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Mitarbeiter des Monats: Auszeichnungen demotivieren

Mitarbeiter des Monats zu werden erscheint auf den ersten Blick eine schöne Option für Beschäftigte zu sein , um gute Leistungen zu würdigen. Doch solche Mitarbeiter-Ranglisten und Auszeichnungen sind tückisch, mehr noch: Oft richten sie mehr Schaden an, als dass sie den beabsichtigten Nutzen stiften. Wir erklären das Prinzip des Mitarbeiter des Monats und zeigen auf, welche Gefahren und Nachteile es mit sich bringt…



Mitarbeiter des Monats: Auszeichnungen demotivieren

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Mitarbeiter des Monats?

Auszeichnungen demotivieren. Zu diesem Fazit kommt Iwan Barankay, ein Management-Professor an der Wharton School, in mehreren Studien. Kurz gesagt lässt sich das Ergebnis so zusammenfassen:

  • Relatives Mitarbeiter-Feedback (also im Vergleich zu anderen) motiviert allenfalls die Besten, sich auch künftig anzustrengen.
  • Überragen sie alle anderen aber deutlich, wirkt die Belobigung auch schon wieder demotivierend, Motto: „Warum strenge ich mich überhaupt so an? Mit 80 Prozent bin ich immer noch spitze.“
  • Umgekehrt wirkt das Feedback auf deutlich schlechtere Mitarbeiter geradezu demoralisierend. Sobald sie spüren, dass sie kaum eine Chance haben, je in die Spitzengruppe aufzusteigen, schieben viele nur noch Dienst nach Vorschrift.

Mehr noch: Weil Mitarbeiter eine solche Wirkung offenbar antizipieren, scheuen sie Jobs mit Feedback instinktiv. In einem seiner Experimente schrieb Barankay zum Beispiel zwei identische Jobs aus – bei einem allerdings war explizit vermerkt, dass die Angestellten Feedback über ihre Leistungen bekommen würden. Und siehe da: Auf den Job ohne relative Leistungsbeurteilung bewarben sich 254 Teilnehmer, auf den anderen nur 76.

In einem zweiten Experiment wurden Projektarbeiter per Zufallsauswahl in zwei Gruppen eingeteilt.

  • Die erste erhielt per E-Mail eine Rückmeldung über die Qualität und Quantität der erbrachten Leistungen – auch im Vergleich zu den anderen.
  • Die zweite Hälfte diente als Kontrollgruppe.

Erstaunlich: In der Kontrollgruppe meldeten sich nach Abschluss des Projekts 66 Prozent freiwillig und fragten, ob sie sich für ein weiteres Projekt engagieren könnten. Im Feedback-Team taten das nur 42 Prozent. Jene, die aus dieser Gruppe tatsächlich ein zweites Projekt übernahmen, waren am Ende zu 22 Prozent weniger produktiv als ihre Kollegen der Kontrollgruppe.

Bitte nicht falsch verstehen: Feedback geben ist richtig und wichtig. Doch wie in der Medizin gilt auch hier: Die Dosis macht das Gift.

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Mitarbeiter des Monats: Auszeichnung will durchdacht sein

Diese Studien liefern damit einen deutlichen Hinweis darauf, dass die Auszeichnung Mitarbeiter des Monats nicht uneingeschränkt positiv bewertet werden sollte. Ein Problem, das einige Mitarbeiter mit der Auszeichnung haben, ist die fehlende Nachvollziehbarkeit.

Häufig ist nicht klar, warum gerade dieser und nicht jener Kollege zum Mitarbeiter des Monats gekürt wird. Sind die Auswahl und die Kriterien, nach denen die Auszeichnung vergeben wird, nicht vollkommen transparent, kann die Idee nach hinten los gehen und die übrigen Mitarbeiter eher demotivieren, statt zu neuen Höchstleistungen anspornen.

Hinzu kommt, dass Belohnungssysteme, zu dem die Auszeichnung Mitarbeiter des Monats ohne Frage gehört, die Leistung der einzelnen Mitarbeiter sogar zementieren, statt anstacheln können. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Rotterdam School of Management rund um den Studienautor und Dozenten für Innovationsmanagement Dirk Deichmann.

Zusammen mit seinen Kollegen fand er heraus, dass Belohnungen nur wirken, wenn sie ganz klar definiert sind, also nach dem Schema:

Wenn das Umsatzziel XY erreicht ist, bekommt jeder Mitarbeiter einen Bonus in Höhe von YZ Euro.

Damit widerlegt die Studie die ursprüngliche Annahme, dass auch die Vorbildfunktion bei der Motivation der Mitarbeiter eine Rolle spielt. Und das macht letztlich auch das Konzept des Mitarbeiters des Monats angreifbar. Deichmann und seine Kollegen waren ursprünglich davon ausgegangen, dass der Vorgesetzte einen großen Anteil daran hat, wie gut die Leistung der Mitarbeiter ist.

Denn dass das Verhalten der Führungskraft einen Einfluss auf die übrigen Mitarbeiter hat, ist unbestritten. Die Zahlen deuten darauf hin, dass Vorgesetzte, die Elternzeit nehmen, deutlich mehr männliche Mitarbeiter dazu ermutigen, das ebenfalls zu tun.

Aber: Das Ergebnis lässt sich augenscheinlich nicht eins zu eins auf die Auszeichnung Mitarbeiter des Monats übertragen. Zunächst waren die Studienautoren davon ausgegangen, dass das Vorbild eines Kollegen ausreicht, der zum Mitarbeiter des Monats gekürt wurde. Analog zum Vorgesetzten mit Vorbildfunktion sollte dieser Mitarbeiter dazu dienen, die Motivation der übrigen Belegschaft anzukurbeln.

Jedoch zeigte sich etwas anderes. Damit die Auszeichung eine Wirkung auch auf die anderen Mitarbeiter haben kann, muss sie klar definiert und konkret sein. Einfach nur zu sagen, dass der Kollege Mustermann aus der anderen Abteilung einen tollen Job macht, reicht nicht aus, um auch die übrigen Mitarbeiter anzustacheln. Das kann sogar ins Gegenteil umschlagen. Und zwar dann, wenn andere Mitarbeiter sich benachteiligt fühlen, weil sie nicht wissen, warum gerade Kollege Mustermann und nicht Kollege Schmidt (oder vielleicht sogar sie selbst).

Damit die Auszeichnung Mitarbeiter des Monats wirken kann, müssen Führungskräfte ganz deutlich kommunizieren, warum der Mitarbeiter diese Belohnung erhält. Das geht am besten an ganz konkreten Beispielen der täglichen Praxis und kann im Zuge der Verleihung des Preises geschehen.

Also zum Beispiel so:

Lieber Herr Mustermann, mit welchem Einsatz Sie das Projekt im vergangenen Monat in letzter Sekunde noch gedreht haben, hat uns alle sehr beeindruckt. Außerdem möchten wir uns bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie in den letzten Wochen mehrmals für kranke Kollegen eingesprungen sind und dabei XY Überstunden gemacht haben. Sie haben die Auszeichnung Mitarbeiter des Monats wirklich verdient. Vielen Dank!

Lob wirkt doppelt

In einer anderen Untersuchung war noch ein weiterer Effekt des konkreten und spezifischen Lobes auszumachen: Der gelobte Mitarbeiter zeigte eine deutliche Bereitschaft, sich auch nach dem Lob bestmöglich für das Unternehmen einzusetzen.

Nach der Auszeichnung war es damit keinesfalls so, dass sich der Mitarbeiter auf seinen Lorbeeren ausruhte. Im Gegenteil. Er wollte seinen Kollegen und vor allem auch den Vorgesetzten beweisen, dass er die Belobigung auch tatsächlich verdient hat. Dieser Effekt war sogar messbar: Die gelobten Mitarbeiter zeigten einen deutlich höheren Arbeitseinsatz im Vergleich zu den Kollegen, die nicht ausgezeichnet wurden.

Wie Wertschaetzung wirkt Checkliste Grafik

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Wertschätzung zeigen: Es muss nicht immer Mitarbeiter des Monats sein

Übrigens müssen Unternehmen und Vorgesetzte nicht sofort zu einer Auszeichnung wie Mitarbeiter des Monats greifen, um die Wertschätzung gegenüber Ihren Angestellten auszudrücken. Es geht auch anders (und kleiner).

Häufig hat fehlende Wertschätzung drei unterschiedliche Gründe:

  1. Sie wird nicht verbalisiert

    Getreu dem Grundsatz „Nicht geschimpft ist schon genug gelobt.“ Verzichten viele Vorgesetzte komplett darauf, ihren Mitarbeitern zu sagen, was sie an deren Arbeit schätzen. Ein Fehler, der im schlimmsten Fall den Mitarbeitern den Spaß an der Arbeit rauben kann.

  2. Sie kommt nicht von Herzen

    Einige Vorgesetzte sind sich darüber im Klaren, dass sie hin und wieder ihre Mitarbeiter loben müssen, um sie bei der Stange zu halten. Allerdings ist dieses Lob häufig nicht ernst gemeint, sondern folgt scheinbar einem Plan.

    Wenn Mitarbeiter den Eindruck gewinnen, ihre Arbeit werde nur deshalb anerkannt, weil es gerade wieder an der Zeit ist, verpufft der Effekt und Vorgesetzte erreichen gar nichts oder nur sehr wenig mit ihrem Lob.

  3. Sie wird als zeitintensiv wahrgenommen

    Natürlich ist eine Ehrung wie die als Mitarbeiter des Monats nichts, was man zwischen Tür und Angel machen sollte. Im Gegenteil, wir wir gesehen haben, ist es äußerst wichtig, dass alle Mitarbeiter wissen, warum der Kollege zum Mitarbeiter des Monats gekürt wird.

    Wertschätzung und Lob gehen aber auch kleiner und zeigen sich ganz häufig in scheinbar alltäglichen Gesten, die damit aber nicht weniger Wirkung haben.

    Dazu gehören

    • ein zustimmendes Kopfnicken.
    • eine interessierte Rückfrage.
    • eine kurze Nachricht, mit der Sie sich bedanken.
    • eine Bitte um Rat.
    • ein ernst gemeintes Schulterklopfen.
    • ein anerkennendes Lächeln.
    • ein konzentriertes Hinhören.

Sie können sich dabei auch an unserer Grafik orientieren:

Authentische Wertschaetzung vermitteln Belohnung

Diese kleinen Formen der Wertschätzung bedeuten natürlich nicht, dass leistungsabhängige Gehälter und Bonuszahlungen in Zukunft im Unternehmen gestrichen werden kann. Diese kleinen anerkennenden Gesten sind nur ein Aspekt einer insgesamt wertschätzenden Unternehmensführung.

Größere Auszeichnungen, wie die des Mitarbeiter des Monats können dazu ebenfalls einen Beitrag leisten – wenn sie richtig angegangen werden.

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[Bildnachweis: nd3000 by Shutterstock.com]

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