Entgeltfortzahlung: Bedeutung, Höhe & Berechnung

Wenn Sie krank sind, müssen Sie sich im Normalfall keine Sorgen um Ihr Einkommen machen: Erkrankte Arbeitnehmer erhalten Entgeltfortzahlung, um finanziell abgesichert zu sein. Doch was sind die Voraussetzungen für die Fortzahlung des Gehalts – und welche Rechte und Pflichte haben Mitarbeiter? Hier erfahren Sie alles, was Sie zur Entgeltfortzahlung wissen müssen…

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Bedeutung: Was ist Entgeltfortzahlung?

Entgeltfortzahlung ist das Recht von Arbeitnehmern, bei einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit weiterhin ihr reguläres Gehalt zu bekommen. Es wird deshalb auch von Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gesprochen. Obwohl ein Arbeitnehmer seine Leistungen und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag nicht erbringen kann, erhält er weiterhin sein volles Arbeitsentgelt.

Gesetzliche Grundlage für die Fortzahlung ist seit 1994 das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG). Zusätzlich können im Arbeitsvertrag, einem gültigen Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung weitere Rechte von Mitarbeitern im Krankheitsfall vereinbart werden.

Arbeitgeber können die Entgeltfortzahlung aber nicht ausschließen oder einschränken. Wenn Mitarbeiter die Voraussetzungen erfüllen, steht Ihnen in jedem Fall die Fortzahlung ihres Verdienstes zu.

Dauer: Wie lange gibt es Entgeltfortzahlung?

Ein arbeitsunfähiger Mitarbeiter erhält durch den Arbeitgeber Entgeltfortzahlung für eine Dauer von bis zu sechs Wochen. Dieser zeitliche Anspruch wird in § 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes vorgeschrieben. Wann diese Frist von sechs Wochen beginnt, hängt davon ab, wann die Krankmeldung erfolgt:

  • Krankmeldung nach Arbeitsbeginn

    Sie fahren ins Büro, arbeiten für eine Weile, doch dann fühlen Sie sich sehr schlecht, melden sich krank und gehen nach Hause. Für diesen Tag, an dem Sie noch gearbeitet haben, bekommen Sie ganz normal Ihr Gehalt – die Entgeltfortzahlung beginnt erst am darauffolgenden Tag.

  • Krankmeldung vor Arbeitsbeginn

    Wenn Sie schon morgens vor der Arbeit wissen, dass Sie auf keinen Fall arbeiten können und sich noch vor Arbeitsbeginn krankmelden, beginnt die sechswöchige Dauer der Entgeltfortzahlung bereits an diesem Tag.

Was gilt nach Ablauf der Entgeltfortzahlung?

Mit dem Ablauf der Sechs-Wochen-Frist ist der Arbeitgeber nicht mehr zur Entgeltfortzahlung verpflichtet. Bei längeren Erkrankungen werden Sie im Anschluss an diesen Zeitraum vom Krankengeld abgesichert. Dieses wird von der Krankenkasse gezahlt und kann für bis zu 78 Wochen beansprucht werden – die sechs Wochen der Entgeltfortzahlung werden darauf jedoch angerechnet. Es bleiben also meist 72 Wochen Krankengeld.

Die Höhe des Krankengelds beträgt 70 Prozent Ihres Bruttoverdienstes, maximal aber 90 Prozent vom Nettoverdienst.

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Wer hat Anspruch auf Lohnfortzahlung?

Der § 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes gilt für alle Arbeitnehmer gleichermaßen. Das heißt, nicht nur Vollzeitkräfte erhalten Entgeltfortzahlung. Der Anspruch gilt auch für folgende Gruppen:

Voraussetzungen für Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Wer aufgrund seiner gesundheitlichen Situation arbeitsunfähig ist, kann Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall haben. Allerdings müssen zusätzlich mehrere Voraussetzungen erfüllt sein, die auch als Pflichten für den Arbeitnehmer zu verstehen sind:

  • Wartezeit

    Der Arbeitnehmer ist mindestens seit vier Wochen im Unternehmen beschäftigt. Das ist die sogenannte Wartezeit. Erst nach diesem Zeitraum muss der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall leisten. Ausnahmen können im Tarifvertrag geregelt sein – so gilt für Beschäftigte im TVöD diese vierwöchige Frist nicht.

  • Arbeitsunfähigkeit

    Entgeltfortzahlung gibt es nur, wenn Sie tatsächlich arbeitsunfähig sind – also ihren regelmäßigen Aufgaben aus gesundheitlichen Gründen nicht nachkommen können. Bei starken Erkältungen ist das meist gegeben, ein gebrochener Zeh führt für einen Büromitarbeiter jedoch nicht zwangsläufig in die Arbeitsunfähigkeit. Entscheidend ist im Zweifelsfall, was der Arzt sagt.

  • Keine Schuld

    Die Krankheit, die zur Arbeitsunfähigkeit führt, muss unverschuldet sein. Wer grob fahrlässig oder gar absichtlich den krankheitsbedingten Arbeitsausfall provoziert, kann von der Entgeltfortzahlung ausgenommen sein. Das gilt beispielsweise bei einem Unfall unter Alkoholeinfluss, missglückten Operationen oder Eingriffen, die medizinisch nicht notwendig sind (Schönheits-OP, Piercings, Stechen eines Tattoos) oder bei Verletzungen durch einen gefährlichen Nebenjob.

  • Informationspflicht

    Der Arbeitgeber muss unverzüglich über den Ausfall und die voraussichtliche Dauer informiert werden. Arbeitnehmer haben gemäß § 5 EFZG Anzeige- und Nachweispflichten. Der Arbeitgeber kann vertraglich festlegen, dass ab dem ersten Tag der Krankmeldung ein ärztliches Attest erforderlich ist. Andernfalls ist spätestens nach dem dritten Tag die Krankheit durch einen Arzt nachzuweisen.

  • Keine Fortsetzungserkrankung (Sechs-Monats-Frist)

    Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung kann entfallen, wenn ein Arbeitnehmer innerhalb von sechs Monaten wegen derselben Erkrankung erneut arbeitsunfähig wird – und die sechswöchige Dauer bereits bei der vergangenen Krankschreibung aufgebraucht wurde. Wer innerhalb dieser Sechs-Monats-Frist aufgrund derselben Krankheit erneut im Job ausfällt, bekommt dann Krankengeld und keine Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber.

    Ausnahme: Liegen zwischen dem Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit wegen dieser Erkrankung und der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens zwölf Monate, entsteht ein neuer Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung.

Was, wenn Voraussetzungen nicht erfüllt sind?

Kommt ein Mitarbeiter seiner Informations- und Nachweispflicht nicht nach, kann der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung verweigern. Er muss nach Vorlage jedoch rückwirkend ab dem ersten Tag des krankheitsbedingten Arbeitsausfalls nachzahlen. Kommen Sie der Aufforderung des Unternehmens nicht nach, drohen eine Abmahnung oder sogar die Kündigung.

Ist die Arbeitsunfähigkeit möglicherweise selbst verschuldet, muss der Arbeitgeber dies nachweisen und kann nicht einfach die Entgeltfortzahlung einbehalten. Hat er Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit seines Mitarbeiters, kann er den medizinischen Dienst der Kranken- und Pflegekassen (MDK) beauftragen.

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Beispiele: Berechnung der Entgeltfortzahlung

Wie berechnet sich die Entgeltfortzahlung – wann besteht Anspruch, wann nicht? Die Regelungen lassen sich am besten an praktischen Beispielen verstehen. Zum besseren Verständnis haben wir deshalb mehrere Beispiele für unterschiedliche Szenarien erstellt, die verschiedene Voraussetzungen zeigen und erklären.

Beispiel: Wartefrist nicht erfüllt

Ein Mitarbeiter in Festanstellung hat zum 1. August seine Arbeit aufgenommen, muss sich aber ab dem 20. August aufgrund von Krankheit arbeitsunfähig melden. Die Wartezeit von vier Wochen (1. bis 28. August) ist noch nicht erfüllt – somit übernimmt zunächst die Krankenkasse und zahlt Krankengeld. Ab dem 29. August muss der Arbeitgeber dann für bis zu sechs Wochen Entgeltfortzahlung leisten. Ist der Arbeitnehmer bereits am 29. August wieder gesund, entfällt die Verpflichtung.

Beispiel: Fortsetzungserkrankung

Ein Arbeitnehmer meldet sich am 1. Januar aufgrund einer Sehnenscheidenentzündung krank. Er fällt für zwei Monate aus, bekommt anfangs volle sechs Wochen Entgeltfortzahlung und anschließend Krankengeld. Am 5. März kehrt er in den Job zurück – muss sich aber aufgrund derselben Sehnenscheidenentzündung am 12. Juli erneut arbeitsunfähig melden. Die Entzündung war nicht vollständig ausgeheilt und macht erneut Probleme.

Dies ist eine Fortsetzungserkrankung innerhalb von sechs Monaten (5. März bis 12. Juli sind nur vier Monate). Der Arbeitgeber muss nicht zahlen, es greift sofort das Krankengeld.

Beispiel: Zwölf-Monats-Frist erfüllt

Ein Mitarbeiter ist vom 1. Januar bis zum 5. März krank. Im Laufe des Jahres treten die gesundheitlichen Probleme erneut auf: Weitere Krankmeldungen von 15. bis zum 29. September sowie vom 20. bis zum 30. November werden vom Krankengeld gedeckt, da die oben genannte Sechs-Monats-Frist nicht erfüllt ist.

Aufgrund derselben Erkrankung meldet sich der Mitarbeiter am 25. Januar des Folgejahres erneut arbeitsunfähig. Seit der letzten Arbeitsunfähigkeit (30. November) sind keine sechs Monate vergangen – trotzdem besteht hier ein neuer Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung. Der Grund: Die Zwölf-Monats-Frist seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit (1. Januar des Vorjahres) ist erfüllt und der Arbeitgeber muss zahlen.

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Wie hoch ist die Entgeltfortzahlung?

Die Höhe der Entgeltfortzahlung entspricht dem normalen Gehalt, das Sie bei üblicher Arbeitsleistung zu erwarten hätten. Überstunden – sofern sie nicht regelmäßig anfallen – werden nicht einkalkuliert. Wenn Sie jeden Monat 3.000 Euro brutto verdienen, bekommen Sie während der Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber weiterhin dieselbe Summe.

Bei variablen Gehältern, die abhängig von Zielvereinbarungen sind, wird der in der Arbeitszeit übliche Durchschnittsverdienst weitergezahlt. Ist ein Stundenlohn üblich, werden die entfallenen Arbeitsstunden mit dem Stundenlohn multipliziert und als Arbeitslohn fortgezahlt.

Wer durch Wechselschichten ein Anrecht auf Sonn- und Feiertagszuschläge hätte, bekommt diese weiterhin gezahlt. Ebenfalls mit in die Entgeltfortzahlung hinein fallen vermögenswirksame Leistungen sowie allgemeine Lohnerhöhungen oder Lohnminderungen.

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Entgeltfortzahlung, wenn das Kind krank ist?

Ist ein Kind krank, dürfen Eltern zuhause bleiben, um den Nachwuchs zu versorgen. Für kurzfristige Ausfälle können Sie während dieser Freistellung Entgeltfortzahlung bekommen (gemäß § 616 BGB). Bei längeren Betreuungszeiten oder wenn der Anspruch nach § 616 BGB ausgeschlossen wurde, können Sie Kinderkrankentage nehmen (§ 45 SGB V). Vorausgesetzt Sie und Ihr Kind sind in der gesetzlichen Krankenkasse.

Für diese Kinderkrankentage bekommen Sie keine Entgeltfortzahlung, sondern Kinderkrankengeld. Berufstätige Eltern können sich pro Kind für 30 Tage (Stand 2021) freistellen lassen. Alleinerziehende haben Anspruch auf bis zu 60 Tage pro Kind. Bei mehreren Kindern können verheiratete Eltern jeweils höchstens 65 Tage nutzen, Alleinerziehenden stehen maximal 130 Arbeitstage zu.


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