Sprechzeiten sind selbstverständlich – in einigen Bereichen
Die Idee der Sprechzeiten ist keine Weltneuheit. In vielen Bereichen werden sie seit jeher eingesetzt und sind eine absolute Selbstverständlichkeit. Niemand würde auf die Idee kommen, außerhalb der Sprechzeiten bei einem Arzt anzurufen, um nach dem nächsten freien Termin oder einer telefonischen Beratung zu gesundheitlichen Problemen zu fragen. Auch haben Sie wahrscheinlich noch nie an einem Freitag Abend um 19 Uhr versucht, Ihren zuständigen Sachbearbeiter beim Finanzamt anzurufen und nach dem Stand Ihrer Steuererklärung zu fragen.
Es besteht allgemein kein Zweifel darüber, dass diese Menschen zu genau festgelegten Zeiten erreichbar sind – und nicht darüber hinaus. Gelegentlich entsteht darüber ein gewisser Unmut, doch das System hat sich durchgesetzt und wird in absehbarer Zukunft wohl auch nicht ersetzt werden.
Schon hier wird deutlich, wie unterschiedlich das Thema Sprechzeiten in verschiedenen Branchen und Berufsgruppen gehandhabt wird. Niemand erwartet von einem Arzt oder Beamten, weit nach Feierabend noch erreichbar zu sein, handelt es sich hingegen um Selbstständige und Freiberufler, wird gerne auch abends, an Wochenenden oder gar Feiertagen zum Telefonhörer gegriffen – und erwartet, dass der gewünschte Gesprächspartner erreichbar, freundlich und engagiert ist.
Woran liegt es, dass hier so offensichtlich mit zwei unterschiedlichen Maßstäben gemessen wird?
Sprechzeiten für Selbstständige: Der große Unterschied ist die Arbeitszeit
Was Freiberuflern große Schwierigkeiten bereitet, ist das Bild, dass viele andere Arbeitnehmer – in einem mehr oder weniger normalen Beschäftigungsverhältnis – von ihrer Arbeit haben. Bei freiberuflichen Tätigkeiten oder Selbstständigkeit tauchen in den Gedanken der meisten Menschen schnell drei Punkte auf: Eigenverantwortlich, Home Office und flexible Arbeitszeiten.
Besonders der dritten und letzten Punkt – die flexiblen Arbeitszeiten – ist entscheidend für das Problem der ständigen Erreichbarkeit bei Freiberuflern und Selbstständigen. Sie haben eben keinen geregelten Arbeitstag zwischen 9 und 17 Uhr, arbeiten gerne auch abends, wenn andere sich längst in den Feierabend verabschiedet haben.
Auch ist die Ansicht weit verbreitet, dass im Home Office ohnehin nicht wirklich gearbeitet wird. Schließlich ist man den ganzen Tag zuhause. Da kann man also ruhig rund um die Uhr anrufen. Für Selbstständige und Freiberufler leitet sich hieraus eine wichtige Frage ab: Wie viel Erreichbarkeit ist sinnvoll und wie lässt sich eine passende Regelung in die eigene Arbeitsweise einführen?
Die mögliche Antwort: Sprechzeiten. Auch im Home Office können zeitliche Regelungen über die Erreichbarkeit funktionieren. Entscheidend für deren Erfolg ist jedoch, wie diese eingeführt werden:
- Kernzeiten einhalten. Die eigenen Arbeitszeiten mögen flexibel gestaltet sein, doch sollten Sie dafür sorgen, dass Sie zu üblichen Arbeitszeiten erreichbar sind. Die Sprechzeiten sollten Ihrer Tätigkeit schließlich helfen und nicht verhindern, dass mögliche Kunden mit Ihnen in Kontakt treten können. Zum Beispiel können Sie festlegen, dass Sie telefonisch nur zwischen 9 und 15 Uhr erreichbar sind. Arbeiten Sie eher später kann sich diese Zeit auch nach hinten verschieben, solange Sie während der Kernzeiten erreichbar sind.
- Sprechzeiten bekanntmachen. Damit Ihre Kunden sich an die Sprechzeiten halten können, müssen sie erst einmal darüber informiert werden. Nutzen Sie daher Ihre Homepage, Ihre E-Mail und auch den direkten Kontakt am Telefon oder im persönlichen Gespräch, um auf die anstehende Änderung aufmerksam zu machen.
- Umsetzung beibehalten. Es kann immer ein kurzfristiges Problem auftreten, das ein Telefonat außerhalb der neuen Sprechzeiten nötig macht. Doch sollten Sie darauf achten, dass dies wirklich die Ausnahmen bleiben. Nur wenn Sie selbst sich konsequent an Ihre festgelegte Erreichbarkeit halten, werden auch andere diese ernst nehmen.
Sprechzeiten für Selbstständige: Warum Sie diese einführen sollten
Die Umsetzung der Sprechzeiten für Selbstständige ist eine Herausforderung. Gerade wenn Kunden und Geschäftspartner es bisher gewohnt waren, zu jeder Tageszeit (und leider auch spät am Abend) anrufen zu können, ist die Umstellung nicht ganz einfach. Aber lohnen tut sie sich in jedem Fall.
- Bessere Organisation des Arbeitstages. Flexible Arbeitszeiten können ein Vorteil sein, bringen aber auch die Aufgabe mit, den eigenen Arbeitstag zu strukturieren. Konkrete Sprechzeiten geben einen solchen Zeitrahmen vor.
- Konzentriertes Arbeiten in den wichtigen Phasen. Sie können sich Ihre Aufgaben so einteilen, dass Ihre Konzentration nicht durch das ständige Klingeln des Telefons gestört wird. Steht ein Projekt an, das Ihre volle Aufmerksamkeit erfordert, bearbeiten Sie dieses einfach außerhalb der Sprechzeiten.
- Trennung von Berufs- und Privatleben. Zuhause arbeiten macht es schwer, eine klare Linie zwischen Arbeit und Privatleben zu ziehen. Durch die Einführung von Sprechzeiten können Sie diese Trennung bewusster gestalten.