Bibel: Geben ist seliger als Nehmen
Die Redewendung „Geben ist seliger als Nehmen“ (alternativ: „Geben ist seliger denn Nehmen“) ist einer der bekanntesten Sprüche aus der Bibel. Im neuen Testament und in Apostelgeschichte 20, 35 schreibt Paulus:
Ich habe euch in allem gezeigt, dass man so arbeiten und sich der Schwachen annehmen muss im Gedenken an das Wort des Herrn Jesus, der selbst gesagt hat: Geben ist seliger als nehmen.
Selig zu sein (Substantiv: Seligkeit), bedeutet in der Bibel, einen Zustand der vollendeten Erlösung und des Glück zu erreichen. Selig sind die Menschen, die sich nach den Grundsätzen der Bibel orientieren und daher Rettung, Heil und das Himmelreich erfahren.
Bedeutung der Bibelstelle
Übersetzen könnte man die Bibelstelle auch einfach mit: „Schenken macht froh.“ Auch wenn Paulus dabei Jesus zitiert und der Spruch sonst nirgendwo in den Evangelien auftaucht, passt er doch zur christlichen Ethik der Nächstenliebe – und zum Gleichnis vom barmherzigen Samariter.
Macht Geben wirklich glücklicher als Nehmen?
Wer gibt, wird demnach nicht nur glücklich, sondern erfüllt ein Gebot Gottes und wird gerettet. So jedenfalls die biblische Verheißung. Aber stimmt das auch ganz praktisch: Macht Geben wirklich glücklicher als Nehmen? Großzügigkeit gilt zwar als erstrebenswerte Tugend – ebenso wie Selbstlosigkeit. Aber welche Bedeutung hat der Altruismus in der Psychologie? Kanadische Wissenschaftler haben das genauer untersucht…
Studie: Ist Geben seliger als Nehmen?
Die Kanadische Sozialpsychologin Elizabeth Dunn untersuchte in ihren Studien zunächst den Zusammenhang zwischen Glück und Geld – und war selbst über das Ergebnis überrascht: Geld zu haben, machte nicht glücklicher. Es für andere auszugeben oder jemandem damit zu helfen, führte hingegen zu größerem persönlichen Glück.
Mehr noch: Auch in anderen Bereichen ist Geben seliger als Nehmen! Wer zum Beispiel an andere denkt, tut damit nicht nur etwas Gutes, sondern hilft auch sich selbst. Anderen Trost, Zuspruch oder eine helfende Hand zu geben, sichere nicht nur die Dankbarkeit des Gegenübers und ein Lächeln auf dem Gesicht – es steigert auch langfristig die eigene Zufriedenheit.
Weitere Studien unter Bewohnern eines Altenheimes konnten wiederum nachweisen, dass diese insgesamt glücklicher waren und geringere Anzeichen von Depressionen zeigten, wenn sie sich zum Beispiel um einen Kanarienvogel kümmern konnten. Das tägliche Versorgen als Akt des Gebens reichte bereits aus, um die positiven Effekte hervorzurufen.
Psychologie: Warum lohnt sich Geben mehr als Nehmen?
Aber woran liegt es, dass Geben seliger macht als Nehmen? Dahinter stecken gleich mehrere psychologische Effekte:
- Geben verbessert Beziehungen
Kleine Aufmerksamkeiten erhalten Freundschaften. Geben ist eine Form der Beziehungspflege – und der Mensch ist nunmal ein soziales Wesen. Zu wissen, dass man Freunden Gutes tut und gebraucht wird, macht glücklich. - Wer gibt, bewirkt etwas Gutes
Egal, ob wir einer einzelnen Person etwas geben oder einer Organisation Geld spenden: Geben vermittelt uns stets das Gefühl, zu etwas Größerem beizutragen. Vielleicht können wir nicht jedem Menschen auf der Welt helfen – aber hier und jetzt schon. Es gibt uns die Gewissheit, mit der großzügigen Gabe doch etwas Gutes in der Welt bewirken zu können. - Geben ist eine Inspiration
Nehmen ist einfacher, keine Frage. Aber es ist auch ziemlich egoistisch und langweilig. Niemand ist beeindruckt von einem Menschen, der nur an sich denkt. Umgekehrt waren und sind große Gesten des Gebens schon immer eine Inspiration für andere. Solche Menschen werden bewundert und sind zugleich ein Vorbild, anderen ebenfalls zu helfen. - Wer gibt, darf nehmen
Es ist das Gesetz der Reziprozität: Wer anderen einen Gefallen tut, darf später eine Gegenleistung erwarten. Das Prinzip der Gegenseitigkeit (siehe: Reziprozitätseffekt) – „Wie du mir, so ich dir“ – stellt eine Art Investition dar, die uns künftige Hilfe sichert.
Und nicht zuletzt ist Geben ein Ur-Instinkt von uns, sind Wissenschaftler überzeugt. Zusammenzuhalten und sich um andere zu kümmern, sicherte das Überleben der Gruppe. Tatsächlich ging es jenen Gemeinschaften am besten, die zuerst an das gemeinsame Wohl dachten.
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