Als Azubi ausgenutzt: Wie kann ich mich wehren?

Als Azubi ausgenutzt zu werden, ist besonders mies: Auszubildende sind zunächst in der schwächeren Position. Hinzu kommt, dass viele Azubis ihre Rechte nicht kennen. Schluss damit! Wenn Sie als Azubi ausgenutzt werden, zeigen wir die Tipps und Schritte, wie Sie sich wehren und was Sie tun können…

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Jeder Vierte Auszubildende bricht ab

Wenn Sie als Azubi mies behandelt werden, sind Sie damit – leider – nicht alleine. Aktuell bricht etwa jeder Vierte Auszubildende (25,7 Prozent) seine Ausbildung ab, in der Handwerksbranche sind es sogar 36,7 Prozent.

Als Hauptgrund nennen Azubis laut BIBB-Studien vor allem die Arbeitsbedingungen (70 Prozent). Am meisten genannt werden:

  • Anhaltende Konflikte
  • Schlechte Ausbildungsqualität
  • Ausbildungsfremde Tätigkeiten (Einkaufen, Putzen)
  • Ungünstige Arbeitszeiten

Nur 33 Prozent der Abbrecher sagen, dass Sie mit der Berufswahl unglücklich gewesen sind.

Kennen Sie Ihre Azubi Rechte?

Einem miesen Arbeitsklima oder schlechtem Ausbilder sind Sie jedoch nicht schutzlos ausgeliefert. Es heißt zwar „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ – Azubis haben aber nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte!

Dazu gehören laut Berufsbildungsgesetz (BBiG) zum Beispiel das Recht auf Einhaltung des Ausbildungsziels; das Recht auf einen geeigneten Ausbilder, auf eine Mindest-Ausbildungsvergütung, auf angemessene Arbeitszeiten & Pausen sowie Urlaub.

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Als Azubi ausgenutzt: Was tun?

Wenn Sie also das Gefühl haben, als Azubi ausgenutzt oder falsch behandelt zu werden, können und sollten Sie folgende Schritte unternehmen:

1. Ausbildungsrahmenplan prüfen

Überprüfen Sie zunächst Ihren Ausbildungsvertrag und ob die Aufgaben, die Sie regelmäßig übernehmen, überhaupt zu Ihrer Ausbildung gehören.

Jede Ausbildung hat einen klaren Rahmenplan, der vorgibt, welche Tätigkeiten vermittelt werden müssen. Eine genauere Beschreibung dazu finden Sie beim BIBB. Dauerhafte Tätigkeiten, die nichts mit Ihrem Beruf zu tun haben (Botengänge, Klo putzen), sind nicht erlaubt!

2. Berichtsheft führen

Gleichzeitig sollten Sie über 1-2 Monate Ihre (falschen) Aufgaben täglich im Ausbildungsnachweis bzw. Berichtsheft dokumentieren. Dieses dient später als Beleg dafür, welche Tätigkeiten Sie tatsächlich ausführen oder was während der Ausbildung schiefläuft.

Überstunden sind zum Beispiel für Azubis unter 18 Jahren überhaupt nicht erlaubt. Wichtig ist jedoch, dass Sie hierauf von Anfang an hinweisen. Erst mitmachen und nachträglich reklamieren, ist immer schwerer.

3. Gespräch suchen

Im dritten Schritt sollten Sie dann das Gespräch mit Ihrem Ausbilder suchen – ruhig, sachlich, aber selbstbewusst. Weisen Sie ihn oder sie auf die Mängel hin und dass fachfremde Tätigkeiten laut § 14 BBiG sogar verboten sind – und fordern Sie Ihr Recht auf eine anständige Berufsausbildung ein.

Ein möglicher Gesprächseinstieg mit dem Ausbilder oder der Ausbilderin kann zum Beispiel so lauten:

  • „Ich möchte mit Ihnen gerne kurz über meine Ausbildung sprechen. Mir ist wichtig, diesen Beruf zu erlernen und die Ziele meines Ausbildungsplans zu erreichen. Seit einiger Zeit bemerke ich jedoch, dass ich häufiger Aufgaben erledige, die keinen direkten Bezug zu meinem Beruf haben. Könnten wir bitte gemeinsam schauen, wie meine Tätigkeiten besser auf die Ausbildungsinhalte abgestimmt werden können? Mir ist wichtig, die Ausbildung sinnvoll und erfolgreich abzuschließen…“

4. Unterstützung suchen und einschalten

Sollte das Gespräch keine Wirkung zeigen, können Sie zusätzlich den Betriebsrat (falls vorhanden) oder die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) im Betrieb einschalten. Beide Gremien vertreten die Interessen von Auszubildenden in Unternehmen.

Wenn Sie innerhalb des Betriebs keine Hilfe finden, können Sie sich ebenfalls an die zuständigen Stellen – z.B. Industrie- und Handelskammer (IHK) oder Handwerkskammer (HWK) – wenden. Dort gibt es Ausbildungsberater, die Ihnen weiterhelfen und im Notfall auch mit dem Betrieb sprechen.

Beispiel für ein Musteranschreiben an die IHK, HWK

Betreff: Bitte um Unterstützung bei meiner Ausbildung

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich wende mich an Sie, da ich mich in meiner Ausbildung nicht ausreichend gefördert fühle. Ein großer Teil meiner täglichen Aufgaben entspricht nicht den vorgesehenen Ausbildungsinhalten, sondern besteht überwiegend aus [z.B. Botengängen, Reinigungsarbeiten, Hilfstätigkeiten ohne Bezug zum Ausbildungsberuf].

Trotz meiner Bemühungen, dies im Betrieb anzusprechen, hat sich die Situation bisher nicht verbessert. Daher bitte ich Sie um Unterstützung und Beratung, was ich in dieser Situation weiter tun kann.

Für eine Rückmeldung danke ich Ihnen im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen
Signatur

Keine Sorge: Sie sind mit dem Problem nicht allein! Viele Auszubildende haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Holen Sie sich also Unterstützung, bevor die Situation zu sehr belastet!

5. Rechtliche Schritte einleiten

Bleiben alle diese Versuche zur gütlichen Einigung erfolglos bleibt als letzter Schritt immer noch, dass Sie rechtliche Hilfe in Anspruch nehmen – z.B. über die Gewerkschaft oder einen Fachanwalt für Arbeitsrecht. Grundsätzlich haben Sie als Azubi das Recht aus solchen „triftigen“ Gründen…

Als Auszubildende oder Auszubildender dürfen Sie nicht dauerhaft als billige Arbeitskraft missbraucht werden. Bei Schikane wie Mobbing oder sexueller Belästigung haben Arbeitgeber sogar eine Fürsorgepflicht und machen sich strafbar, wenn Sie Azubis und andere Mitarbeiter nicht davor schützen.

In besonders schweren Fällen haben Sie sogar das Recht zur fristlosen Kündigung durch Arbeitnehmer. Auch hierbei sollten Sie sich aber durch die genannten Schritte davor rechtlich absichern: Der Arbeitgeber muss zunächst immer nachweislich vom Mangel erfahren und die Chance bekommen, diesen zu beseitigen.


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