Privathaftung und beschränkte Arbeitnehmerhaftung
In Deutschland gilt die grundsätzliche Privathaftung. Heißt im Klartext: Wer etwas verbockt hat, trägt die Konsequenzen. Machen Sie etwas kaputt, müssen Sie dafür bezahlen. Fahren Sie jemandem eine Beule ins Auto, flattert die Rechnung in Ihren Briefkasten. Verursachen Sie einen Schaden, wird der Geschädigte zu Ihnen kommen und freundlich um eine Begleichung der Rechnung bitten.
Diese Privathaftung gilt zunächst auch im Job. Das bedeutet jedoch nicht, dass Sie automatisch die Haftung am Arbeitsplatz übernehmen müssen. Das wäre auch fatal. Kosten für Fehler können sich hier auf astronomische Summen belaufen. Die Produktion in einem Werk steht still oder die Deadline für einen Großauftrag kann nicht eingehalten werden? Bei Konzernen geht es dabei schnell um hunderttausende Euro oder gar Millionen.
Haftung am Arbeitsplatz durch beschränkte Arbeitnehmerhaftung
Da niemand solche Beträge zur Absicherung gegen Fehler hat, orientiert sich das Arbeitsrecht an den Grundsätzen der beschränkten Arbeitnehmerhaftung. Diese gelten für alle Arbeiten und Aufgaben, die Sie aufgrund Ihres Arbeitsverhältnisses übernehmen und die durch den Arbeitgeber veranlasst wurden.
Selbst dem besten und vorsichtigsten Mitarbeiter kann ein folgenschwerer Fehler unterlaufen. So wäre es schlicht unverhältnismäßig und nicht vertretbar, die entstandenen Kosten immer dem Mitarbeiter anzulasten.
Doch dürfen Mitarbeiter sich auf diesem Schutz nicht ausruhen. Denn ebenso ist es ein Irrglaube, dass der Arbeitgeber sich in jedem Fall um den Schaden kümmert. Das Gesetz schützt Mitarbeiter zwar, ist aber kein Freibrief, um ungestraft Schäden verursachen zu können. Entscheidend ist im Zweifelsfall, was zu dem Schaden geführt hat.
Haftung am Arbeitsplatz: Wann zahlt der Arbeitnehmer?
Dank der beschränkten Arbeitnehmerhaftung gilt für weite Bereiche: Arbeitgeber haften für Ihre Mitarbeiter. Das gilt auch, wenn Unternehmen versuchen, etwas anderes im Arbeitsvertrag zu regeln. Klauseln, die etwa besagen, dass ein Mitarbeiter für die von ihm verursachten Schäden uneingeschränkt haftbar ist, sind unwirksam – in Arbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen gleichermaßen.
Wann aber muss ein Mitarbeiter dann persönlich am Arbeitsplatz haften? Entscheidend ist auf der einen Seite, ob ein Arbeitnehmer seinen im Arbeitsvertrag geregelten Pflichten nachkommt und auf der anderen Seite, wie er bei deren Ausführung vorgeht. Gehen Sie ihren beruflichen Aufgaben nach, sind Sie grundsätzlich durch Ihren Arbeitgeber abgesichert, hätten Sie den Schaden aber vermeiden können oder sind Sie durch Ihr Verhalten Schuld daran, müssen Sie damit rechnen, dass Sie auch am Arbeitsplatz haften müssen.
Das Arbeitsrecht unterscheidet dabei verschiedene Ursachen, wobei das Fehlverhalten des Mitarbeiters kategorisiert wird:
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Leichte Fahrlässigkeit
Bei einer leichten Fahrlässigkeit brauchen Sie sich noch keine Sorgen zu machen. In diesem Fall haftet Ihr Arbeitgeber für einen möglichen Schaden. In diesen Bereich fallen Missgeschicke, die jedem passieren könnten und für die Sie keine besondere Schuld tragen. Klassische Beispiele sind etwa, dass Sie etwas fallen lassen wodurch etwas zu Bruch geht oder Unterlagen beschädigt werden.
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Mittlere Fahrlässigkeit
Unter mittlerer oder normaler Fahrlässigkeit wird im Arbeitsrecht häufig das Verhalten eines Mitarbeiters eingestuft, wenn dieser seine Aufgaben und Pflichten nicht mit der nötigen Sorgfalt erledigt hat. Mit mehr Vorsicht hätte ein entstandener Schaden verhindert werden können. Allerdings handelt es sich noch nicht um besonders schwerwiegende Pflichtverletzungen. Für die Haftung bedeutet dies, dass bei mittlerer Fahrlässigkeit meist eine Teilhaftung von Arbeitnehmer und Arbeitgeber stattfindet. Mehr zur Aufteilung erfahren Sie weiter unten.
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Grobe Fahrlässigkeit
Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn Mitarbeiter jegliche Vorsicht und Sorgfalt unbeachtet lassen. Hier wird billigend in Kauf genommen, dass ein Schaden entsteht. Werden Vorschriften schlichtweg ignoriert, Regeln beiseite geschoben und scheinbar jegliches logische Denken ausgeschaltet, handelt ein Arbeitnehmer grob fahrlässig. Hier kann die Haftung am Arbeitsplatz für den gesamten entstandenen Schaden auf den Mitarbeiter fallen.
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Vorsätzliches Handeln
Anders als bei Fahrlässigkeit wird bei vorsätzlichem Handeln ein Schaden ganz bewusst, absichtlich und gezielt herbeigeführt. Wird beispielsweise absichtlich und wissentlich der Defekt einer Maschine herbeigeführt oder vor Frust der Computer auf den Büroflur geschmettert, ist dies ein vorsätzliches Handeln – wofür ein Arbeitnehmer in der Regel die volle Haftung tragen muss. In der Praxis sind die Fälle jedoch selten so eindeutig und es kann schwierig sein, den Vorsatz nachzuweisen.
Mitarbeiter sollten ihre Aufgaben deshalb immer mit größter Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit erledigen. Passiert dann ein teurer Fehler, müssen Sie sich weniger Sorgen um die Haftung am Arbeitsplatz machen. Handeln Sie jedoch grob fahrlässig oder zumindest nicht mit der angemessenen Sorgfalt, müssen Sie zumindest einen Teil des Schadens tragen.
Nachweis für die Haftung am Arbeitsplatz
Unter welchen Gesichtspunkten Ihr Fehlverhalten begutachtet wird, obliegt im Zweifelsfall der Entscheidung des Arbeitsgerichts. Dabei haben Sie den Vorteil, dass die Beweislast beim Arbeitgeber liegt. Dieser muss vor Gericht nachweisen, dass Sie tatsächlich grob fahrlässig gehandelt haben, wenn Sie für den gesamten Schaden haften sollen und auch bei mittlerer Fahrlässigkeit ist es nicht Ihre Aufgabe, entsprechende Beweise zu erbringen.
Außerdem zeigt die Rechtsprechung vor dem Arbeitsgericht immer wieder, dass die Umstände das Urteil zugunsten des Mitarbeiters beeinflussen können. Steht der Schaden, für den eine Haftung am Arbeitsplatz gefordert wird, in keinerlei sinnvollem Verhältnis zum Gehalt eines Arbeitnehmers, können die Richter selbst bei grober Fahrlässigkeit darauf entscheiden, dass der Schaden nur anteilig zulasten des Mitarbeiters fällt.
Haftung: Welchen Teil der Kosten trägt ein Mitarbeiter?
Eine Haftung am Arbeitsplatz für Mitarbeiter ist nicht ausgeschlossen, doch nur in sehr drastischen Fällen bleibt der gesamte Schaden am Mitarbeiter hängen. Bei mittlerer Fahrlässigkeit muss jedoch ein Teil des Schadens übernommen werden. Doch auch ein Teil von beispielsweise 350.000 Euro kann immer noch ganz schön viel sein und sprengt bei weitem jedes normale Konto.
Wie hoch ist der Anteil, den ein Mitarbeiter bei geteilter Haftung am Arbeitsplatz tragen muss? Eine allgemeine Antwort gibt es nicht. Die Haftungsquote beziehungsweise der Haftungsanteil wird im Einzelfall festgelegt und hängt von verschiedenen Faktoren ab:
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Die Gefahrengeneigtheit der Arbeit
Hinter diesem komplizierten Begriff verbirgt sich die juristische Formulierung für die Wahrscheinlichkeit, dass bei der Arbeit etwas schief geht. Manche Aufgaben haben schlicht ein höheres Risiko als andere und diese Unterschiede werden bei der Ermittlung der Haftungsquote in Betracht gezogen.
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Eine mögliche Versicherung des Arbeitgebers
Hätte der Schaden durch eine Versicherung des Arbeitgebers abgedeckt werden können, wird auch dies in die Entscheidung über die Höhe der anteiligen Haftung eines Mitarbeiters aufgenommen. Es soll nicht dem Arbeitnehmer zulasten fallen, dass ein Unternehmen das Geld für die Versicherung sparen wollte.
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Die Höhe des entstandenen Schadens
Natürlich spielt auch die endgültige Höhe des zu begleichenden Schadens eine große Rolle. Bei einer anteiligen Haftung einer Summe von zwei Millionen Euro ist der Anteil (prozentual gesehen) kleiner, als wenn der Schaden nur 1.000 Euro beträgt.
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Die Situation des Mitarbeiters
Um den Anteil eines Mitarbeiters für die Haftung am Arbeitsplatz zu ermitteln, wird oft seine berufliche und private Situation berücksichtigt. Handelt es sich um einen langjährigen Mitarbeiter, der bisher noch nie negativ aufgefallen ist? Das kann sich positiv auswirken. Auch die familiäre Situation kann die Höhe der Haftung beeinflussen.
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Das Gehalt des Mitarbeiters
Nicht zuletzt achten Arbeitsgerichte bei einer geteilten Haftung sehr genau darauf, wie viel ein Arbeitnehmer verdient. Mit einem Bruttogehalt von 2.500 Euro kann keine anteilige Haftung von 250.000 Euro beglichen werden.
Haftung am Arbeitsplatz: Mögliche Mitschuld des Arbeitgebers
Nicht immer liegt die Schuld für einen Fehler und den daraus resultierenden Schaden einzig und allein beim verantwortlichen Mitarbeiter. Hat der Arbeitgeber eine Mitschuld, kann dies nicht nur das Gewissen eines Arbeitnehmers erleichtern, sondern auch für die Haftung ein wichtiger Punkt sein: Möglicherweise müssen Sie als Mitarbeiter gar nicht oder nur zum einem geringeren Teil haften, wenn ein Teil der Schuld bei Chef oder Unternehmen liegt.
Eine Mitschuld des Arbeitgebers kann etwa vorliegen, wenn Geräte nicht ordnungsgemäß gewartet wurden. Das Unternehmen ist dafür verantwortlich, Mitarbeiter zur fehlerfreien Erledigung Ihrer Aufgaben zu befähigen – ist dies nicht der Fall, kann dies zu einer Mitschuld führen. Sind die Arbeitsmittel nicht geeignet, um den Pflichten nachzukommen, kann es nicht dem Mitarbeiter alleine angelastet werden.
Auch eine schlechte Organisation von Seiten des Unternehmens kann eine Mitschuld des Arbeitgebers bedeuten. Findet keine ausreichende Einweisung der Angestellten statt oder wird diesen eine Aufgabe zugeteilt, für die sich nicht ausreichend qualifiziert sind, können sie nicht voll für mögliche Fehler haftbar gemacht werden.
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