Was ist Geltungsdrang?
Geltungsdrang ist eine übersteigerte Form von Geltungsbedürfnis und der große Wunsch nach sozialer Anerkennung und Aufmerksamkeit. Das Ziel von betroffenen Menschen ist es, von anderen bemerkt und geschätzt zu werden. Dabei geht es oft um Leistungen und Erfolge, aber auch einfach um die eigene Person. Die Beachtung ist eine positive Bestätigung des Verhaltens und der eigenen Persönlichkeit.
Bis zu einem gewissen Grad ist ein Geltungsbedürfnis ganz normal. Wir alle wollen wahrgenommen und beachtet werden. Das zeigt sich bereits bei Kindern, die von Eltern, Freunden und anderen Bezugspersonen Aufmerksamkeit einfordern. Problematisch wird es, wenn das gesunde Maß überschritten wird. Dann wird daraus Geltungssucht – und Betroffene streben ständig danach, im Mittelpunkt zu stehen und von allen Seiten Anerkennung zu bekommen.
Geltungsdrang und Profilneurose
Eng verbunden mit einem krankhaften Geltungsbedürfnis ist eine Profilneurose. Dahinter steht die Angst, gerade im Job nicht genügend wert zu sein und sich deshalb ständig beweisen zu müssen. Profilneurotische Menschen müssen sich profilieren und die eigenen Leistungen betonen. Betroffene drängen sich in den Vordergrund, sind Besserwisser und brauchen die Anerkennung von Chef, Kollegen oder Kunden.
Psychologie: Ursache für übersteigerten Geltungsdrang
Geltungsdrang entsteht nicht ohne Grund, sondern hat in der Psychologie klare Ursachen: Es ist eine Überkompensation von Minderwertigkeitsgefühlen, die aufgrund eines zu geringen Selbstwertgefühls entstehen können.
Es werden Aufmerksamkeit und Beachtung provoziert und eingefordert, um von außen die Bestätigung zu erhalten, die im Selbstbild fehlt. Es gibt das gute Gefühl, von anderen geschätzt zu werden und wertvoll zu sein – wobei Betroffene ignorieren, dass es keine natürliche und positive Anerkennung ist. Sie polieren das eigene Selbstbewusstsein mit der Beachtung von anderen auf.
Geltungsdrang erkennen: Symptome und Anzeichen
Geltungsdrang nutzt verschiedene Mittel, um die größtmögliche Aufmerksamkeit zu bekommen. Die meisten davon sind kaum zu übersehen – schließlich sollen sie möglichst auffallen und für Beachtung sorgen. Trotzdem müssen Sie die Symptome und Anzeichen als solche erkennen, um auf das übersteigerte Geltungsbedürfnis zu schließen. Wir zeigen die typischsten Anzeichen:
- Übertreibungen
Das häufigste Symptome eines krankhaften Geltungsdrangs sind Übertreibungen. Alles ist immer das größte, beste, außergewöhnlichste oder unglaublichste. Ein normales Maß kennen Betroffene gar nicht, weil dies zu langweilig für die gewünschte Berücksichtigung ist. Leistungen sind stets herausragend und unvergleichlich, andere Erzählungen haben unzählige Höhepunkte. Die Übertreibungen sollen garantieren, dass niemand weghören oder ignorieren kann, was gesagt wird. - Lügen
Die nächste Stufe der Übertreibungen sind Lügen und Märchengeschichten. Menschen mit starkem Geltungsdrang denken sich etwas aus, um im Mittelpunkt stehen zu können. Dieses Mittel kommt spätestens dann zum Einsatz, wenn die normalen Übertreibungen sich abgenutzt haben und den Effekt verlieren. Betroffene belügen dabei Familie, Freunde oder auch Kollegen im Job, um weiterhin im Zentrum stehen zu können. - Extraversion
Ein übertriebenes Geltungsbedürfnis zeigt sich oft auch in ausgeprägter Extraversion. Solche Menschen wollen um jeden Preis auffallen, sind laut und sehr präsent – oft sogar eine echte Rampensau. Auf andere wirkt das oft künstlich und aufgesetzt. - Lebensstil
Teure Kleidung oder ein insgesamt luxuriöser Lebensstil sind ebenfalls typische Symptome für Geltungsdrang. Alles wird möglichst auffällig präsentiert, damit auch jeder die Uhr, den Schmuck oder das Luxusauto bemerkt. Für solche Anschaffungen werden, falls nötig, sogar Schulden gemacht – Hauptsache, alle sehen es und der oder die Geltungssüchtige kann nicht ignoriert werden.
Geltungsrang erreicht das genaue Gegenteil
Geltungsdrang hat klare Ziele: Wertschätzung und Beachtung vom sozialen Umfeld. Betroffene wollen Respekt und Anerkennung, die sie sich mit unterschiedlichsten Mitteln sichern. Dabei merken sie gar nicht, dass sie dieses Ziel nie wirklich erreichen, sondern immer für das genaue Gegenteil sorgen. Geltungsdrang schafft keinen Zuspruch und Bestätigung, sondern Abneigung und Ablehnung.
Wahre Anerkennung lässt sich nicht erzwingen. Vielmehr kehrt sich der gewünschte Effekt ins Gegenteil: Je größer der Geltungsdrang einer Person ist, desto negativer sind die tatsächlichen Auswirkungen auf die sozialen Kontakte. Die Übertreibungen sind anstrengend, wirken gekünstelt und sind unglaubwürdig. Das ständige Betteln nach Aufmerksamkeit macht unsympathisch und es geht schlichtweg auf die Nerven, wenn jemand nicht damit klarkommt, dass die Welt sich nicht nur um ihn dreht.
Geltungsdrang bringt keine Beachtung, sondern Missachtung. Den Betroffenen ist das aber letztlich egal. Sie sehen nur die Aufmerksamkeit, die sie provozieren und erkennen nicht (oder ignorieren), dass diese nur negativ ist und keine Bestätigung für ihren Wert ist.
Tipps: So reagieren Sie auf übersteigerten Geltungsdrang
Ob Sie es nun wollen oder nicht: Sie werden mit dem Geltungsdrang einer Person in Ihrem Umfeld umgehen müssen. Vielleicht ist es ein Freund oder Bekannter, oft ist es aber auch ein Kollege. Gerade im Job wird das Streben nach Beachtung nicht unbemerkt an Ihnen vorbeigehen, wenn einer Ihrer Büronachbarn die gesamte Arbeitszeit um Aufmerksamkeit bettelt. Ein richtiger Umgang mit dem Verhalten ist ein wichtiger Faktor: So können Sie beeinflussen, wie anstrengend der Geltungsdrang für Sie wird.
Diese Tipps helfen, damit Sie in Zukunft richtig mit Geltungsdrang umgehen:
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Gehen Sie in die Offensive
Der Geltungsdrang des Kollegen nimmt Überhand, bei jeder Gelegenheit versucht er die Aufmerksamkeit von allen auf sich zu ziehen. Darunter leiden sowohl Arbeitsatmosphäre als auch die Ergebnisse. Dann kann es angebracht sein, in die Offensive zu gehen. Sprechen Sie den Betroffenen ganz offen auf sein Verhalten an. Erklären Sie, wie anstrengend und nervig sein übersteigertes Geltungsbedürfnis für Sie und alle anderen ist. Bitten Sie darum, dass der betreffende Kollege sich in nächster Zeit bessern soll, damit die Teamarbeit weiterhin funktionieren kann.
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Ignorieren Sie den Geltungsdrang vollkommen
Als beste Strategie gegen den Geltungsdrang gilt ein scheinbar einfacher Tipp: Ignorieren Sie den Betroffenen bei jeder Gelegenheit. Lassen Sie ihn links liegen und gehen Sie nicht auf seine Versuche ein, Aufmerksamkeit und Beachtung zu bekommen. Das ist in der Praxis aber deutlich schwieriger. Schlagen erste Versuche fehl, greifen Betroffene zu drastischeren Mitteln: Bei Lügen oder offen präsentierten emotionalen Ausbrüchen ist es nicht leicht, einfach wegzuschauen. Trotzdem müssen Sie es lange genug aushalten, damit ein Lerneffekt eintritt und sich das Verhalten – zumindest Ihnen gegenüber – ändert.
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Lassen Sie Lügen auffliegen
Es kann helfen, wenn Sie Übertreibungen oder offenen Lügen die Grundlage entziehen. Zeigen Sie, dass die Geschichten frei erfunden oder zumindest völlig überzogen sind. So bekommt der Geltungsdrang weniger Aufmerksamkeit – auch in Zukunft, weil alle mitbekommen, dass sich das Zuhören nicht lohnt.
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Suchen Sie sich Unterstützung
Auf Geltungsdrang reagieren sie am besten gemeinsam mit anderen, die auch unter dem Verhalten leiden. Fragen Sie bei anderen Kollegen nach, ob diesen das Verhalten auch negativ aufgefallen ist und sprechen Sie sich ab, um dem Geltungsdrang einen Riegel vorzuschieben. Im besten Fall gelingt es Ihnen, gemeinsam das Verhalten vollkommen zu ignorieren und so jede Aufmerksamkeit zu entziehen.
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