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Namedropping: Wie Wichtigtuerei wirkt

Ich kannte einmal jemanden, der eine Unterhaltung stets damit einleitete, jedem zu erzählen, mit welcher wichtigen Person er am Vortag zu Mittag gegessen oder sich am Abend bei einem Glas Wein konspirativ unterhalten hatte. Im Grunde blieb es bei der Einleitung. Wirklich Essenzielles, das aus diesen Insider-Gesprächen hervor gegangen wäre, erfuhr man nie. Der einzige Zweck dieser Erwähnung war augenscheinlich der, eine bedeutungsschwangere Aura zu erzeugen, in deren Subtext stets ein „Seht her, wen ich alles kenne“ wohnte. Kurz: Es war stumpfes Namedropping. Man muss wohl nicht erwähnen, dass derjenige nicht sonderlich beliebt war. Mehr noch: Je öfter er irgendwelche Namen in seinen Anmerkungen einbaute, desto mehr rollten andere mit den Augen, seufzten leise vor sich hin oder schalteten gänzlich auf Durchzug. Aus gutem Grund…



Namedropping: Wie Wichtigtuerei wirkt

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Namedropping Übersetzung: Was wirklich gesagt wird…

Natürlich muss es sich nicht jedes Mal um Angeberei handeln, wenn jemand den Namen einer prominenten Person, einer Koryphäe oder einer Zelebrität in den Mund nimmt. Es gibt durchaus Situationen, in denen es gerechtfertigt ist, zu erwähnen, woher man dies und das weiß.

Problematisch wird das Namedropping aber immer dann, wenn der Mangel eigener Kompetenz oder Reputation durch bloßes Namen-Aufzählen geheilt werden soll.

Nicht gerade wenigen Menschen sind zum Beispiel angebliche Experten suspekt, die mitten in einer Diskussion erklären, dass sie dies oder das ja schließlich studiert hätten und zwar bei dem renommierten Professor So-und-So. Spätestens an der Stelle kann man davon ausgehen, dass derjenige selbst nicht mehr an die Kraft seiner Argumente glaubt.

Wären sie stichhaltig, wäre es schlicht egal, ob sie von Professor So-und-So stammen (falls der das überhaupt sowas gelehrt hat) oder von Krethi und Plethi.

Namedropping hat daher immer etwas von einer intellektuellen Bankrotterklärung – trotz namhafter Bürgschaft.
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Formen des Namedropping – und deren Übersetzung

Dabei gibt es durchaus zahlreiche Formen des Namedroppings, zum Beispiel:

  • „Ich kenne XY persönlich…“
    heißt übersetzt meist nur so viel wie: „Ich habe ein, zwei Mal mit ihm telefoniert.“
  • „Ich habe schon mit XY zusammen gearbeitet…“
    heißt übersetzt: „Ich war irgendein Hiwi bei dem Projekt und an meinen Namen erinnert sich der Typ sowieso nicht.“
  • „XY ist eine wirklich beeindruckende Persönlichkeit.“
    heißt übersetzt: „…soweit man das von Fernsehinterviews aus beurteilen kann.“
  • „Du musst XY auch mal hautnah erlebt haben…“
    heißt übersetzt: „Ich saß im Vortrags-Publikum in Reihe 86, Platz 25.“

Der Namenrisikofehlprognose-Effekt

Wenn der Name einer Sache schwer auszusprechen ist, schätzen wir sie automatisch riskanter ein. Das haben die beiden Psychologen Hyunjin Song and Norbert Schwarz herausgefunden. Dazu kreierten die beiden einmal Phantasienamen von Inhaltsstoffen in Lebensmitteln und baten ihre Versuchsteilnehmer einzuschätzen, für wie gefährlich sie diese halten. Natürlich gab es die Stoffe nicht. Ihre Namen unterschieden sich lediglich darin, dass einige sehr kompliziert klangen („Hnegripitrom“) und andere relativ leicht auszusprechen waren („Magnalroxate“).

Ein vergleichbares Experiment wiederholte das Forscherduo in Vergnügungsparks: Diesmal waren es die Attraktionen, die mal simpel („Ohanzee“), mal ungewohnt und fremd („Tsiischili“) klangen. In beiden Fällen wirkten die leicht auszusprechenden Angebote ungefährlicher und vertrauenserweckender auf die Versuchsteilnehmer. Ein Wunder also, dass Sie diesen Kasten mit der Überschrift überhaupt gelesen haben…

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Namedropping: Weniger sympathisch und kompetent

Aber warum ist das so? Warum hat Namedropping einen solch negativen Effekt?

Die Frage ist durchaus berechtigt, schließlich gibt es Studien, wie etwa die von Michael Kernis und Ladd Wheeler von der Universität von Rochester, die belegen, dass wir zum Beispiel Menschen attraktiver finden, sobald sich diese mit schönen Menschen umgeben oder nur mit ihnen befreundet sind. In Fachkreisen ist dieses Phänomen auch als Cheerleader-Effekt bekannt.

Man sollte also meinen, dass diese Form der sozialen Aufwertung auch mit Namen funktioniert.

Tut sie aber nicht.

Die Schweizer Psychologen Carmen Lebherz, Klaus Jonas und Barbara Tomljenovic von der Universität Zürich haben die Wirkung des Namedroppings in einer schon 2009 veröffentlichten Studie genauer untersucht.

Dazu verschickten Sie an 141 Studenten der Universität einen Brief von einem angeblichen Kommilitonen, der sich als ihr späterer Studienpartner vorstellte. Allerdings nicht einfach so: Neben ein paar persönlichen Angaben gab Michael an, den Tennisprofi Roger Federer mehr oder weniger gut zu kennen. Wobei man dazu sagen muss, dass Roger Federer in der Schweiz eine nahezu heldenhafte Verehrung genießt, jedenfalls deutlich mehr als unser Boris Becker.

Insgesamt verschickten die Psychologen vier verschiedene Varianten des Briefs:

  • In Variante 1 wurde Roger Federer überhaupt nicht erwähnt (Kontrollgruppe).
  • In Variante 2 gab Michael lediglich an, ein Fan von Federer zu sein.
  • In der dritten Version behauptete Michael, mit Federer persönlich befreundet zu sein.
  • In Variante 4 schließlich rühmte er sich mit ihm nicht nur befreundet zu sein, sondern sogar mit ihm zu trainieren.

Der vierte Brief lautete sinngemäß so:

Hallo …,

ich bin Michael, 24, wohne in einer WG in Zürich und habe gerade damit begonnen, Psychologie zu studieren. Das Fach gefällt mir schon ganz gut. Nebenbei jobbe ich am Flughafen, schiebe die Gepäckwagen zusammen oder helfe Kindern dabei, das richtige Gate zu finden. So was eben, aber das ist lustig.

Hobbys habe ich natürlich auch. Ich treibe gerne Sport – vor allem, um in Form zu bleiben. 🙂 Ich spiele viel Badminton, im Winter fahre ich meist Snowboard und im Sommer spiele ich Beachvolleyball am See. Wie wohl die meisten, schaue ich mir aber auch gerne Sport im Fernsehen an.

Ich bin übrigens gut mit Roger Federer befreundet (wir kennen uns schon seit Jahren, eigentlich schon seit dem Kindergarten), und wir treffen uns ab und an, spielen dann zusammen Playstation und manchmal trainieren wir auch zusammen. Meistens joggen wir – vorausgesetzt, Roger hat gerade Zeit. Roger ist wirklich ein netter Typ. Selbst nach all seinen Erfolgen und dem Ruhm, ist er total auf dem Boden geblieben. Das kannst Du mir echt glauben. Dieses Jahr lief es wirklich großartig für ihn, und ich hoffe, dass das nächstes Jahr so weitergeht.

Ich bin jedenfalls gespannt, von Dir zu hören. Wir sehen uns am Mittwoch!

Michael

Natürlich kam es nie zu diesem Treffen. Stattdessen befragten die Wissenschaftler später ihre Probanden, wie sympathisch ihnen Michael war.

Und tatsächlich empfanden die Empfänger der Varianten 3 und 4 Michael als deutlich weniger sympathisch und weniger kompetent (!) als die Adressaten der ersten beiden Briefe.

Bei näherem Nachfragen fühlten sich die Versuchsteilnehmer durch Michaels Namedropping regelrecht manipuliert und beschrieben es als aufdringlich, eitel und unnötig, sodass sie sich über Michaels wahre Intention nur noch wunderten. Und selbst wenn Michael nur erwähnte Federer-Fan zu sein, hatte das keinerlei positiven Effekt auf sein Image.

Auch wenn die Psychologen selbst einräumten, dass die Wirkung des Namedroppings bislang noch nicht allzu intensiv erforscht sei, war ihr Fazit dennoch eindeutig: Als Mittel zur Selbstinszenierung oder Selbstpromotion ist es völlig ungeeignet, mehr noch: Es nervt und kostet durchweg Sympathien.

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[Bildnachweis: Doppelganger4 by Shutterstock.com]

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