N-Effekt: Mehr Mitbewerber, weniger Leistung & Chancen

Wer schon einmal in einem Wartezimmer mit mehreren Bewerbern für einen Job saß, kennt das vielleicht: Je mehr Mitbewerber es gibt, desto unmotivierter werden die Wartenden im Angesicht der wachsenden Konkurrenz. Man sieht förmlich seine Bewerbungschancen sinken. Es gibt aber noch zweiten, gefährlicheren Psychoeffekt: den N-Effekt…

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Einfach erklärt: Was ist der N-Effekt?

Der N‑Effekt beschreibt das psychologische Phänomen, dass mit der wachsenden Zahl von Mitbewerbern die eigene Motivation sinkt und sich Betroffene weniger stark engagieren oder anstrengen – mit dem Effekt, dass dadurch die Erfolgschancen noch weiter abnehmen.

Entdeckt haben den N-Effekt die beiden Wissenschaftler Stephen M. Garcia von der Universität von Michigan sowie Avishalom Tor von der Universität in Haifa. Der Buchstabe „N“ steht hierbei sinnbildlich für eine große Zahl an Teilnehmern, die so in vielen Studien und mathematischen Formeln gekennzeichnet wird.

N-Effekt Hintergrund und Studie

Für eines ihrer Experimente ließen die Forscher 74 Studenten jeweils isoliert ein Quiz absolvieren:

  • Den einen erzählten sie, sie würden gegen 9 Mitbewerber antreten.
  • Den andern sagten sie, sie hätten sogar 99 Konkurrenten.

Und siehe da: Wer sich einer kleineren Wettbewerberzahl gegenüber sah, schaffte den Test in 29 Sekunden. Wer hypothetisch gegen 99 Kommilitonen antrat, brauchte 33 Sekunden länger.

Die beiden Forscher räumen zwar ein, dass neben dem N-Effekt auch noch andere Effekte eine Rolle spielen können. Dennoch zeigten ihre Forschungen, dass ein stark konkurrierendes Umfeld – etwa unter Kollegen im Büro oder Bewerbern im Vorstellungsgespräch – die Gesamtleistung minimieren könne.

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Soziales Faulenzen senkt Bewerbungschancen

Eng verwandt mit dem N-Effekt ist auch der sogenannte Ringelmann-Effekt. Oder wie er umgangssprachlich genannt wird: das soziale Faulenzen.

Die amerikanischen Psychologen Stephen Harkins, Bibb Lantané und Kipling Williams prägten hierfür schon 1979 den Begriff des „Social Loafing“ – das Ausruhen auf Kosten anderer. Mit zunehmender Zahl der Gruppenmitglieder sinkt die Leistung des Einzelnen. Beide Psychophänomene – N-Effekt und Ringelmann-Effekt – beschreiben also die Wirkung von Gruppen auf den Einzelnen und dessen Leistungsbereitschaft.

Was sind die Gefahren des N-Effekt?

Was den N-Effekt so gefährlich macht, ist, dass uns dieser nur selten bewusst wird. Wir lassen uns von einer großen Anzahl von Konkurrenten entweder sofort einschüchtern oder reduzieren freiwillig unsere Anstrengungen, Motto: „Bringt doch sowieso nichts!“ Das ist aber nur eine Annahme – meist sogar eine falsche. Dennoch wird sie dank des N-Effekts zur selbsterfüllenden Prophezeiung.

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Was kann ich gegen den N-Effekt tun?

Gegen den N‑Effekt helfen vor allem drei Hebel: den Fokus weg von der Masse der Mitbewerber lenken; das eigene Kontroll‑Erleben stärken und den Wettbewerb psychologisch verkleinern:​

  • Fokus verschieben – von anderen zu mir

    Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit bewusst auf Ihre eigenen Ziele und Erfolgschancen statt auf das „Gewinnen gegen viele“ zu fokussieren. Definieren Sie hierzu realistische Erfolgsmaßstäbe, die Sie direkt beeinflussen können. Etwa die Qualität der eigenen Bewerbung, eine gründliche Vorstellungsgespräch Vorbereitung oder Anzahl guter Bewerbungen pro Woche.​

  • Gefühlten Wettbewerb verkleinern

    Denken Sie nicht an die 500 potenziellen Mitbewerber auf eine attraktive Stelle, sondern in Ihrer eigenen – oft viel kleineren – Vergleichsgruppe: Sie gehören vielleicht zu den 2 % der besten Bewerber. Damit treten Sie nicht gegen 500, sondern nur gegen 10 Kandidaten an. Konzentrieren Sie sich überdies nur auf die konkrete Situation: diese eine Prüfung, dieses eine Gespräch, diese eine Bewerbung – nicht auf den gesamten Bewerbermarkt!

  • Eigenes Kontrollgefühl stärken

    Bereiten Sie sich systematisch und gründlich vor: Mit Checklisten, Übungsaufgaben, Probegespräche oder Musterbewerbungen steigern die eigene Selbstsicherheit und Selbstwirksamkeit. Falls Sie Ihren Gefühlen nicht trauen, sammeln Sie Daten und Beweise zu Ihren Erfolgen, etwa in einem Bewerbertagebuch – mit Einladungsquoten oder Feedback. So sehen Sie Schwarz auf Weiß, dass Ihre Anstrengungen Wirkung haben – trotz vieler Mitbewerber.

Letztlich können Sie viele Mitbewerber ebenso als Qualitätsfilter betrachten: Wenn Sie sich gut vorbereiten und anstrengen, sortieren Sie automatisch jene aus, die es nicht tun und lassen diese hinter sich​. Jede Bewerbung, jedes Jobinterview, jeder Test ist letztlich eine Übung, mit der Sie Ihre Skills schärfen – unabhängig vom N-Effekt oder der Anzahl der Konkurrenten.


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