Wut zu unterdrücken, schadet der Gesundheit
Der Arbeitsalltag steckt voller Situationen, die wütend machen: Schon morgens pendeln Sie im überfüllten Regionalexpress, der auch noch Verspätung hat, zur Arbeit.
Dort angekommen, zapfen Sie sich einen dünnen Kaffee aus dem Automaten, um ihn kurz darauf über das weiße Hemd zu kleckern. Als wäre das nicht schon genug, erleben Sie anschließend den ersten cholerischen Anfall des Chefs und zu allem Überfluss streikt auch noch der PC. Na, toll…!
Einige Menschen schlucken ihren Ärger jetzt immer wieder herunter und unterdrücken die eigene Wut. Ein Fehler, denn Wut ist eine wichtige Emotion, die wir uns eingestehen sollten.
Sie zeigt uns, dass eine Grenze überschritten wurde und erinnert an eigene Bedürfnisse. Wer seine Wut hingegen nur noch unten drückt und ausblendet, schadet langfristig der eigenen Gesundheit. Es drohen Magengeschwüre oder sogar Depressionen.
Zu viel Ärger und anhaltende Wut ist hingegen ebenso schädlichen. Zusammen mit dem Groll werden Hormone wie Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet, und die steigern Blutfett- wie Zuckerwerte. Wer also chronisch Rot sieht, lebt mit einem deutlich erhöhten Risiko eines Tages einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden.
Rage löst ohnehin keine Probleme. Schon vor Jahren gab es dazu eine, nun ja, amüsante Studie des Madigan Army Medical Center: Die Forscher hatten dabei Patienten untersucht, die einen Wutanfall hatten, weil ein Getränkeautomat nicht so wollte wie sie – und einige wurden von eben diesem Automaten erschlagen, weil er während des Wutanfalls auf die wütende Person kippte.
Doch auch das andere Extrem ist nicht empfehlenswert. Seiner Wut freien Lauf zu lassen und zu randalieren, als gäbe es keinen Morgen, kann schwerwiegende Folgen haben.
Seine Contenance zu verlieren, noch dazu auf der Arbeit, ist heikel. Kunden schätzen das gar nicht, reagieren auch schon mal verstört oder mit Rückzug – Chefs entsprechend.
Überhaupt ist im Job mit Wutausbrüchen nicht zu spaßen. Jähzornige Mitarbeiter leben gefährlich: Wer wiederholt herumschreit, Türen schlägt oder gar Büroutensilien beschädigt, kann dafür abgemahnt oder gar gekündigt werden.
Entscheidend ist deshalb der richtige Umgang mit Wut, durch den Sie lernen, Ihre Wut zu kontrollieren und in Ruhe zu verarbeiten.
Unterschiede von Wut, Zorn und Ärger
Man spricht davon, vor Wut zu kochen oder seinem Ärger Luft zu machen. Was die meisten Menschen synonym verwenden, unterscheidet sich in den Augen von Psychologen aber enorm. Hier eine Definition der Synonyme, die keine sind:
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Ärger
Ärger weist von dem Trio noch den geringsten Erregungszustand auf. Er geht genauso schnell vorbei, wie er kommt. Und meist geht es dabei nur um Lappalien.
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Wut
Wut dagegen ist wesentlich heftiger: Wer wütet, zerstört meist blindlings. Und wer häufig in Wut gerät, gilt schnell als impulsiver Choleriker ohne jede Selbstbeherrschung.
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Zorn
Davon wiederum spreche man, „wenn die Angelegenheit, die uns ärgert, nicht primär auf unser Ich bezogen ist, sondern auf etwas Übergreifendes“, sagt zum Beispiel Verena Kast, Professorin für Psychologie an der Universität Zürich. Zorn sei distanzierter als Wut.
Wut kontrollieren: Tipps und Maßnahmen
„Jetzt reicht’s! Irgendwann ist Schluss! Schnauze voll! Ich kann so nicht arbeiten!!!“ – solche Phasen hat wohl jeder schon mal erlebt. Die Magensäfte brodeln, Nitroglycerin in den Adern, das Herz pocht bis zum Hals, tausend Grad heißes Blut – ein richtiger Wutanfall steht kurz bevor.
Am liebsten würden Sie jetzt Ihren ganzen Ärger hinausschreien. Wie soll man in einem solchen Moment einen kühlen Kopf bewahren?
Schwierig. Zumal Wut wie ein Eisberg ist (siehe Grafik). Darunter stecken zahlreiche weitere Emotionen…
Gefühle sind letztlich Entscheidungssache: Was Sie zulassen, mehr aber noch wie Sie darauf reagieren, ist Ihre Wahl.
Tatsächlich lässt sich Wut kontrollieren. Wir müssen uns von unseren Emotionseruptionen nicht fortspülen lassen. Ein kühler, klarer Kopf – er ist eine Frage des Tatwillens und Trainings. Wutkontrolle oder Anger control heißt das im Fachjargon.
Zur Erinnerung: Damit ist keinesfalls das Herunterschlucken gemeint. Vielmehr geht es dabei um bewusstes Erleben, Kanalisieren und Verarbeiten von Gefühlen.
Wir stellen Ihnen im Folgenden zahlreiche Tipps und Maßnahmen vor, mit denen Sie Ihre Wut kontrollieren können:
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Sofortmaßnahmen
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Aktivitäten
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Vergebung
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Psychologische Tricks
Fakten und Studien: Was die Wissenschaft über Wut weiß
Wut kennt jeder. Sowohl bei sich selbst, als auch bei anderen. Allerdings beschäftigen wir uns oft nicht weiter damit, sondern lassen die Wut verrauchen und hoffen, dass wir uns allzu bald nicht mehr aufregen müssen.
Forscher gehen dem Thema genauer auf den Grund – und haben dabei einige bemerkenswerte Erkenntnisse über die Wut gewonnen, die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen:
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Männer profitieren von Wut, Frauen nicht
Wut tut gut – aber nur den Männern. So haben US-Psychologen herausgefunden, dass Männer, die im Job Ihren Ärger ausdrücken, als kompetent beurteilt werden, Frauen hingegen nur als emotional.
Für das Experiment zeigten die Wissenschaftler ihren Probanden Videos von Vorstellungsgesprächen, anschließend sollten Sie die Bewerber bewerten. In dem Film schilderten Schauspieler, ob sie eher traurig oder wütend reagieren, wenn ihnen ein Geschäftsabschluss misslingt.
Die Crux: Zeigten die männlichen Bewerber Wut, wurden sie von den Probanden als kompetent und führungsstark beurteilt. Bei den Frauen war es genau umgekehrt: Sie galten daraufhin als emotional, wankelmütig und für Führungsaufgaben ungeeignet. Aber: Nannten die Frauen zugleich den Grund ihres Ärgers, zum Beispiel dass sie durch einen Kollegen unfair ausgebotet wurden, litt ihr Ansehen deutlich weniger.
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Wut beeinflusst unsere Entscheidungen
Dan Ariely ist einer der weltweit renommiertesten Verhaltenspsychologen. Immer wieder untersucht er, wie Affekte unser Verhalten oder unsere Entscheidungen beeinflussen. Er fand heraus, wie negative Gefühle wie Wut unsere Wahl beeinträchtigen.
Durch Filmausschnitte sorgte er bei Probanden für unterschiedliche Gefühle: Einmal war es Wut und Ärger, in der zweiten Gruppe waren es positive und glückliche Emotionen, die nichts mit Wut zutun hatten. Anschließend spielten die Wissenschaftler mit den Teilnehmern das sogenannte Ultimatumspiel.
Ergebnis: Wer vorher mit Wut in Kontakt kam, lehnte häufiger unfaire Angebote ab und reagierte schon bei mäßig unfairen Offerten empfindlich. Die wirklich erstaunliche Erkenntnis zeigte sich jedoch, als das Spiel wiederholt wurde: Trotz der langen Pause lehnten die wütenden Probanden weiterhin viele Angebote ab. Sie blieben gefangen in ihren bisherigen Emotionen und Erfahrungen.
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Richtig dosiert kann Wut das Ansehen steigern
In Maßen kann Wutschnauben kurzfristig die Chance erhöhen, im Ansehen der anderen zu steigen und von ihnen bewundert, unterstützt, gewählt oder gar befördert zu werden. Mehr noch: Wer ab und an ordentlich auf den Tisch haut, bekommt meistens was er will.
Das haben Sozialpsychologen an der Iowa State Universität herausgefunden. Die wohlüberlegte Wutprobe beweist Energie, Durchsetzungswillen und -kraft. Und sie überrumpelt die anderen und zwingt sie so in die Defensive.
Bestätigt wird das von der Kollegin Lara Z. Tiedens von der Stanford Universität. Sie hat dazu eine Studie durchgeführt und die Reaktionen auf unterschiedliche Gesichtsausdrücke untersucht. Ergebnis: Menschen, die traurig dreinschauen, werden zwar als liebenswürdig eingestuft, gelten aber auch als schwach. „Wer sich dagegen ärgert, wirkt stark und klug“, schreibt Tiedens. Diesen Personen gestanden die Studenten sogar den ausgeprägteren Gerechtigkeitssinn zu sowie die Fähigkeit, ihre Dinge geregelt zu bekommen.
So reagieren Sie richtig auf die Wut von anderen
Ein Kollege hat miese Laune und lässt diese an Ihnen aus; ein Kunde ist unzufrieden und macht seinem Ärger Luft oder der Chef erregt sich über einen Fehler – auch das kommt im Job immer wieder vor. Für den Angebrüllten ist das eine unangenehme Situation.
Wie aber reagiert man auf den Wutausbruch?
Zurückbrüllen klingt nach einer verlockenden Möglichkeit, ist jedoch wenig zielführend. Wichtiger also: Wie schafft man es cool zu bleiben, wenn der andere einen anschreit und beschimpft?
Jens Blechert von der Stanford Universität gibt dafür zwei grundlegende Ratschläge:
- Gehen Sie davon aus, dass Ihr Gegenüber einen schlechten Tag hat.
- Beziehen Sie den Wutausbruch und das, was gesagt wird, nicht auf sich.
Oder anders formuliert: Nehmen Sie den Windschwall des Brüllaffen bloß nicht persönlich und seien Sie barmherzig. Die Fähigkeit, in die Metaebene zu wechseln und die Emotionen anderer neu zu bewerten, ist der Schlüssel zur Coolness. Oder wie Blechert sagt:
Wer diese Neubewertung von Emotionen trainiert und sich beispielsweise bewusst macht, dass sein Boss von Zeit zu Zeit schlechte Laune hat, kann in ein Meeting gehen, während der Chef tobt und schaubt – und völlig gelassen bleiben.
Doch was ist, wenn Sie Menschen im Team haben, die leicht reizbar sind, sprich mit Cholerikern zusammenarbeiten?
Tipps für den Umgang mit Wut im Umfeld:
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Reagieren Sie selbst nicht emotional
Der Wutausbruch Ihres Gegenübers mag völlig ungerechtfertigt sein und es macht Sie wütend, dass Sie angebrüllt werden. Doch wenn Sie selbst emotional reagieren, führt das nur dazu, dass die Situation eskaliert. Lassen Sie sich auch nicht von dem Schreihals provozieren. Auch wenn es in einer solchen Situation schwierig ist, atmen Sie tief durch und entgegnen Sie erst einmal nichts.
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Versuchen Sie nicht zu besänftigen
Auf gar keinen Fall sollten Sie Beruhigungsversuche starten. Mit Aussagen wie „Jetzt beruhigen Sie sich doch erst einmal“ oder „Das ist doch alles halb so wild“, bezwecken Sie nur das Gegenteil. Sie stacheln Ihr Gegenüber zusätzlich an. Für vernünftige Argumente ist dieser momentan nicht zugänglich. Aus seiner Sicht ist seine Wut begründet.
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Unterbrechen Sie den anderen nicht
Bevor Sie Ihre Sichtweise schildern können und Ihr Gegenüber bereit ist, Ihnen zuzuhören, muss er sich erst abreagieren. Lassen Sie ihn ausreden – und warten Sie dann selbst noch kurz bis Sie antworten. Das drosselt das Tempo und nimmt den Druck raus.
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Überhören Sie Angriffe
Ja, richtig gelesen. Es ist ein Zeichen von emotionaler Reife und Größe, wenn Sie nicht auf jeden Fehdehandschuh reagieren. So manches Ärgernis lässt sich aus der Welt schaffen, indem Sie einfach mal auf einem Ohr taub bleiben. Damit verhindern Sie, selbst wütend zu werden.
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Lassen Sie die Situation auf sich beruhen
Merken Sie, dass der Konflikt hochgekocht ist und mit Ihrem Gegenüber im Moment gar nicht zu reden ist und sich auch in Ihnen langsam die Wut anstaut, sollten Sie Abstand gewinnen. Beide Seiten brauchen nun einige Zeit, um sich zu beruhigen. Dann kann das Gespräch fortgeführt werden.
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Teilen Sie Ihre Gefühle mit
Arbeiten Sie mit jemandem zusammen, der regelmäßig mit seinen Wutausbrüchen auffällt, sollten Sie diese Person darauf ansprechen. Bitten Sie diesen um ein Gespräch und erläutern Sie, wie Sie und andere unter dem Verhalten leiden. Bleiben Sie jedoch respektvoll und versuchen Sie nicht, den anderen in eine Abwehrposition zu drängen. Oftmals merken cholerische Personen gar nicht, wie Sie mit Ihrem Verhalten die Arbeitsbeziehung schädigen und das Klima negativ beeinflussen.
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Beziehen Sie andere mit ein
Sollten Sie den Eindruck haben, dass Sie die Situation nicht mehr alleine bewältigen können, sollten Sie andere Personen hinzuziehen. Schlagen beispielsweise all Ihre Bemühungen bei einem Kunden fehl, können Sie Ihren Chef oder weitere Kollegen um Hilfe bitten.
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Gehen Sie die Sache mit Humor an
Regt sich Ihr Gegenüber mal wieder über eine Kleinigkeit auf, machen Sie ihm die Komik der Situation bewusst. Mit einem herzlichen Lachen lasst sich die Situation entschärfen und danach ist der Ärger verraucht. Gelotologen, also Wissenschaftler, die das Lachen (griechisch: gelos) erforschen, haben herausgefunden: Lachen baut Stress ab, stärkt Abwehrkräfte und hebt die Stimmung, weil der Körper vermehrt Glückshormone ausschüttet. Vor allem aber baut es soziale Beziehungen auf und hält diese zusammen.
3 Mythen über Wut, die Sie nicht glauben sollten
Jeder Mensch hat seine persönlichen Ansichten zum Thema Wut, abhängig davon, welche Erfahrungen er in seinem Leben damit gemacht hat – mit der eigenen und auch mit der Wut anderer.
Unter all diesen Meinungen sind aber einige Blickwinkel und Ansichten, die zwar weit verbreitet, aber deshalb noch lange nicht wahr sind. Wir räumen mit drei Mythen über Wut auf, die Sie nicht glauben sollten.
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Wut ist eine schlechte Emotion
Es ist schwer eine Emotion als gut oder schlecht zu kategorisieren. Wut wird häufig negativ betrachtet, weil man sich dabei in der Regel nicht wohl fühlt. Daraus abzuleiten, dass Wut grundsätzlich schlecht sei, geht jedoch zu weit.
Wut kann, bei richtigem Umgang, auch positive Seiten haben. Sie lernen, wo Ihre Grenzen sind, was Ihnen wichtig ist und was Sie bereit sind, dafür zu tun. Wut kann auch ein wichtiger Faktor der Motivation sein, um die Dinge anzupacken oder zu ändern.
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Männer sind wütender als Frauen
Es mag vielen vielleicht so erscheinen, aber Studien haben gezeigt, dass Frauen den Männern bei Wut in Nichts nachstehen. Einen Unterschied gibt es lediglich in der Form, wie diese zum Ausdruck gebracht wird.
Männer neigen zu impulsivem Verhalten, wenn sie wütend sind und können dabei auch gerne laut werden. Frauen neigen hingegen zu einer ruhigen Vorgehensweise und meiden beispielsweise den Kontakt zu jemandem, auf den sie wütend sind.
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Wut ist das Gleiche wie Aggression
Natürlich gibt es einige Menschen, die sich aggressiv verhalten, wenn sie wütend werden. Dies liegt allerdings nicht an der Emotion selbst, sondern am falschen Umgang mit dieser.
Aggression mit Wut gleichzusetzen ist daher schlichtweg falsch. Nicht jede Wut artet gleich in Gewaltausbrüche oder Drohungen aus.
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