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Betriebliche Übung: Ab wann? Anspruch und Beispiel

Die betriebliche Übung ist vergleichbar mit dem Gewohnheitsrecht im Arbeitskontext. Wenn der Chef im Job etwas regelmäßig auf eine bestimmte Weise handhabt, kann daraus das Recht entstehen, dass es auch in Zukunft so bleibt. Schließlich konnten Sie damit rechnen, dass der Arbeitgeber sich gleichbleibend verhält. Aber was fällt unter die betriebliche Übung und ab wann kann daraus ein Recht abgeleitet werden? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zur Betriebsübung…



Betriebliche Übung: Ab wann? Anspruch und Beispiel

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Definition: Was ist betriebliche Übung?

Betriebliche Übung (auch Betriebsübung) bezeichnet im Arbeitsrecht die Situation, dass ein Mitarbeiter aus der regelmäßigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen seines Chefs das Recht ableiten kann, dass der Arbeitgeber sich auch zukünftig weiterhin genau so verhalten wird. Wiederholt der Chef also immer wieder eine bestimmte Aktion, wird dies zur betrieblichen Übung und Arbeitnehmer können verlangen, dass diese beibehalten wird.

Ein häufiges Beispiel ist das Weihnachtsgeld. Wenn Ihr Arbeitgeber dies regelmäßig über mehrere Jahre zahlt, dürfen Sie davon ausgehen, dass Sie auch im nächsten Jahr erneut den finanziellen Bonus erhalten. Und zwar auch dann, wenn es nicht im Arbeitsvertrag geregelt ist. Die Regelmäßigkeit macht aus der anfangs freiwilligen Leistung eine betriebliche Übung. So wird die Leistung verpflichtend und kann nicht einfach vom Arbeitgeber eingestellt werden.

Bei einer betrieblichen Übung verbessert sich das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers, sie erwirkt eine inhaltliche Anpassung und Verbesserung des Arbeitsvertrages. Viele Vereinbarungen, die sonst im Vertrag zwischen Mitarbeiter und Arbeitgeber geschlossen werden, können somit auch durch betriebliche Übung entstehen.

Beispiele für betriebliche Übung

Typische Beispiele für betriebliche Übung sind:

  • Es­sen­geld
  • Fort­bil­dungs­kos­ten
  • Fahrtkostenzuschuss
  • Jubiläumsgratifikation
  • Krankmelderegelung
  • Park­plat­z
  • Pausenregelung
  • Prämien
  • Sonderzulagen
  • Urlaubsgeld
  • Urlaubsregelung
  • Weihnachtsgeld
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Betriebliche Übung: Ab wann besitzt sie Gültigkeit?

Eine einmalige Leistung oder Vergünstigung rechtfertigt noch nicht, dass Sie als Mitarbeiter auch zukünftig einen Anspruch haben. Aber ab wann gilt die betriebliche Übung? Bei Sonderzahlungen wie dem Weihnachtsgeld, wird in der Rechtsprechung eine Wiederholung in mindestens drei Jahren als Voraussetzung für die betriebliche Übung gesehen. Ab dem vierten Mal dürfen Mitarbeiter dann ein Recht auf die Zahlung ableiten.

Für andere Leistungen oder Vergünstigungen kann jedoch ein anderer Rahmen gelten. Hier muss der Einzelfall betrachtet werden. Entscheidend ist die regelmäßige und gleichförmige Wiederholung. Gibt es in einem Jahr Urlaubsgeld, im nächsten stattdessen Weihnachtsgeld und im dritten eine Sonderzulage, entsteht keine betriebliche Übung, da für die jeweils gewährten Leistungen unterschiedliche Berechnungsgrundlagen gegeben sind.

Hat es für eine Krankmeldung jahrelang gereicht, dass ab dem vierten Tag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegt, können Sie als Arbeitnehmer davon ausgehen, dass das auch zukünftig so gehandhabt wird. Eine einseitige Änderung aus dem Nichts oder gar plötzliche Verwarnung des Arbeitgebers ist nicht möglich, da die gängige Praxis der Krankmeldung zur betrieblichen Übung geworden ist.

Betriebliche Übung verhindern: Geht das?

Arbeitgeber haben oft ein Interesse daran, die Entstehung einer betrieblichen Übung zu verhindern. So kann der Chef weiterhin selbst entscheiden, ob die Leistung gestattet oder doch ausgesetzt wird. Dabei stehen dem Unternehmen zwei Möglichkeiten offen:

  1. Klausel

    Der Arbeitgeber kann die Leistung unter einem sogenannten Freiwilligkeitsvorbehalt gewähren. Dabei handelt es sich um eine einseitige Erklärung des Arbeitgebers gegenüber seinem Angestellten, dass sich aufgrund bestimmter gewährter Leistungen oder Vergünstigungen keine zukünftigen Ansprüche ableiten lassen. Eine mögliche Formulierung: „Hierbei handelt es sich um eine freiwillige Leistung, die auch bei mehrmaliger Gewährung keinerlei Rechtsanspruch für die Zukunft begründet.“

  2. Unterbrechung

    Die Grundlage zur Entstehung der Betriebsübung fällt weg, wenn keine Regelmäßigkeit vorhanden ist. Arbeitgeber können darauf achten, dass Leistungen und Vergünstigungen nicht regelmäßig gewährt werden, dann kann daraus auch kein zukünftiges Recht abgeleitet werden.


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Betriebliche Übung bei Urlaub und Pausen

Eine betriebliche Übung kann für viele Bereiche entstehen. Besonderes interessant für Arbeitnehmer sind dabei Regelungen zur Arbeitszeit, zu Pausen im Job und dem Urlaub.

Urlaub und Pausen können durchaus Betriebsübung sein. Gerade die Art und Weise, wie Urlaub verteilt wird oder wie Mitarbeiter ihn einreichen müssen, kann mit der Zeit zum Gewohnheitsrecht werden. Auch wie und wann Sie Pause machen dürfen, kann betriebliche Übung sein, wenn dies über einen langen Zeitraum und regelmäßig auf ein und dieselbe Art geregelt wurde.

Allerdings mündet nicht jede liebgewonnene Gewohnheit in einer betrieblichen Übung. Nur weil Sie immer im Büro den Fensterplatz hatten, heißt das nicht, dass sich das nicht ändern kann. Der Arbeitgeber kann im Rahmen seines Direktionsrechts einen anderen Arbeitsplatz zuweisen oder auch den vorübergehenden Einsatz in einer anderen Filiale vorschreiben.

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Kann eine betriebliche Übung aufgehoben werden?

In der Regel wird ein Mitarbeiter Vergünstigungen stillschweigend zustimmen, wer wehrt sich schon aktiv gegen zusätzliche Zahlungen oder andere Verbesserungen des Arbeitsverhältnisses, die vom Arbeitgeber geleistet werden? Das ist auch Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), das daher regelmäßige Vergünstigungen als Ergänzungen zum Arbeitsvertrag wertet. Ist eine Betriebsübung einmal entstanden, kann es für den Arbeitgeber schwierig sein, diese wieder aufzuheben – außer er hat einen Freiwilligkeitsvorbehalt formuliert.

Chefs können nicht einfach entscheiden, die betriebliche Übung einzustellen und solche Leistungen zu streichen. Soll die Betriebsübung aufgehoben werden, gibt es verschiedene Wege:

  • Einvernehmliche Aufhebung

    Die für Arbeitgeber beste Lösung ist eine einvernehmliche Aufhebung. Hier muss der Mitarbeiter zustimmen, um gemeinsam die Aufhebung zu beschließen. Das kann sinnvoll sein, wenn ansonsten Kündigungen drohen, weil die Kosten nicht gedeckt werden können.

  • Änderungskündigung

    Auch durch eine Änderungskündigung kann die Betriebsübung aufgehoben werden. Fällt das Arbeitsverhältnis unter den Kündigungsschutz, muss diese jedoch sozial gerechtfertigt sein. Der Arbeitgeber muss dabei nachweisen, dass eine Beschäftigung unter den gegebenen Bedingungen nicht möglich ist und kein anderes, milderes Mittel besteht.

    Da Teilkündigungen des Vertrags unmöglich sind, muss der gesamte Arbeitsvertrag angepasst werden. So werden die Bestandteile, die durch Betriebsübung zum Vertragsinhalt geworden sind, entfernt.

  • Widerruf

    Ein einseitiger Widerruf ist grundsätzlich nicht möglich – außer der Arbeitgeber hat sich dieses Recht explizit vorbehalten (durch einen sogenannten Widerrufsvorbehalt). Allerdings muss er gerechtfertigt sein und kann gerichtlich überprüft werden.

Keine Beendigung durch eine Betriebsvereinbarung

Durch eine Betriebsvereinbarung kann eine betriebliche Übung nicht beendet werden. Grund dafür ist das sogenannte Günstigkeitsprinzip. Heißt konkret: Es dürfen nur solche Bestimmungen und Regelungen in Betriebsvereinbarungen vereinbart werden, die im Vergleich zum individuellen Arbeitsvertrag für die Mitarbeiter günstiger – also besser – sind. Eine Schlechterstellung ist nicht erlaubt. Genau das wäre aber eine Beendigung des Anspruchs auf betriebliche Übung.

Negative betriebliche Übung nicht mehr möglich

Auch eine sogenannte negative betriebliche Übung (auch abändernde oder gegenläufige Betriebsübung) ist nicht möglich, um einen bestehenden Anspruch aufzuheben. Haben Arbeitgeber nach mehreren Jahren die Leistungen mit dem Hinweis zur Änderung der Betriebsübung versehen, galt die stillschweigende Zustimmung von Mitarbeitern als ausreichend, um die Betriebsübung zu beenden. Das ist nicht mehr möglich.

Das Bundesarbeitsgericht stellte in einem Urteil klar, dass eine solch negative betriebliche Übung keine Gültigkeit besitzt und sich nicht auf die Ansprüche auswirkt

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[Bildnachweis: Tetiana Yurchenko by Shutterstock.com]