Mitarbeiter trösten: Nah am Wasser gebaut
„Ich habe auch schon bei der Arbeit geweint“, gestand Facebook-COO Sheryl Sandberg auf einer Podiumsdiskussion der Chicago Tribune, vor drei Jahren bereits. „Das ist aber nicht unbedingt Best-Practice.“ Denn: „Niemand wird die sieben Angewohnheiten erfolgreicher Menschen aufschreiben und Weinen mit aufnehmen“, so Sandberg amüsiert.
Wenn man hoch hinaus wolle, sei Weinen so ziemlich das Letzte, das einen auf den Gipfel führe. Aber, so Sandberg weiter: „Es passiert.“ Sandberg wird ohnehin gerne als Koryphäe auf diesem Gebiet zitiert. Sie ist eine Führungskraft, hat mit vielen Charakteren zu tun, kennt ihre Nöte. Und sie ist eine Frau. Und Frauen werden, das legen Erfahrungswerte vieler Arbeitnehmer und Führungskräfte nahe, Tränen im Büro eher zugestanden als Männern.
Andererseits gilt gerade für Führungskräfte die Maxime: Don’t cry! Denn dieser Punkt liegt auf der Hand: Wer seine Emotionen im Griff hat, strahlt Souveränität aus, zeigt Professionalität. Es gehört geradezu zur Kernkompetenz von Leadern, die eigenen Emotionen kontrollieren zu können.
Heulkrampf: Authentizität oder Autoritätsverlust?
Eine Sandberg, die regelmäßig schluchzend durch die Gänge in Menlo Park schlurft – unvorstellbar. Ein Manager, der vor versammelter Mannschaft heult wie ein Schlosshund – geht nicht. Er zeigt Schwäche, verspielt seine Autorität und verunsichert überdies die Belegschaft in höchstem Maße. „Wenn er jetzt schon weint, dann muss es um die Firma ja wirklich schlimm bestellt sein!“ Ein Arzt, der angesichts des Schicksals eines Patienten in Tränen ausbricht, hilft nicht, sondern schürt eher Ängste.
Auf der anderen Seite wiederum gibt es durchaus Berufe und Branchen, die einem Tränen – manchmal zumindest – eher verzeihen als andere. Künstlerische Berufe wie Schauspieler, die von ihrer Emotionalität leben, gehören dazu. Auch in sozialen Berufen darf man – je nach Situation – durchaus mal eine Träne vergießen.
Grundsätzlich aber: Auslöser für Heulattacken, Anlässe für Trauerstimmung im Büro gibt es viele. Zum Beispiel diese …
- Streit: Am häufigsten ist er unter Kollegen – und kann böse enden.
- Kündigung: Der Rauswurf trifft einen wie ein Hammerschlag – und drückt nicht selten auch auf die Tränendrüse.
- Niederlage: Der Kunde ist von Bord gegangen – die Suche nach dem Schuldigen beginnt.
- Versetzung: Sie kommt bei vielen Arbeitnehmern ebenfalls nicht gut an, sondern deprimiert vielmehr.
- Abmahnung: Die Vorstufe zur Kündigung und eine Misstrauensbekundung – kein Grund zur Freude.
- Ankündigung: Wer kurzfristig ins Chefbüro geladen wird, dem schwant Böses.
- Feedback: Kritik und Tadel im Mitarbeitergespräch haben schon den härtesten Hund aufgewühlt – und können in einen verbalen Rundumschlag, aber auch in sichtbare Verzweiflung münden.
Aber was, wenn dem Gegenüber tatsächlich Tränen über die Wange kullern? Wie verhält man sich – als Vorgesetzter – am besten? Wir haben die wichtigsten Tipps für Sie zusammengestellt.
7 Tipps, wie Sie Mitarbeiter trösten
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Ruhig bleiben
Erste Empfehlung: Kein Drama machen, sondern professionell reagieren. Vielleicht ein Taschentuch reichen, die Hand auf die Schulter legen oder ein Glas Wasser anbieten, um den Mitarbeiter zur Besinnung kommen zu lassen. Was Sie nicht tun sollten: Die Augen weit aufreißen, „Oh mein Gott, was haben Sie denn?“ hinausposaunen und in hektische Alarmstimmung verfallen.
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Zurückziehen
Wichtiger Punkt: Wo und wann ist der liebe Kollege in Tränen ausgebrochen? Im Meeting vor versammelter Mannschaft oder gar im Verkaufsraum, weil der Kunde sich unmöglich benommen hat? In solchen Situationen sollte man dem Betroffenen schnell einen Ausweg anbieten – und ihn sozusagen aus der Gefahrenzone befördern. Als Vorgesetzter bittet man ihn oder sie zu einem persönlichen Gespräch – und zur Beruhigung – ins Büro.
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Fragen
Ein beliebter Psycho-Trick: „Wie werden Sie wohl in zehn Jahren darüber denken?“ Wer so fragt, nimmt die Schwere aus der Sache, erdet den Betroffenen im besten Fall wieder. Und es ist deutlich eleganter, als platt zu behaupten: „Das ist doch alles gar nicht so schlimm.“
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Diskretion wahren
Sollte selbstverständlich sein: Wer im Vier-Augen-Gespräch einem Weinenden gegenübersitzt, erwähnt die Episode vor den anderen Kollegen – natürlich – nicht. So bringt man ihn oder sie gar nicht erst in die Schusslinie und erweist sich als Helfer, der einen auch in schwierigen Situationen nicht im Stich lässt. Baut im besten Fall gegenseitiges Vertrauen auf.
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Zeit geben
Ist ein ausgewachsener Streit zwischen Kollegen der Auslöser, muss das Problem aus der Welt geschafft werden. Aber nicht sofort und nicht am selben Tag. Den Schlichtungstermin am nächsten oder übernächsten Tag ansetzen, etwas Zeit geben, um die Fehde dann zu beseitigen. Für Vorgesetzte gilt dabei: Neutral bleiben.
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Delegieren
Frauen können häufiger besser mit Gefühlsausbrüchen umgehen als Männer. Darauf weisen nicht nur Coaches des Öfteren hin. Vor allem Männer sind oft peinlich berührt, wissen nicht, was zu tun ist, sind gewissermaßen rat- und hilflos. Daher ganz praktisch: Möge ruhig eine Frau das Heft in die Hand – und den Weinenden in den Arm nehmen.
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Verständnis zeigen
Verständnis zeigen, etwa so: „Ich verstehe, Sie sind gerade aufgewühlt und traurig“. Die sachliche Bestandsaufnahme signalisiert, dass man den emotionalen Ausbruch wahrgenommen hat, ihn auch nicht übel nimmt. Aber, und auch das gehört zur Wahrheit: Tränen können als Waffe eingesetzt werden, mit denen man seine Ziele durchzudrücken versucht. Wer den Tränen einer Mitarbeiterin immer wieder nachgibt, macht sich unglaubwürdig.