Definition: Was ist Psychohygiene?
Zur Psychohygiene gehören alle Maßnahmen, die die psychische Gesundheit erhalten oder schützen. Dazu zählen präventive Übungen, um psychische Erkrankungen frühzeitig zu vermeiden sowie Gegenmaßnahmen bei akuten Problemen.
Geprägt wurde der Begriff von den deutschen Psychiater Karl Robert Sommer bereits 1901. Für ihn war Psychohygiene eine Art Gegenwehr, um sich vor negativen und schädlichen Einflüssen auf die Psyche zu schützen. Dazu zählten alle Verhaltensweisen und Gewohnheiten im Umgang mit Stress und anderen Belastungen sowie regelmäßige Routinen zur Wahrung der mentalen Gesundheit.
Ziele der Psychohygiene
Psychohygiene ist eine Form der Selbstfürsorge und fördert einen souveräneren Umgang mit Stress, Angst, Sorgen, Zweifeln oder Konflikten im Arbeitsalltag – bevor diese zur Belastung werden!
Ziel der Psychohygiene ist die Verarbeitung negativer Emotionen und Erlebnisse. Das hilft in der akuten Situation und stärkt langfristig die Widerstandsfähigkeit der Psyche und Seele (siehe: Resilienz). Jedoch benötigen viele dafür Zeit und ausreichend Übung, bei der sie sich mit Ursachen und eigener Gefühlswelt auseinandersetzen und negative Emotionen verarbeiten und bewältigen, statt diese zu verdrängen.
Anzeichen + Test: Brauche ich mehr Psychohygiene?
Nehmen Sie Ihre seelische Gesundheit ernst? Die meisten Menschen tun zu wenig für ihre psychische Gesundheit. Die folgende Checkliste mit Anzeichen liefert Ihnen erste Hinweise, ob Sie sich mehr um Ihre Psychohygiene kümmern sollten (direkt online anklicken und abhaken):
- Mein Job verlangt mir alles ab.
- Ich nehme berufliche Probleme ernst und beschäftige mich zu Hause damit.
- Ich stehe im Alltag oft unter Zeitdruck.
- Nach Feierabend haben ich meist keine Energie mehr.
- Ich sehe zunehmend weniger Sinn in dem, was Sie arbeite.
- Ich habe in letzter Zeit öfter Schlafprobleme und Alpträume.
- Ich habe das Gefühl, Herausforderungen nicht gewachsen zu sein.
- Ich werde in meinem Job regelmäßig mit menschlichem Leid konfrontiert.
- Stehen Veränderungen an, mache ich mir schon lange im Vorfeld Sorgen.
- Geht es anderen schlecht, leide ich meistens mit.
- Es fällt mir schwer, über meine Probleme zu sprechen.
Test-Auswertung
Wenn Sie mehr als vier Haken machen konnten, leiden Sie bereits an psychischen Belastungen und sollten unbedingt etwas für Ihre psychische Gesundheit tun. Aber auch schon bei nur einem Häkchen, kann etwas mehr Psychohygiene nicht schaden…
Psychohygiene Übungen: 10 Tipps für den Alltag
Psychohygiene ist keine einzelne Maßnahme. Vielmehr sind es Routinen, gute Gewohnheiten und Verhaltensmuster, die im Alltag zu mehr psychischer Gesundheit und Wohlbefinden beitragen. Wir empfehlen vor allem diese Psychohygiene Übungen:
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Entspannung üben
Regelmäßige Entspannungsübungen sind ein erster Schritt zur Psychohygiene und Gegenmittel gegen wachsenden Stress im Arbeitsalltag. Bei den Übungen (siehe z.B.: Coping) kommen Sie zur Ruhe, lernen Sorgen loszulassen und entlasten den Körper.
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Grübeln stoppen
Hängen Sie nicht ständig negativen Gedanken nach. Durchbrechen Sie das Gedankenkarussell und konzentrieren Sie sich bewusst auf etwas anderes. Das funktioniert am besten mit Ablenkung und Beschäftigung: Je mehr schöne Dinge Sie unternehmen, desto schneller kommen Sie auf bessere Gedanken.
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Sorgen aufschreiben
Wer immerzu grübelt, macht seine Sorgen größer als sie oft sind. Indem Sie Ihre Ängste und Befürchtungen aufschreiben, schreiben Sie sich die Last buchstäblich von der Seele und relativieren dabei vieles. Die Notizen sind zudem nützlich, um im Nachhinein zu sehen, dass die Dinge gar nicht so schlimm waren, wie befürchtet. Das sorgt langfristig für eine positivere Grundeinstellung.
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Selbstliebe praktizieren
Das ist nicht einfach, aber wichtig: Akzeptieren Sie sich mit allen Stärken und Schwächen! Selbstannahme und Selbstliebe stärken die seelische Gesundheit. Bei den Übungen lernen Sie zugleich, dass Sie nicht immer perfekt sein müssen und auch mal scheitern können.
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Leben entschleunigen
Eine besonders wirksame Übung zur Psychohygiene ist, das Leben zu entschleunigen. Machen Sie zum Beispiel öfter und mehr Pausen im Alltag. Gönnen Sie sich bewusst Phasen der Ruhe und Stille. Packen Sie sich den Terminkalender weniger voll, dafür mit mehr Zeitpuffern und vergessen Sie nicht, Zeit für sich zu reservieren!
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Spazieren gehen
Bewegen Sie sich möglichst täglich an der frischen Luft. Fahren Sie zum Beispiel mit dem Fahrrad zur Arbeit oder gehen Sie in der Mittagspause 20 Minuten spazieren. Oder machen Sie etwas Sport am Abend und in der Sonne. Bewegung baut ebenfalls Stress ab, bringt auf neue Ideen und setzt Glückshormone frei.
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Nein sagen
Lernen Sie für Ihre Bedürfnisse einzustehen – schon aus purem Selbstschutz. Dazu müssen Sie ebenfalls lernen, anderen Menschen ab und an Grenzen zu setzen und öfter „Nein“ zu sagen. Positiver Nebeneffekt: Sie schützen sich vor Überforderung oder davor, von anderen ausgenutzt zu werden. Psychohygiene pur!
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Belohnungen schaffen
Von anderen bekommen Sie nicht genug Lob und Anerkennung? Und was ist mit Ihnen selbst: Wertschätzen und belohnen Sie sich selbst für geleistete Arbeit oder kleine Erfolgserlebnisse? Schon kleine Belohnungen steigern das Selbstwertgefühl und sind ein so einfaches Mittel der Psychohygiene im Alltag.
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Gespräche suchen
Treffen Sie sich mit guten Freunden oder Mentoren und reden Sie – über Ihre Gedanken, Gefühle und den Alltag. Gespräche fördern ebenfalls die psychische Gesundheit, solange Sie toxische Menschen meiden. Zusätzlich zur Psychohygiene erhalten Sie Unterstützung, mentalen Zuspruch oder gute Ratschläge.
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Kreativität ausleben
Nutzen Sie Ihre Kreativität, um Gefühle und Gedanken gestalterisch auszudrücken: Sie können malen, musizieren, schreiben oder sich auf andere Weise kreativ ausleben. Das hilft besonders bei Emotionen, die Sie nur schwer in Worte fasse können und sonst verdrängen würden.
Psychohygiene im Arbeitsalltag: 8 positive Emotionen
Ein weiterer Weg zu besserer Psychohygiene ist das Fördern von positiven Gefühlen und Stimmungen im Arbeitsalltag. Dabei gibt es laut der US-Psychologin Michelle Shiota acht extrem positive Emotionen. Sobald wir diese erleben, schüttet der Körper das Glückshormon Dopamin aus – Effekt: Wir stärken unsere psychischen Abwehrkräfte und stecken damit teils sogar andere an…
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Zufriedenheit
Diese Emotion bekommen wir schon, wenn wir etwas Gutes essen. Allerdings hält Zufriedenheit nicht lange an. Sie lässt sich mit der nächsten Emotion aber etwas länger konservieren.
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Dankbarkeit
Bei Dankbarkeit machen wir uns gar nicht so Selbstverständliches bewusst: Gesundheit, Sicherheit, Freunde und Familie, ein Job mit Einkommen oder bisherige Erfolge. Dankbarkeit schützt vor dem Unglücklichsein und senkt Stress.
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Verbundenheit
Gleiche Werte und Interessen tragen dazu bei, dass wir uns mit anderen Menschen verbunden fühlen. Friedemann Schulz von Thun sieht in der Verbundenheit ein seelisches Grundbedürfnis, das eng mit Empathie zusammenhängt und hoch ansteckend ist.
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Fürsorge
Anderen Menschen zu helfen und sie zu unterstützen, fördert nicht nur Beziehungen. Helfen macht selber glücklich! Allerdings gilt das vor allem für Menschen, die uns nahe stehen: Freunde, Verwandte, Kollegen, weniger für Fremde.
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Stolz
Stolz ist ebenfalls eine positive Emotion, wenn Sie sich auf Eigenleistung und Erreichtes bezieht. Stolz auf seine Leistungen zu sein, ist gelebte Psychohygiene, weil wir uns dabei selbst in unseren Stärken und Talenten bestärken.
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Ehrfurcht
Wer Ehrfurcht besitzt, nimmt sich selbst nicht so wichtig. Ehrfurcht ist eng mit Demut verwandt, erdet Menschen und sorgt laut Studien um den Emotionsforscher Dacher Keltner dafür, dass wir uns sozialer verhalten.
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Sinnlichkeit
Gemeint ist weniger Erotik, sondern vielmehr bewusste Momente, in denen wir uns auf den Genuss konzentrieren und – wie bei der Achtsamkeit – mit allen Sinnen wahrnehmen. Viele Menschen empfinden dabei Glück.
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Spaß
Generell gilt: Sorgen Sie für mehr Spaß im Leben. Wer Spaß hat, ist glücklicher und steckt damit sein Umfeld an. Das gilt für Sport ebenso wie für gute Gespräche oder amüsante Unterhaltung.
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