Sonntagsneurose: Schlechte Laune am Wochenende

Das Wochenende kommt – die gute Laune geht… Kennen Sie? Dann leiden Sie womöglich an einer klassischen Sonntagsneurose. So bezeichnen Wissenschaftler das Phänomen, wenn das Wochenende zum Stimmungskiller statt zu Launelifter wird. Studien zeigen inzwischen: Einige Menschen leiden mehr unter dem Wochenend-Blues als andere. Woran das liegt, wie die Sonntagsneurose entsteht und was Sie dagegen tun können, das erfahren Sie hier…

Sonntagsneurose Weekend Blues Studie Psychologie Stimmung Stress Grafik

Was ist eine Sonntagsneurose?

Eine Neurose ist eine psychische Störung. In der Medizin spricht man auch von „Störungen“ oder „neurotische Depression“. Die Sonntagsneurose (auch: „Weekend-Blues„) beschreibt eine besonders schlechte Stimmung am Wochenende beziehungsweise am Sonntag. Statt die Freizeit zu genießen, geht es den Betroffenen schlecht. Für sie bedeutet die Freizeit am Samstag und Sonntag nicht, die Seele baumeln zu lassen, sondern puren Stress.

Eine Sonntagsneurose kann sich auch körperlich äußern. Der ungarische Psychoanalytiker Sándor Ferenczi, der Sonntagsneurose schon Anfang des letzten Jahrhunderts untersuchte, stellte bei seinen Patienten Symptome, wie Kopfschmerzen oder Magen-Darm-Beschwerden fest. Manche bekamen sogar am Freitagabend schon Schüttelfrost und Erbrechen.

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Sonntagsneurose und Bildung hängen zusammen

Niedergeschlagenheit am Wochenende oder an Ruhetagen – das untersuchten auch die Ökonomen Wolfgang Maennig, Malte Steenbeck und Markus Wilhelm von der Universität Hamburg in ihrer Studie „Rhythms and Cycles in Happiness“. Ergebnis: Vor allem Männer leiden am Wochenende unter den Symptomen der Sonntagsneurose. Die zeigte sich in geringer Lebensfreude und genereller Verstimmtheit.

Allerdings sind nicht alle Männer gleich betroffen. Die Heftigkeit der Sonntagsneurose stieg mit dem Bildungsgrad. Männer mit höherer Bildung und in Führungspositionen waren am Wochenende auffallend oft schlecht gelaunt. Der Sonntag war für sie ein leidvoller, eher unnötiger Tag in der Woche.

Je höher die Bildung, desto Blues

Interessanterweise stieg bei diesen Männern am nächsten Tag (Montag) die Laune wieder sprunghaft an. Auch, weil sie dann wieder arbeiten konnten. Gut ausgebildete Frauen waren von dem Phänomen ebenso betroffen – nur nicht so stark. Während bei den Männern die Zufriedenheit im Laufe der Woche von 7,2 (auf einer Skala von 0 bis 10) auf 6,7 sank, veränderte sie sich bei Frauen nur von 7 auf 6,7.

Gründe dafür kennen die Wissenschaftler noch nicht. Eine Vermutung aber ist: Freizeit scheint für die Betroffenen eher eine Art Zeitverschwendung zu sein. Sie finden in ihrem Beruf besondere Erfüllung und Lebensfreude. Das Wochenende trennt sie davon – entsprechend sinkt bei ihnen die Laune und der Frust steigt.

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Die langfristigen Folgen der Sonntagsneurose

Wer jetzt denkt „Ist doch gut, wenn sich Leistungsträger auf den Montag und die Arbeit freuen“ liegt falsch.
Tatsächlich werden die langfristigen Folgen der Sonntagsneurose regelmäßig unterschätzt: Arbeitnehmer, die sich am Wochenende nicht mehr erholen können, laufen Gefahr, an einem Burnout zu erkranken oder Raubbau an Körper und Seele zu betreiben.

Statt am Sonntag neue Kraft zu tanken und sich von den Belastungen der Woche zu erholen, kreisen die Gedanken nur um die neue Arbeitswoche. Das steigert den Stress und führt zu einer Dauerbelastung, die zahlreiche Krankheiten, wie Herz-Kreislauf-Erkranungen, Bluthochdruck oder Nierenschäden nach sich ziehen kann.

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Sonntagsneurotiker – Arbeitgeber wie Arbeitnehmer – sind gut beraten, am Wochenende kürzer zu treten und buchstäblich abzuschalten.

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5 Tipps gegen den Wochenend-Blues

Wenn Sie erste Symptome einer typischen Sonntagsneurose verspüren, sollten Sie aktiv werden und etwas dagegen unternehmen. Schließlich ist es für alle anderen auch kein Glücksfall, wenn Sie am Wochenende regelmäßig schlechte Laune bekommen oder besonders gestresst reagieren. Die folgenden Tipps können Ihnen dabei helfen, den Weekend-Blues zu überwinden:

  1. Gehen Sie spazieren

    Bewegung tut gut. Besonders dann, wenn wir uns schlecht und ausgelaugt fühlen. Ein Spaziergang an der frischen Luft lindert Stress und Müdigkeit und kann sogar unser Immunsystem ankurbeln. Daneben hat die Bewegung unter freiem Himmel weitere Vorteile: Wir tanken wertvolles Sonnenlicht, das ebenso unsere Stimmung aufhellt und stärken Gelenke und Rückenmuskulatur. Gerade für Menschen, die im Beruf viel sitzen, ist Spazieren unbedingt zu empfehlen – nicht nur bei einer Sonntagsneurose.

  2. Machen Sie sich einen Plan

    Um erst gar nicht in ein Gedankenkarussell zu kommen, sollten Sie sich einen Plan machen: Überlegen Sie sich schon während der Arbeitswoche, welche Aktivitäten Ihnen am Wochenende Freude bereiten. Auch Zeit für die Familie sollten Sie aktiv nutzen. Ist der Tag verplant, hat die Sonntagsneurose weniger Chancen.

  3. Behalten Sie Ihren Rhythmus bei

    Nicht nur ein strukturierter Tag – auch ein regelmäßiger Rhythmus kann helfen, die schlechte Laune am Wochenende zu vertreiben. Statt lange auszuschlafen und erst spät in den Tag zu starten, sollten Sie das Urlaubsgefühl gar nicht erst aufkommen lassen. Wenn Sie am Wochenende aus dem gewohnten Ablauf ausbrechen, droht der sogenannte Gummiband-Effekt. Unser Körper kommt mit der schlagartigen Entspannung nicht klar und wir werden krank. Grund dafür ist das schnelle Absinken des Stresshormons Cortisol, das sich während der Arbeitswoche auf konstant hohem Level hält. Stehen Sie daher lieber wie gewohnt auf und bereiten Sie sich auf den freien Tag vor – wie auf einen Arbeitstag.

  4. Kreieren Sie Traditionen

    Sie können sich das Wochenende auch mit regelmäßigen Aktivitäten versüßen. Das sollten ebenfalls Dinge und Hobbys sein, die Ihnen Freude bereiten. Sparen Sie sich diese Traditionen aber unbedingt fürs Wochenende auf. Am besten sogar für den Sonntag. Statt schon morgens mit ersten Symptomen einer Sonntagsneurose zu erwachen, freuen Sie sich auf den „Unruhetag“ – und Ihre Laune steigt.

  5. Bereiten Sie die neue Arbeitswoche vor

    Den wirklich hartgesottenen Sonntagsneurotikern kann auch die Vorbereitung auf die neue Woche helfen. So können sich schon schon am Wochenende für ein bis zwei Stunden mit den geliebten Aufgaben bei der Arbeit beschäftigten. Machen Sie sich dazu ruhig eine ToDo-Liste. Halten Sie fest, welche Aufgaben in den nächsten Tagen anstehen und wann Sie diese erledigen möchten. Nachdem Sie die Liste geschrieben haben, müssen Sie die anstehenden Aufgaben nicht mehr im Kopf behalten. Das entlastet und fördert die Entspannung.

  6. Falls Niedergeschlagenheit und Lustlosigkeit am Wochenende über längere Zeit anhalten und sich auch auf die Tage während der Woche ausdehnen, sollten Sie zusätzlich einen Arzt konsultieren. Hinter der Sonntagsneurose kann ebenso eine beginnende Depression stecken. Die Symptome sind – vor allem im Anfangsstadium – ähnlich.

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    Sonntagsneurose? Machen Sie den Test!

    Wenn die Beschwerden der Sonntagsneurose partout nicht abklingen und Sie chronisch unter fehlender Motivation und Selbstzweifeln leiden, sind das ernsthafte Warnsignale. Suchen Sie in dem Fall bitte unbedingt einen Arzt auf.

    Erste Hinweise, ob Sie medizinische Hilfe benötigen, kann der folgende Test liefern. Aussagen, die auf Sie zutreffen, können Sie direkt hier online abhaken. Mehr als 7 Haken sollten es allerdings nicht werden…

    • In jüngster Zeit weine ich oft und bin niedergeschlagen.
    • Ich kann mich nicht erinnern, wann ich herzhaft gelacht habe.
    • Von Freunden und Kollegen ziehe ich mich zurück.
    • Ich fühle ständig eine innere Unruhe und Anspannung.
    • Mir fehlt jegliche Energie oder Kraft, Dinge zu tun.
    • Wenn ich Entscheidungen treffen soll, bin ich überfordert.
    • Ich habe häufiger Beschwerden wie Kopf- und Rückenschmerzen.
    • Selbst Zähne putzen und mich waschen, fällt mir schwer.
    • Ich kann mich nicht konzentrieren oder klare Gedanken fassen.
    • Die Gedanken kreisen ständig in meinem Kopf.
    • Ich fühle mich an allem schuldig und nutzlos.
    • Meine Hobbys machen mir keinen Spaß mehr.
    • Ich habe häufig Schlafprobleme.
    • Mein Interesse an Sexualität ist stark reduziert.
    • Ich esse viel mehr/weniger als früher.
    • Ich fühle ich neuerdings absolut leer.
    • Nichts ergibt für mich noch einen Sinn.
    • Meine Situation wirkt aussichts- und hoffnungslos.
    • Morgens geht es mir schlechter, abends besser.

    Nehmen Sie eine chronische Sonntagsneurose nicht auf die leichte Schulter. Sie kann die Vorstufe zu einem Burnout oder einer Depression sein. Wichtige Informationen zum Thema Depression sowie kostenlose Hotline-Nummern und Adressen, wo Sie Hilfe bekommen, finden Sie in unserem ausführlichen Artikel dazu: Depression: Ursachen, Diagnose, Therapie


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    [Bildnachweis: Karrierebibel.de]