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Rigidität: Ein Stolperstein für Berufsanfänger

Rigidität ist ein weit verbreitetes Phänomen. In den unterschiedlichsten Lebenszusammenhängen – ob in der Schule, in der Familie oder auf der Arbeit – begegnen wir Menschen, die nicht in der Lage sind, ihr Denken gemäß neuer Erkenntnisse anzupassen. Das stellt vor allem Berufseinsteiger vor einige Probleme. Einerseits gilt es als Neuling, der in ein bestehendes System hereinkommt, sich anzupassen. Andererseits besteht das Bedürfnis, sich möglichst schnell mit seinen Fähigkeiten zu beweisen. Wie jedoch das gelingen soll, wenn die „Alteingesessenen“ nichts außer ihrer eigenen Expertise gelten lassen, ist eine Herausforderung. Wie Sie mit einer rigiden Persönlichkeit umgehen…



Rigidität: Ein Stolperstein für Berufsanfänger

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Das Phänomen der Rigidität

Rigidität (von lateinisch rigiditas = Starre, Härte) bezeichnet eine Charaktereigenschaft, die einen Menschen als stur in der Einstellung, der Zielsetzung oder der Meinung zeigt.

Im Verhalten ist er wenig flexibel und demonstriert geringe Umstellungsbereitschaft. Laut Duden gilt besonders in der Psychologie Rigidität als „starres Festhalten an früheren Einstellungen, Gewohnheiten, Meinungen, als Unnachgiebigkeit“.

Die Wirtschaftssoziologie sieht in Rigidität bei einer Person die herabgesetzte Fähigkeit, ihre Verhaltensweisen oder Einstellungen zu ändern. Auch wenn neue Erfahrungen oder Argumente hinzukommen, kann eine rigide Persönlichkeit ihre Verhaltensweisen und Einstellungen nicht an objektive Bedingungen anpassen.

So ein Verhalten lässt sich beispielsweise bei Menschen beobachten, die in Stereotypen denken. Die Psychologie kennt Rigidität als Hauptsymptom bei Menschen mit Zwangsstörungen (ICD-10 F60.5). Ein Beispiel für Rigidität ist, wenn jemand beim Lösen einer Aufgabe auf einen bestimmten Lösungsweg beharrt obwohl es einen schnelleren, leichteren gibt.

Wie Rigidität interpretiert wird, hängt vom jeweiligen Kontext ab, denkbar sind eine negative und eine positive Sichtweise:

  • Sie kann einerseits bedeuten, dass jemand unglaublich starr im Denken ist.
  • Sie kann andererseits bedeuten, dass jemand Beständigkeit zeigt.

Eigenschaften wie Beständigkeit und Verlässlichkeit sind im Arbeitskontext von großer Bedeutung. Ein Mindestmaß an Flexibilität allerdings ebenfalls. Wer hingegen besonders rigide ist, zeigt sich oftmals stolz und wenig zugänglich. Diese Menschen fürchten, dass ein Nachgeben in der Sache gleichbedeutend mit Unterwerfung und Niederlage ist.

Dabei geht es hier nicht einfach nur um Voreingenommenheit und Parteilichkeit, sondern diese Starrheit in Ansichten und Stellungsnahmen beruht auf emotionalen Bedürfnissen.

Rigidität ist daher eine Art Selbstschutz, denn so jemand befürchtet, dass er anderenfalls ausgenutzt, manipuliert oder hereingelegt wird. Er wird daher wenig Offenheit signalisieren.

Rigidität im Arbeitsleben

Aller Anfang ist schwer: Für Berufsanfänger und mehr noch für Praktikanten besteht ihre einzige Chance, im neuen Umfeld positiv auf sich aufmerksam zu machen darin, dass sie sich einbringen. Und wer beispielsweise als Hochschulabsolvent mit den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen versorgt ist, hat womöglich Verbesserungsvorschläge.

Wären da nicht die unsichtbaren Teamregeln – und die besagen unter anderem eben auch, dass Neulinge gut daran tun, sich erst einmal in Zurückhaltung zu üben.

Das Dilemma ist nur: Wer still und und höflich Anforderungen umsetzt und bemüht ist, es sich mit niemandem zu verscherzen, kann auch niemanden auf sich aufmerksam machen.

Unternehmen und Institutionen sind ja ausdrücklich auf der Suche nach Nachwuchskräften, die initiativ sind, eigene Ideen einbringen und diese auch gegen Einwände verteidigen können. So weit die Theorie. In der Praxis zeigt sich dann die Abhängigkeit von Mentoren, Ausbildern oder Vorgesetzten, die zum Bestehenden halten und sich jede Kritik verbitten, mit anderen Worten: der Rigidität frönen.

Der Diplom-Sozialpädagoge, Coach und systemischer Berater, Heiner Reinke-Dieker, hat sich in seinem 2014 erschienenen Buch „Vorsicht! Rigidität“ mit dieser Charaktereigenschaft auseinander gesetzt:

In der Regel sind es Ängste, die überdeckt und verdrängt werden, um sich das Gefühl von Sicherheit zu verschaffen. Es ist ein unbewusstes Nichthinsehen. Dann gilt nur die eigene Sicht, und alles Irritierende, Widersprechende muss in Frage gestellt, wenn nicht bekämpft werden.

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Umgang mit rigiden Persönlichkeiten

Es ist klar, dass zurückliegender Erfolg diese Haltung von Selbsttäuschung begünstigt und dass unter Stress der Tunnelblick noch enger und radikaler ausfällt. Wenn Sie nun auf einen derartig rigide auftretenden Verteidiger des Status-Quo stoßen, dann stecken Sie in der Zwickmühle:

  • Anpassung

    Niemand möchte als Schleimer gelten. Wer sich dem Vorgesetzten anbiedert, verscherzt es sich mit den Kollegen. Gleichzeitig bedeutet es den Verzicht auf die eigene Profilierung.

  • Widerspruch

    Wer seinem Vorgesetzten Kontra gibt oder ihn auf mögliche Missstände hinweist, bringt sich zwar in Sichtweite. Gleichzeitig aber schafft er sich so einen Gegner, der leicht die weitere Zukunft verbauen kann.

Geraten Sie an einen rigiden Vorgesetzten, ist dies ein Indiz für einen schwachen Chef. Wer vor allem Ja-Sager um sich scharrt, hat womöglich Angst, dass am eigenen Stuhl gesägt wird.

Reinke-Dieker rät Berufsanfängern daher, sich keinen Illusionen hinzugeben:

Glauben Sie nicht, Sie bräuchten nur noch bessere Argumente. Rigidität ist die Unzugänglichkeit gegenüber sachlichen Argumenten. Rigidität ist Emotion, und es hat dann einfach keinen Zweck, zu debattieren und Fakten anzuführen. Ihre Unbelehrbarkeitgilt dann im Gegenteil als Beweis Ihrer Gegnerschaft, oder schlimmer noch für Inkompetenz.

Um die eigenen Möglichkeiten in der Situation mit einem rigiden Gegenüber zu sondieren, helfe das Bild der Beratersituation gegenüber einem Unternehmen:

Sie stehen dann außerhalb des Systems und können es direkt nicht beeinflussen, obwohl Sie den doppelbödigen Auftrag haben Wasch mich, aber mach mich nicht nass. Sie können allenfalls Widersprüche des Systems aufgreifen und vorhandene Entwicklungen in die eine oder andere Richtung verstärken. Aber zunächst müssen Sie als Gesprächspartner angenommen werden.

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Pragmatische Herangehensweise: Tipps zum Vertrauensaufbau

Das Paradoxe ist ja: Rigide Persönlichkeiten haben Angst manipuliert zu werden. Indem Kollegen jedoch einen Weg des Umgangs mit dieser Rigidität finden müssen, greifen sie in gewisser Hinsicht zur Manipulation.

Als ersten Schritt empfiehlt sich der Aufbau von Vertrauen und Akzeptanz.

Hier kommt Ihnen zugute, dass rigide Personen ein immenses Bedürfnis nach Selbstbestätigung haben. Selbst wenn Ihr Chef äußerlich Ruhe und Gelassenheit ausstrahlt: Lassen Sie sich nicht davon täuschen.

Sie gewinnen an Akzeptanz durch viel Zustimmung und Lob, durch Interesse an Erfolgen, Stärken und Historie. Wenn Ihnen nun Fehler auffallen oder Sie auf deutliche Probleme im System stoßen, dann besteht die Chance, mit eigenen Ideen Verbesserungsanstöße einzubringen.

Aber Sie müssen vorsichtig dabei vorgehen. Denn Verbesserungsvorschläge können immer auch als Kritik an der herkömmlichen Vorgehensweise interpretiert werden und somit auf Ablehnung stoßen.

Wesentlich erfolgsversprechender ist es, wenn Sie sich auf ein Angebot mit einer „etwas anderen“ oder „weitergehenden“ Sichtweise beschränken.

Es sind oftmals Nuancen in den Formulierungen, die den Unterschied zwischen Scheitern und Erfolg machen. Reinke-Dieker rät zu folgender Gesprächsstrategie:

  • Zeigen Sie Interesse: „Wie sehen Sie die Situation?“
  • Geben Sie Bestätigung: „Ja, Sie haben recht, so ist es.“
  • Machen Sie ein Angebot: „Es gibt da noch etwas anderes…“
  • Informieren Sie bei Aufforderung: „Die andere Sichtweise, eine Idee ist…“
  • Bleiben Sie neutral: „Sie können am besten beurteilen…“

Diese Vorgehensweise ist am erfolgversprechendsten, wenn es Ihnen beispielsweise darum geht, umständliche Abläufe zu optimieren. Es kann also durchaus sein, dass Ihr Gegenüber eine neue Sichtweise und damit eine Idee zum alternativen Vorgehen gewinnt.

Allerdings sollten Sie Ihre Hoffnungen bezüglich der eigenen Profilierung nicht zu hoch hängen, wie Reinke-Dieker zu bedenken gibt:

Bei einem Rigiden wird das zumeist zu seiner eigenen Idee. Er wird Sie womöglich als Katalysator anerkennen, der den Erkenntnisprozess unterstützt hat, aber es ist nun einmal sein Können, seine Klugheit, sein Erfolg.

Das ist gerade für Berufsanfänger vermutlich sehr frustrierend und Ideenklau mag niemand. Andererseits müssen Sie die Lage pragmatisch betrachten: Sie stehen am Anfang Ihrer Karriere, Sie haben vermutlich noch Ziele und dazu gehört es auch, sich in unangenehmen Situationen durchzubeißen.

Sehen Sie es als Ihre Stärke, aus dieser Situation keinen Wettstreit zu machen, nicht aufzutrumpfen, sondern im Gegenteil auch Anerkennung für die Ihnen doch eigentlich gestohlene Idee auszusprechen. Ihre Zukunft hängt vor allem davon ab, beim Gegenüber Wohlwollen zu erreichen.

Es geht gar nicht darum, mit noch größerem Aufwand darauf aufmerksam zu machen, welch Talent in Ihnen schlummert. Vielmehr müssen Sie nach außen signalisieren, dass Sie sich an bestehende Verhältnisse gut anpassen können, also kein unangenehmer Störfaktor, sondern eine willkommene Bereicherung sind.

Das mag Sie Überwindung kosten und verlangt ein gewisses Maß an Selbstverleugnung ab. Vielleicht hilft es Ihnen, wenn Sie die Rigidität in Gedanken als eine Form der Geisteskrankheit betrachten. Letztlich geht es darum, Ihre Ziele zu erreichen.

Der Umgang mit schwierigen Menschen ist ein erster Schritt und demonstriert Ihre Stärke.

[Bildnachweis: Sasin Paraksa by Shutterstock.com]

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