Ausbildung und Kindergeld: Wer hat Anspruch?
Ganz grundlegend besteht der Kindergeldanspruch für Kinder bis zu Vollendung des 25. Lebensjahres. Dieser Anspruch bleibt auch bei Beginn einer Ausbildung bestehen – wenn deren Ernsthaftigkeit belegbar ist. Hinter dem Behördendeutsch steckt die Vorgabe, dass eine Ausbildung auch zur tatsächlichen Berufsausübung führen soll. Indikatoren für die Ernsthaftigkeit einer Ausbildung sind:
- Dauer
Die Ausbildungs- oder Studiendauer sollte im Rahmen der regulären Dauer liegen. - Leistungsnachweise
Solche sind vor allem bei Ausbildungen und Studiengängen mit Anwesenheitspflicht erforderlich. Diese Regelung und Nachweise ähneln denen des Bafögs. - Umfang
Eine Ausbildungszeit von zehn Stunden oder mehr pro Woche.
Diese Kriterien gelten allesamt für die Erstausbildung des Kindes. Dabei spielt keine Rolle, ob es sich um eine schulische Ausbildung oder eine duale Ausbildung handelt. Andere Voraussetzungen gelten allerdings für Azubis, die bereits eine andere Ausbildung absolviert haben.
Wem steht das Kindergeld zu, wenn man in der Ausbildung ist?
Kindergeld ist eine staatliche Leistung für Eltern und soll die grundlegende Versorgung von Kindern sicherstellen. Ausgezahlt wird es immer nur an einen Elternteil. Das gilt auch bei getrennten Paaren oder wenn das Kind für die Ausbildung bereits von Zuhause ausgezogen ist. In dem Fall ist der Elternteil allerdings verpflichtet, das Kindergeld seinem Kind zu überweisen.
Kommen die Eltern beziehungsweise der Elternteil der Verpflichtung nicht nach, kann der Azubi sich an die Familienkasse wenden und einen Abzweigungsantrag stellen. Bei positivem Bescheid wird das Kindergeld zukünftig direkt aufs Konto des Azubis überwiesen.
Kindergeld Höhe
Ob sich ein Kind in Ausbildung befindet, hat keinen Einfluss auf die Höhe des Kindergeldes. Entscheidend ist einzig die Anzahl der Kinder. Folgende Beträge erhalten Eltern derzeit:
- Für das 1. und 2. Kind: 219 Euro
- Für das 3. Kind: 225 Euro
- Ab dem 4. Kind: 250 Euro
Zum Januar eines Jahres steigen die Beträge leicht, bisher sind die Kindergeldbeiträge aber unverändert zum Vorjahr.
Kindergeld in der Übergangsphase
Ein Hinweis noch für Eltern, deren Kinder sich gerade zwischen zwei Ausbildungsphasen befinden, beispielsweise zwischen Schulabschluss und Ausbildungsbeginn: Hier wird das Kindergeld maximal vier Monate lang weitergezahlt. Allerdings gibt es entsprechende Auflagen:
- Praktikum
Das Kind hat die Schule beendet und absolviert nun ein Praktikum, das inhaltliche Nähe zum anvisierten Beruf aufweist. - Freiwilligendienst
Der Jugendliche engagiert sich im Freiwilligendienst. Dazu zählt beispielsweise das freiwillige ökologische oder soziale Jahr (FSJ). - Arbeitslosigkeit
Sollte das Kind in dieser Zeit keinen Ausbildungsplatz finden, muss es sich ausbildungsplatzsuchend melden. Im Falle von Arbeitslosigkeit muss es sich arbeitslos melden, damit die Kindergeldzahlung weiterfließt.
Wann entfällt das Kindergeld?
Sofern für die genannten Ausbildungs- und Orientierungsphasen Nachweise vorliegen, steht einer Kindergeldzahlung nichts im Wege. Die Bezugsdauer endet in folgenden Fällen:
- Ende der Ausbildung
Üblicherweise endet der Bezug, wenn das Kind die Ausbildung beendet. Heißt: Beispielsweise mit Erhalt des Gesellenbriefs oder dem Studienabschluss im Falle eines Bachelorstudiums. - Erreichen des 25. Lebensjahrs
Das 25. Lebensjahr markiert die Altersgrenze für den Bezug von Kindergeld. Diese gilt auch wenn die Ausbildung oder das Studium nicht abgeschlossen sein sollte.
Kindergeld beantragen
Wer für sein volljähriges Kind in der Ausbildung Kindergeld beantragen will, wendet sich an die Familienkasse der zuständigen Agentur für Arbeit. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben ist ein reiner Onlineantrag derzeit noch nicht möglich. Zwar können Sie online ein Formular ausfüllen, aber am Ende der Eingabe erzeugt die Seite eine PDF-Datei.
Diese muss der Antragsteller ausdrucken und das von Hand unterschriebene Original postalisch der Familienkasse zusenden. Zusätzlich zum ausgefüllten Formular müssen Sie folgende Unterlagen beilegen:
- Geburtsurkunde des Kindes (in Kopie)
- Steueridentifikationsnummer von Antragssteller und Kind (falls vergessen: das Bundeszentralamt für Steuern vergibt diese auf Antrag)
- Kindergeldnummer (sofern vorhanden)
- Bankverbindung (BIC/IBAN)
Kindergeld für zweite Ausbildung
Komplizierter ist der Bezug von Kindergeld, wenn der Azubi bereits eine Ausbildung abgeschlossen hat und diese durch eine aufbauende oder zweite Ausbildung ergänzen will. Als zweite oder weiterführende Ausbildung gelten:
- Ausbildungen oder Studiengänge in anderen Bereichen
- Aufbauende Studiengänge oder Ausbildungen
- Vertiefungsausbildungen oder -studiengänge
Voraussetzung ist, dass die erste Ausbildung abgeschlossen ist und zur Ausübung eines Berufs befähigt. Hat das Kind beispielsweise eine gewerblich-technische Ausbildung (wie Mechatroniker oder Metallbauer) absolviert und plant nun eine Aufstiegsfortbildung zum Techniker, zählt diese als zweite Ausbildung. Anspruch auf Kindergeld gilt dann immer noch bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres.
Minijob: Arbeit neben der Ausbildung entscheidend
Allerdings gibt es hier einige Fallstricke, vor allem im Hinblick auf die Zuverdienstmöglichkeiten. Eine feste Einkommensgrenze gibt es zwar nicht mehr, diese wurde vor einige Zeit abgeschafft. Dafür sind so genannte „schädliche Einkünfte“ relevant. Schädlich ist hier grundsätzlich eine Erwerbsarbeit von über 20 Stunden pro Woche. Ausgenommen davon sind Tätigkeiten im Rahmen der Ausbildung. Auch 538-Euro– oder Mini-Jobs stellen per se kein Problem dar. Haben Sie mehr als einen Job, darf die addierte Arbeitszeit 20 Stunden pro Woche nicht übersteigen. Diese Arbeitszeit dürfen Sie für maximal zwei Monate überschreiten.
Arbeiten Sie beispielsweise regulär 10 Stunden pro Woche und zwei Monate lang 40 Stunden pro Woche, ist das kein Problem. Arbeiten Sie jedoch regulär 20 Stunden und dann zwei Monate lang 40 Stunden pro Woche, fällt das Kindergeld für diese beiden Monate weg, da sich dadurch die durchschnittliche Arbeitszeit aufs Jahr betrachtet auf über 20 Stunden pro Woche erhöht. Noch komplizierter wird es durch eine weitere relevante Unterscheidung, und zwar nach Einkommensarten. Denn als schädliche Einkünfte gelten nur diese:
- nicht-selbstständige Arbeit
- selbstständige oder gewerbliche Arbeit
- Arbeit in der Land- und Forstwirtschaft
Stammt das Geld jedoch aus einer Au-Pair-Tätigkeit, Kapitalvermögen oder Vermietungen, ist es unschädlich und wird nicht angerechnet. Finanzieren Eltern beispielsweise die Ausbildung ihres Kindes über Mieteinnahmen, bleibt der volle Kindergeldanspruch bestehen. Nimmt ein Azubi die gleichen Beträge jedoch durch Studenten– oder Nebenjobs ein, gelten diese als schädlich.
Ausbildung und Kindergeld: Tipps für Azubis
Um den Kindergeldanspruch während der Ausbildung nicht zu riskieren, sollten Sie folgende Dinge beachten:
- Nicht mehr als 20 Stunden zusätzlich arbeiten
Besonders bei einer weiterführenden Ausbildung und einem Nebenjob ist entscheidend, die 20-Wochenstunden-Grenze nicht zu überschreiten. - Erforderliche Nachweise erbringen
Absolvieren Sie eine Ausbildung oder ein Studium mit Anwesenheitspflicht, sollten Sie die notwendigen Nachweise – oft in Form von Scheinen – von Anfang an konsequent sammeln und den zuständigen Stellen regelmäßig zukommen lassen. Kopien und eine Dokumentation der Scheine sind Pflicht, um bei möglicherweise auftauchenden Problemen reagieren zu können. - Einkünfte übersichtlich dokumentieren
Grundsätzlich gilt: Dokumentieren Sie Ihre Einkünfte so übersichtlich, dass Sie diese bei Nachfragen der Familienkasse problemlos nachweisen und belegen können.
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