Abfindung: Anspruch + Tipps, wie Sie mehr bekommen

Bei einer Kündigung hoffen Arbeitnehmer wenigstens auf eine Abfindung, um die finanziellen Folgen des Jobverlusts zu verringern. Freuen dürfen sich über die Zahlung am Ende des Arbeitsverhältnisses aber nur wenige. Gibt es einen Anspruch auf eine Abfindung? Und in welcher Höhe wird eine Abfindung gezahlt? Hier erfahren Sie alles, was Sie zum Thema wissen müssen – Informationen über Anspruch, Höhe, Steuern, Auswirkungen auf das Arbeitslosengeld und Tipps, wie Sie bei mehr herausholen können…

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Was ist eine Abfindung?

Eine Abfindung ist eine einmalige und außerordentliche Zahlung des Arbeitgebers an einen Mitarbeiter, die als finanzielle Entschädigung für eine Kündigung, den damit verbundenen Verlust des Arbeitsplatzes und die Einbußen beim Einkommen gezahlt wird. Gekündigte Arbeitnehmer sollen finanziell über den Arbeitsplatzverlust hinweggetröstet werden, damit sie die Arbeitslosigkeit bis zu einer neuen Stelle finanziell leichter überbrücken können.

Warum wird eine Abfindung gezahlt?

Die Zahlung einer Abfindung ist keine reine Nächstenliebe: Es eine Maßnahme, um das andernfalls hohe Prozessrisiko zu vermeiden, wenn ein gekündigter Mitarbeiter Kündigungsschutzklage einreicht. Ein solcher Rechtsstreit kann hohe Summen verschlingen. Die Abfindung kann ein günstigerer Weg sein, um einen ausscheidenden Mitarbeiter dazu zu bewegen, auf sein Recht zur Klage zu verzichten.

Unternehmen wollen eine Prüfung vor dem Arbeitsgericht verhindern. Schon kleine Formfehler können dazu führen, dass die Entlassung nicht rechtens ist und die Kündigung zurückgezogen werden muss. Die Zahlung ist somit zwar Entschädigung, soll Mitarbeiter aber gewissermaßen ruhigstellen und den Arbeitgeber absichern.

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Anspruch: Wer bekommt eine Abfindung?

Die schlechte Nachricht: Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung.Bei einer rechtmäßigen Entlassung endet die Zusammenarbeit nach der Kündigungsfrist – bei urechtmäßiger Kündigung haben Sie das Recht, in Ihren Job zurückzukehren. Da das nach Streitigkeiten vor dem Arbeitsgericht oft nicht zumutbar ist, kann das Gericht die Zahlung einer Abfindung anordnen, wenn nach unwirksamer Kündigung keine weitere Zusammenarbeit infrage kommt.

Es gibt jedoch mehrere Ausnahmen, in denen Sie einen offiziellen Anspruch auf Abfindung haben:

Betriebsbedingte Kündigung

Aus § 1a des Kündigungsschutzgesetzes kann sich für Mitarbeiter ein Anspruch auf eine Abfindungszahlung ergeben. Dies ist aber an mehrere Voraussetzungen gebunden: Der Kündigungsschutz greift nur bei Betrieben mit mehr als 10 Mitarbeitern und wenn das Arbeitsverhältnis seit mindestens sechs Monaten besteht. Auch gilt der Paragraph nur bei betriebsbedingten Kündigungen, andere Kündigungsgründe bleiben außen vor. Zusätzlich muss der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben darauf hinweisen und eine Abfindung in Aussicht stellen, wenn der Mitarbeiter die Frist zur Kündigungsschutzklage verstreichen lässt.

Sozialplan

Kommt es beispielsweise zur Schließung einer Geschäftsstelle, kann der Betriebsrat im Rahmen von Sozialplänen Abfindungen für die betroffenen Mitarbeiter vereinbaren. Trifft der Betriebsrat diese Absprache nicht oder besitzt das Unternehmen keinen Betriebsrat, verfällt auch die Chance auf eine Zahlung.

Tarifvertrag

In manchen Branchen wird der Anspruch auf eine Abfindung im Tarifvertrag geregelt. Wenn es für Ihr Arbeitsverhältnis einen gültigen Tarifvertrag gibt, sollten Sie diesen kontrollieren und sich informieren. Möglicherweise ergibt sich daraus für Sie ein Anspruch.

Betriebsvereinbarung

Gleiches gilt für eine Betriebsvereinbarung, die zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber vereinbart wurde. Hier können unterschiedliche Rechte und Pflichten festgehalten werden – darunter eben auch der Anspruch auf Abfindungszahlungen an Mitarbeiter, die aus bestimmten Gründen ihren Job verlieren.

Gewohnheitsrecht

Das Gewohnheitsrecht wird durch die betriebliche Übung auch bei Abfindungen angewendet: Wenn Mitarbeiter, die aus dem Betrieb ausscheiden, üblicherweise eine Abfindung erhalten, kann sich daraus auch für Sie ein Anspruch ergeben. Hier gilt: Sie dürfen nicht ohne Grund schlechter oder anders behandelt werden. Erhalten alle Mitarbeiter bei einer Kündigung eine Abfindung, dürfen Sie nicht davon ausgeschlossen werden.

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Abfindung bei Aufhebungsvertrag

Statt einer Kündigung, gegen die geklagt werden kann, können sich Arbeitgeber und Mitarbeiter durch einen Aufhebungsvertrag trennen. Dieser wird nicht einseitig ausgesprochen, vielmehr soll eine Trennung in beiderseitigem Einverständnis erreicht werden, der mit einer Unterschrift beider Seiten zugestimmt wird. Die Zusammenarbeit endet zu den Konditionen und dem Zeitpunkt, die bei der Aufhebung vereinbart werden.

Ihr großer Vorteil: Sie können verhandeln und sich einen Anspruch auf Abfindung zusichern lassen. Wenn die Initiative vom Arbeitgeber ausgeht, haben Sie dabei gute Chancen auf eine Zahlung. Trotzdem sollten Sie sich nie zu einer Unterschrift drängen oder vom Arbeitgeber unter Druck setzen lassen. Auch wenn eine Abfindung sehr attraktiv wirken kann, sollten Sie die Inhalte zunächst genau prüfen.

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Höhe: Wie viel Abfindung steht mir zu?

In erster Linie hängt die Höhe der Abfindung von Ihrem Verhandlungsgeschick ab. Unternehmen versuchen die Kosten gering zu halten, Sie wollen möglichst viel bekommen. Dabei gilt: Ihre Verhandlungsposition ist umso besser, wenn es berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kündigung gibt. Würden Ihre Chancen vor Gericht gut stehen, sind Arbeitgeber oft bereit, tiefer in die Tasche zu greifen.

Auch persönliche und äußere Umstände beeinflussen die Höhe. Dazu zählen:

  • Jobchancen auf dem Arbeitsmarkt
  • Branche
  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Position und Hierarchie
  • Alter und Familienstand

Berechnung der Abfindung

Meist orientiert sich die Höhe der Abfindung an einer einfachen Faustformel: Üblich ist ein halbes bis ganzes Brutto-Monatsgehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit. So lässt sich die voraussichtliche Höhe leicht berechnen – auch wenn sich zeigt, dass in der Verhandlung eine Menge Spielraum bleibt.

Einfaches Beispiel: Sie sind seit fünf Jahren angestellten und verdienen 3.500 Euro brutto im Monat. Eine Abfindung liegt voraussichtlich zwischen 8.750 Euro und 17.500 Euro.

Abfindung Berechnung Formel

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Abfindung versteuern: Steuern und Abgaben

Die gute Nachricht zuerst: Eine Abfindung als Entschädigung für den Verlust Ihrer Arbeitsstelle ist vor dem Gesetz kein Arbeitsentgelt – die Zahlung ist somit nicht sozialversicherungspflichtig. Sie müssen keine Beiträge für die Renten-, Pflege-, Arbeitslosen- oder Krankenversicherung abziehen.

Sie müssen die Abfindung jedoch versteuern, da der Betrag der Lohnsteuer unterliegt. Um die steuerlichen Abgaben zu mindern, können Arbeitnehmer von der Fünftelregelung profitieren. Diese senkt die steuerliche Belastung von Einnahmen, die über mehrere Jahre erwirtschaftet, aber in einem einzigen Jahr realisiert wurden – und dazu zählen eben auch Abfindungen.

Obwohl es sich um eine hohe, einmalige Zahlung handelt, wird diese steuerlich so behandelt, als würde der Arbeitnehmer diese über einen Zeitraum von fünf Jahren erhalten. Daraus ergeben sich steuerliche Vorteile, weil die Summe Ihrer steuerlichen Grundlage geringer ist. So bleibt am Ende mehr von der Abfindung auf Ihrem Konto.

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Abfindung und Arbeitslosengeld

Eine Abfindung wirkt sich nicht zwangsläufig negativ auf das Arbeitslosengeld aus. Bei einer Abfindungszahlung behalten Sie zunächst weiterhin Anspruch auf Arbeitslosengeld in vollem Umfang. Es gibt jedoch eine Ausnahme:

Wird die gesetzliche Kündigungsfrist nicht eingehalten, verlieren Sie Ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum Ablauf dieser Frist. Vereinbaren Sie etwa über einen Aufhebungsvertrag ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Unternehmen, bekommen Sie trotzdem erst zum Ablauf der Kündigungsfrist die Sozialleistung. Die Abfindung fungiert als Ausgleich für die Verkürzung, dadurch ruht der Arbeitslosengeldanspruch vorläufig.

Grundsätzlich gilt, dass nicht mehr als 60 Prozent einer Abfindung auf das Arbeitslosengeld angerechnet werden darf, wobei sich dieser Wert bei älteren Mitarbeitern, die eine längere Betriebszugehörigkeit vorweisen können, auf bis zu 25 Prozent reduzieren kann.

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Tipps für eine bessere Abfindung

Sollte sich herausstellen, dass Sie tatsächlich Anspruch auf eine Abfindung haben oder Ihr Arbeitgeber Ihnen im Aufhebungsvertrag die Zahlung anbietet, wollen Sie möglichst gut dabei weg kommen. Dieser Wunsch ist verständlich, schließlich verlieren Sie im Gegenzug Ihre bisherige Anstellung. Da genaue Vorgaben fehlen, wie hoch die Abfindung ausfällt, können Sie mit richtigem Vorgehen und guter Verhandlung mehr für sich herausholen. Diese Tipps helfen Ihnen dabei:

  • Halten Sie die Fristen ein

    Um überhaupt etwas gegen die Kündigung zu unternehmen, müssen Sie innerhalb von 21 Tagen eine Kündigungsschutzklage einreichen. Lassen Sie diese Frist verstreichen, gilt die Kündigung trotz möglicher Fehler auf Seiten des Arbeitgebers als rechtmäßig. Wollen Sie etwas gegen die Kündigung unternehmen oder sich zumindest eine Chance auf eine Abfindung erhalten, müssen Sie dies deshalb zeitnah nach Erhalt des Kündigungsschreibens tun.

  • Kennen Sie Ihre Verhandlungsposition

    Streitigkeiten vor dem Arbeitsgericht – insbesondere wenn sie sich über mehrere Instanzen ziehen – können Jahre dauern und Unsummen an Geld verschlingen. Vielen Arbeitgebern liegt daran, diese Prozedur zu vermeiden, weshalb es oft zu einer außergerichtlichen Einigung kommt. Arbeitnehmer sollten Ihre Verhandlungsposition kennen und einschätzen können. Bestehen gute Chancen, dass das Gericht zu Ihren Gunsten entscheidet, können Sie auch bei den Verhandlungen um die Abfindung mehr verlangen.

  • Verhandeln Sie selbstbewusst

    Mit einer guten Verhandlungsposition im Rücken können Sie bei den Verhandlungen auch selbstbewusst auftreten. Denken Sie daran, dass es um eine ganze Menge Geld geht. Das kann einschüchternd wirken, sollte Sie aber eher motivieren. Es ist nicht immer richtig, gleich das erste Angebot des Arbeitgebers anzunehmen. Erscheint Ihnen die Summe zu niedrig, können Sie einen Gegenvorschlag machen. Bei Unsicherheiten sollten Sie dies vorher mit Ihrem Anwalt absprechen.

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