkeit in der Psychologie

Psychologen vermuten, dass widrige Ereignisse vor allem dann zu Resignation und depressivem Verhalten führen, wenn sie sich von den Betroffenen nicht kontrollieren lassen. Gestützt wird diese These durch entsprechende tierexperimentelle Untersuchungen und Beobachtungen an Menschen. Scheinbar entwickeln viele Betroffene eine gewisse Erwartung: Wer sich in einer Situation hilflos ausgeliefert gefühlt hat, erwartet in vergleichbaren Situationen erneut keine Kontrolle zu haben und wieder ausgeliefert zu sein.

Entscheidend ist bei erlernter Hilflosigkeit also weniger der tatsächliche Kontrollverlust, sondern die Selbstwahrnehmung. Auch wenn sich das Verhalten von Menschen erklären lässt: Der Unterschied bei sich hilflos fühlenden Menschen zu anderen liegt in der Erkenntnis und in dem Wunsch, etwas zu ändern. Häufig sind es Ängste und Hemmungen, die Menschen mit erlernter Hilflosigkeit daran hindern, etwas zu ändern. Sie trauen sich nicht, anderen ihre Wünsche mitzuteilen.

Gleichzeitig haben sie übersteigerte Vorstellungen von ihren Mitmenschen. Erwarten quasi, dass andere Menschen hellsehen und ihre Bedürfnisse erahnen könnten. Das passiert nicht und somit werden diese Personen – egal, ob Partner, Arbeitskollegen oder Freunde – als egoistisch oder wenig feinfühlig disqualifiziert.

Erlernte Hilflosigkeit Symptome

In Laborexperimenten zur Hilflosigkeit erkannte die Forschung drei Formen von Störungen:

  • Motivationaler Bereich
    Die Betroffenen sind erschüttert und haben geringe Motivation zu reagieren.
  • Kognitiver Bereich
    Der Lernprozess verlangsamt sich: Betroffene denken, dass eigene Reaktionen Konsequenzen hervorrufen.
  • Emotionaler Bereich
    Es entwickeln sich emotionale Störungen, besonders Depressionen und Ängste.

Verschiedene Symptomen begleiten diese Störungen. So leiden die Betroffenen unter Antriebslosigkeit, Schlafstörungen (PDF) und ein geschwächtes Immunsystem. Häufig zeigen sich zudem innere Unruhe und Stresssymptome wie Herzrasen und Appetitlosigkeit oder Heißhunger.

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Erlernte Hilflosigkeit überwinden

Erlernte Hilflosigkeit ist nicht gleichbedeutend mit tatsächlicher Hilflosigkeit. Um das zu erkennen, bedarf es der Selbstreflexion und eines gewissen Leidensdrucks. Folgende drei Punkte helfen dabei, die erlernte Hilflosigkeit zu überwinden:

1. Selbstwirksamkeit erkennen

Ein wichtiger Schritt ist, nach Lösungen zu suchen und sie in die Tat umzusetzen. Positives Denken ist unerlässlich auf diesem Weg, denn Hoffnung und Zuversicht können sich nicht aus Pessimismus entwickeln.

Es geht nicht darum, naiv vor sich hin zu träumen. Allerdings ist das andere Extrem – ständiges Schwarzsehen – ebenso schädlich. Wichtig ist vielmehr, sein Denken wieder in gemäßigte Bahnen zu lenken. Bis dahin müssen Sie an Ihre Selbstwirksamkeit glauben und dass Sie Kontrolle über die Dinge haben. Denn selbsterfüllende Prophezeiung ist auch im positiven Sinne möglich, funktioniert also in beide Richtungen.

2. Selbstverantwortung übernehmen

Die Betroffenen müssen als erwachsene Person Selbstverantwortung übernehmen. Dahinter verbirgt sich einer der Credos der Persönlichkeitsentwicklung: Sie selbst können Ihr Leben in die Hand nehmen, Sie selbst sind Ihres Glückes Schmied. Selbstverantwortung zu übernehmen heißt, dass Sie selbst dafür sorgen müssen, dass es Ihnen gut geht.

Die Schuld dafür, dass es Ihnen vielleicht gerade nicht so gut geht, können Sie nicht bei anderen suchen. Ebenso wenig sollten Sie nicht immer andere Umstände und Probleme in der Vergangenheit für etwas heranziehen, das in der Gegenwart liegt. Gleichzeitig bedeutet Verantwortung zu übernehmen, für eigene Fehler geradezustehen und nicht immer die Ursache woanders zu suchen: Wer unpünktlich bei der Arbeit erscheint, sollte sich nicht in Ausreden flüchten, sondern dazu stehen, dass er oder sie vermutlich zu spät das Haus verlassen hat.

3. Entscheidungen treffen

Wer erlernte Hilflosigkeit überwinden will, muss Entscheidungen treffen und die Konsequenzen daraus tragen können. Das Problem: Aus Angst vor falschen Entscheidungen zögern Menschen mit erlernter Hilflosigkeit ihre Entscheidungen lange heraus. So lange, bis sich etwas erledigt oder andere Personen ihnen die Entscheidung abnehmen. Mit unschönen Konsequenzen: Die so „getroffenen“ Entscheidungen fallen selten wie erhofft aus. Der Betroffene erlebt sich somit wieder als Opfer der Umstände.

Darin zeigt sich eine völlig übersteigerte Anforderung an sich selbst: Die Betroffenen gestehen sich selbst keine Fehler zu. Jede anstehende Entscheidung hat den Anspruch die richtige sein zu müssen. Dieser Perfektionismus lähmt enorm.

4. Komfortzone verlassen

Manchmal begünstigen Menschen ihre erlernte Hilflosigkeit, indem sie in ungünstigen Konstellationen verharren. Wer beispielsweise Angst vorm Auto fahren auf der Autobahn hat, vermeidet sie und/oder schiebt diese Aufgabe anderen zu. Damit berauben Sie sich allerdings der Möglichkeit, die Angst zu besiegen und ein Erfolgserlebnis zu haben.

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Zielführender ist es, Unsicherheiten und Ängste schrittweise anzugehen. Wenn Sie Ihre Komfortzone verlassen, erweitert das automatisch Ihren Handlungsrahmen. Das erfordert eine gewisse Frustrationstoleranz im Umgang mit anfänglichen Schwierigkeiten. Aber irgendwann schleifen sich neue Routinen ein, legt sich die Aufregung und wächst die Erkenntnis, eine Hürde gemeistert zu haben.

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Erlernte Hilflosigkeit Experiment: Seligmans Versuche an Hunden

Ursprünglich wollte Seligman zusammen mit seinem Kollegen J. Bruce Overmier Experimente zur Angstkonditionierung untersuchen. Die Entdeckung der erlernten Hilflosigkeit ist eher ein zufälliges Nebenprodukt. Die beiden Wissenschaftler gingen in ihren Experimenten nach dem triadischen Versuchsplan vor. Es gab drei Gruppen mit Hunden und zwei Versuchsphasen. In der ersten Phase des Experiments ging man folgendermaßen vor:

  • 1. Gruppe
    Den Tieren wurden Elektroschocks zugefügt, die sie durch das Betätigen eines Hebels abwenden konnten.
  • 2. Gruppe
    Diese Tiere bekamen ebenfalls Elektroschocks, konnten im Vergleich zu den Hunden in der ersten Gruppe diesen jedoch nicht entgehen.
  • 3. Gruppe
    Diesen Hunden wurden keine Schocks verabreicht.

In der zweiten Phase des Experiments fügte man allen Hundegruppen Elektroschocks zu. Alle Hunde hatten die Möglichkeit, sich durch den Sprung durch ein Fenster zu retten. Hier zeigte sich, dass die Hunde aus der ersten Gruppe sehr schnell fliehen konnten. Die Tiere der dritten Gruppe brauchten zwar etwas länger, um zu verstehen, wie sie den Elektroschocks entgehen konnten. Sehr bald entkommen sie jedoch den Elektroschocks.

Allein die Hunde der zweiten Gruppe blieben lethargisch am selben Platz. Sie unternahmen keinerlei Versuche, den Schocks zu entgehen. Wenn sie es dennoch versuchten, brauchten sie hierfür deutlich mehr Zeit.

Kritik an Versuchen

Die Experimente waren stark umstritten, führten aber zu Hypothesen, mit denen Forscher Depressionen zu erklären versuchen. Bei nachweislicher Hilflosigkeit in ausweglosen Situationen – beispielsweise Naturkatastrophen, Kriegen oder Todesfällen – konnten Forscher klar beobachten, dass Menschen anschließend apathisch und lethargisch waren.

Gleichzeitig kommt dieses Erklärungsmodell an seine Grenzen. Manche Menschen reagieren trotz erlittener Erfahrungen von Kontrollverlust nicht mit erlernter Hilflosigkeit. Es ist also auch eine Frage der Persönlichkeit und der individuellen Resilienz. Erlernte Hilflosigkeit zeigt sich vor allem bei Menschen mit folgenden Eigenschaften:

  • Probleme nehmen sie immer persönlich (persönlicher Charakter).
  • Sie kreisen ständig ums Problem, welches somit zum Lebensinhalt gerät (genereller Charakter).
  • Dieses Problem empfinden sie als unlösbar (permanenter Charakter).

Erlernte Hilflosigkeit in Therapie überwinden

Erlernte Hilflosigkeit steht für eine Verarmung des Denkens und eine Fixierung auf reduzierte Denkmuster, die es zu überwinden gilt. Erlernte Hilflosigkeit lässt sich „verlernen“. Neben den genannten Maßnahmen, die jeder aktiv selbst ergreifen kann, gibt es vielversprechende Therapiemöglichkeiten. Professionelle Hilfe können Betroffene hier von psychologischen Verhaltenstherapeuten oder Fachärzten für Psychotherapie mit dem Schwerpunkt kognitive Verhaltenstherapie erhalten.

Dafür muss der Betroffene dazu bereit sein, einen Schritt ins Unbekannte zu wagen. Er muss den dringenden Wunsch haben, sein eigenes Leben zu leben und nicht eines, das den Vorstellungen der Familie, irgendwelcher Kollegen oder der Gesellschaft entspricht, oder das von Kultur und Tradition geprägt ist.

Der Betroffene muss sich seinen Ängsten und unangenehmen Tatsachen stellen, die er sonst zu vermeiden sucht. Als Therapieziel ergibt sich aus dem Erklärungsmodell nach Seligman, dass die Betroffene wieder lernen, dass sie selbst ihr Leben in der Hand haben: Sie können die Kontrolle über ihre Umwelt erlangen und Probleme selbstständig überwinden. Sie müssen den Selbstwert und die Wertschätzung der eigenen Person wieder erlernen.


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