Übertreibungen im Anschreiben: Ein häufiger Fehler
Nicht kleckern – klotzen! Natürlich sollen Sie in Ihrer Bewerbung trommeln, sich von der Masse positiv abheben und auffallen. Mit falscher Bescheidenheit kassieren Kandidaten nur Bewerbungsabsagen. Übertreibungen im Anschreiben zählen dennoch zu den häufigsten Bewerbungssünden.
Nicht selten liegt das an den Stellenanzeigen. Viele Unternehmen suchen dort die eierlegende Wollmilchsau. All die Muss- und Kann-Qualifikationen erfüllen, können nur wenige. Also legen viele Bewerber nach – und schminken Ihren Lebenslauf und das Bewerbungsschreiben mit Übertreibungen und allerlei Wortgeklingel.
Die Bewerbungsschminke wirkt aber meist gegenteilig: Personaler, die viele Bewerbungsmappen lesen, erkennen die Kosmetik sofort. Effekt: Die Unterlagen wirken weniger authentisch, verzerrt, teils sogar widersprüchlich. Erkennbare Übertreibungen werden gewertet wie ein Täuschungsversuch: Setzen, 6 – und tschüss!
Zwischen Übertreibung und Tiefstapelei
Erfolgreiche Bewerbungen sind ein Balanceakt, bei dem Sie einen Mittelweg zwischen Übertreibung und Untertreibung finden müssen. Natürlich müssen Sie Selbstbewusstsein beweisen, Ihre Stärken herausstellen und begründen, warum Sie der oder die Bestbesetzung für die freie Stelle sind. Hier besteht die Gefahr darin, irgendwann arrogant zu wirken. Als Bittsteller dürfen Sie auf der anderen Seite auch nicht daher kommen. Wer kauft schon von Rudis Resterampe?
Geübte Personaler wissen, dass die meisten Bewerber an verschiedenen Stellschrauben drehen, um den bestmöglichen Eindruck zu hinterlassen und sich für den Job zu empfehlen. Die Glaubwürdigkeit darf darunter aber nie leiden. Machen Sie den Test: Geben Sie Ihre fertigen Bewerbungsunterlagen (kritischen) Freunden zu lesen. Was sagen die dazu? Zu dick aufgetragen? Außenstehende, die Sie aber kennen, haben einen objektiveren Blick auf schädliche Beschönigungen und Übertreibungen in Anschreiben & Co.
Diese Übertreibungen im Anschreiben schaden!
Mal ehrlich: Wenn Sie Ihr Anschreiben nochmal selbstkritisch lesen – finden Sie darin Übertreibungen? Vermutlich. Sehr wahrscheinlich haben Sie deshalb auch nach diesem Artikel gegoogelt… Nicht schlimm – bleibt ja unter uns! Außerdem kommt keine Bewerbung gänzlich ohne Übertreibungen aus. Aber das Bauchgefühl täuscht selten. Also lassen Sie uns die Sache genauer anschauen und herausfinden, ob und welche Übertreibungen im Anschreiben Ihnen schaden und die Bewerbungschancen reduzieren könnten…
Lügen
Falsche Angaben oder gar Lügen in der Bewerbung sind schon keine Übertreibungen mehr, sondern schlicht die Unwahrheit. Wer Qualifikationen oder Fähigkeiten angibt, die er oder sie gar nicht besitzt, riskiert viel. Fällt die Übertreibung früh auf, ist jede Chance auf den Job dahin. Unehrlichkeit im Bewerbungsprozess ist für Unternehmen ein absolutes NoGo. Schließlich muss man davon ausgehen, dass der Mitarbeiter später auch die Wahrheit zu seinen Gunsten verbiegt. Waren die Falschangaben ein wichtiges Einstellungskriterium, riskieren Sie damit auch Jahre nach der Probezeit noch eine fristlose Kündigung. Lügen sind kein Kavaliersdelikt, sondern ein schwerer Vertrauensbruch.
Superlative
Stets der Beste, schnellste Erfolge, absolute Spitzenleistung… Würden Sie sowas glauben? Eben. Personaler auch nicht. Ein Anschreiben, gespickt mit Superlativen, sticht zwar aus der Masse heraus, aber negativ. Es ist schlicht der falsche Ton und wirkt so kontraproduktiv wie eine vorweggenommene Rechtfertigung. Wer an die Kraft seiner Argumente und Qualifikationen glaubt, braucht keinen Schaum vor dem Mund. Andersrum wird ein Schuh daraus: Präsentieren Sie Ihre Top Skills nonchalant, belegen Sie diese sachlich mit Beispielen – und überlassen Sie dem Personaler den Schluss, dass Sie ein perfekter Spitzenkandidat sind. Das findet der sowieso sympathischer.
Prahlerei
Auf Erfolge und Auszeichnungen dürfen Sie stolz sein, ja. Das Problem daran: Sie sind ein Blick nach hinten. Indem Sie damit angeben und prahlen, betonen Sie Ihre Vergangenheit. Eingestellt aber werden Sie für das, was Sie in Zukunft leisten können und wollen. Darauf sollte der Fokus im Anschreiben liegen. Erwähnen Sie solche Leistungen beiläufig im Lebenslauf – zum Beispiel im Abschnitt „Besondere Kenntnisse„. Der positive Eindruck entsteht dann auch ohne Ihr weiteres Zutun.
Schleimerei
Um Personaler gütig zu stimmen und die Chancen auf eine Einladung zum Vorstellungsgespräch zu erhöhen, greifen manche Bewerber zu Komplimenten und Schmeicheleien. Motto: „Ihr Unternehmen war schon immer mein absoluter Traumarbeitgeber!“ Klingt positiv, ist aber meist eine plumpe Übertreibung oder hohle Floskel. Satt den Arbeitgeber in den höchsten Tönen zu loben, erklären Sie lieber Ihr WARUM – warum wollen Sie zu DIESEM Unternehmen? Was reizt Sie an dem Job? Je konkreter die Motivation, desto glaubwürdiger. Aus der Übertreibung wird dann ein Argument und Pluspunkt für Sie.
Länge
Viel hilft viel. Zwei Seiten Anschreiben, fünf Seiten Lebenslauf… will niemand lesen! Das Bewerbungsschreiben sollte nie länger als eine DIN A4 Seite sein. Der tabellarische Lebenslauf hat maximal drei Seiten. Personaler ärgert nicht nur, wenn Sie übertrieben viele Seiten lesen müssen. Es zeigt ihnen auch, dass Kandidaten nicht zwischen wichtigen und relevanten Angaben und unwichtigen unterscheiden können. Wer sich wirklich mit der Stelle beschäftigt hat, weiß, wo er oder sie kürzen kann und es besser ausführlicher wird. Starke Argumente werden nicht stärker dadurch, dass man ihnen 20 schwache hinterherschickt. Im Gegenteil: sie verwässern.
Was zu gut klingt, um wahr zu sein, wird Sie dem Bewerbungsgespräch nicht näher bringen. Bei den meisten Personalern schrillen bei Übertreibungen im Anschreiben die Alarmglocken. Im Zweifel sind es eben doch nur Behauptungen und heiße Luft. Windmaschinen aber werden von Personalern in der Regel sofort aussortiert.
Beweisen Sie mehr Fingerspitzengefühl und verströmen Sie besser die Noblesse von jemandem, der es nicht nötig hat auf dem Markt zu schreien. Dosiertes Eigenlob überzeugt mehr als ungebremster Schaum.
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