Charakter: Das zeichnet Ihre Persönlichkeit aus

Was macht den Charakter eines Menschen aus? Einig sind sich Wissenschaftler heute darin, dass der Charakter unser Denken und Verhalten sowie viele Entscheidungen massiv beeinflusst. Der Charakter prägt uns und macht uns zu dem Menschen, der wir sind – im Positiven wie im Negativen. Wir haben uns viele Charakterfragen genauer angesehen und erklären, was unsere Persönlichkeit ausmacht, ob sie sich verändern kann und wie der Charakter unser Leben beeinflusst…

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Eigenschaften: Was ist Charakter?

Der Begriff Charakter beschreibt wesentliche Eigenschaften und Merkmale einer Persönlichkeit. Diese Persönlichkeitseigenschaft sind individuell ausgeprägt und bei jedem Menschen anders. Das macht uns einzigartig. Nicht immer sind der Charakter eines Menschen und jeweiligen Charaktertypen sofort erkennbar. Dazu braucht es vor allem gute Menschenkenntnis.

Der Begriff selbst stammt ursprünglich aus dem Griechischen und heißt übersetzt soviel wie „Prägung“ oder „Kennzeichen“. Überdies gibt es in der Psychologie die Vorstellung, der Charakter sei vor allem ein von der Philosophie und Religion geprägtes Verständnis, denn dazu sei er zu abstrakt und schwer greifbar.

4 Bedeutungen des Begriffs Charakter

Es gibt mindestens vier Bedeutungen des Begriffs Charakter. Mal bezeichnet er…

  1. die Gesamtheit aller ererbten und erworbenen Eigenschaften eines Menschen, die durch seine Einstellung und sein Handeln zutage treten.
  2. einen Menschen im Hinblick auf einzelne, deutlich hervortretenden Wesensmerkmale.
  3. in Kunst und Literatur eine (fiktive) Figur oder Persönlichkeit (aus Roman, Film, Musik).
  4. eine einer Personengruppe oder Sache zugeschriebene Besonderheit (Charakter einer Landschaft).

Ist von einer Figur aus einem Roman (oder Film) die Rede, so ist das der einzige Fall, wann der Plural von Charakter möglich ist: Sie können verschiedene „Charaktere“ in einer Handlung bewundern. Eine einzelne Person besitzt aber nur EINEN Charakter. Anderenfalls ist von Charakterzügen, Charaktereigenschaften oder Charakterstärke(n) die Rede.

Charakter Synonyme und Wertung

Synonym zu Charakter wird auch von Wesensart, Naturell, Temperament oder Veranlagung gesprochen. Diese Begriffe sind noch neutral. Erst mit entsprechenden Adjektiven – etwa „aufbrausendes Temperament“ oder „ruhige Wesensart“ – bekommen wir eine Vorstellung davon, was einen Menschen auszeichnet.

Soll mit Charakter konkreter eine bestimmte Gesinnung oder Wertung zum Ausdruck gebracht werden, die das Handeln und Denken eines Menschen bestimmt, kann er mit Wörtern wie Haltung, Rückgrat oder Standhaftigkeit zurückgegriffen werden.

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Der Charakter in der Psychologie

„Ich mag deinen Charakter.“ Ein eindeutiges Kompliment, über das sich wohl jeder freut, wenn es ehrlich gemeint ist. Auf der anderen Seite ist der Charakter häufig das Ziel von Kritik oder Grund für Abneigung. Wir bescheinigen jemandem beispielsweise einen schlechten Charakter oder auch charakterloses Verhalten. Eindeutige Aussagen, die jeder versteht. Unklarheit herrscht hingegen bei der Frage, was der Charakter eines Menschen eigentlich genau ist.

Der Charakter ruht auf der Persönlichkeit, nicht auf den Talenten.“ (Johann Wolfgang von Goethe)

In der Psychologie wird mittlerweile der Begriff „Persönlichkeit“ bevorzugt, der sich auch im allgemeinen Sprachgebrauch eingebürgert hat. Nach psychologischem Verständnis bezeichnet der Charakter die Summe aller Eigenschaften eines Menschen. Diese sind teils von Geburt an vorhanden, teilweise anerzogen oder wurden mit der Zeit entwickelt und weiter ausgeprägt. Der Charakter ist also das, was einen Menschen zu der Person macht, die er ist.

Die Big Five – oder OCEAN-Modell

Zur Veranschaulichung der Eigenschaften, die einen Charakter ausmachen, haben Wissenschaftler verschiedene Modelle entwickelt. Ein besonders populäres Modell sind die Big Five (auch „OCEAN-Modell“ genannt).

Charakter Big Five Persoenlichkeitsmerkmale

Mithilfe der Ausprägungen dieser großen Fünf lässt sich der Charakter der meisten Menschen genauer beschreiben. Um ein Gesamtbild zu erhalten, wird der Charakter für jede Dimension der Big Five bewertet:

  1. Extraversion zeigt sich beispielsweise durch selbstsicheres Auftreten und geselliges Verhalten.
  2. Gewissenhaftigkeit geht mit der Übernahme von Verantwortung und großer Organisation einher.
  3. Menschen mit seiner starken Ausprägung des Neurotizismus-Wertes gelten als anfälliger und weniger mental stabil.
  4. Ein hohes Maß an Offenheit wird mit Neugier und Kreativität verbunden.
  5. Verträgliche Menschen sind angenehm im Umgang und kompromissbereit.

Die fünf Dimensionen können bei jedem Menschen stark oder gering ausgeprägt sein und sich dann positiv wie negativ auswirken: Übergroße Extraversion kann langfristig zu genervten Kollegen führen, da solche Personen oft einen massiven Geltungsdrang haben. Ist die Extraversion hingegen extrem gering, handelt es sich meist um eine introvertierte Persönlichkeit. Dieser Mensch kann aber noch immer einen herzensguten Charakter haben.

Lassen sich verschiedene Charaktere so aufspüren?

Neben den Big Five gibt es auch andere Modelle, um den Charakter eines Menschen genauer zu beschreiben. Der Myers Briggs Test ermöglicht ebenfalls, die Eigenschaften eines Menschen in unterschiedlichen Kategorien zu erfassen (siehe auch 16 Persönlichkeitstypen).

Das mag auf den ersten Blick nach Schubladendenken aussehen – als ob sich jeder Mensch in eine Schablone pressen ließe. Dazu muss man allerdings wissen, dass beispielsweise hinter den Big Five mehr als 18.000 Adjektive stecken, mit denen Psychologen versucht haben, Charaktereigenschaften zu beschreiben. Diese Sammlung konnte aufgrund zahlreicher Synonyme schließlich eingedampft werden, sodass sich die fünf wesentlichen Dimensionen herauskristallisierten.

Die Liste wurde im Laufe der Jahrzehnte von vielen Forschern fortgeführt und bestätigt. Jede Dimension auf einer Skala von eins bis fünf zwischen schwach und stark kann unterschiedlich ausgeprägt sein. Dadurch sind 3.125 verschiedene Kombinationen möglich. Alle diese Kombinationen ergeben das Gesamtbild eines Menschen, dass obendrein nicht unabänderlich in Zement gegossen ist.

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Die Entwicklung eines Charakters

In einigen Fällen wird Charakter gesondert von der Persönlichkeit betrachtet. Anstatt die Begriffe gleichzusetzen, wird Charakter hier eher als ein sozialer Einfluss auf die Persönlichkeit beschrieben. Dieser wird auf den Menschen durch die Familie, Freunde, das Umfeld oder die Gesellschaft, in der er lebt, ausgeübt.

Die Umgebung, in der der Mensch sich den größten Teil des Tages aufhält, bestimmt seinen Charakter.“ (Antiphon)

Heute weiß man, dass ein Mensch das Resultat von Anlage und Umgebung ist. Allein die Hälfte aller Wesensmerkmale sind von den eigenen Eltern vererbt. Auch haben frühe Einflüsse in der Kindheit besonders prägenden Charakter. Bis zu welchem Grad allerdings der Einfluss vorhanden sein muss, damit bestimmte Charakterzüge zum Vorschein treten, ist unklar. Selbst unter ähnlichen Bedingungen verhalten Menschen sich mitunter völlig unterschiedlich.

Solche Beobachtungen führen daher immer wieder zu der Frage, welche Rolle die Genetik womöglich spielt und wie stark die Sozialisation eines Menschen prägt.

Diese Hormone beeinflussen den Charakter

Aus der Hirnforschung wiederum ist bekannt, dass verschiedene Hormone und Botenstoffe sich auf das Wesen einer Person auswirken:

  • Kortisol ➠ gilt als Stresshormon
  • Dopamin ➠ gilt als Glückshormon
  • Oxytocin ➠ gilt als Kuschelhormon

Hat Person A beispielsweise Angst in engen Aufzügen, dann führt das vermutlich dazu, dass sie in so einer Situation vermehrt Kortisol ausschüttet, eine andere hingegen gar nicht. Person A wird also Stress empfinden und sich womöglich ängstlich zurückziehen, auf andere angespannt wirken.

Spannend auch die Überlegung, inwieweit sich bestimmte Merkmale verändern und ob wir Einfluss darauf nehmen können? Ohne dass die ersten beiden Fragen abschließend geklärt werden können, muss festgestellt werden, dass eine Einflussnahme möglich ist. Zumindest, wenn Charakter nicht allein das innere Gefühl eines Menschen, sondern sein äußeres Handeln beschreibt. Wenn jemand den Wunsch verspürt, durch Steuerhinterziehung zu betrügen, ist das kein wünschenswerter Charakterzug. Solange er diesem Wunsch jedoch nicht nachgeht und sich ordnungsgemäß verhält, kann ihm auf dieser Grundlage kein schlechter Charakter bescheinigt werden.

Die Basis des Charakters ist die Willenskraft.“ (Oscar Wilde)

Ebenso kann verändertes Verhalten – mehr Rücksichtnahme, Anbieten von Unterstützung – dazu führen, dass eine Person anders eingeschätzt, ihr Verhalten und ihr Charakter neu bewertet werden.

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Beispiele: Wann zeigt sich der Charakter eines Menschen?

Die unterschiedlichen Charaktere haben bereits viele Menschen fasziniert. Oft sind es erst extreme Situationen – Trauerfälle, Insolvenz oder Arbeitslosigkeit – in denen sich der wahre Charakter einer Person zeigt.

Ohne Leiden bildet sich kein Charakter.“ (Ernst von Feuchtersleben)

Interessant an obigen Zitat ist, dass Leiden als Erfahrung hervorgehoben wird. Das deckt sich mit der Empathieforschung. Die geht davon aus, dass wir Empathie besonders mit denjenigen empfinden, die uns ähnlich sind. Wer also dieselben (negativen) Erfahrungen gemacht hat, ist anderen gegenüber mitfühlend. Läuft alles glatt im Leben, bildet diesem Verständnis zufolge der eigene Charakter offenbar gering aus.

Charakter offenbart sich an den Grenzen

Die Mehrheit der Menschen dürften bereits die Erfahrung gemacht haben, dass sich der wahre Charakter von Freunden dann zeigt, wenn es schwierig wird. Hier offenbaren dann Charakterschwächen. Und hier zeigt sich auch, woran sich der Charakter eines Menschen – eines Freundes – erkennen lässt: Gerät jemand in eine Notlage, erwartet er zurecht Unterstützung von Freunden – die Hilfe beim Umzug oder ein offenes Ohr bei Liebeskummer. Spontanes Einspringen, wenn der Babysitter absagt und der Freund im Stau steckt. Charakter lässt sich konkret an den Taten ablesen: Ist jemand für Sie da?

Das gilt übrigens auch für beide Seiten: Hat Ihnen jemand aus der Klemme geholfen sollten Sie sich dafür erkenntlich zeigen. Je nach Art der Unterstützung und Dauer sind Worte allein dafür zu wenig. Mit einem kleinen Geschenk oder anderweitigen Gefallen im Gegenzug können Sie sich revanchieren. Eine geradezu politische Dimension hat das folgende Zitat des später ermordeten amerikanischen Präsidenten:

Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht.“ (Abraham Lincoln)

Natürlich lässt es sich auch mühelos auf die berufliche Situation übertragen: Ein Vorgesetzter, der seine Mitarbeiter ständig schikaniert, einfach weil er es kann, ist ebenso Beleg für einen schlechten Charakter.

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Wie das Temperament den Charakter beeinflusst

Temperamentvolle Menschen gelten als besonders energiegeladen und aufbrausend, während weniger Temperament sich durch eine ruhige Ausstrahlung und größere Besonnenheit zeigt. Auch auf den Charakter hat das Temperament direkte Auswirkungen. Es wird als Grundlage des Charakters beschrieben. Als Temperament werden dabei häufig die biologischen Einflüsse eines Menschen verstanden, also seine Wesenszüge, die individuell angeboren und kaum änderbar sind.

Unser Temperament entscheidet darüber, wie wir verschiedene Reize wahrnehmen und auf diese reagieren. Damit ist es eine ganz zentrale Eigenschaft des Charakters und wirkt sich direkt auf das Verhalten aus. Um Ihren Charakter besser zu verstehen, sollten Sie Ihr Temperament besser einschätzen können. Seit der Antike werden diese vier Typen unterschieden:

  1. Der Sanguiniker
  2. Der Choleriker
  3. Der Phlegmatiker
  4. Der Melancholiker

Diese Persönlichkeitstypen existieren selten in Reinform und die zugrundeliegende Temperamentenlehre würde heutzutage keinen wissenschaftlichen Erkenntnissen mehr standhalten. Die Beobachtungen über die speziellen Eigenheiten dieser vier Typen lassen sich allerdings nach wie vor feststellen. Einen Test, der Ihnen bei der Selbsteinschätzung helfen kann, finden Sie in unserem Artikel zum Temperament.

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Charakter Eigenschaften beeinflussen Job und Leben

Da Ihr Charakter darüber entscheidet, was für ein Mensch Sie sind, spüren Sie seine Einflüsse Tag für Tag. Was Sie mögen, worin Sie gut sind, was Sie absolut nicht leiden können, wie Sie Entscheidungen treffen und welche Prioritäten Sie dabei setzen – der Charakter hat seine Finger einfach überall im Spiel. Ob im Privaten oder im Beruf: Zwischenmenschliche Beziehungen sind eine Frage des Charakters. Ihre persönlichen Eigenschaften entscheiden darüber…

  • mit wem Sie sich gut verstehen.
  • mit welchen anderen Charakteren Sie regelmäßig in Streit geraten.
  • wer für Sie als Partner fürs Leben interessant ist.

Nicht zuletzt hängt davon ab, welchen Job Sie überhaupt ausüben. Als besonders introvertierter Mensch entscheiden Sie sich wahrscheinlich nicht für eine Tätigkeit, bei der Sie ständig im Mittelpunkt stehen. So war schon der englische Philosoph und Jurist Sir Francis Bacon der Meinung: „Glücklich sind diejenigen Menschen, deren Berufe mit ihrem Charakter harmonieren.“ Charaktereigenschaften wirken sich auch ganz direkt auf die Zufriedenheit aus. Wissenschaftler konnten zeigen, dass Menschen mit ausgeprägter Extrovertiertheit zufriedener sind.

Ebenso sind Handeln aus Überzeugung und Durchsetzungsvermögen Charakterzüge, die glücklicher machen.

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Der Charakter kann sich verändern

Der Charakter entwickelt sich in der Kindheit, wird durch Bezugspersonen und Erfahrungen geprägt und in dieser Zeit festigen sich viele Eigenschaften und Wertvorstellungen, die ins spätere Leben übertragen werden. Damit ist die Entwicklung des Charakters aber noch lange nicht abgeschlossen.

Über das gesamte Leben hinweg kann sich der Charakter verändern und tut dies auch regelmäßig. Einschneidende Erlebnisse können eine große Rolle spielen, die prägend für einen Menschen sind. Wie ein Mensch beispielsweise mit traumatischen Erfahrungen umgeht, hängt im großen Maß von seiner Resilienz ab.

Eins der wohl bemerkenswertesten Beispiele dafür ist der Psychiater Viktor Frankl, der trotz seiner Erfahrungen im Konzentrationslager ein grundsätzlich lebensbejahender Mensch blieb. Andere Menschen verfügen über geringere Resilienz und verfallen ob negativer Erfahrungen in eine Opferhaltung.

Aber auch der Beruf macht sich in der Entwicklung des Charakters bemerkbar. So konnten Studien zeigen, dass der Charakter eines Menschen sich mit der Zeit an die Anforderungen seines Jobs anpasst. Wer etwa in eine Position mit größerer Verantwortung aufsteigt, entwickelt eine größere Gewissenhaftigkeit und entwickelt auch Charaktereigenschaften, die für die Führungsposition erforderlich sind, wie etwa die Fähigkeit zuzuhören oder eine größere Empathie.


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