Ausbildung verkürzen – Voraussetzungen
Sie wollen Ihre Ausbildung verkürzen? Die Ausbildungszeit kann in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen auf 2 Jahre verkürzt werden. Geregelt ist das u.a. in § 7 und 8 Berufsbildungsgesetz (BBiG).
Für die Ausbildungszeitverkürzung müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
1. Schulische Vorbildung
Schulbildung |
Verkürzt bis zu |
Realschule (Mittlere Reife) | 6 Monate |
Gymnasium, Klasse 10 (Fachoberschulreife) | 6 Monate |
Höhere Handelsschule (Fachoberschulreife) | 12 Monate |
Gymnasium, Klasse 12 (Fachhochschulreife) | 12 Monate |
Gesamtschule, Klasse 13 (allgemeine Hochschulreife) | 12 Monate |
Gymnasium, Abitur | 12 Monate |
- Sie haben schon eine abgeschlossene Berufsausbildung oder einschlägige Berufstätigkeit: Verkürzung um bis zu 12 Monate möglich.
- Auch Berufserfahrungen durch einen Nebenjob zählen und können die Ausbildung verkürzen – bis zu 12 Monate.
- Sie sind bei Ausbildungsbeginn 21 Jahre oder älter: Verkürzung um bis zu 12 Monate möglich.
- Sie haben bei der Zwischenprüfung sehr gute Ergebnisse erzielt oder im Berufsschulzeugnis einen Notendurchschnitt von 2,49 oder besser (in prüfungsrelevanten Fächern).
- Die Berufsschule muss die überdurchschnittlichen Leistungen bestätigen.
- Die praktische Ausbildungsleistung ist besser als die Note 2,5.
- All das macht eine Ausbildungsverkürzung um bis zu 12 Monate möglich.
- Ausbildungsberufe mit regulär 3,5 Jahren: mindestens 2,5 Jahre.
- Ausbildungsberufe mit regulär 3 Jahren: mindestens 2 Jahre.
- Ausbildungsberufe mit regulär 2 Jahren: mindestens 1,5 Jahre.
- Für die Sommerprüfung muss der Antrag bis zum 20. November gestellt werden.
- Für die Winterprüfung muss der Antrag bis zum 20. Mai gestellt werden.
2. Berufliche Vorbildung
3. Alter
4. Gute Leistungen während der Ausbildung
5. Mindestausbildungszeit wird nicht unterschritten
Durch die Verkürzung der Ausbildung darf die gesetzliche Mindestausbildungszeit nicht unterschritten werden. Das bedeutet für…
6. Fristen werden eingehalten
Verkürzung durch berufsvorbereitende Maßnahme
Jugendliche, die noch nicht wissen, welche Ausbildung zu ihnen passt oder noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, können eine „berufsvorbereitende Maßnahme“ oder Berufsgrundschuljahr an der Berufsschule absolvieren. Auch das wird später angerechnet, sodass Sie mit der berufsvorbereitenden Maßnahme die spätere Ausbildung um bis zu einem Jahr verkürzen können und sofort ins zweite Ausbildungsjahr eingestuft werden.
Ausbildung verkürzen – Antrag stellen
Wenn die obigen Voraussetzungen auf Sie zutreffen, müssen Sie für die Ausbildungsverkürzung einen Antrag stellen. Der muss grundsätzlich schriftlich und gemeinsam mit dem Ausbildungsbetrieb bei der zuständigen Kammer (Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer) eingereicht werden. Bei Minderjährigen müssen zudem die Eltern unterschreiben.
Ein Beispiel für einen solchen Antrag finden Sie hier.
Idealerweise stellen Sie den Antrag schon bevor Sie den Ausbildungsvertrag unterschreiben, weil die Verkürzung auch im Ausbildungsvertrag festgehalten wird. Der Antrag muss jedoch spätestens innerhalb der ersten 12 Monate nach Ausbildungsbeginn gestellt werden!
Welche Dokumente brauche ich für den Antrag?
- Zeugnisse
(Nachweise über die entsprechende Vorbildung oder Schulabschlüsse). - Ausbildungsvertrag
(Verkürzung muss darin vermerkt werden). - Angepasster Ausbildungsplan
(Bei nachträglicher Beantragung).
Um die Chancen zu steigern, können mehrere Verkürzungsgründe kombiniert werden – sie dürfen aber eben nicht dazu führen, dass die Mindestausbildungszeiten unterschritten werden.
Ausbildung verkürzen: Wer entscheidet?
Über die Verkürzung einer Ausbildung entscheidet die jeweils zuständige Stelle – meist die Industrie- und Handelskammer (IHK) oder die Handwerkskammer (HWK). Beide Parteien – Betrieb und Azubi – müssen der Verkürzung jedoch zustimmen. Bei minderjährigen Auszubildenden ist außerdem die Zustimmung der Erziehungsberechtigten nötig. Die Berufsschule ist zwar ebenfalls zu hören (wegen der Noten), aber nicht an der Entscheidung beteiligt.
Die Kammer prüft im Einzelfall, ob die Voraussetzungen erfüllt sind und das Ausbildungsziel in der verkürzten Zeit auch erreichbar ist. Eine Verkürzung ist kein direkter Rechtsanspruch, sondern steht stets unter dem Vorbehalt der Prüfung und Zustimmung der Kammer.
Ausbildung verkürzen bei Teilzeitausbildung?
Ein Sonderfall ist die Ausbildung in Teilzeit. Hier verlängert sich zunächst die reguläre Ausbildungszeit, weil Sie die wöchentliche betriebliche Ausbildung verkürzt wird – wegen Teilzeit. Bei einer Reduzierung der Arbeitszeit im Betrieb (= Ausbildungszeit) um 50 Prozent verlängert sich die Ausbildung in Teilzeit auf 54 Monate, also 4,5 Jahre statt 3 Jahre.
Auch bei der Teilzeitausbildung können Sie – wie bei der Vollzeitausbildung – die Ausbildung verkürzen. Aus denselben Gründen und Voraussetzungen wie eingangs beschrieben – also beispielsweise weil Sie Abitur haben oder „sehr gute“ Leistungen vorweisen können. Der Clou: Durch die Verkürzung verlängert sich die Teilzeitausbildung nur kaum. In Endeffekt gehen Sie dann so lange in die Lehre wie Vollzeit-Azubis auch.
Ausbildungsverlängerung bei Ausbildungsplatzwechsel?
Wenn Sie Ihren Ausbildungsplatz wechseln, brauchen Sie sich keine Sorgen um die bisher investierte Zeit machen: Diese wird voll auf die neue Berufsausbildung angerechnet. Wer beispielsweise im zweiten Ausbildungsjahr an einen neuen Ausbildungsplatz wechselt, wird dort ins 2. Lehrjahr eingestuft und hat entsprechend Anspruch auf das höhere Azubi-Gehalt.
Ausbildungsverkürzung: Welche Vorteile hat das?
Die Ausbildung verkürzen zu wollen, kann durchaus sinnvoll sein und hat gleich mehrere Vorteile. Ein paar Nachteile allerdings auch – ein Überblick:
Ausbildung verkürzen – Vorteile
-
Schneller Berufseinstieg
Durch die Verkürzung können Azubis früher in ihren erlernten Beruf einsteigen und erzielen dadurch früher ein höheres Gehalt.
-
Höhere Ausbildungsvergütung
Bei der Anrechnung beruflicher Vorkenntnisse haben Azubis sofort Anspruch auf eine höhere Ausbildungsvergütung.
-
Bessere Berufschancen
Die sehr guten Leistungen und die Verkürzung sprechen insgesamt für den Auszubildenden. Dadurch steigen die Bewerbungschancen sowie Chancen vom Betrieb übernommen zu werden.
Ausbildung verkürzen – Nachteile
-
Steigender Lerndruck
Durch die Verkürzung fehlen eventuell Ausbildungsinhalte, die Sie sich selbstständig aneignen und nachholen müssen.
-
Schlechtes Timing
Ist der Arbeitsmarkt bei Ausbildungsende gerade angespannt, sitzen Sie gegebenenfalls beim Arbeitsamt, statt noch für 6-12 Monate einen sicheren Ausbildungsplatz und Job zu haben.
-
Höheres Durchfallrisiko
Bei einer Fehl- beziehungsweise Selbstüberschätzung Ihrer Fähigkeiten steigt das Risiko, dass Sie bei der Abschlussprüfung durchfallen.
Überdies gibt es kein Recht auf eine Ausbildungszeitverkürzung! Diese ist an die Zustimmung der Kammer und des Ausbildungsbetriebs geknüpft.
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