Was ist ein Ausbildungsvertrag?
Der Ausbildungsvertrag legt die rechtlichen Rahmenbedingungen für das Ausbildungsverhältnis fest. Das Unternehmen muss vor Ausbildungsantritt den Ausbildungsvertrag erstellen und den Auszubildenden unterschreiben lassen. Eine zweite unterschriebene Ausfertigung des Ausbildungsvertrags bleibt beim Betrieb. Dieses Vorgehen ist gesetzlich in § 11 Berufsbildungsgesetz (BBiG) vorgeschrieben und nur dann ist der Ausbildungsvertrag gültig. Ist der Auszubildende allerdings noch minderjährig, ist zusätzlich eine Unterschrift der Eltern als Erziehungsberechtigte erforderlich.
Im Prinzip ist ein Ausbildungsvertrag ein Arbeitsvertrag. Es gibt allerdings einen zentralen Unterschied: Im Gegensatz zum normalen Arbeitsvertrag – der auch mündlich geschlossen werden kann – ist beim Berufsausbildungsvertrag ausdrücklich die Schriftform erforderlich. Nicht erlaubt ist die elektronische Form, also per E-Mail. Zudem muss das Unternehmen den Ausbildungsvertrag rechtzeitig bei der zuständigen Berufskammer einreichen. Die stellt eine Art Sicherheitsgarantie und Schutz für den Auszubildenden dar, dass kein illegaler Arbeitsvertrag mit ungültigen Pflichten mit der Lehrstelle abgeschlossen wird.
Zuständige Kammern je nach Ausbildungsberuf
Das BBiG nennt in § 71 die zuständigen Stellen, insgesamt sechs verschiedene je nach Ausbildungsberuf:
Handwerkskammer
Sie gilt in Berufen der Handwerksordnung, beispielsweise für angehende Schreiner, Dachdecker oder Ofen- und Luftheizungsbauer.
Industrie- und Handelskammer
Sie ist für die Berufsbildung in nichthandwerklichen Gewerbeberufen zuständig, beispielsweise für Bankkaufleute, Mediengestalter oder Fachinformatiker.
Landwirtschaftskammer
Diese kümmert sich um die Berufsbildung in Berufen der Landwirtschaft. Dazu gehören der Landwirt und Gärtner, aber beispielsweise auch der Pflanzentechnologe.
Rechtsanwalts-, Patentanwalts- und Notarkammern
Hier geht es um die Berufsbildung der Fachangestellten im Bereich der Rechtspflege. Diese Kammern gelten für angehende Justizfachangestellte sowie Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte.
Wirtschaftsprüferkammern und Steuerberaterkammern
Die Berufsbildung der Fachangestellten im Bereich der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung fällt in die Zuständigkeit dieser Kammern. Dazu gehören Ausbildungen wie die zum Steuerfachangestellten, Steuerfachwirt oder Wirtschaftsprüfer.
Ärzte-, Zahnärzte-, Tierärzte- und Apothekerkammern
Diese Kammern sind für die Berufsbildung der Fachangestellten im Bereich der Gesundheitsdienstberufe zuständig. Das betrifft Ausbildungen wie die zum Gesundheits- und Krankenpfleger, Diätassistent oder zum Pharmazeutisch-technischen Assistenten.
Muster Ausbildungsvertrag
Die oben genannten Kammern haben Vorlagen für einen Ausbildungsvertrag, die jeweils in leicht abweichender Form gehalten sein können. Ein aktuelles Ausbildungsvertragsmuster stellt auch das BIBB im Downloadbereich zur Verfügung.
Was muss alles in einem Ausbildungsvertrag stehen?
Das Berufsbildungsgesetz gibt in § 11 diejenigen Inhalte des Ausbildungsvertrages vor, die mindestens enthalten sein müssen. Darüber hinaus können Unternehmen und Auszubildender jedoch weitere, individuelle Vereinbarungen treffen. Die Mindestanforderungen für den Inhalt eines Ausbildungsvertrags umfassen:
- Ausbildungsberuf
Der Ausbildungsvertrag nennt den exakten Ausbildungsberuf nebst Ziel der Ausbildung. - Sachliche und zeitliche Gliederung
Hierbei handelt es sich um einen konkreten Ausbildungsplan, der die verschiedenen Stationen der Berufsausbildung strukturiert darstellt. Diese Gliederung gibt gleich zu Beginn einen Überblick über den Ablauf und was dabei auf Sie zukommt. - Beginn und Dauer
Die meisten Ausbildungen dauern etwa drei Jahre. Der Ausbildungsvertrag muss neben der exakten Dauer über den offiziellen Ausbildungsbeginn informieren. - Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Bildungsstätte
Enthält Informationen zum Ausbildungsort und möglichen Einsätzen außerhalb der ersten Ausbildungsstätte. Das ist wichtig, wenn es um Fahrtkosten geht, die möglicherweise der Arbeitgeber übernimmt. - Dauer der täglichen Arbeitszeit
Bei einer Ausbildung in Vollzeit sind acht Stunden tägliche Arbeitszeit der Normalfall. Hinzu kommt eine gesetzlich vorgeschriebene Pause. - Dauer der Probezeit
Der Ausbildungsvertrag muss die Probezeit der Ausbildung nennen. Die beträgt gemäß § 20 BBiG mindestens einen Monat, darf aber vier Monate nicht überschreiten. - Zahlung und Höhe der Ausbildungsvergütung
Das Brutto-Gehalt der jeweiligen Lehrjahre muss im Ausbildungsvertrag stehen. Hinzu kommt der Zeitpunkt der Zahlung. Entweder erhalten Sie die Zahlungen zum Monatsanfang oder zur Mitte des laufenden Monats. - Dauer des Urlaubs
Während der Ausbildung haben Auszubildende Anspruch auf Erholungsurlaub. Der Ausbildungsvertrag muss eine entsprechende Passage mit der Anzahl der Urlaubstage enthalten, die Ihnen jährlich zustehen. - Voraussetzungen für Kündigungen
Falls Sie den Ausbildungsvertrag kündigen wollen, erfahren Sie im entsprechenden Passus, unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung möglich ist. - Hinweis auf Tarifverträge
Falls für Branche oder Beruf ein gültiger Tarifvertrag existiert, muss der Ausbildungsvertrag darauf hinweisen. Gleiches gilt für andere Vereinbarungen, beispielsweise eine Betriebsvereinbarung.
Nicht erlaubte Inhalte im Ausbildungsvertrag
Die meisten Ausbildungsbetriebe wissen sehr genau, was im Ausbildungsvertrag stehen muss und was auf der anderen Seite verboten ist. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass unerlaubte Inhalte in einen Vertrag gesetzt werden. Vor der Unterschrift sollten Sie sich den Vertrag gründlich durchlesen und genau prüfen, ob alles seine Richtigkeit hat. Die folgenden Punkte haben in Ihrem Ausbildungsvertrag nichts zu suchen:
Verpflichtung zum Verbleib
Im Ausbildungsvertrag müssen Sie sich nicht dazu verpflichten, nach dem erfolgreichen Abschluss weiterhin im Ausbildungsbetrieb zu arbeiten. Eine Übernahme kann ein Vorteil sein. Aber es ist Ihr gutes Recht, sich nach der Ausbildung nach einer anderen Stelle umzusehen. Eine Ausnahme ist, wenn Sie sich in den letzten sechs Monaten der Ausbildung verpflichten, im Anschluss zu bleiben.
Zahlung einer Ausbildungsentschädigung
Sie müssen für die Ausbildung keine Entschädigung oder andere Zahlungen an den Betrieb leisten. Solche Klauseln im Ausbildungsvertrag sind in jedem Fall ungültig. Auch vorgeschriebene Zusatzkurse darf das Unternehmen dem Auszubildenden nicht in Rechnung stellen. Verlangt ein Betrieb eine solche Ausbildungsentschädigung von Ihnen, sollten Sie vorsichtig sein. Möglicherweise sind Sie an ein unseriöses Unternehmen geraten.
Vereinbarung von Vertragsstrafen
Das Berufsbildungsgesetz erklärt jede Vereinbarung über Vertragsstrafen im Ausbildungsvertrag als nichtig. Manchmal soll beispielsweise eine Strafe gezahlt werden, wenn eine Ausbildung doch nicht angetreten oder vorzeitig gekündigt wird. Vor solchen Vertragsstrafen brauchen Sie keine Angst zu haben.
Als Azubi den Ausbildungsvertrag kündigen
In der Probezeit können beide Vertragsparteien ohne Angabe von Gründen jederzeit kündigen. Das gilt also auch für Sie als Auszubildender, wenn Sie mit dem Betrieb oder Ausbildungsverlauf unzufrieden sein sollten. Die Kündigung muss in jedem Fall schriftlich erfolgen und dem Arbeitgeber noch vor Ablauf der Probezeit zukommen. Sollten Sie minderjährig sein, ist für die Kündigung die Unterschrift mindestens eines Erziehungsberechtigten erforderlich.
Wird das Ausbildungsverhältnis nach Ablauf der Probezeit vorzeitig gekündigt, können sowohl Sie als auch Ihr Arbeitgeber Schadensersatz gemäß § 23 Absatz 1 Satz 1 BBiG verlangen, sofern der andere den Grund für die Auflösung zu vertreten hat. Es gibt allerdings einige Ausnahmen:
- Ordentliche Kündigung
Der Arbeitgeber kann nach der Probezeit keine ordentliche Kündigung mehr aussprechen. Diese Option steht nur dem Auszubildendem zur Verfügung. Bedingung dafür ist eine Kündigung wegen Wechsel der Berufsausbildung oder Berufsaufgabe. In diesem Fall können Sie Ihren Ausbildungsvertrag ganz normal mit einer vierwöchigen Frist kündigen. - Fristlose Kündigung
Daneben haben Auszubildende (ebenso wie der Arbeitgeber) die Möglichkeit zur fristlosen Kündigung. Dafür muss ein wichtiger Grund vorliegen, der sich nicht beheben lässt. Dazu zählen Umstände, die die Ausbildung unmöglich machen (etwa wenn kein Ausbilder anwesend ist) oder aber absolut unzumutbar sind, beispielsweise sexuelle Belästigung, extremes Mobbing oder Anstiftung zur Straftat. Auszubildende sollten ihren Arbeitgeber am besten auf die Missstände hinweisen und erst nach erfolgloser Abmahnung kündigen. - Aufhebungsvertrag
Ein Aufhebungsvertrag eröffnet die Möglichkeit, das Ausbildungsverhältnis einvernehmlich ohne Kündigungsfrist zu beenden. Dieser Weg empfiehlt sich vor allem dann, wenn der Auszubildende die Ausbildung in einem anderen Ausbildungsbetrieb fortsetzen will.
Worauf müssen Azubis und Ausbilder achten?
Nachfolgend beantworten wir die wichtigsten Fragen, die im Zusammenhang mit dem Ausbildungsverhältnis beziehungsweise dem Ausbildungsvertrag entstehen:
Was gilt für Minderjährige?
Betriebe müssen unbedingt den Jugendschutz beachten. Gemäß Jugendschutzgesetz liegt die zulässige Arbeitszeit bei maximal 40 Stunden (Erwachsene: 48, ausnahmsweise 60) pro Woche beziehungsweise acht Stunden (Erwachsene: 10) am Tag. Zusätzlich wird in einem Gesundheitscheck – auch ärztliche Erstuntersuchung genannt – festgestellt, ob Sie körperlich und gesundheitlich für die Ausbildung geeignet sind.
Muss ich bestimmte Kleidung tragen?
Je nach Branche kann es einen bestimmten Dresscode geben. Beispielsweise sind Unternehmen in der Finanz- und Bankenbranche üblicherweise etwas konservativer. Was an Ihrem Ausbildungsplatz typischerweise getragen wird, dafür werden Sie spätestens in der ersten Zeit ein Gefühl bekommen. Sollte allerdings eine bestimmte Berufsbekleidung vorgeschrieben sein, muss Ihr Ausbildungsbetrieb diese zur Verfügung stellen.
Was ist eine Mindestausbildungsvergütung?
Da in der Vergangenheit die einzige Vorgabe für eine Ausbildungsvergütung war, dass sie „angemessen“ zu sein habe, sind einige Ausbildungsberufe deutlich schlechter weggekommen als andere. Mit der BBiG-Novelle gibt es mittlerweile eine Mindestausbildungsvergütung. Sie gilt für duale Ausbildungen, die nach dem BBiG oder der Handwerksordnung (HwO) geregelt sind. Demnach dürfen 550 Euro im ersten, 649 Euro im zweiten, 742,50 Euro im dritten und 770 Euro im vierten Ausbildungsjahr nicht unterschritten werden.
Was passiert bei Insolvenz des Ausbildungsbetriebs?
Eine schwächelnde Konjunktur oder eine Krise wie die Corona-Pandemie kann dazu führen, dass ein Ausbildungsbetrieb Insolvenz anmelden muss. Das allein bedeutet noch nicht, dass direkt eine Kündigung ins Haus steht. Selbst bei ausstehender Ausbildungsvergütung springt die Arbeitsagentur ein und zahlt ein Insolvenzgeld für drei Monate. Wird der Betrieb tatsächlich eingestellt, müssen sich Auszubildende einen neuen Ausbildungsbetrieb suchen. Übrigens: Für Ausbildungsbetriebe, die Auszubildende aus einem insolventen Betrieb übernehmen, gibt es von den Bundesländern Förderungen in Form eines Zuschusses.
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