Kleider machen Leute: Zusammenfassung + Bedeutung

Kleider machen Leute. Die bekannte Novelle von Gottfried Keller prägt bis heute eine Redewendung, die wahrer nicht sein könnte. Zahlreiche Studien bestätigen den Zusammenhang zwischen Kleidung und der Wirkung auf andere Menschen. Die Garderobe kann kompetent, sympathisch oder durchsetzungsstark wirken – oder oder nicht. Hier finden Sie eine komplette Zusammenfassung von Kleider machen Leute mit den wichtigsten Handlungen und Personen. Zusätzlich erstaunliche Effekte, die Ihr Outfit haben kann…

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Kleider machen Leute: Zusammenfassung der Novelle

In der 1874 erschienenen Novelle „Kleider machen Leute“ erzählt Keller vom Schneidergesellen Wenzel Strapinski, der seine Mittellosigkeit mit guter Kleidung kaschiert. Aufgrund einer Verwechslung und wegen seiner eleganten Kleider wird er im Ort Goldach für einen polnischen Grafen gehalten. Zu schüchtern, um diesen Irrtum aufzuklären, spielt er die Rolle des Grafen eine Weile mit.

So lernt er Nettchen, die Tochter des Amtsrats, kennen. Wenzel und Nettchen verlieben sich ineinander. Und obwohl die Täuschung auffliegt, hält Nettchen zu Wenzel, der seine wahren Gefühle bezeugen kann. Nettchen entscheidet sich für Ihre Gefühle und die beiden heiraten. Zusammen ziehen sie nach Seldwyla, wo Wenzel sich zum erfolgreichen Geschäftsmann entwickelt.

Eckdaten des Werks

  • Titel: Kleider machen Leute
  • Autor: Gottfried Keller
  • Veröffentlichung: 1874
  • Literarische Gattung: Novelle
  • Epoche: Realismus
  • Protagonist: Wenzel Strapinski
  • Weitere Figuren: Nettchen, Melchior Böhni
  • Erzählform: Auktorialer Erzähler
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Die wichtigsten Abschnitte von Kleider machen Leute

Wenzel Strapinskis Ankunft in Goldach

Wenzel Strapinski ist ein armer Schneiderlehrling aus Seldwyla. Auf der Suche nach Arbeit macht er sich auf den Weg in die reiche Nachbarstadt Goldach. Von seiner Mutter und durch seinen Beruf hat er gelernt, wie wichtig die Kleidung ist – deshalb achtet er auch ohne viel Geld auf gute Bekleidung. Als es auf seiner Reise zu regnen beginnt, wird er von einem Kutscher in einer herrschaftlichen Kutsche mit nach Goldach genommen.

Hier beginnt die Verwechslung. Durch seine feine Kleidung und die beeindruckende Kutsche, in der er ankommt, halten die Bürger ihn für einen polnischen Grafen. Deshalb bekommt er das schönste Zimmer der Stadt und man serviert ihm im Wirtshaus „Zur Waage“ das beste Essen. Strapinski fühlt sich durch die Verwechslung unwohl und hat ein schlechtes Gewissen. Das leckere Essen, die Vorzüge und die Gastfreundschaft genießt er aber so sehr, dass er das Missverständnis nicht aufklärt.

Erstes Treffen mit Nettchen

Im Gasthaus trifft Wenzel Strapinski zunächst den Buchhalter Melchior Böhni. In einem Kartenspiel gewinnt Strapinski eine größere Summe, die er braucht, um seine offenen Rechnungen beim Wirt zu bezahlen. Er fasst den Entschluss, die Stadt schnell wieder zu verlassen, bevor die Verwechslung auffallen kann. Doch er trifft den Amtsrat und seine Tochter Nettchen – in die er sich auf der Stelle verliebt. Um in die vornehme Gesellschaft zu passen, spielt er weiterhin seine Rolle des polnischen Grafen.

Weil er keine Koffer Gepäck besitzt, glauben die Bürger, er sei bestohlen worden. Aus Gastfreundschaft schenken sie Wenzel Strapinski neue Kleider. Sein schlechtes Gewissen plagt ihn erneut und er will Goldach wieder verlassen. Um seine Schulden vorher zu begleichen, spielt er in der Lotterie und gewinnt. Als er seinen Weggang verkündet, ist Nettchen über die Nachricht so traurig, dass er sein Vorhaben verwirft und bleibt.

Verlobung von Wenzel und Nettchen

Wenzel möchte Nettchen heiraten und bittet ihren Vater, den Amtsrat, um ihre Hand. Dieser ist einverstanden, da der Wenzel bisher stets einen guten Eindruck gemacht hat und er ihn für einen polnischen Grafen hält, der für seine Tochter angemessen ist. Überglücklich lädt der Schneider zu einer großen Verlobungsfeier und kauft für die restliche Summe seines Lotteriegewinns teure Brautgeschenke.

Die Feier findet in einem Gasthaus statt, doch am selben Ort trifft auch der Maskenzug der Schneiderzunft aus Seldwyla ein. Wenzel wird erkannt und von seinem ehemaligen Lehrmeister als einfacher Schneiderlehrling entlarvt. Als die Bürger ihre Enttäuschung und ihr Entsetzen zeigen, flieht Wenzel alleine in die Winternacht und macht sich auf den Weg zurück in seine Heimat Seldwyla.

Aufklärung und Ende

Auf dem Weg nach Seldwyla hört Wenzel die Schneiderzunft und versteckt sich vor ihnen und schläft ein. Nettchen begibt sich auf die Suche nach ihrem Verlobten und findet ihn halb erfroren. Er erklärt, wie es zu der Verwechslung kommen konnte. Sie versteht und vergibt ihm. Da sie erkennt, dass seine Gefühle für sie trotz der Verwechslung echt sind, heiratet sie ihn ohne auf den unterschiedlichen Stand eines einfachen Schneiders und der Tochter eines Amtsrates zu achten.

Melchior Böhni ist eifersüchtig, da auch er Nettchen heiraten wollte, von ihr aber abgelehnt wurde. Es entsteht das Gerücht, Wenzel habe Nettchen entführt. Die beiden könnten dennoch heiraten und ziehen gemeinsam nach Seldwyla. Hier arbeitet Wenzel Strapinski erfolgreich als Schneider – wobei ihm auch das geerbte Vermögen von Nettchen hilft. Sie kehren nach Goldach zurück und gehören fortan zur gehobenen Gesellschaftsschicht.

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Interpretation von Kleider machen Leute

Das Faszinierende an „Kleider machen Leute“: Es hat nichts an Aktualität verloren. Die Interpretation der Novelle bezieht sich vor allem auf zwei Lehren, die auch fast 150 Jahre nach der Veröffentlichung weiterhin relevant sind:

Mehr Schein als Sein

Menschen lassen sich schnell von Äußerlichkeiten blenden. Kleider („Markenklamotten“), aber auch der Konsum prestigeträchtiger Objekte wie schnelle/teure Autos und Schmuck, oder der Verzehr teurer Speisen (Trüffel, Champagner, Kaviar), erwecken den Anschein von Reichtum. Dabei muss der erzeugte Eindruck gar nicht den Tatsachen entsprechen. Wer nur überzeugend genug auftritt, gelangt mühelos in gesellschaftliche Kreise und Schichten, die ihm anderenfalls versagt geblieben wären.

Inneres vor Äußeres

Gleichzeitig zeigt der positive Ausgang der Novelle, dass es eben doch auf den Charakter und Gefühle ankommt. Äußerlichkeiten mögen manche Menschen täuschen. Häufig gelingt das aber nur über einen gewissen Zeitraum. Echte Werte und Emotionen setzen sich am Ende durch und überwinden sogar Hürden wie einen Standesunterschied. Und die Wandlung Wenzels im Laufe der Geschichte zeigt, dass es auch möglich ist, mit ehrlichen Methoden zu Erfolg zu gelangen. Oder anders formuliert: Qualität setzt sich durch. Die schönen Kleider allein helfen nicht.

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Kommunikation über Kleidung

„Kleider machen Leute“ heißt, dass wir Kleidung nicht nur tragen, um uns zu wärmen oder schlichtweg angezogen zu sein. Wir kommunizieren darüber. Das gilt im Privatleben und im Job gleichermaßen. Es mag oberflächlich klingen, ändert aber nichts daran, dass die Kleidung eine Botschaft sendet. Deshalb ist es wichtig, sich die verschiedenen Funktionen von Kleidung zu vergegenwärtigen:

Kleidung als Statussymbol

Noch bevor es irgendwelche Marken gab, hoben sich Menschen über Rarität, Material und Farbe von der Masse ab. Alte Herrschergemälde zeigen mächtige Persönlichkeiten im Samtmantel, der mit dem Rot der teuren Purpurschnecke gefärbt wurde. Gefüttert war er mit feinen Hermelinfell. Diese Insignien der Macht und des Status sind seit dem Mittelalter sowohl bei adeligen als auch kirchlichen Würdenträgern belegt. Deshalb waren auch lange Zeit bestimmte (teure) Farben wie Rot nur Herrschern vorbehalten. Exklusivität, also Dinge, die aufgrund künstlicher Knappheit und/oder eines hohen Preises schwer zu beschaffen sind, ruft nach wie vor Bewunderung hervor.

Kleidung als Statement

Deutlich erlebbar ist das in der Jugendkultur. Jugendliche orientieren sich an ihren Peergroups. Was angesagte Leute tragen, das wollen sie auch tragen. Egal ob es sich dabei um Sportmarken wie Nike und Adidas, Nobelmarken wie Gucci oder das neuste iPhone von Apple handelt. Man orientiert sich an der Kleidung der Vorbilder und hebt sich so von anderen ab. Gleiches gilt, wenn Kleidung Teil einer Gegenkultur ist, wie beispielsweise bei Punkern oder Hippies. Beide Kleidungsstile stehen weniger für einen hohen Status, sondern für Zugehörigkeit und Solidarisierung.

Kleidung nach Anlass

Im Berufsleben werden die meisten gruppenspezifischen Kleidungsstile abgelegt. Wer in der Kreativbranche arbeitet oder als Freelancer von zuhause, mag davon weniger betroffen sein. Aber für Vorstellungsgespräche gilt häufig ein bestimmter Dresscode. Ebenso werden die meisten Leute auf festlichen Anlässen wie Hochzeit, Taufe oder Kommunion andere Kleider tragen als im Alltag.

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Tipps für Kleidung im Beruf

Wie Sie wahrgenommen werden, hängt von der Kleidung, aber auch von der Bewertung des Beobachters ab. Wer eine gewisse Menschenkenntnis hat, dem fällt auf, ob sich jemand in formaler Kleidung wohl fühlt (weil er sie gewohnt ist) oder sich eher ungelenk bewegt (weil sie neu und ungewohnt ist). Das allein muss aber nichts Schlimmes bedeuten.

Dresscodes im Job sind dennoch ein wichtiger Faktor. Dabei muss es nicht zwangsläufig die teure Luxusmarke sein. Wichtiger als die Marke ist die Pflege. Kommt jemand mit ungebügelter Jacke? Sind die Schuhe dreckig, die Bluse knittrig? Das fällt viel eher auf als ein Preisschild. Entscheidend ist ja letztlich, was beziehungsweise wer in der Kleidung steckt. Arbeitnehmer sollten für sich folgende Punkte klären:

Wirkungsbedürfnis

Bei den meisten Menschen steht hinter der Kleiderwahl ein Wirkungsbedürfnis. Sie wollen Ihren Gegenüber beeindrucken oder auf eine bestimmte Art und Weise wahrgenommen werden. Das ist auch im Privaten so, wenn etwa die abgewetzte Lederjacke als „cooles Accessoire“ gilt. Je nachdem, wie viel Gestaltungsspielraum Ihr Job zulässt, können Sie Ihren individuellen Geschmack nicht über die Kleidung, sondern höchstens durch Frisur, Bart, Schminke und Schmuck ausdrücken. Aber Vorsicht: Oftmals ist weniger mehr.

Arbeitsplatz

Ein wichtiges Kriterium ist die Branche, in der Sie arbeiten. Wer als Versicherungsmakler oder Herrenausstatter im Berufsalltag regelmäßigen Kundenkontakt hat, von dem wird entsprechende Kleidung erwartet. Selbst wenn der Kunde nicht ebenso fein gekleidet ist. Andersherum gilt: Kleidung kann auch Distanz schaffen. In anderen Jobs – etwa sozialen Bereichen – kann eine Nähe zum Klienten durch ähnliche Kleidung aufgebaut werden.

Anlass

Wer zum Geschäftsessen eingeladen ist oder mit dem Vorgesetzten Außentermine wahrnimmt, mag unsicher sein, welche Kleidung angebracht ist. Hier besteht die Gefahr, dass Sie entweder over- oder underdressed im Vergleich zu den Gesprächspartnern sind. In solchen Fällen sollten Sie vorab klären, welcher Dresscode erwartet wird.

Ambitionen

Unterstreicht Ihre Kleidung Ihre berufliche Position? Wer beruflich vorankommen möchte, sollte sich anschauen, wie die Vorgesetzten auf dem nächsten Hierarchielevel gekleidet sind. Auch wenn Kleider Leute machen: Bei der Kleiderwahl geht es nicht nur um Ihr eigenes Wirkungsbedürfnis. Ist der Chef eher leger gekleidet, kann es vorteilhafter sein, nicht im sündhaft teuren Anzug aufzutreten.

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Kleider machen Leute: Effekte des Outfits

Die Redewendung „Kleider machen Leute“ ist inzwischen vielfach wissenschaftlich bestätigt. Verschiedene Studien zeigen, wie Kleidung unser Denken und Fühlen beeinflusst. Das sind einige der spannendsten Effekte:

Kleidung prägt Arbeitsverhalten

Hochstatus-Klamotten wie Anzug oder Kostüm verbessern die Durchsetzungsfähigkeit und die Leistung der Träger. Das stellte der Verhaltensforscher Michael W. Kraus von der Yale School of Management fest. Besonders auffällig ist dies in Wettbewerbssituationen, wie etwa einer Verhandlung.

Wer in den Studien klassische Business-Kleidung (etwa Anzug und Krawatte) trug, erzielte in den Verhandlungen deutlich bessere Ergebnisse als andere Gruppen in gemütlichen Sweatshirts.

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Die Lehre daraus: Wer im Job hartem Konkurrenzdruck ausgesetzt ist, sollte sich formal kleiden. Sie signalisieren damit: „Ich bin ein Profi und weiß genau, was ich tue.“

Formale Kleidung verändert unser Denken

Laut einer Studie der California State Universität in Northridge sorgt formale Kleidung dafür, dass sich die Träger unmittelbar mächtiger und bedeutsamer fühlen – allerdings auch weniger verbindlich. In den Experimenten mussten Probanden an unterschiedlichen Tagen in unterschiedlichen Outfits Tests absolvieren. Wer einen formalen Anzug (oder Hosenanzug, Kostüm) trug, fühlte sich mächtiger, aber mit anderen weniger verbunden und favorisierten abstrakte Analysen über konkrete Fakten.

Klingt positiv nach starkem Manager, kann aber Nachteile haben. Anzugträger sind sich demnach ihrer Macht stets bewusst, können Bodenhaftung und den Blick für Details verlieren.

Die Lehre daraus: Wer Führungskraft ist oder werden will, sollte sich schon seiner Rolle entsprechend kleiden. Der Gefahr, völlig abzuheben, können Sie aber vorbeugen. Führen Sie einen Casual Friday ein, bei dem alle sich salopper als sonst anziehen.

Hochwerte Kleidung wirkt kompetent

Kleider machen Leute, indem ihnen sozialer Status und bestimmte Fähigkeiten zugeschrieben werden. Studien zeigen: Gut gekleidete Schüler und Lehrer wirken intelligenter. Eine Studie der Universität Princeton zeigte: Wird die Kleidung von Menschen als teuer und hochwertig wahrgenommen, wirken die Träger kompetenter als bei einfacherer, günstigerer Kleidung. Zu aufreizende Kleidung bei Frauen wirkte aber immer weniger kompetent und war ein Karrierekiller.

Die Lehre daraus: Kleider unterstützen leider Vorurteile und stellen Personen, die ohnehin einen niedrigeren Status (aufgrund von Herkunft, Bildung, Einkommen) haben, vor zusätzliche Schwierigkeiten.


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