Definition: Was ist Empathie?
Empathie (Deutsch: Einfühlungsvermögen) ist die Fähigkeit, Gedanken, Emotionen und Motive anderer Menschen zu erkennen, nachzuempfinden und darauf angemessen zu reagieren. Psychologen nennen diese Kompetenz auch „vorausschauende Emotionsreaktion“.
Empathische Menschen können sich in andere hineinversetzen und deren Gefühle, Motive oder Handlungen nachempfinden sowie feinfühlig damit umgehen – selbst wenn diese Menschen anders ticken als sie selbst.
Empathie Beispiele und Sprüche
Ob jemand empathisch ist, zeigt sich im Alltag oft an verständnisvollen Fragen oder typischen Sprüchen. Beispiele:
- „Was geht gerade in dir vor?“
- „Wie geht es dir damit?“
- „Ich kann dich gut verstehen.“
- „Das tut mir aufrichtig leid.“
- „Wie kann ich dir helfen?“
- „Ergibt das für dich Sinn, was ich sage?“
Empathie ist jedoch wie Intelligenz: Entweder man hat sie – oder merkt nicht, dass sie einem fehlt.
Merkmale: 4 Säulen der Empathie
Empathie (Englisch: empathy) ist DIE zentrale Fähigkeit für zwischenmenschliche Beziehungen. Sie hilft beim Aufbau von Vertrauen, beim Lösen von Konflikten und fördert das soziale Miteinander – in der Familie, im Freundeskreis oder im Job.
Gleichzeitig ist sie eine wichtige Voraussetzung für Mitgefühl und altruistisches Verhalten. Laut Definition setzt sich die Fähigkeit aus vier Säulen zusammen:
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Wahrnehmung
Kernfrage: „Wie geht es dem/der anderen?“ Facetten: Gestik, Mimik, Körpersprache, Stimme, Aussagen, spürbare Emotionen
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Verständnis
Kernfrage: „Warum geht es ihm/ihr so?“ Facetten: Ursachen, Motive, Umstände
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Resonanz
Kernfrage: „Wie reagiere ich darauf?“ Facetten: Rücksicht, Worte, Handlung, Mitgefühl, Akzeptanz
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Antizipation
Kernfrage: „Wie wird mein Gegenüber auf mich reagieren?“ Facetten: Emotional, rational
Wissenschaftler sind davon überzeugt, dass Empathie ein Schlüsselfaktor für Beruf und Erfolg ist. Eine Bonner Studie um Gerhard Blickle kommt zum Ergebnis: Wer sich gut in die Gefühle anderer hineinversetzen kann, steigt im Beruf schneller auf.
Empathie Arten und Formen
Innerhalb der Empathie werden in Psychologie und Forschung drei Arten und Ausprägungen unterschieden:
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Affektive Empathie
Die Fähigkeit, die Emotionen anderer Menschen instinktiv nachzuempfinden und sich automatisch (= affektiv) in seine Mitmenschen einzufühlen. Dabei handelt es sich um eine Art natürliches Talent.
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Kognitive Empathie
Die Fähigkeit, die Gedanken und Absichten anderer rational (= mit dem Verstand) zu erkennen und zu verstehen. Aber erst durch die „emotionale Empathie“ können wir diese nachempfinden.
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Soziale Empathie
Die Fähigkeit, das Verhalten und die Dynamik von Gruppen unterschiedlicher Herkunft oder Kulturen zu verstehen und vorherzusagen. Das gelingt aber umso besser, je ähnlicher uns Personen sind.
Voraussetzung für Empathie sind jedoch meist Menschenkenntnis sowie eine gesunde Selbstwahrnehmung: Je besser jemand sich selbst versteht, desto besser kann er oder sie die Gefühle anderer deuten und damit umgehen.
Unterschied zwischen Empathie und Mitgefühl
- Mitgefühl bedeutet, mit anderen mitfühlen und mitleiden zu können. Das allerdings birgt die Gefahr einer emotionalen Erschöpfung oder eines Burnout.
- Empathie beschreibt das Verständnis der Emotionen ohne das Gefühlsleben anderer zu übernehmen (Fachbegriff: Resonanzfähigkeit). Möglich machen das sogenannte Spiegelneuronen.
Gegenteil von Empathie: Ekpathie
Das Gegenteil von Empathie ist Ekpathie. Die Eigenschaft kann jedoch genauso Selbstschutz sein, um emotional nicht ausgenutzt oder manipuliert zu werden – oder um Schicksalsschläge leichter zu überwinden (siehe: Resilienz). Empathielosigkeit kann sogar zu mehr Besonnenheit und Sachlichkeit führen.
Beispiel TV-Nachrichten: Manche Bilder von Krieg, Kindesmissbrauch oder Hass sind nur schwer zu ertragen. Die starken Gefühle können zum Brandbeschleuniger werden und zu Rachsucht oder Lynchjustiz führen. Thiemo Breyer, Professor an der Uni Köln, sagt, dass Empathie manchen Konflikt eher noch angeheizt. Zudem ermögliche Empathie Sadismus: Ohne der Eigenschaft wüsste der Sadist nicht, wie er sein Opfer am besten quälen kann.
Empathie Bedeutung im Berufsleben
Empathie ist eine wesentliche Grundlage für stabile Beziehungen. Tiefe Bindungen entstehen erst dann, wenn sich Menschen wirklich verstehen – also auch Gefühle und Gedanken teilen.
Empathische Menschen können sich dadurch nicht nur in andere einfühlen, sondern auch zutreffender abschätzen, was ihre Taten und Worte bei anderen auslösen. Anhaltspunkte sind dazu oft die…
- nonverbale Kommunikation
Körpersprache, Gestik, Mimik, Körperhaltung. - paraverbale Kommunikation
Stimme, Tonfall, Lautstärke, Wortwahl.
Gerade für Führungskräfte ist dies von hoher Bedeutung. Empathie ist Voraussetzung dafür, die individuellen Stärken und Talente der Mitarbeiter zu erkennen, diese angemessen zu fördern und wertschätzend zu führen. Ebenso kann Empathie Konflikte deeskalieren und Kollegen sprichwörtlich „mit ins Boot“ holen sowie ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem echte Teamarbeit funktioniert.
Für Mitarbeiter erleichtert das Einfühlungsvermögen die grundsätzliche Zusammenarbeit. Als wichtige Schlüsselkompetenz ist Empathie die Grundlage für Teamfähigkeit und Konfliktfähigkeit und steigert die Sympathie. Dadurch erleichtert sie den Menschen, sich ein Netzwerk aufzubauen, was wiederum ein wichtiger Baustein für beruflichen Erfolg ist.
Empathie Test: Wie empathisch bin ich?
Wie empathisch sind Sie wirklich? Um Ihnen bei der Selbsteinschätzung zu helfen, haben wir einen kompakten Empathie-Test entwickelt. Dabei geht es weniger um eine wissenschaftliche Messung, sondern darum, das Selbstbild zu schärfen.
Nehmen Sie sich für den Test einige Minuten Zeit. Haken Sie direkt online im Browser ab, welche Aussagen auf Sie zutreffen und zählen Sie die Anzahl zusammen:
- Ich bemerke sofort, welche Stimmung in einem Raum herrscht.
- Wenn jemand weint, nimmt mich das sehr mit und ich werde ebenfalls traurig.
- Ich verstehe auch das, was nur zwischen den Zeilen gesagt wird.
- Wenn die Chance besteht, versuche ich anderen immer zu helfen.
- Ich versuche es anderen so gut es geht recht zu machen, um Konfliktsituationen zu vermeiden.
- Die Freude eines anderen Menschen tut mir gut und bringt mich selbst zum lächeln.
- Sollte es Streit geben, versuche ich neutral zu bleiben und eine gemeinsame Lösung zu finden.
- Ich kann ein Geheimnis sehr gut für mich behalten, weil ich weiß, wie wichtig es für andere ist.
- Es belastet mich, wenn es Menschen in meinem Umfeld schlecht geht oder diese ungerecht behandelt werden.
- Ich kann gut nachvollziehen, was anderen Menschen besonders zu schaffen macht.
- Mir fallen Veränderungen in der Körpersprache auf und ich kann diese interpretieren.
- Ich kenne meine Wünsche und Ziele, nehme aber auch die Bedürfnisse anderer sehr deutlich wahr.
- Viele Menschen in meinem Umfeld vertrauen mir.
- Ich bemerke sofort, wenn jemand versucht mich anzulügen.
- Freunde und Kollegen schätzen an mir, dass ich ein guter Zuhörer bin.
Empathie Test – Auswertung
Der Empathie Test gibt Ihnen eine erste Selbsteinschätzung und soll zur Selbstreflexion anregen. Wie oft haben Sie den obigen Aussagen zugestimmt?
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0 bis 6 Mal: Geringe Empathie
Es fällt Ihnen schwer, die Emotionen anderer zu verstehen. Versuchen Sie sich häufiger in Ihre Mitmenschen hineinzuversetzen: Was beschäftigt sie? Warum verhalten sie sich so? Je besser Sie die Muster und Reaktionen erkennen, desto empathischer werden Sie.
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7 bis 11 Mal: Durchschnittliche Empathie
Sie können sich schon gut in die Gedanken und Gefühle Ihres Umfelds hineinversetzen – vor allem gegenüber Familie und Freunden. Erweitern Sie den Kreis – und versuchen Sie auch fremde Menschen und neue Kontakte besser zu verstehen.
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12 bis 15 Mal: Ausgeprägte Empathie
Sie sind enorm empathisch und erkennen sofort, wie es Ihrem Gegenüber geht. Kein Beweggrund bleibt Ihnen verborgen. Dadurch entstehen intensive und stabile Beziehungen. Aber Achtung: Lassen Sie sich von den Emotionen Ihres Umfeldes nicht zu sehr beeinflussen oder gar herunterziehen.
Wer es genauer wissen und wissenschaftlich fundiert seine Empathie messen will, sollte sich das „Gießener Inventar“ ansehen. Für diesen psychologischen Test zur Messung von Empathie benötigen Sie allerdings einen Psychologen oder Coach.
Der E-Test: Wie empathisch ist mein Gegenüber?
Um herauszufinden, wie empathisch Ihr Gegenüber ist, können Sie den sogenannten E-Test machen. Den hat der Sozialpsychologe Adam Galinsky entwickelt. Bitten Sie dazu Ihr Gegenüber, ein „E“ auf die eigene Stirn zu malen. Entscheidend ist, ob die Person das „E“ so malt, dass Sie es lesen können – oder nur die Person selbst. (siehe Video).
Empathie lernen: Wie werde ich empathischer?
Empathie ist nicht nur eine wichtige Sozialkompetenz – Sie können Empathie lernen und insgesamt empathischer werden. Zum Beispiel mit diesen 7 Tipps:
1. Hören Sie aktiv zu
Aktives Zuhören bedeutet mehr als Schweigen oder Lauschen. Gute Zuhörer sind zugleich gute Fragensteller: Sie erkundigen sich, wenn sie etwas nicht verstanden haben und wiederholen mit eigenen Worten, was sie verstanden haben. Das vermittelt beides: Verständnis und Wertschätzung.
2. Seien Sie offen
Erst wenn Sie unvoreingenommen auf andere zugehen, werden Sie eine Beziehung aufbauen können. Selbst an Kollegen, die Sie als schwierig empfinden, können Sie positive Eigenschaften erkennen. Diese werden Sie aber nur sehen, wenn Sie nicht an Vorurteilen festhalten.
3. Beobachten Sie
Beobachten Sie Ihre Mitmenschen genauer und entwickeln Sie ein besseres Verständnis für deren heimliche Beweggründe. Welche Gewohnheiten haben sie? Wie arbeiten sie? Wie reagieren sie auf bestimmte Auslöser? Wer erkennt, dass der Büronachbar zum Beispiel morgens erstmal einen Kaffee braucht, kann darauf Rücksicht nehmen.
4. Zeigen Sie Interesse
Wer sich für seine Mitmenschen wirklich interessiert, kann leichter deren Emotionen erkennen und nachvollziehen. Viele sprechen gerne über Hobbys oder Leidenschaften. Haken Sie aufmerksam nach und achten Sie darauf, welche Gefühle mit den Themen verbunden sind.
5. Hinterfragen Sie
Konflikte entstehen häufig durch Missverständnisse. Versuchen Sie zwischen den Zeilen zu lesen, Motive zu hinterfragen und nachzuempfinden. Oft bleiben die waren Bedürfnisse unausgesprochen. Eine hilfreiche Methode hierfür ist das sogenannte 4-Ohren-Modell von Friedemann Schulz von Thun. Dabei wird jede Aussage von vier Seiten betrachtet.
6. Drücken Sie Verständnis aus
Wer sich verstanden fühlt, öffnet sich. Erzählt Ihnen zum Beispiel eine Freundin oder ein Kollege von einem Erlebnis und Sie sagen: „Ich kann das gut nachvollziehen“, entsteht Verbundenheit (aber nur, wenn das keine Floskel ist!). Der oder die andere fühlt sich in Ihrer Gegenwart sofort wohler – und Sie gewinnen mehr Empathie.
7. Nehmen Sie sich Zeit
Empathie kommt nicht von heute auf morgen. Es kostet Zeit, sich selbst und andere Persönlichkeiten besser kennenzulernen. Wer lange Zeit nur oberflächliche Kontakte gepflegt hat, sollte sich die Zeit nehmen, um empathisches Denken und Handeln Schritt für Schritt zu erlernen. Bei beruflichen Beziehungen hilft es, anfangs den informellen Austausch zu suchen. Das kann der Kaffeeplausch oder ein Feierabendbier sein. In diesen Situationen öffnen sich viele und zeigen mehr Emotionen.
ÜBRIGENS: Oft verbessert sich die Empathie mit zunehmendem Alter, weil Sie auf einen wachsenden Erfahrungsschatz und Menschenkenntnis zurückgreifen können. Das hat weniger mit „Altersmilde“ zu tun als vielmehr mit kristalliner Intelligenz.
Vorteile und Nachteile
Emotionale „Schwingungsfähigkeit“ hat viele Vorteile, die sowohl den privaten wie beruflichen Erfolg begünstigt.
Vorteile der Empathie
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Netzwerken
Empathie ist Grundlage für stabile Beziehungen. Das hilft enorm beim Netzwerken: Das Einfühlungsvermögen erleichtert den Umgang mit Fremden und neuen Kollegen.
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Teamfähigkeit
Im Team führt die Empathie zu mehr Verständnis und größerer Hilfsbereitschaft untereinander.
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Kernkompetenz
Empathie ist Voraussetzung für Führungskompetenz. Ohne sie entsteht kein Vertrauen.
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Konfliktlösung
Dank des Einfühlungsvermögens werden Konflikte frühzeitig erkannt und die wahren Ursachen konstruktiv gelöst.
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Motivation
Empathisches Verhalten macht sympathisch und motiviert andere, mehr aus sich zu machen. Empathie ist ein wichtiger Spiegel und Schlüssel zu den eigenen Talenten.
Nachteile der Empathie
Auch hier ist es wie bei allem: Die Dosis macht das Gift. Zu viel Empathie und Mitgefühl – und es drohen veritable Nachteile…
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Abgrenzung
Übermäßiges Einfühlungsvermögen kann zur Belastung werden. Betroffene fokussieren sich zu sehr auf die Gefühle anderer und können nur schwer Nein sagen. Folge: Sie stoßen schneller an ihre Belastungsgrenze.
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Gutgläubigkeit
Wer besonders empathisch ist, fällt leichter auf Schauspieler und toxische Menschen herein. Betroffene sind anfällig für Manipulationen. Folge: Die Hilfsbereitschaft wird ausgenutzt.
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Führungsschwäche
Allzu empathische Vorgesetzte geraten schnell in die Defensive: Sie müssen unpopuläre Entscheidungen umsetzen, tun es aber zu zögerlich. Im schlimmsten Fall glänzen sie mit Absentismus.
Empathie Beispiele: Psychologische Studien
Sie haben schon viel über Empathie und Einfühlungsvermögen gelernt. Die folgenden wissenschaftlichen Erkenntnisse und Fakten aus der Psychologie wollen wir Ihnen trotzdem nicht vorenthalten:
Wer regelmäßig Romane liest, verbessert nicht nur seinen Sprachschatz, sondern steigert auch seine Empathiefähigkeit. Das geht aus Studien um Raymond Mar hervor. Bemerkenswert daran: Bei den Lesern von Sachbüchern stellten die Wissenschaftler einen gegenteiligen Effekt fest.
Traurig, aber wahr: Der sozioökonomische Status wirkt sich auf das Empathievermögen aus. Das fand der britische Psychologe Antony S. R. Manstead von der Universität Cardiff heraus. Seine Studien ergaben, dass ärmere Menschen schneller Blickkontakt aufnehmen und eher auf andere zugehen. Reichere Menschen waren eher verschlossen. Die Erklärung: Wer wenig zum Leben hat, sei eher auf die Hilfe anderer angewiesen. Reiche hingegen würden Empathie in Form von Wohltätigkeit nur dann zeigen, wenn es eine entsprechende Öffentlichkeit gäbe, wie beispielsweise auf einer Spendengala.
Laut einer Studie von Lisa Aziz-Zadeh von der Universität von Südkalifornien verrät schon die Art, wie ein Redner seine Sätze betont, dessen Empathie. Wer zum Beispiel seine Aussprache besonders deutlich modulierte, war auch besonders empathisch.
Laut Untersuchungen um Sarina Rodrigues von der Oregon State Universität können empathische Menschen besser mit Stress umgehen. Verantwortlich dafür ist ein spezielles Gen, dass die Betroffenen nicht nur empathischer macht, sondern ihnen ebenso dabei hilft, störende Eindrücke auszublenden.
Synästhesie – also die Fähigkeit einen Sinnesreiz mehrfach wahrzunehmen und zum Beispiel einem Geschmack eine Farbe zuzuordnen – ist zugleich ein veritables Indiz für hohe Empathiewerte. Das fanden Michael Banissy und Jamie Ward vom University College in London in ihren Studien heraus. Das deckt sich mit Studien von Wen Zhou und Denise Chen von der Rice Universität in Houston, wonach empathische Menschen ein besonders ausgeprägtes Geruchsgedächtnis besitzen. Rund vier Prozent der Menschen in Deutschland sind übrigens Synästhetiker.
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