Ambiguitätstoleranz: Widersprüche aushalten lernen

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Ambiguitätstoleranz ist die Fähigkeit, mit widersprüchlichen Meinungen und Unsicherheiten im Leben angstfrei umzugehen und diese auszuhalten. Diese Toleranz fällt vielen schwer, lässt sich aber lernen. Ambiguitätstoleranz einfach erklärt: Bedeutung, Beispiele und Übungen wie Sie die soziale Kompetenz trainieren…

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Was ist Ambiguitätstoleranz – einfach erklärt

Ambiguitätstoleranz (auch: Unsicherheits- oder Ungewissheitstoleranz) ist die Fähigkeit, mehrdeutige Situationen und widersprüchliche Verhaltensweisen zu ertragen. Es ist eine Form der persönlichen und sozialen Kompetenz: Statt etwas abzulehnen, akzeptieren Sie Widersprüche und halten diese aus.

Warum ist Ambiguitätstoleranz wichtig?

Schon 1949 prägte die Psychologin Else Frenkel-Brunswik den Begriff der Ambiguität: Ausgeprägte Ambiguitätstoleranz erleichtert das Zusammenleben sowie den Umgang mit Job- oder Lebenskrisen.

Gerade in pluralistischen Gesellschaften müssen wir unterschiedliche soziale, religiöse oder sexuelle Interessen tolerieren und Kompromisse finden: Vielfalt ist Teil der offenen Gesellschaft. Hinzu kommt der permanente Wandel in Wirtschaft und Politik. Viele Menschen reagieren darauf mit Angst oder Aggressionen, was die Gesellschaft spalten kann.

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Ambiguitätstoleranz Beispiele

Im Alltag gibt es zahlreiche Situationen, die unsere Ambiguität herausfordern. Die folgenden Ambiguitätstoleranz Beispiele dienen gleichzeitig der Selbsteinschätzung: Wie gut können Sie damit umgehen?

  • Feedbackgespräch
    Sie haben im Job Ihr regelmäßiges Mitarbeitergespräch mit dem Chef. Sie selbst sind mit Ihren Leistungen zufrieden – wie aber beurteilt das der Chef?
  • Arzttermin
    Es wird Zeit für einen Kontrolltermin beim Zahnarzt. Neben der obligaten Zahnreinigung und Zahnsteinentfernung könnten auch Karies auftauchen. Sind Sie entspannt oder nervös?
  • Zuwanderung
    Ihnen begegnen Menschen aus anderen Kulturen: Geflüchtete, Asylbewerber, Zuwanderer aus Europa. Diversität ist eigentlich gut. Aber macht Ihnen das vielleicht auch Angst?
  • Ernährung
    Sie sind im Restaurant und wurden zum Essen eingeladen. Auf dem Tisch steht ein Gericht, das Sie noch nie gesehen haben. Probieren Sie es oder lassen Sie die Finger davon?

Wie weit ein Mangel an Ambiguitätstoleranz führt, haben Wissenschaftler untersucht: Menschen sind bereit, größere Schmerzen zu ertragen, nur um der Ungewissheit zu entgehen. Probanden entschieden sich in Tests mehrheitlich für einen starken, schmerzhaften Stromschlag sofort – statt einen leichten Schock zu einem unbekannten Zeitpunkt.

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Ursachen: Wie entsteht Ambiguitätstoleranz?

Ambiguitätstoleranz ist keine angeborene Fähigkeit. Der Umgang mit Mehrdeutigkeit und Unsicherheit muss erst erlernt werden. Besonders wichtig ist die Prägung und Erfahrung in der Kindheit: Wer früh lernt, dass Ungewissheit ein Teil des Lebens und nicht zwangsläufig negativ ist, entwickelt eine bessere Einstellung dazu.

Für Eltern heißt das: Geben Sie Ihren Kindern Sicherheit, vermitteln Sie aber zugleich die Kompetenz, keine Angst vor ungewissen Situationen zu haben.

Test: Sind Sie ambiguitätstolerant?

Der folgende Ambiguitätstoleranz Test hilft Ihnen, sich besser einzuschätzen. Er basiert auf ehrlicher Selbstreflexion und erhebt keinen wissenschaftlichen Anspruch. Kreuzen Sie per Klick an, welche Aussagen auf Sie zutreffen.

  • Ich habe Angst vor Veränderungen.
  • Bei Ungewissheit fühle ich mich handlungsunfähig.
  • Ich versuche unklare Situationen zu umgehen.
  • Mir fällt es schwer, Ungewissheit über einen längeren Zeitraum auszuhalten.
  • Ich kategorisiere Themen in gut und schlecht.
  • Ich brauche Klarheit und eindeutige Aussagen.
  • Ich bin pessimistisch und gehe vom Schlimmsten aus.
  • Ich verlange Verbindlichkeit von meinem Umfeld.

Wie viele Haken hat Ihr Test? Einzelne Zustimmungen haben keine eindeutige Aussagekraft. Sechs oder mehr Haken sprechen für mangelnde Ambiguitätstoleranz, an der Sie arbeiten sollten.

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Ambiguitätstoleranz trainieren: Tipps + Übungen

Sie können Ihre Ambiguitätstoleranz trainieren und lernen. Die Kompetenz ist Folge eines Prozesses, der Denkmuster, Gewohnheiten und Verhaltensweisen über einen längeren Zeitraum verändert. Die folgenden Tipps helfen dabei:

  1. Akzeptieren Sie Ungewissheit

    Der erste Schritt zu mehr Ambiguitätstoleranz ist, Ungewissheit im Leben zu akzeptieren – privat und beruflich. Das Leben wäre sonst ja auch langweilig, wenn alles schon feststehen würde!

  2. Machen Sie Übungen

    Bauen Sie Übungen in den Alltag ein, um Ambiguität zu lernen: Bringen Sie sich zum Beispiel bewusst in Situationen, deren Ausgang Sie nicht kennen und versuchen Sie, darauf besonnen zu reagieren.

  3. Verlassen Sie die Komfortzone

    Wagen Sie mehr Schritte aus der Komfortzone und diskutieren Sie mit Menschen, die andere Meinungen haben oder probieren Sie aus, was Sie noch nicht kennen.

  4. Sehen Sie das Positive

    Der Umgang mit Ungewissheit wird Ihnen zeigen: Das Ergebnis ist oft positiv. Voreilige Gefühle wie Angst oder Ohnmacht sind unnötig. Je häufiger Sie diese Erfahrung machen, desto ausgeprägter wird Ihre Ambiguitätstoleranz.


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