70-20-10 Modell: So lernen wir wirklich im Job!

Was bringt Weiterbildung wirklich? Das 70-20-10 Modell zeigt: Die größten Wissensfortschritte machen Mitarbeiter durch praktische Erfahrungen – durch „Learning on the job“, nicht durch Fortbildungen, Seminare oder Workshops! Wir erklären das Konzept hinter der 70-20-10-Regel und wie Sie deren Erkenntnisse zur Personalentwicklung und persönlich im Beruf nutzen…

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Definition: Was ist das 70-20-10 Modell?

Das 70-20-10 Modell (auch: 70-20-10-Regel) beschreibt eine effektive Methode des nicht-organisierten, informellen Lernens, um sich im Beruf relevantes Wissen anzueignen. Danach lernen wir…

  • zu 70 Prozent durch praktische Erfahrungen und Herausforderungen im Arbeitsalltag (siehe: „Training on the job„).
  • zu 20 Prozent durch Anleitung von Kollegen oder Vorgesetzten oder indem wir diese beobachten und uns effiziente Abläufe und Prozesse abschauen.
  • zu 10 Prozent durch systematische, berufliche Weiterbildung – durch Seminare, E-Learnings, Coaching oder autodidaktisch durch Fachliteratur.

Entwickelt wurde das 70-20-10 Modell bereits in den 1980er Jahren von Morgan McCall, Robert Eichinger und Michael Lombardo am amerikanischen Center for Creative Leadership – einem renommierten Anbieter von Fortbildungen für Führungskräfte. Eichinger fand in Studien heraus, dass das meiste berufliche Know-how eben nicht durch klassische Fortbildungen erworben wird, sondern durch Learning by doing.

Kurz: Wir lernen und wachsen vor allem an unseren Aufgaben.

Die 70-20-10-Regel beim Netzwerken

Ebenfalls unter dem Namen „70-20-10-Regel“ kursiert eine Anleitung zum besseren Netzwerken, die der Social Media Berater Mike Sansone ebenfalls vor Jahren entwickelt hat. Sie sagt:

  • 70 Prozent der Zeit sollten wir darin investieren, Vertrauen zu gewinnen – idealerweise indem wir für andere Nutzen stiften oder Inhalte mit Substanz bieten.
  • 20 Prozent der Zeit wiederum verbringen Sie damit, dass andere Sie kennenlernen können – durch persönliche Inhalte zu dem, was Sie bewegt oder wonach Sie streben – aber ohne zu prahlen!
  • 10 Prozent der Zeit sind dafür reserviert, um selber Nutzen aus seinem Netzwerk zu ziehen, um Rat oder um Hilfe zu bitten. Aber eben nur zu 10 Prozent. Geben ist wichtiger als Nehmen!


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Bedeutung des 70-20-10 Modells

Wissen veraltet immer schneller. Ständig kommen neue Software-Updates, Methoden, Arbeitsabläufe und Prozesse hinzu. Unternehmen wie Mitarbeiter müssen sich diesen dynamischen Veränderungen permanent anpassen. Das lebenslange Lernen ist längst Standard.

Klassische Lernmethoden helfen zwar dabei, bleiben aber doch meist nur graue Theorie. Das 70-20-10 Modell legt den Schwerpunkt der Mitarbeiter- und Personalentwicklung hingegen auf praktische Übungen und Lernen durch Erfahrungen am Arbeitsplatz. Bedeutet…

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70 Prozent lernen im Job

Der mit Abstand größte Teil des Wissens wird durch eigene Aufgaben und Herausforderungen erlernt, die wir im Beruf bewältigen. Die Praxis ist damit der beste Lehrer. Was wirklich wichtig ist und funktioniert, lernen Mitarbeiter vor allem durch ihr Tun und praktische Lektionen. Diese schließen Fehler machen unbedingt ein (siehe: Fehlerkultur).

20 Prozent soziales Lernen

Daneben lernen Mitarbeiter von den Menschen, die sie im Job umgeben: Kollegen und Vorgesetzte. Gerade die Zusammenarbeit im Team prägt und sorgt dafür, dass sich die Kollegen gegenseitig inspirieren und weiterhelfen. Besonders großen Einfluss hat der direkte Vorgesetzte mit seiner Vorbildfunktion: Er ist für viele Angestellte eine wichtige Orientierung, gibt Know-how weiter und trägt so zum Lernprozess bei.

10 Prozent formales Lernen

Einen für überraschend kleinen Teil nehmen bei der 70-20-10-Regel die klassischen Formen des Lernens ein: Workshops, Training, Schulungen und das Selbststudium über Bücher sind zwar relevant, spielen aber beim informellen Lernen, beim Aneignen von neuen Kompetenzen und bei der Personalentwicklung nur eine untergeordnete Rolle.

Natürlich sind die Prozentzahlen beim 70-20-10 Modell nur grobe Orientierungspunkte und keine in Stein gemeißeltes Konzept. Die Gewichtung macht aber deutlich, worauf Führungskräfte beim Fördern und Entwickeln der Belegschaft achten sollten und welche Lernmethoden beim Wissenstransfer effektiv wirken.

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Was sind die Vorteile der 70-20-10-Regel?

Wird das informelle Lernen fest in die Unternehmenskultur integriert und nicht erzwungen, wagen sich Mitarbeiter in der Regel freiwillig aus ihrer Komfortzone und entwickeln sich selbstständig weiter. Das hat zahlreiche Vorteile. Das Modell…

  • Schafft Kultur des Lernens
    Durch den kontinuierlichen Lernprozess bleiben Mitarbeiter permanent auf dem Laufenden und entwickeln sich mit aktuellen Trends weiter.
  • Fördert soziale Interaktionen
    Das gegenseitige Lernen voneinander ist fester Bestandteil im Modell. Das stärkt den Teamgedanken und die Loyalität gegenüber Kollegen und Arbeitgeber.
  • Steigert Engagement
    Weil praktische Erfahrungen und Lösungen für häufige Herausforderungen zentral sind, werden Mitarbeiter wie Führungskräfte zugleich ermutigt, ihr Wissen weiterzugeben. Das steigert das Engagement ebenso wie die Eigenverantwortung für die eigene Entwicklung und persönliches Wachstum.

Und nicht zuletzt werden die klassischen Schulungen und Weiterbildungsprogramme dadurch relevanter, weil sie sich auf wesentliche Wissensfelder fokussieren, deren Kenntnisse oder Fähigkeiten über andere Wege nicht angeeignet werden können.

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Erfolgsfaktoren: Wie das 70-20-10-Modell umsetzen?

Das Lernen und Weiterbilden im Beruf ist ein ständiger Prozess. Genau an dieser Stelle muss angesetzt werden, um bestmögliche Ergebnisse – für Arbeitnehmer und Unternehmen – zu erzielen. Arbeitgeber sollten nicht nur Wissen durch Seminare oder Fortbildungen vermitteln. Vielmehr sollte das praktische Lernen im Job und Alltag viel stärker gefördert werden.

Die Initiative muss allerdings vom Arbeitgeber ausgehen, der das kontinuierliche Lernen am Arbeitsplatz im Job integrieren und möglich machen muss. Wie das gelingen kann, zeigen die folgenden Tipps:

  • Aufgaben besser verteilen

    Im Rahmen der 70-20-10-Regel sollten Sie Mitarbeiter nicht durch mehr Workshops oder Webinare aus dem Alltag herauszureißen, sondern vielmehr durch gezielte Aufgabenverteilung oder Übertragen von Verantwortung das eigene Lernen forcieren und fördern. Indem Sie Aufgaben und Herausforderungen je nach Lernstand delegieren, ermöglichen Sie es den Kollegen über sich hinauszuwachsen – und fördern zugleich den Flow.

  • Mitarbeiter gezielt begleiten

    Gleichzeitig sollten die Mitarbeiter bei ihrem Lernprozess nicht alleine gelassen, sondern durch erfahrene Kollegen oder Mentoren unterstützt werden. Durch die Interaktion mit dem Arbeitsumfeld wird der Teamgeist gestärkt und die Betroffenen können zusätzlich von anderen lernen. Doppelter Vorteil: Im Gegensatz zur Weiterbildungsangeboten gibt es hierbei einen direkte Bezug zur eigenen Tätigkeit.

  • Führungskräfte schulen und informieren

    Führungskräfte und Teamleiter haben bei dem 70-20-10 Modell eine Schlüsselfunktion: Erst wenn Vorgesetzte wissen, wie wichtig das Lernen im Job ist und wie Sie es fördern können, sind die weiteren Maßnahmen erfolgreich. Zudem sollten sie mit gutem Beispiel voran gehen und ihr Wissen bestmöglich weitergeben. So wird das Know-how auf große Teile der Belegschaft verteilt, statt nur auf einzelne Personen konzentriert (siehe: Herrschaftswissen).


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