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Redezeit: Wer länger als 40 Sekunden redet – nervt

Wovon das Herz voll ist, davon redet der Mund. Die biblische Wahrheit aus dem Matthäus-Evangelium (Kapital 12 Vers 34) dient nicht nur zur Selbstoffenbarung und -entlarvung. Sie kann auch schnell nerven. Vor allem dann, wenn jemand monologisiert und unentwegt über sich, seine Erfolge oder Ideen quasselt. So mancher hat sich dabei schon um Kopf, Kragen und Sympathien geredet. Doch wie viel Redezeit ist eigentlich noch angemessen und wann ist es des Guten zu viel?



Redezeit: Wer länger als 40 Sekunden redet - nervt

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Lange Rede, kurzer Sinn

Warum machen wir das überhaupt – andere vollquatschen bis Blut aus deren Ohren kommt? Letztlich stecken zwei Ursachen hinter der langen Redezeit – eine ganz banale und eine wissenschaftlich erforschte:

  • Der banale Grund ist: Wir sind soziale Wesen. Als solche haben wir einen angeborenen Hunger nach Beachtung und Anerkennung. Wir wünschen uns, dass uns andere Menschen zuhören. Das wertet uns (und das Gesagte gefühlt) auf und stärkt unser Selbstbewusstsein. Entsprechend groß ist unser Wunsch nach möglichst langer Redezeit.
  • Der wissenschaftlich belegte Grund ist: Wenn wir über uns selbst sprechen, schüttet unser Körper Dopamin aus – ein Glückshormon. Und weil wir natürlich gerne und lange glücklich sein wollen, reden wir immer weiter – obwohl zuhören längst viel besser wäre.

Redezeit Smalltalk GespraechEs gibt Untersuchungen (PDF), die zeigen, dass Menschen eine Konversation im Nachhinein dann als besonders beglückend und wertvoll empfinden, wenn sie die meiste Zeit selbst gesprochen haben. Oder anders formuliert: Je länger die eigene Redezeit, desto besser das Gespräch – allerdings nur subjektiv.

Ein psychologischer Umstand, der sich ebenso gezielt und strategisch beim Netzwerken nutzen lässt: Bringen Sie Ihre Gegenüber zum Reden und hören Sie ihm mehr zu als selbst zu sprechen – und er oder sie wird Sie in angenehmer Erinnerung behalten

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Die 3 typischen Phasen eines Monologes

  1. Mitteilung
    In der ersten Phase teilen Sie mit, was Sie begeistert oder stellen sich vor. Kein Zweifel: In dieser Phase sind die meisten Menschen fokussiert, prägnant, relevant. Und je mehr Informationen Sie teilen, desto entspannter werden sie, weil sie merken, dass das Gesagte gut ankommt und auch interessiert. Noch.
  2. Monolog
    In der zweiten Phase wird aus der interessanten Mitteilung jedoch schon ein Monolog. Die Aufmerksamkeit und Redezeit fühlen sich gut an, der Sprecher achtet mehr darauf, als auf den Inhalt – und bekommt kaum noch mit, dass sein Gegenüber zunehmend abschaltet oder auf Durchzug umstellt.
  3. Missstimmung
    In der dritten Phase verliert der Monologisierer meist selbst den roten Faden und realisiert, dass er oder sie bereits zu lange redet. Voraussetzung hierfür ist allerdings ein Mindestmaß an Empathie. Spätestens jetzt fallen Sätze, wie: „Oh, ich glaube, ich erzähle schon zu lange und zu viel…“ und es wird versucht, den anderen wieder ins „Gespräch“ einzubinden. Das gelingt aber nur, falls der noch nicht im Koma ist.

Apropos: Kennen Sie die sogenannten HIPPOs? Die „Highest Paid Person Opinion“ (die Meinung der höchstbezahlten Person im Raum) übernimmt oft die ausschlaggebende Rolle – und hält die meisten Monologe.

Hippo Meeting Highest Paid Person Opinion Redezeit

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Redezeit: Nach 20 bis 30 Sekunden droht Langeweile

Von dem amerikanischen Coach Marty Nemko stammt die sogenannte Ampel-Regel, um Sie davor zu bewahren, zu viel und zu lange zu sprechen. Sie ist – zugegebenermaßen – recht simpel und nicht unbedingt wissenschaftlich belegt. Muss sie aber auch nicht – es geht schließlich ums Prinzip. Und einprägsam ist die Ampel-Regel allemal.

Redezeit Ampel Regel 20 Sekunden

  • Grün
    In den ersten 20 Sekunden ist alles im grünen Bereich. Was Sie sagen, ist relevant, und Ihr Zuhörer lauscht Ihnen willig und aufmerksam. Zuweilen auch noch länger als 20 Sekunden, solange Sie interessant bleiben.
  • Gelb
    Falls Sie nicht gerade ein ausgeprägtes Talent zum Storytelling besitzen, setzt bei den meisten Zuhörern, laut Nemko, spätestens nach einer halben Minute Langeweile ein. Die Ampel zeigt nun auf Gelb: Wenn Sie nichts Wichtiges mehr zu sagen haben, stoppen Sie Ihre Redezeit oder Sie beginnen allmählich, Ihr Gegenüber zu nerven und verspielen sowohl Interesse und Sympathien.
  • Rot
    Nach rund 40 Sekunden zeigen alle Zeichen auf Rot: Jetzt wird es dringend Zeit, dass aus dem Monolog wieder ein Dialog entsteht und Sie Ihren Gesprächspartner auch mal (wieder) zu Wort kommen lassen – etwa durch eine gezielte Frage, was er oder sie darüber denkt. Oder durch eine Pointe. Der Rest ist Schweigen.

Der langen Rede kurzer Sinn: Nemko selbst sagt natürlich, dass seine Regel nur eine Art Gesprächsleitfaden darstellt. Auf die Sekunde genau kommt es bei den Redezeiten nicht an. Aber konsequent und von beiden Seiten umgesetzt, entsteht so ein echter Dialog im Wortsinn, bei dem sich beide abwechselnd die Bälle zuspielen.

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[Bildnachweis: 4zevar by Shutterstock.com]

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