Was bedeutet: Gleich und gleich gesellt sich gern?
Die Redewendung „Gleich und gleich gesellt sich gern“ bedeutet, dass Menschen, die sich ähnlich sind, gerne und viel Zeit miteinander verbringen (Englisch: „Birds of a feather will gather together“).
Dabei geht es weniger um äußerliche Ähnlichkeiten, sondern vor allem um innere Werte, gleiche Ansichten, Überzeugungen, Interessen und Hobbys. Teils auch denselben kulturellen Hintergrund und die gleiche Religion.
Wie offen und verträglich bin ich?
Bei Studien der Psychologin Beatrice Rammstedt und des Soziologen Jürgen Schupp wurden mehr als 6.000 Paare untersucht. Ergebnis: Vor allem zentrale Eigenschaften der Persönlichkeit (siehe: Big Five) üben enorme Anziehungskraft auf „gleiche“ Partner aus – Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit und Offenheit.
Sind diese drei Persönlichkeitsmerkmale des sog. Fünf-Faktoren-Modells bei unserem Gegenüber gleich stark ausgeprägt, passen wir gut zusammen. Bei den anderen beiden Persönlichkeitsmerkmalen – Extraversion und Neurotizismus – ist es genau umgekehrt: Prägen Sie im gleichen Maß den Charakter, wirkt das eher abstoßend. Hier gesellt sich gleich und gleich gar nicht gern.
Was bedeutet: Gegensätze ziehen sich an?
Das Sprichwort „Gegensätze ziehen sich an“ bedeutet, dass sich Menschen mit gegensätzlichem Charakter anziehend und sympathisch finden, weil sie sich gegenseitig ergänzen.
Der Gedanke hinter dieser Redewendung ist: Gegensätze üben auf uns enormen Reiz aus. Das Fremde fasziniert und wir erkennen darin das, was uns selbst fehlt. Bei der Partnerwahl suchen wir also die komplementäre Ergänzung.
Evolutionsbiologisch klug
Was sich nach enormen Konfliktpotenzial in der Beziehung und Partnerschaft anhört, lässt sich evolutionsbiologisch begründen: Unbewusst (über Pheromone) wählen wir einen Partner, der ein anderes Immunsystem hat als wir. So wird sichergestellt, dass der Nachwuchs noch resistenter gegenüber Viren und Krankheiten ist.
Auch sonst ist es gut und gesund, dass sich Gegensätze anziehen und wir das Erbgut möglichst vermischen. Bei inzestuösen Verbindungen ist die Gefahr von Missbildungen und Erbkrankheiten deutlich größer, weshalb sie in der Regel verboten sind.
Auch der deutsche Lyriker Friedrich Hölderlin fand, dass Gleichheit gar nicht wünschenswert sei: „Es ist erfreulich, wenn Gleiches sich zu Gleichem gesellt, aber es ist göttlich, wenn ein großer Mensch die kleineren zu sich aufzieht.“
Was stimmt? Gleich und gleich gesellt sich gern – oder Gegensätze ziehen sich an?
Was zieht sich an: Gleiches oder Gegensätze? Ein eindeutiges „Richtig“ oder „Falsch“ gibt es bei der Frage nicht – wohl aber Argumente für das Für und Wider.
Die englischen Forscher Harry Farmer, Ryan McKay und Manos Tsakiris kamen zum Beispiel in ihrer Studie zu dem Ergebnis, dass Ähnlichkeit vor allem dann wichtig ist, wenn es um Vertrauen geht: Je ähnlicher wir unser Gegenüber einschätzt, desto größer das Vertrauen und umgekehrt. Die Forscher vermuten, dass dies als Zeichen der Verwandtschaft gewertet wird und so das eigene Überleben in sozialen Gruppen sicherte.
Ähnlichkeit wird überbewertet
Andere Studien wie die der Psychologin Adrienne Kaufman mit 10.000 befragten Paaren kommen zu dem Ergebnis: Ähnlichkeit wird überbewertet. Zwei Drittel der untersuchten Paare hatten deutlich unterschiedliche Persönlichkeiten.
Der Einfluss der Charaktereigenschaften scheint nicht allzu groß zu sein. Studien um die Psychologin Portia Dyrenforth kamen zu dem Ergebnis: Wer viele Krisen zu bewältigen hat, dessen Ehe ist viel gefährdeter. Nicht gleich und gleich oder Gegensätze sind ausschlaggebend, sondern wie wir damit umgehen.
Jeder Mensch hat individuelle Stärken und Schwächen, die wir auch nie komplett ablegen können. Im Gegenteil: Vieles verstärkt sich noch im Alter. Ob eine Beziehung hält und gelingt, ist daher eher eine Frage, ob und wie wir mit diesen Eigenarten und Wesenszügen klarkommen (wollen) und uns weiterhin respektvoll auf Augenhöhe begegnen.
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