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Arztbesuch während der Arbeitszeit: Was ist erlaubt?

Ein Arztbesuch während der Arbeitszeit lässt sich je nach Terminvergabe kaum vermeiden. Aber dürfen Arbeitnehmer zum Arzt gehen, wenn sie eigentlich arbeiten müssten? Wer im Wartezimmer sitzt, kann seine Pflichten und Leistungen nicht erbringen, für die er bezahlt wird. Darf der Chef das Gehalt für die Dauer streichen oder den Arztbesuch während der Arbeitszeit verbieten? Wir erklären, wann Sie Anspruch auf Lohnfortzahlung bei einem Arztbesuch während der Arbeitszeit haben und wann Sie besser einen Termin in Ihrer Freizeit machen…



Arztbesuch während der Arbeitszeit: Was ist erlaubt?

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Arztbesuch während der Arbeitszeit: Wird man freigestellt?

Termine beim Arzt sind Privatangelegenheit und Sie müssen versuchen, diese in Ihrer Freizeit wahrzunehmen. Für dringende Termine werden Mitarbeiter in Ausnahmefällen aber trotzdem für Arbeitsbesuche während der Arbeitszeit freigestellt. Ausschlaggebend ist § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Auf Grundlage dieses Gesetzes können Sie bezahlt freigestellt werden, wenn Sie zum Arzt müssen.

Es gibt jedoch keinen allgemeinen Anspruch auf Vergütung für diesen Zeitraum. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass Mitarbeiter nur dann für die Zeit des Arbeitsbesuchs ihr Gehalt bekommen, wenn der Termin notwendig war. Für nicht notwendige Arztbesuche während der Arbeitszeit besteht kein Anspruch auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber.

Wann ist ein Arztbesuch während der Arbeitszeit notwendig?

Unterschieden werden typischerweise drei Situationen, in denen ein Arztbesuch während der Arbeitszeit notwendig ist – und Mitarbeiter entsprechend bezahlt freigestellt werden müssen:

  • Akute Beschwerden

    Als notwendig werden alle Arztbesuche während der Arbeitszeit eingestuft, die keinen Aufschub erlauben. Hat der Mitarbeiter akute Schmerzen oder muss wegen einer starken Erkältung mit Fieber zum Arzt, muss der Arbeitgeber den Mitarbeiter für einen Arztbesuch während der Arbeitszeit bezahlt freistellen.

  • Feste Uhrzeiten

    Bezahlte Freistellung gibt es auch, wenn die Untersuchung beim Arzt zu festen Uhrzeiten stattfindet. Häufigstes Beispiel ist eine Blutabnahme, die immer morgens stattfindet, da der Patient nüchtern sein muss. Fällt dieser Arztbesuch in die Arbeitszeit, greift § 616 BGB und Sie behalten Ihren Lohnanspruch.

  • Keine Alternative

    Gibt es keine Möglichkeit, einen Termin außerhalb der Arbeitszeit zu vereinbaren, steht Ihnen eine bezahlte Freistellung zu – unabhängig davon, ob es sich um einen akuten oder dringenden Termin handelt. Das gilt beispielsweise dann, wenn Arbeitszeiten und Öffnungszeiten des Arztes sich komplett überschneiden oder wenn die Praxis grundsätzlich keinerlei Rücksicht auf die Terminwünsche von Patienten nimmt und Sie keinen Einfluss auf die Terminvergabe nehmen können.

Tarif– oder Arbeitsvertrag können abweichende Regelungen beinhalten. Hier kann § 616 konkretisiert, aber auch ausgeschlossen werden. Oft finden sich konkrete Fälle, etwa Eheschließung oder Trauerfälle in der Familie, in denen für bestimmte Zeit bezahlte Freistellung gewährt wird.

Keine Freistellung für Vorsorgeuntersuchungen

Vorsorgeuntersuchungen sind weder dringend noch akut notwendig. Sie müssen in der Freizeit genommen werden. Selbst lange Wartezeiten sind akzeptable, um einen passenden Termin außerhalb der Arbeitszeiten zu finden. Es kann sogar erwartet werden, dass Sie dafür Urlaub nehmen.

Kann der Arbeitgeber einen Arztwechsel verlangen?

Ganz klar: Nein. Die freie Arztwahl steht in jedem Fall über den Interessen des Arbeitgebers. Ihr Chef kann nicht verlangen, dass Sie den Arzt wechseln, weil ein anderer Mediziner Termine außerhalb der üblichen Arbeitszeiten anbietet. Eine solche Forderung durch den Chef ist nicht rechtens.

Ist die Fahrtzeit zum Arzt Arbeitszeit?

Handelt es sich um einen notwendigen Arztbesuch, ist auch die Fahrtzeit des Mitarbeiters zum Arzt als Arbeitszeit zu werten – und wird somit vergütet. Selbst eine längere Wegzeit ist somit möglich. Mitarbeiter müssen jedoch auf die Verhältnismäßigkeit achten:

Eine Anfahrt von mehreren Stunden, um sich für eine normale Erkältung beim Arzt untersuchen zu lassen, ist sicherlich nicht verhältnismäßig. Müssen Sie hingegen aus medizinischen Gründen zu einem Spezialisten fahren, dessen Praxis weit entfernt ist, ist eine lange Anfahrt durchaus gerechtfertigt.


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Arztbesuch: Pflichten für Mitarbeiter

Neben obigen Rechten zur Freistellung und möglichen Entgeltfortzahlung haben Mitarbeiter auch einige Pflichten, die Sie bei einem Arztbesuch während der Arbeitszeit erfüllen müssen. Allen voran haben Sie eine Meldepflicht: Sie müssen den Arbeitgeber möglichst frühzeitig informieren, warum und für voraussichtlich wie lange Sie der Arbeit fernbleiben.

Auch bei der Terminvergabe müssen Sie Ihren Pflichten nachkommen. Es ist Ihre Aufgabe, den Ausfall von Arbeitszeit so gering wie möglich zu halten. Heißt: Termine am Rand Ihrer Arbeitszeit – typischerweise am frühen Morgen oder späten Nachmittag – sind zu bevorzugen. Nur wenn dies nicht möglich ist oder Sie keinerlei Einfluss auf die zeitliche Vergabe nehmen können, können Sie einen notwendigen Arzttermin während der Arbeitszeit planen.

Was gilt bei Gleitzeit oder Teilzeit?

Mitarbeiter in Gleitzeit und auch Teilzeitkräfte haben deutlich größere Freiheiten. Entsprechend gelten für diese Beschäftigte andere Bedingungen für einen Arztbesuch während der Arbeitszeit.

  • Arztbesuch bei Gleitzeit

    Durch die Gleitzeit können Sie Ihre Arbeitszeiten flexibler gestalten. So haben Sie die Möglichkeit, morgens später anzufangen oder früher Feierabend zu machen, um einen Termin außerhalb der Arbeitszeit wahrzunehmen. Das dürfen Arbeitgeber auch verlangen.

    Anspruch auf bezahlte Freistellung besteht nur bei akuten Beschwerden, die einen kurzfristigen Besuch beim Arzt notwendig machen. In anderen Fällen muss die verlorene Arbeitszeit nachgearbeitet werden oder der Lohnanspruch für den Zeitraum geht verloren.

  • Arztbesuch bei Teilzeit

    Wie auch bei Gleitzeit können Mitarbeiter in Teilzeit die Zeiten außerhalb des Jobs für Arzttermine nutzen. Sie sind somit grundsätzlich verpflichtet, in ihrer Freizeit zum Arzt zu gehen. Auch hier sind nur akute Notfälle die Ausnahme, in denen Teilzeitkräfte während der Arbeitszeit bezahlt für einen Arztbesuch freigestellt werden.

Besonderer Schutz für Schwangere

Schwangere genießen einen besonderen Schutz – auch was Arztbesuche angeht. Für die regelmäßigen Kontrollen und Vorsorgeuntersuchungen, die zunächst alle vier Wochen und am Ende der Schwangerschaft alle zwei Wochen anstehen, besteht ein Anspruch auf bezahlte Freistellung. Dieses Recht wird im Mutterschutzgesetz bestimmt. Demnach muss das Gehalt für die Zeit weitergezahlt und die Fehlzeiten müssen nicht nachgearbeitet werden.

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Bescheinigung für den Arztbesuch während der Arbeitszeit

Für Mitarbeiter empfiehlt es sich in jedem Fall, sich vom behandelnden Arzt eine Bescheinigung über den Arztbesuch während der Arbeitszeit ausstellen zu lassen. Sollte es zu Diskussionen und Streitigkeiten mit dem Chef kommen, haben Sie so einen schriftlichen Nachweis.

Inhalt der Bescheinigung für einen Arztbesuch

  • Name des Beschäftigten
  • Arbeitszeit des Beschäftigten
  • Erklärung, dass kein Termin außerhalb der Arbeitszeiten möglich war
  • Angabe der genauen Zeit und Dauer des Arztbesuchs

Mit solch einer Bescheinigung können Sie dem Chef belegen, dass der Arztbesuch während der Arbeitszeit unumgänglich war und somit eine bezahlte Freistellung berechtigt ist.

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[Bildnachweis: Irina Strelnikova by Shutterstock.com]

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