Was ist Minimalismus?
Minimalismus ist ein Lebensstil, der durch bewussten Verzicht und freiwillige Reduzierung des materiellen Besitzes geprägt ist. Minimalisten wollen sich auf das Wesentliche im Leben fokussieren. Einfaches Leben statt Abhängigkeit von Besitz, Reichtum oder Status. Das Konzept der freiwilligen Einfachheit (englisch: „simple living“ oder LOVOS: lifestyle of voluntary simplicity) ist das Gegenmodell zum Materialismus, bei dem Konsum und Prestige durch Eigentum im Mittelpunkt stehen.
Der Konsumverzicht soll mehr Selbstbestimmung ermöglichen. Oberflächlichkeit und Reizüberflutung werden vermieden, um die langfristige Lebensqualität zu steigern.
Minimalismus: Leben mit dem Nötigsten
Letztlich stecht hinter Minimalismus die Kernfrage: Was brauche ich wirklich zu leben? Wer sich damit ernsthaft auseinandersetzt, findet schnell unzählige Dinge, die ohne Probleme aus dem eigenen Leben gestrichen werden könnten.
- Brauchen Sie die Wohnfläche?
120 Quadratmeter sind schön, doch könnten Sie mit deutlich weniger auskommen. Ein großes Haus ist keine Notwendigkeit, sondern ein Wunsch. Der Wohnraum kann verkleinert werden, wenn Sie beschließen, dass Sie nicht viel mehr als einen Bett, Schrank, Tisch und Stuhl brauchen. - Tragen Sie alle Kleidungsstücke?
Die meisten Menschen haben einen vollen Kleiderschrank, ziehen aber doch nur die immer selben Stücke daraus an. Mit ein paar Oberteilen, Hosen und Schuhen lässt sich Minimalismus in der Mode problemlos umsetzen. - Nutzen Sie alle Küchenutensilien?
Unzählige Pfannen, Töpfe, Tassen, einzelne Teller, Schüsseln ohne zugehörigen Deckel und Küchengeräte, die gekauft, einmal genutzt und dann im Schrank verstaut wurden. Mit einem minimalistischen Blick kann hier viel aussortiert werden. - Halten Sie Unnützes und Unwichtiges fest?
„Das ist eigentlich zu schade, um es wegzuschmeißen“ oder „Das brauche ich bestimmt nochmal“ – typische Sätze, mit denen immer mehr unnötiger Kram angehäuft wird. Gerne finden sich diese Dinge dann im Keller und verstauben.
All das sind keine Zwänge beim Minimalismus. Die Bedürfnisse sind individuell. Jeder muss für sich selbst entscheiden, was er braucht und was nicht – und was mit dem eigenen Budget möglich ist.
Minimalismus Tipps: So leben Sie minimalistischer
Der minimalistische Lebensstil ist für viele spannend. Doch wo fängt man an? Wir haben einige Tipps für den Anfang zusammengestellt:
- Bedeutung klären
Im ersten Schritt müssen Sie festlegen, was der Minimalismus für Sie bedeutet. Welche Ziele verfolgen Sie damit und wie stark wollen Sie das Konzept verfolgen? Klären Sie Ihre Erwartungen und Bedürfnisse. - Dinge aussortieren
Zum Minimalismus gehört anfangs radikales Entrümpeln und Wegschmeißen. Weg mit dem Kabinett aus Schrott und Sinnlosigkeiten! Helfen kann die KonMari-Methode Trennen Sie sich von allem, was Sie nicht glücklich macht und das keinen direkten Nutzen bringt. - Raum schaffen
In Ihrer Wohnung sollten Sie freie Räume schaffen, statt alles zuzustellen. Räumen Sie Oberflächen frei, reduzieren Sie die Dekoration und räumen Sie unnötigen Schnickschnack weg. Weniger ist mehr gilt auch bei Bildern an der Wand. Sie müssen keine leere Wohnung haben – ist alles Unnütze aber erst einmal weg, werden Sie erstaunt sein, wie viele Freiräume automatisch entstehen. - Farben begrenzen
Ein minimalistisches Farbkonzept setzt vor allem auf Schwarz, Weiß und Grau. Diese schlichten Farben unterstützen die Einfachheit und tragen den Grundgedanken „Reduzierung auf das Wesentliche.“ - Ordnung schaffen
Jeder Gegenstand sollte einen festen Platz haben. Räumen Sie Dinge nicht willkürlich weg, sondern legen Sie diese genau dorthin, wo sie hingehören. Eine solche Ordnung erfordert mehr Aufwand, durch die reduzierte Anzahl unnötiger Dinge fällt es aber viel leichter, einen Platz zu finden.
Wie viele Dinge besitzt ein Minimalist?
Als Richtwert gelten 100 Gegenstände, die ein Minimalist besitzt. Zum Vergleich: Durchschnittlich wird der Besitz eines Europäers auf 8.000 bis 10.000 Dinge geschätzt. Wer es ganz genau nimmt, muss demnach bis zu 99 Prozent seines Eigentums aussortieren.
Vorteile: Ist Minimalismus sinnvoll?
Minimalismus ist ein Gegenkonzept zum Höher, Schneller, Weiter, Reicher. Minimalisten geht es dabei nicht nur um das reine Aussortieren, vielmehr um Achtsamkeit und das Hinterfragen, was wir wirklich benötigen. Das ist durchaus sinnvoll und hat zahlreiche Vorteile:
- Ordnung
Ein aufgeräumtes Umfeld trägt erheblich zur Übersichtlichkeit bei. Wir finden auf Anhieb, was wir brauchen oder suchen und müssen weniger aufräumen, weil wir weniger besitzen. - Finanzen
Weil Minimalisten weniger kaufen und besitzen, müssen sie auch weniger pflegen, reparieren oder neu anschaffen. Die Reduzierung auf dass Essenzielle gibt diesem zugleich einen Mehrwert. Das Geld ist gut und nachhaltig investiert. Man braucht weniger und hat mehr in der Tasche oder zum Sparen. - Zeitgewinn
Die eingesparte Zeit lässt sich wiederum für die wirklich wichtigen Dinge des Lebens einsetzen: für Beziehungen, Hobbys, eine bewusstere Ernährung, die Persönlichkeitsentwicklung. - Kreativität
Minimalismus sorgt zugleich dafür, dass wir uns weniger ablenken lassen. Wir müssen uns weniger mit anderen vergleichen. Das setzt ungeheure Kreativkräfte frei. Unsere Gedanken kreisen nicht mehr um Materielles und werden frei. - Freiheit
Wer sich frei von unnötigem Besitz macht, bekommt insgesamt mehr Freiheit und Flexibilität. Das leben verändern, umziehen, auswandern? Alles kein Problem. In einem minimalistischen Haushalt sind die Kisten schnell gepackt.
Ganz so wie es die Band „Silbermond“ im Songtext beschreibt: „Eines Tages fällt dir auf, dass du 99 Prozent nicht brauchst. Du nimmst all den Ballast und schmeißt ihn weg. Denn es reist sich besser mit leichtem Gepäck.“ Nicht wenige Anhänger empfinden den Minimalismus deswegen als Privileg.
Nachteile: Was spricht gegen Minimalismus?
Auf der anderen Seite hat Minimalismus einige Nachteile, die dagegen sprechen oder die Umsetzung erschweren können:
- Aufwand
Gerade zu Beginn ist eine große Umstellung mit viel Aufwand nötig. Sie müssen für unzählige Gegenstände entscheiden, ob Sie diese behalten oder aussortieren. Anschließend müssen Sie sich um Verkauf oder Entsorgung kümmern, bis für Sie unnötige Dinge aus dem Leben gestrichen sind. - Disziplin
Ein gutes Angebot, ein neues Produkt, ein Bonus vom Chef – es gibt viele Gründe, sich Neues zu kaufen. Minimalismus erfordert die Disziplin, immer wieder Nein zu sagen. Das ist sehr anstrengend und nicht für jeden geeignet. - Familie
Gerade mit Kindern ist Minimalismus besonders schwierig. Für die kleinen werden viele Dinge benötigt und auch die Ordnung ist schwer beizubehalten. - Ungemütlich
Die einen finden es schlicht und modern, andere finden einen minimalistischen Stil in der Wohnung ungemütlich und kalt. - Absonderung
Nicht jeder kann ein minimalistisches Leben nachvollziehen. Das kann dazu führen, dass Sie bei Freunden und Familie auf Unverständnis stoßen und sich abgesondert und isoliert fühlen. - Zwang
Minimalismus kann zu einem zwanghaften Verhalten werden, wenn Sie es übertreiben. Sie wollen immer weniger besitzen, treiben es bis ins Extrem und fangen an, andere von Ihrem Lebensstil überzeugen zu wollen.
Minimalismus im Job: Wie geht das?
Auch im Job hat der Minimalismus längst Einzug gehalten. Allerdings geht es dabei nicht nur um Arbeitsplatzgestaltung oder das Ausmisten des Schreibtischs. Minimalismus im Job kann bedeuten, seine Prioritäten neu und anders zu setzen. Die essenziellen Dinge sollen wieder im Vordergrund stehen: Qualität vor Quantität, mehr Sinn in der Arbeit, eine Lebenskarriere statt eines schnellen Aufstiegs, einer Beförderung oder Gehaltserhöhung.
Mehr Minimalismus im Job hat das Ziel – durch Genügsamkeit – mehr Raum, Bewegungsspielraum und Freiheit zu gewinnen – und so letztlich glücklicher zu werden.
Neue Besinnung auf Lebensziele
Minimalismus heißt in diesem Fall: weniger Verantwortung, weniger Einkommen, aber auch weniger Überstunden und weniger Stress. Konzepte wie Jobsharing oder Sabbaticals gehen ebenfalls auf den Gedanken zurück.
Das beugt nicht nur einem Burnout vor. Die Besinnung auf eigene Lebensziele dient auch der Selbstverwirklichung.
8 Wege zu Minimalismus am Arbeitsplatz
Natürlich lässt sich das Minimalismus-Konzept auch ganz praktisch im Arbeitsalltag ein- und umsetzen. Indem Sie auf Überflüssiges verzichten, können Sie den Arbeitsplatz und Arbeitstag wesentlich angenehmer und effektiver gestalten. Wie das geht? Die folgenden Tipps geben Ihnen dazu ein paar Anregungen…
1. Inbox Zero
Minimalisten lieben ihn: den leeren E-Mail-Posteingang. Dazu wird zunächst die Fülle der Postfächer minimiert. Alle eingehenden Mails werden in EINEM Postfach gesammelt. Mails, die nur einen geringen Zeitaufwand erfordern, werden umgehend beantwortet. Für alle anderen werden feste Zeitfenster eingeplant, um Ablenkungen zu reduzieren. Überflüssige Newsletter, Feeds, Alerts und Ähnliches werden überdies konsequent abbestellt. Unnützes als Spam markiert und gelöscht. Ziel ist, jeden Abend Null „offene“ Mails im Postfach zu haben – die Inbox wieder auf Zero zu stellen. Soweit es eben geht.
2. Digital Detox
Digitale Entgiftung am Arbeitsplatz – geht das? Sicher: Zum Beispiel indem Sie sich feste Zeitfenster einrichten, in denen Sie buchstäblich abschalten oder die digitalen Helferlein konsequent ignorieren. Beispiel: Praktizieren Sie täglich zwischen 13 und 15 Uhr digitalen Minimalismus. Kein Social Media, keine E-Mails lesen oder beantworten (wenn der Job das zulässt), vielleicht sogar das Handy ausschalten. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Sie in dieser Zeit produktiver und effektiver arbeiten.
3. Social Media
Hand aufs Herz: Wie viele Social Media Accounts haben Sie? Und welche davon pflegen Sie wirklich? Meist reduziert es sich ohnehin nur auf ein Business-Profil (bei Linkedin oder Xing) und ein privates Netzwerk. Dabei sollten Sie es auch belassen. Man kann nicht auf allen Hochzeiten gleichzeitig tanzen. Und wenn wir ganz ehrlich sind: Das meiste davon ist ohnehin pure Lebenszeitverschwendung oder basiert auf FOMO – der Angst, etwas zu verpassen. Es gibt sogar Studien, die darauf hindeuten, dass uns soziale Netzwerke unglücklich machen oder das Selbstwertgefühl zerstören, weil wir meinen, das Leben der anderen sei so viel schöner und schillernder. Dabei handelt es sich dabei oft nur um Scheinwelten.
4. Technik
Es gibt Menschen, die lieben Gadgets. Immer die neuste Technik, das neuste Smartphone, ein neues hippes Tool. Manches davon vereinfacht und hilft wirklich. Ganz oft aber reicht das alte und bewährte völlig. Vor allem das Wesentliche davon. Heißt konkret: Kaum genutzte Apps auf dem Smartphone entfernen. Technik-Spielzeuge reduzieren: Braucht noch eine Spiegelreflexkamera, wenn das Smartphone eine annähernd gleiche Qualität bietet? Wie viele Powerbanks, Fitness-Tracker und anderen Krempel benötigen wir wirklich? Minimieren!
5. Decluttering
Decluttering bedeutet nichts weiter als: „Entrümpeln“. Am Arbeitsplatz kommt einem hier als Erstes der zugemüllte Schreibtisch in den Sinn. Dinge, die sich aussortieren lassen: Entwürfe von alten Projekten. Alte Kalender in der Schublade. Das grauslige Werbegeschenk eines Kunden von vor fünf Jahren. Alte Magazine. Memorabilia wie die alte Eintrittskarten oder Konferenz-Badgets: Weg damit! Beliebter Hack: Den Krempel zunächst in eine Kiste stecken. Wenn man nach einem Monat nichts davon vermisst hat: Kiste wegschmeißen – ohne sie nochmal zu öffnen!
6. Kleidung
Mark Zuckerberg und Steve Jobs haben es vorgemacht: Erfolg ist keine Frage der Garderobe. Zuckerberg kennt man nur in grauen T-Shirts und blauen Kapuzenpullis, Jobs sah man nur im schwarzen Rollkragenpulli. Erfolgsmenschen mit Mini-Garderobe. Natürlich ist das leichter im Startup umzusetzen als in der Bank. Aber der Gedanke ist richtig: Misten Sie Ihre Garderobe regelmäßig aus. Womöglich wird der minimalistische Look gar zu Ihrem Markenzeichen. Überdies stehen Sie morgens nicht mehr vor der Frage: Was soll ich bloß anziehen? Das spart Zeit, setzt Energie frei und gibt Ihnen wieder den Blick auf Wesentliche im Job zurück: die Aufgaben.
7. To-do-Liste
Eines der nützlichsten Werkzeuge zur Priorisierung ist zugleich das älteste und einfachste: die To-do-Liste. Sie hilft uns dabei, Aufgaben nach Wichtigkeit und Dringlichkeit zu sortieren sowie Kräfte zu fokussieren. Zur Minimalismus-Strategie gehört aber zwingend eine überschaubare To-do-Liste. Am Anfang des Tages nur die Aufgaben notieren, die unbedingt heute erledigt werden müssen, minimalen Zeitaufwand erfordern oder zügig abgehakt werden können. Alles, was nicht in diese Kategorie fällt, wird delegiert oder verschoben. Am Ende des Tages sollte die To-do-Liste abgehakt sein, sonst geht man mit einem unguten Gefühl nach Hause.
8. Rituale
Mit einem Gefühl der Abgeschlossenheit aus dem Arbeitstag gehen – das ist die Kirsche auf der minimalistischen Sahnetorte. Was Sie tun sollten, bevor Sie sich in den Feierabend verabschieden: Schreibtisch aufräumen, To-do-Liste abhaken und Mail-Postfach auf Null stellen, PC herunterfahren. Den Arbeitsplatz nochmal kurz entschlacken – schon fühlen Sie sich besser.
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