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Transfergesellschaft: Tipps für die Kündigung auf Raten

Arbeitslosigkeit ist das Schreckgespenst, was wohl den meisten Arbeitnehmern gedanklich einen Schauer über den Rücken jagt. Umso schlimmer, wenn man unmittelbar davon bedroht ist, weil das Unternehmen Insolvenz angemeldet hat. Einer Transfergesellschaft kommt dann die Aufgabe zu, Arbeitnehmer sozialverträglich in eine neue Arbeitsstelle zu vermitteln. Doch was heißt das genau? Welche wirtschaftlichen und auch beruflichen Konsequenzen hat das für den Arbeitnehmer?



Transfergesellschaft: Tipps für die Kündigung auf Raten

Transfergesellschaft: Was ist das genau?

Der Begriff Transfer deutet es bereits an: Bei einer Transfergesellschaft wechseln von Arbeitslosigkeit bedrohte Mitarbeiter eines Unternehmens in eine eigenständige Einheit, die ihr neuer Arbeitgeber wird. Ziel dieser Transfergesellschaft genannten Einheit ist es, die drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden und einen neuen Arbeitsplatz für den Arbeitnehmer zu vermitteln.

Für diesen auf freiwilliger Basis erfolgenden Wechsel wird ein dreiseitiger Vertrag geschlossen: Zwischen dem Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer und der Transfergesellschaft. Dieser Vertrag ist maximal auf ein Jahr befristet und regelt mittels Aufhebungsvertrag das vorzeitige Ende des alten Arbeitsverhältnisses und den Beginn des neuen bei der Transfergesellschaft.

Dieses arbeitsmarktpolitische Instrument geht auf eine Initiative des Bundes zurück, die im §111 im Sozialgesetzbuch (SGB III) definiert ist. Transfergesellschaften werden also aus staatlichen Mitteln finanziert und arbeiten eng mit der Agentur für Arbeit zusammen.

Für den Arbeitnehmer bedeutet das, dass er für die Zeit in der Transfergesellschaft das sogenannte Transferkurzarbeitergeld bekommt, das sich am Arbeitslosengeld II orientiert und 60 beziehungsweise 67 Prozent des letzten Nettogehalts beträgt. Zusätzlich ist ein Aufstockungsbetrag möglich, den der Arbeitgeber trägt, so dass der Arbeitnehmer monatlich 70 bis 80 Prozent des Gehaltes erhält.

Manchmal wechselt ein Arbeitnehmer nicht in eine Transfergesellschaft, sondern in eine Transferagentur. Im Unterschied zu Ersteren ist der Arbeitnehmer nach wie vor Angestellter seines Unternehmens. Allerdings wird er von der Arbeit freigestellt, um an den Beratungsleistungen der Transferagentur teilhaben zu können.

Die Idee der Transfergesellschaft hat sich aus den Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften (BQG) in den neunziger Jahren entwickelt. Damals suchte man nach einem geeignetem Instrument, um eine Massenarbeitslosigkeit nach der Wende in der ehemaligen DDR abzuwenden..

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Transfergesellschaft Vor- und Nachteile für den Arbeitnehmer

Ein Wechsel vom Beschäftigungsverhältnis im Betrieb hin zur Transfergesellschaft ist mit Umstellungen verbunden. Ob die Vorteile überwiegen, hängt vom Arbeitsmarkt, letztlich aber auch von der individuellen Situation des betroffenen Arbeitnehmers ab.

Vorteile einer Transfergesellschaft:

  • Sie erhalten eine Art Galgenfrist, da sich der Zeitpunkt der Arbeitslosigkeit verschiebt. Das bedeutet ebenfalls einen Aufschub des Arbeitslosengeld-Bezugs solange Sie bei der Transfergesellschaft beschäftigt sind.
  • Sie bewerben sich aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus, was immer besser aussieht als wenn Sie bereits arbeitslos wären.
  • Die Fortzahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung ist gewährleistet.
  • Sie werden bei der ohnehin anstehenden beruflichen Neuorientierung professionell betreut.
  • Sie bekommen Weiterbildungsmaßnahmen finanziert und können an innerbetrieblichen Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmen. Das bedeutet, dass Sie ohne irgendwelche Risiken einzugehen bei einem potenziellen Arbeitgeber zur Probe arbeiten können.
  • Für ältere Arbeitnehmer ist es eventuell günstig, da sie Rentenanwartschaftspunkte erwerben und so möglicherweise ein Jahr mehr Beschäftigungssicherheit haben.
  • Sie erhalten das Transferkurzarbeitergeld, das heißt, sollte die Zeit in der Transfergesellschaft für eine neue Stelle nicht ausreichen, erhalten Sie danach immer noch Arbeitslosengeld I, bevor das ALG II greift.

Nachteile einer Transfergesellschaft:

  • Es gibt keine Garantie, dass Arbeitslosigkeit vermieden wird; nicht alle Mitarbeiter schaffen den Sprung von der Transfergesellschaft in einen neuen Arbeitsplatz, tatsächlich gibt es keine unabhängigen Erfolgsquoten.
  • Das Unternehmen kann sich so vergleichsweise einfach seiner Mitarbeiter entledigen, und zwar unter Umgehung des Kündigungsschutzes.
  • Es besteht bei einem Aufhebungsvertrag kein Anspruch mehr auf Weiterbeschäftigung im Unternehmen, obwohl das möglich sein könnte.
  • Der Wechsel in eine Transfergesellschaft schließt (anderenfalls vielleicht hohe) Abfindungszahlungen an die Mitarbeiter aus.

Vor Vertragsunterzeichnung gut informieren

Häufig wird die Vertragsunterzeichnung innerhalb einer kurzen Frist verlangt. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen, es gibt kein gesetzliches Widerrufsrecht und der Vertrag kann zumeist nicht rückgängig gemacht werden.

Sie müssen dem Wechsel in die Transfergesellschaft nicht unbedingt zustimmen. In jedem Fall sollten Sie um Zeit bitten, sich vom Betriebsrat informieren lassen oder einen Anwalt hinzuziehen.

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Kritik an Transfergesellschaften

An Transfergesellschaften scheiden sich die Geister. Oftmals stehen sich Betriebsräte einerseits und Arbeitgeber andererseits unversöhnlich gegenüber. Die einen sehen es als einen guten Weg, sozialverträglichen Stellenabbau zu betreiben und den betroffenen Angestellten möglichst schnell eine neue berufliche Perspektive zu ermöglichen.

Diese ist allerdings von vielen Faktoren abhängig, unter anderem…

  • der Mobilität und Flexibilität des Arbeitnehmers,
  • seiner Qualifikation,
  • seinem Alter,
  • der Region,
  • der Fördermittel und Anreize.

Daneben stehen Transfergesellschaften aber auch unabhängig von der Ausgangslage ihrer Klientel in der Kritik: Nachrichten über Mauscheleien, Vorwürfe, die Fördergelder seien nicht komplett für die betroffenen Mitarbeiter verwendet worden.

So lautet denn auch ein Vorwurf, dass für viele Transfergesellschaften der Gewinn im Vordergrund stünde und nicht das Wohl derer, die sie betreuen. Und das Geld ist nicht ohne, immerhin bis zu 5.000 Euro pro betroffenem Mitarbeiter kann eine Transfergesellschaft vom Arbeitgeber und durch Fördermittel bekommen.

Aus Arbeitgebersicht sind Transfergesellschaften natürlich eine feine Sache: Es wird einer offensichtlichen Entlassung entgegengewirkt, was einen möglichen Imageschaden des Unternehmens zunächst einmal abwendet. Denn auf dem Papier sind die Arbeitnehmer nicht arbeitslos. Sie fallen also auch durch entsprechende Arbeitslosenstatistiken, obwohl sie de facto in derselben Situation wie andere Arbeitslose sind.

Ein weiterer Vorwurf ist, dass potenzielle Investoren zunächst immer eine Überführung der gesamten Belegschaft in eine Transfergesellschaft fordern, um sich dann gezielt bei einer späteren Sanierung des Unternehmens diejenigen Mitarbeiter herauszupicken, die ihnen genehm sind.

Somit können soziale Kriterien wie der Schwerbehindertenschutz nach dem SGB IX umgangen werden, eine Zustimmung des Integrationsamtes fällt weg.

Checkliste: Worauf Unternehmen bei Transfergesellschaften achten sollten

Eine Transfergesellschaft kann ihre arbeitsmarktpolitische Wirksamkeit nur dann erreichen, wenn die zur Verfügung stehenden Angebote mit den Interessen der Arbeitnehmer korrelieren, aber vor allem zu den Erfordernissen des Arbeitsmarktes passen.

Zahlreiche Beschäftigungs-, Qualifizierungs- und Vermittlungsgesellschaften ebenso wie kommunale und freie Träger können auf langjährige Erfahrung mit Arbeitslosen zurückblicken, so dass etliche Konzepte vorliegen. Der Transfergesellschaft und dem Unternehmen kommt die Aufgabe zu, nach bestmöglichen Beispielen zu schauen und die entsprechenden Maßnahmen für ihre Mitarbeiter auszuwählen.

Damit das gewährleistet ist, sollte das Unternehmen bei der Auswahl der geeigneten Transfergesellschaft sehr sorgsam vorgehen. Letztlich handelt es um eine emotional besetzte Sondersituation, in der viele Menschen angespannt sind.

Das fängt bereits mit der Auswahl des Personals einer Transfergesellschaft an, das über große soziale Kompetenzen verfügen sollte, allen voran Empathie.

Aber wie bei jedem Bewerber kommt es natürlich auch bei einer Transfergesellschaft auf die Hard Facts an:

  • Ist die Transfergesellschaft zertifiziert?
  • Verfügt die Transfergesellschaft über ausreichende Personalkapazitäten?
  • Ist eine hohe Betreuungsintensität gewährleistet? Wie sieht der Betreuungsschlüssel konkret aus?
  • Welche Qualifikationen bringt das Betreuungspersonal mit?
  • Hat die Transfergesellschaft Erfahrungen mit Personalabbau in dieser Branche?
  • Ist die Transfergesellschaft vor Ort ansässig und hat sie Kenntnisse des regionalen Arbeitsmarkts?
  • Betreibt die Transfergesellschaft aktive Stellenakquise?
  • Welche Vermittlungserfolge kann die Transfergesellschaft vorweisen?
  • Verfügt die Transfergesellschaft über ein Netzwerk auf dem Gebiet der beruflichen Bildung?
  • Hat die Transfergesellschaft Zugang zu den zuständigen Agenturen für Arbeit?
  • Welche Referenzen belegen die bisherige Arbeit der Transfergesellschaft?
  • Verfügt die Transfergesellschaft über ein transparentes Kostenkonzept?
  • Besitzt die Transfergesellschafteine eigene Personalabteilung und eine eigene Entgeltabrechnungsstelle?

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[Bildnachweis: Andrey_Popov by Shutterstock.com]

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