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Superstar-Effekt: Darum lassen wir uns einschüchtern

Manche Menschen sind frei von Selbstzweifeln. Sie glauben, dass sie allein mit einer Erkältung die Schmelze der Polarkappen aufhalten können oder im Cabrio die Musik nur laut genug aufdrehen müssen, damit sich die Straßenpläne im Handschuhfach von alleine ordnen. Typen wie diese strotzen nur so von Chuzpe und Selbstbewusstsein. Bewundernswert! Doch lassen sich viele nur allzu leicht davon einschüchtern und werden so zum Opfer des Superstar-Effekt…



Superstar-Effekt: Darum lassen wir uns einschüchtern

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Bedeutung: Was ist der Superstar-Effekt?

Der Superstar-Effekt (auch: Tiger-Woods-Effekt) bezeichnet in der Psychologie einen Leistungsabfall bei den Anwesenden sobald ein Superstar oder Top-Experte seines Fachs dazu kommt. Dessen pure Anwesenheit wirkt so einschüchternd, dass die Teilnehmer eines Wettbewerbs schlechter abschneiden als sonst.

Erstmals beschrieben hat den Superstar-Effekt die Strategieforscherin Jennifer Brown von der renommierten Kellogg School of Management in Chicago. Sie wertete dazu alle Golfturniere der elitären US-Profiliga PGA von 1999 bis 2006 aus. Ergebnis: Allein die Anwesenheit des Ausnahmetalents Tiger Woods beeinflusste seine Konkurrenten negativ: Wenn sie gegen ihn antreten mussten, brauchte jeder der anderen Weltklassespieler 0,8 Schläge mehr als sonst.

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Wie wirkt der Superstar-Effekt im Alltag?

Woods’ Präsenz schüchterte die Mitspieler offenbar so ein, dass sie körperlich und mental verkrampften. Allerdings führte Brown den Effekt auf die Systematik des Preisgeldes zurück: Nur die besten 15 Spieler bekommen bereits rund 70 Prozent der Preisgelder, der Sieger nimmt fast 20 Prozent nach Hause. Brown resümierte daher, der Anreiz sich anzustrengen, sei nicht groß genug, wenn ein Superstar mit von der Partie ist.

Der Superstar-Effekt ist aber genauso im Alltag zu beobachten. Zum Beispiel unter Schülern. Im Jahr 2009 wertete der Psychologe Stephen Garcia von der Universität von Michigan die Ergebnisse amerikanischer Schüler im „Scholastic Aptitude Test“ (SAT) aus. Der Test hat in den USA eine enorme Bedeutung, weil die dort erreichte Punktzahl in die Bewerbung für einen Studienplatz eingeht.

Mehr Mitbewerber = weniger Leistung

Bei den Studien zeigte sich: Je mehr Schüler während des Tests gemeinsam in einem Raum saßen, desto schlechter waren die Ergebnisse. Auch hier senkte die bloße Anwesenheit von Konkurrenten und potenziellen Überfliegern die Leistungsfähigkeit der anderen (siehe: N-Effekt).

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Der Superstar-Effekt im Job

Das Psychophänomen macht auch vor dem Job nicht halt. Auch im Büro kann die Anwesenheit besonders leistungsstarker Mitarbeiter leistungshemmend wirken und die Zusammenarbeit stören.

Tipps für das Management

Prämien, Incentives und Konkurrenzedenken können kurzfristig die Motivation und Leistung steigern. Problematisch wird der interne Wettbewerb aber dann, wenn daraus „Superstars“ erwachsen – zum Beispiel im Vertrieb als „Verkäufer des Monats“.

In diesem Fall verkehrt sich die anspornende Dynamik ins Gegenteil: Die hochmotivierten Helden schüchtern alle anderen ein. Mehr noch: Die Gesamtleistung sinkt. Warum anstrengen, wenn doch immer nur dieselben gewinnen und abkassieren? Wer von vornherein damit rechnet, nicht zu gewinnen, strengt sich automatisch weniger an. Das ist zwar ökonomisch gedacht, aber nicht erwünscht.

Der Schluss daraus darf trotzdem keine Gleichmacherei sein. Wer potenzielle Superstars rasiert, bevor sie über das Mittelmaß herausragen, schafft keine Leistungsanreize. Vielmehr gibt es nur zwei Lösungen:

  1. Teamgeist
    Gegen einen Überflieger anzutreten, sollte eine Art Ehre sein – und selbst das wiederholte Scheitern muss ohne Gesichtsverlust bleiben. Am Ende sitzen alle im selben Boot und verfolgen dasselbe Ziel: den gemeinsamen Erfolg. Das muss der Hauptantrieb bleiben.
  2. Fairness
    Das Gehalt muss fair bleiben. In sportlichen Wettbewerben lässt sich eine The-Winner-Takes-It-All-Mentalität noch rechtfertigen. Im Job aber ist sie pures Gift für die Motivation der Mitarbeiter. Auch seinen Job „nur“ gut macht, verdient monetäre Ankerkennung dafür.

Tipps für den Einzelnen

Von den Erkenntnissen rund um den Superstar-Effekt können auch Sie selbst profitieren – und das gleich zweifach!

Der erste Tipp: Werden Sie selbst zum Superstar! Zumindest zum anerkannten Experten in Ihrer Disziplin – selbst wenn es nur eine Nische ist. In jedem Beruf, für jeden Fachbereich gibt es die Möglichkeit, sein Wissen zu spezialisieren, zu vertiefen und hohe Expertise aufzubauen. Personalprofis sprechen in dem Zusammenhang auch von einem T-Shaped-Profil oder T-Shaped Skills:

Kompetenzentwicklung T Shaped Skills Profil Modell

Das T-Shaped Profil ist eine Beschreibung für eine Kompetenzverteilung von Arbeitnehmern, die sowohl aus tiefem Fachwissen (senkrechte Linie) und breiten Kenntnissen aus angrenzenden oder übergeordneten Bereichen und Disziplinen (waagerechte Linie) besteht. Der Buchstabe T ist die bildhafte Metapher für die Kombination der Stärken von Spezialisten und Generalisten.

Mit der hohen Spezialisierung in Ihrer Nische und hoher Reputation in Ihrem Kernbereich werden Sie zum Besten der Besten und profitieren daher überproportional am meisten – selbst wenn der Abstand zum Spitzenfeld nur marginal ausfällt. Der „Superstar“ in einer Sache zu sein, lässt Sie aus der Masse herausstechen – und das strahlt oft sogar noch in andere Kompetenzbereiche hinein.

Lassen Sie sich von Superstars nicht einschüchtern!

Der Superstar-Effekt macht Sie in diesem einen Punkt unverzichtbar – und schüchtert gleichzeitig Ihre Mitbewerber ein. Mindestens aber erzeugt er große Aufmerksamkeit und verleiht Ihnen Respekt. Statt in vielen Feldern gut zu sein, versuchen Sie, wenigstens in einem der oder die mit Abstand Beste zu werden!

Die zweite Empfehlung lautet: Lassen Sie sich gleichzeitig nicht von anderen Superstars einschüchtern! Das Ego von Superstars mag so unerschütterlich sein wie das Gotthard-Massiv – deren Erfolg ist es nicht. Auch Superstars lassen sich einholen und überholen. Oft ist es nur eine Frage der Hartnäckigkeit und der Volition, ob Sie Ihr Ziel erreichen.


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