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Tagträume: Bedeutung, Psychologie, Vorteile – gefährlich?

Die Gedanken schweifen ab, der Geist geht auf Reisen, wir fantasieren – mitten im Alltag. Das sind Tagträume. Der Harvard-Psychologe Daniel Gilbert hat ermittelt, dass wir fast die Hälfte unserer Lebenszeit nicht auf die Außenwelt und nicht auf das fokussiert sind, was wir gerade tun. Stattdessen beschäftigen wir uns mit unseren eigenen Gedanken. Nicht wenige fühlen sich danach schuldig, so als hätten Sie die Zeit nutzlos vertrödelt. Stimmt nicht! Tagträume haben zahlreiche Vorteile und sollten nicht verhindert, sondern sogar genutzt werden…



Tagträume: Bedeutung, Psychologie, Vorteile - gefährlich?

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Was sind Tagträume – einfach erklärt?!

Tagträume sind bildhafte Phantasien, die wir bei vollem Bewusstsein erleben. Zu einem gewissen Teil lassen sich diese Phantasien steuern, beispielsweise wenn Sie an den nächsten Urlaub denken oder sich vorstellen, wie es wäre, im Lotto zu gewinnen. Häufig jedoch entfalten sich Tagträume ohne unser zutun, einfach dadurch, dass wir uns erlauben für einen Moment unsere Aufmerksamkeit von der aktuellen Tätigkeit zu lösen. Dann wenden sich unsere Gedanken von äußeren Reizen ab, hin zu dem, was uns im Inneren beschäftigt.

Das Phänomen hat jeder schon einmal erlebt. Plötzlich sind Sie mit den Gedanken ganz woanders, nehmen Ihr Umfeld kaum noch wahr und versinken regelrecht in den eigenen Gedanken. Besonders häufig geschieht dies bei längeren Spaziergängen oder beim Autofahren. Auf einmal wachen wir auf und wissen gar nicht mehr ob die Ampel auf den letzten 200 Metern grün oder rot war. Nur, weil wir den Träumereien so intensiv nachgegangen sind…

Wie entstehen Tagträume?

Laut Jonathan Schooler, Professor für Psychologie an der Universität von Kalifornien in Santa Barbara, lässt sich zwischen zwei Hauptursachen für Tagträume unterscheiden:

  1. Überforderung
    Das Gehirn braucht hin und wieder eine Pause. Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem das Gehirn nicht mehr aufnahmefähig ist und unsere Konzentration schwindet. Kurz: Wir brauchen eine Pause, und die Gedanken schweifen ab.
  2. Unterforderung
    Widmen Sie sich einer Aufgabe, die nicht Ihre volle Aufmerksamkeit benötigt, nutzt das Gehirn den Freiraum, um Dinge zu verarbeiten, die das Unterbewusstsein beschäftigen. Häufig kreisen die Gedanken dann um zukünftige Ereignisse, beispielsweise Ziele, die wir noch erreichen wollen – oder Entscheidungen, die noch zu treffen sind.

Tagträume sind in erster Linie eine Art Ausgleichsmechanismus des Gehirns. Sie sorgen dafür, dass die körpereigenen Ressourcen und Kapazitäten richtig genutzt werden.

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Tagträume sind ein Quell großartiger Ideen

Wer sich zu lange mit einer Aufgabe beschäftigt, lenkt sein Denken in einen Tunnel und sorgt für geistige Blindheit. Es fehlt die Frischluft der freien Assoziation. Im Halbschlaf aber bekommt das Gehirn die nötige Zeit, damit es Informationen verknüpfen kann und so zur Keimzelle für gute Einfälle mutiert. Das Genie Albert Einstein, der Regisseur Woody Allen and die Harry-Potter-Autorin Joanne K. Rowling waren und sind nicht nur bekennende Fans des Tagträumens. Nach eigenen Angaben verdanken die drei diesen Träumen gar ihre besten Ideen.

Es gibt auch wissenschaftliche Befürworter, darunter Benjamin Baird – ein Kollege Schoolers an der Universität von Kalifornien in Santa Barbara. Bei seinen Untersuchungen kam heraus: Tagträumer finden im Schnitt ganze 41 Prozent mehr Lösungen als Personen, die sich analytisch dem Problem nähern.

Beim Tagträumen arbeitet die rechte Gehirnhälfte

Die Geschichte des deutschen Chemikers Friedrich August Kekulé von Stradonitz zeugt ebenfalls von der schöpferischen Kraft der Tagträume. Der Legende nach entschlüsselte er dabei die Struktur des Benzolmoleküls. Im Tragtraum tanzten die Kohlenstoff- und Wasserstoffatome vor seinen Augen; eine Schlange erschien, biss sich selbst in den Schwanz und bildete einen Ring. Daraufhin ordneten sich auch die Atome zu einer Ringstruktur: Die Geburtsstunde der organischen Chemie.

Kekulé selbst erzählte diese Geschichte so. Allerdings war das gemogelt. Schon einige Jahre zuvor wurde er durch einen Kollegen auf die Ringtheorie aufmerksam, lehnte sie aber noch ab. Sein Versuch der Legendenbildung zeigt aber dennoch, warum seine Geschichte so glaubwürdig wirkte: Tagträume und Dämmerzustände machen erfinderisch. Sie sind das Weckzeichen für die rechte Gehirnhälfte. Die linke, logisch ordnende Gehirnhälfte hat derweil Pause. Sie wird erst später wieder gebraucht, um aus den wirren Phantastereien eine brauchbare Idee zu formen – oder eine hübsche Geschichte.

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Vorteile von Tagträumen

Tagträume haben einen schlechten Ruf. Häufig werden sie mit mangelnder Disziplin und einer schlechten Auffassungsgabe gleichgesetzt. Sigmund Freud unterstellte Tagträumen sogar, dass sie die Entwicklung von neurotischen Beschwerden begünstigen. Längst haben Wissenschaftler belegen können, dass das Gegenteil richtig ist: Tagträume sind besser als ihr Ruf und wirken sich positiv auf die Arbeit aus. Nicht nur dort! Sie sind für unser Gehirn und unsere Psyche geradezu eine Wohltat. Ein paar positive Beispiele:

1. Tagträume steigern die Kreativität

Auf den ersten Blick klingt es widersprüchlich, dass es zur Lösung beiträgt, sich genau nicht auf diese zu konzentrieren. Doch konnte der Hirnforscher Andreas Fink mithilfe von Messungen der Hirnströme zeigen, dass ein langsamer Hirnrhythmus für kreative Prozesse enorm hilfreich ist. Diese sogenannten Alphawellen ließen sich vor allem bei Menschen während eines Tagtraumes messen. In diesem Zustand lag ihre Erinnerungs- und Lernfähigkeit besonders hoch.

2. Tagträume fördern vorausschauendes Denken

Tagträumern fällt es leichter, Probleme frühzeitig zu erkennen. Die Psychologin Kalina Christoff von der Universität von British Columbia wiederum fand heraus, dass bei Tagträumen ein ganzes Netzwerk an Gehirnarealen – das „Default Network“ – aktiv ist. Der Neurowissenschaftler Muireann Irish ist sogar überzeugt, dass Tagträume harte Arbeit für unsere Oberstube sind (auch wenn es sich nicht so anfühlt). Das ständige Verknüpfen unterschiedlicher neuronaler Netze und Gedanken sei nicht nur typisch für den Aufbau des Gehirns – es fördere geradezu unser Denken, den vorausschauenden Blick und das Antizipieren der Zukunft.

3. Tagträume trainieren unser Gehirn

Als sich Anthony Jack, ein Kognitionsforscher an der Case Western Reserve Universität in Ohio mit dem Phänomen beschäftigte, stellte er fest, dass wir beim Tagträumen unterschiedliche Modi des Denkens durchlaufen – mal analytisch, mal empathisch, mal chaotisch. Dabei werden aber die jeweils anderen Denkweisen kurzfristig ausgeschaltet. Bedeutet: Tagträume geben unterschiedlichen Hirnarealen eine kurze Pause. Die aber ist wichtig, um anschließend mehr leisten zu können.

4. Tagträume helfen, neue Perspektiven zu entwickeln

Beim Abschweifenlassen der Gedanken können Sie sich beispielsweise vorstellen, jemand ganz anderes zu sein und so verschiedene Szenarien durchspielen. Dabei trainieren Sie gleichzeitig (und unbewusst) Ihre empathischen Fähigkeiten – also das Vermögen, unterschiedliche Blickwinkel einzunehmen, sich in andere Menschen einzufühlen und deren Reaktionen und Gefühle zu verstehen, was wiederum Ihre Sozialkompetenzen in der realen Welt verstärkt.

5. Tagträume steigern das Arbeitsgedächtnis

Untersuchungen von Forschern um Daniel Levinson von der Universität von Wisconsin und dem Max Planck Institut für Kognitionswissenschaft kamen zu dem Ergebnis, dass Tagträume unsere Gedächtnisleistung verbessern – insbesondere unser Konzentrationsvermögen und die Fähigkeit, gespeicherte Informationen (trotz Ablenkungen und Störquellen) besser abzurufen. Mehr noch: Laut einer Studie der Cornell Universität in Ithaca steigern Tagträume sogar unsere Leistungskraft und Produktivität.

6. Tagträume bieten mentale Rückzugsräume

In einer Welt, in der die Anzahl der Umweltreize stetig steigt, kann ein kurzer Moment der inneren Einkehr wie ein Kurzurlaub wirken. Wie Untersuchungen der Menninger Klinik zeigten, können Tagträume – ähnlich wie Meditation – den Blutdruck und Stresslevel senken.

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Tagträume nutzen im Job?

Angesichts so vieler positiver Effekte raten zahlreiche Wissenschaftler inzwischen dazu, Tagträume öfter und bewusst einzusetzen. Insbesondere dann, wenn wir das Gefühl haben, eine Blockade zu erleben und nicht weiterkommen. Oder wenn wir an der Lösung eines Problems arbeiten und partout keine Lösung finden.

In einer solchen Situation helfe es enorm, die Arbeit kurz ruhen zu lassen und einer geistig anspruchslosen Tätigkeit nachzugehen. Es sollte keine Tätigkeit sein, auf die Sie sich konzentrieren müssen, sondern eher etwas Beliebiges wie beispielsweise auf einem Block kritzeln. Das gibt Ihnen die Gelegenheit, abzuschweifen und mittels Tagträumen das Problem zu lösen.

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Das richtige Timing für den Einsatz

Natürlich gibt es im Job auch Aufgaben, die unsere permanente und ungeteilte Aufmerksamkeit erfordern. Eine Kundenpräsentation, eine Operation, die Landung eines Flugzeugs, das Schreiben eines Artikels – um nur einige Beispiele zu nennen. In solchen Situationen können Tagträume zu Effizienz-Killern mutieren. Wer an einer Aufgabe mit einer knappen Deadline laboriert, wird durch viele Tagträume eher unterbrochen oder nutzt sie zum Prokrastinieren, also dem selbstbetrügerischen Aufschieben unangenehmer Aufgaben.

Hier hilft es eher, seine Aufmerksamkeit zu fokussieren, um zu verhindern, dass die Gedanken abschweifen. Tagträume haben eben doch eine Schattenseite, die aber weniger im Träumen selbst also vielmehr im Timing und Einsatz derselben liegt. Sie sollten also unterscheiden, wann es hilfreich sein kann, sich einen gedanklichen Exkurs zu erlauben – und wann sie besser konzentriert an einer Aufgabe weiterarbeiten.

Häufige Fragen zu Tagträumen

Wer regelmäßig und häufig Tagträume erlebt, kann dazu viele Fragen haben. Auch, wenn Sie zum ersten Mal erleben, wie Ihre Gedanken in Tagträumen abschweifen, sind Sie vielleicht anfangs verunsichert und wissen nicht, was Sie davon halten sollen. Deshalb beantworten wird zum Schluss noch häufige Fragen zum Thema Tagträumen…

Können Tagträume gefährlich sein?

Grundsätzlich gilt: Tagträume sind ungefährlich. Zwar sind Sie während der Gedankenreise abgelegt und nehmen Ihr Umfeld sowie äußere Umstände kaum bewusst wahr. Unfälle aufgrund von Tagträumen sind aber selten – viel seltener, als beispielsweise durch den berüchtigten Sekundenschlaf. In Ausnahmefällen, wenn das Tagträumen exzessiv auftritt und einen großen Teil des Tages einnimmt, kann es jedoch das Anzeichen einer psychischen Erkrankung sein. Wer zu lange und zu intensiv seinen Träumereien nachhängt, kann diese als Belastung empfinden oder sogar depressive Gefühle entwickeln. Für die große Mehrheit der Menschen sind Tagträume in normalem Maß aber durchweg ungefährlich und positiv.

Sollte ich auf meine Tagträume hören?

Nicht alle Tagträume enthalten sinnvolle Informationen, doch sollten Sie diese auch nicht einfach ignorieren. Gerade in abschweifenden Gedanken finden sich oftmals Lösungen und Ideen für bisher ungeahnte Ansätze, neue Eingebunden oder kreative Ergüsse. Zudem werden in Tagträumen häufig eigene Ziele und Wünsche in bildlicher Form dargestellt, wodurch Ihnen diese erst bewusst werden können.

Wie intensiv sind Tagträume?

Generell lässt sich diese Frage nicht beantworten. Wissenschaftler gehen aber davon aus, dass Tagträume weniger intensiv wahrgenommen werden als Träume in der Nacht. Gleichzeitig Seite unterscheidet sich die Wahrnehmung von Person zu Person, weshalb mancher einen Tagtraum viel intensiver und realer erlebt, als andere. Solche Unterschiede können in der individuellen Persönlichkeit verankert sein, aber auch durch vorherige Erfahrungen geprägt werden.

Lassen sich Tagträume unterbrechen?

Von Nachtträumen kennen Sie es bestimmt: Sie wachen plötzlich aus einem Traum auf, der noch gar nicht zu Ende ist und wünschen sich, sofort wieder einzuschlafen. Ähnliches kann bei Tagträumen passieren, wenn Sie plötzlich in die Realität zurückgerissen werden. Das kann durch äußere Reize entstehen – etwa, weil Sie angesprochen werden. Wie bei anderen Träumen ist es aber schwer, an einen unterbrochenen Tagtraum wieder anzuknüpfen.

Können Tagträume gezielt hervorgerufen werden?

Auf Knopfdruck lassen sich Tagträume meist nicht erzeugen. Sie können aber günstige Voraussetzungen dafür schaffen und so das Loslassen der Gedanken vorbereiten und fördern. Möglich ist dies zum Beispiel durch Meditation oder indem Sie Aufgaben erledigen, bei denen Sie mental abschalten können.

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[Bildnachweis: Doppelganger4 by Shutterstock.com]

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