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Harvard-Konzept: Prinzipien, Beispiel + Vorteile

In Verhandlungen muss man den anderen schlagen, die eigenen Interessen durchbringen und selbst möglichst keine Zugeständnisse machen? Das Harvard-Konzept sagt: Falsch! Die bekannte Verhandlungsstrategie setzt auf Win-Win-Situationen, von denen alle Beteiligten profitieren. So gehen beide Seiten als Gewinner aus dem Gespräch, freuen sich über eine sachbezogene Verhandlung und konstruktive Einigung. Wir erklären die vier Grundsätze und zeigen am Beispiel, wie das Harvard-Konzept funktioniert…



Harvard-Konzept: Prinzipien, Beispiel + Vorteile

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Was ist das Harvard-Konzept – einfach erklärt?!

Das Harvard-Konzept ist ein sachbezogener Verhandlungsansatz, der auf eine Win-Win-Situation aller Beteiligten und eine möglichst konstruktive und friedliche Einigung in Verhandlungen abzielt. Es geht nicht darum, dass eine Seite die eigenen Forderungen mit Druck, starken Argumenten oder gar Erpressungen durchboxt, sondern gemeinsam den für beide Seiten größten Nutzen zu finden. Das führt nicht nur zu besseren Ergebnissen, sondern schützt durch sachliches Vorgehen auch die persönlichen Beziehungen der Verhandlungspartner.

Entwickelt wurde das Harvard-Konzept vor 40 Jahren von Roger Fisher und William Ury. Bekannt wurde das Verhandlungsmodell durch den Bestseller „Getting to Yes“ (im Deutschen: „Das Harvard-Konzept“). Das Konzept wird teilweise auch als Harvard-Prinzip, Harvard-Methode, Harvard-Modell oder Harvard-Ansatz bezeichnet.

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4 Prinzipien des Harvard-Konzepts

Das Harvard-Konzept basiert auf insgesamt vier Grundsätzen und Voraussetzungen. Werden diese erfüllt, kann die bestmögliche Lösung für alle gefunden werden, ohne dass es dabei zu großen Konflikten in der Verhandlungsphase kommt:

1. Behandeln Sie Menschen und Interessen getrennt voneinander

Verhandlungen scheitern und Konflikte eskalieren, wenn die Sachebene und die persönliche Ebene vermischt werden. Eine sachliche Bemerkung wird so möglicherweise als Beleidigung oder persönlicher Angriff aufgefasst. Trennen Sie unbedingt den Menschen von seinen Interessen. Betrachten Sie Ihren Gegenüber nicht als Gegner, sondern als zweite Partei und Verhandlungspartner für die Lösung eines Problems.

Es gilt eine Grundregel des Harvard-Konzepts: Seien Sie hart in der Sache, aber weich zu den Menschen.

2. Verhandele Interessen – nicht Positionen

Hinter der Position, die eine Verhandlungspartei vertritt, können viele Interessen stecken. Ein Mitarbeiter möchte eine Beförderung, das Interesse dahinter kann mehr Gehalt, mehr Anerkennung, beruflicher Aufstieg oder auch ein spannenderes Aufgabenfeld sein.

Für ein gutes Ergebnis sollten die wahren Interessen offen kommuniziert werden. Nur so können sie auch berücksichtigt und das Konfliktpotenzial minimiert werden. Zudem lassen sich Interessen durch unterschiedliche Positionen und Einigungen erreichen. Möchte der Mitarbeiter durch die Beförderung ein verantwortungsvolleres Aufgabenfeld, kann der Chef ihm entsprechende Projekte anbieten.

3. Entwickeln Sie verschiedene Optionen

Das Harvard-Konzept funktioniert nicht durch starres Festhalten an der eigenen Forderung. „Entweder so – oder eben gar nicht!“ – das kann niemals ein zufriedenstellendes Ergebnis für beide Seiten sein. Mit dem Wissen um die Interessen aller Beteiligten sollten Sie möglichst viele unterschiedliche Auswahlmöglichkeiten entwickeln. Suchen Sie nach Lösungen, die eine klassische Win-Win-Situation bedeuten. Sinnvoll sind auch Optionen, die dem anderen die Entscheidungsfindung erleichtern.

Dieser Punkt braucht Kreativität und Flexibilität. Folgen Sie dabei den Regeln des Brainstorming: Sammeln Sie zunächst möglichst viele Ideen und Vorschläge, ohne diese sofort zu bewerten oder wieder auszusortieren.

4. Nutzen Sie objektive Beurteilungskriterien

Zum Schluss geht es um die Einigung. Hier sollten noch einmal die Interessen und Motive offen kommuniziert werden. Was wünscht der andere sich vom Ergebnis? Was sind Ihre persönlichen Interessen? Und wie sieht für beide Seiten eine faire Vereinbarung aus? Wichtig ist das gemeinsame Vorgehen. Keine Seite gibt eine endgültige Entscheidung vor, sondern durch objektive und faire Kriterien wird diese zusammen entwickelt.

Das führt zu Akzeptanz und einer echten Win-Win-Situation. Im Idealfall sind beide Seiten glücklich mit der Übereinkunft und haben das Gefühl, dass die eigenen Interessen berücksichtigt wurden und in den Deal eingeflossen sind.

4 Regeln Harvard Konzept Infografik

Harvard-Konzept: Die Alternative

Auch das Harvard-Konzept ist keine hundertprozentige Garantie. Kann keine Einigung gefunden werden, sieht das Modell aber gleich eine Alternative vor: BATNA – Best Alternative To a Negotiated Agreement und ist die beste Alternative für den Fall keiner Einigung.

Das BATNA ist Ihr Plan B für die Verhandlung. Überlegen Sie sich diese schon bevor die eigentliche Verhandlung beginnt. Dabei müssen Sie auch Ihr Minimalziel für die Verhandlung kennen. Womit wären Sie noch zufrieden – und ab wann steigen Sie aus der Verhandlung aus und präsentieren Ihre Alternative?


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Beispiel für das Harvard-Konzept

Zum besseren Verständnis und zur Veranschaulichung ein typisches Beispiel aus der Praxis: Ein Mitarbeiter bittet den Chef um ein Gehaltsgespräch – er will 500 Euro mehr im Monat, der Chef aber maximal 150 Euro monatlich mehr bezahlen. Nach den Voraussetzungen des Harvard-Konzepts kommunizieren beide offen ihre Interessen: Der Mitarbeiter fühlt sich für seine Leistungen nicht ausreichend geschätzt, außerdem bekommt er bald ein Kind und möchte durch die Gehaltserhöhung die finanzielle Situation verbessern. Der Chef hat hingegen die Vorgabe, beim Budget zu sparen und darf das Limit nicht überschreiten.

Bei einem klassischen Kompromiss verlieren beide. Der Mitarbeiter fühlt sich weiterhin nicht ausreichend geschätzt und bekommt nicht die angestrebte Bezahlung, der Chef muss mehr zahlen, als die Firma vorgibt. Beide Seiten sind unzufrieden und müssen zudem in der Verhandlung die eigene Position verteidigen und die Gegenposition angreifen. Es kommt zu Konflikten, die möglicherweise das Arbeitsverhältnis belasten.

Das Harvard-Konzept sucht nach Alternativen im Sinne der tieferen Beweggründe. Eine Lösung könnte sein, dass der Mitarbeiter auf die sofortige Gehaltserhöhung verzichtet, diese aber in gewünschter Höhe im folgenden Geschäftsjahr erhält. Zusätzlich kann er als Zeichen der Wertschätzung mit der Betreuung wichtigerer Aufgaben betraut werden. Es ist nicht die anfängliche „Entweder-Oder-Lösung“, sondern eine alternative Win-Win-Situation.

Verhandlungsmatrix Verhandlungsoptionen Win Win Infografik

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Vorteile: Darum ist das Harvard-Konzept so gut

Das Harvard-Konzept gehört mittlerweile zu den bekanntesten und legendärsten Verhandlungsmodellen. Aus gutem Grund! Es hat einige große Vorteile zu anderen Verhandlungsarten, bei denen es nur darum geht, die eigene Position mit harten Bandagen durchzudrücken:

  • Es gibt keinen Verlierer
    Wird nach dem Harvard-Konzept verhandelt, gibt es nur Gewinner. Niemand verlässt den Verhandlungstisch und hat das Gefühl, in der Verhandlung ausgenutzt worden zu sein oder ein schlechtes Ergebnis erzielt zu haben. Stattdessen gibt es große Akzeptanz und Zufriedenheit mit der Einigung – und zwar auf allen Seiten.
  • Beide Seiten arbeiten zusammen
    Statt gegeneinander zu arbeiten und zu versuchen, den anderen zu schwächen, wird beim Harvard-Modell zusammen an der bestmöglichen Lösung gearbeitet. Das führt letztlich rein objektiv zu den besseren Ergebnissen und Abmachungen.
  • Sie nehmen einander ernst
    Die wahren und tieferen Interessen des Gegenübers zu erkennen, zu verstehen und darauf einzugehen, ist ein Zeichen von Respekt und zeigt, dass Sie Ihren Gesprächspartner ernst nehmen. Auf dieser Basis wird nicht nur besser verhandelt, es ist auch sehr gut für die persönlichen Beziehungen untereinander.

Kritik am Harvard-Konzept: Problem der asymmetrischen Informationen

Trotz zahlreicher Vorteile und guter Ergebnisse hat das Harvard-Konzept Grenzen. Ein häufiger Kritikpunkt: Die Verhandlung nach den obigen Prinzipien setzt voraus, dass beide Seiten über dieselben Informationen verfügen und es gut miteinander meinen. In der Praxis eher selten der Fall. Gerade asymmetrische Informationen sind fast in jeder Verhandlungssituation Normalität. Anders ausgedrückt: Eine Seite weiß mehr als die andere.

Wer mehr Informationen hat, ist dabei immer im Vorteil. Er kann seinen Wissensvorsprung einsetzen, um die Einigung zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Statt der Win-Win-Situation kommt es zur Win-Lose-Situation. Es sei denn, er ist gutmütig – was wiederum unwahrscheinlich ist, da die meisten Menschen in der Verhandlung den größten Vorteil für sich selbst suchen.

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[Bildnachweis: iDraw by Shutterstock.com]