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Klientenzentrierte Gesprächsführung nach Rogers: Bedeutung & Techniken

Jeder Mensch kann und möchte sich entwickeln, um positive Veränderungen anzustreben. Diesem Grundgedanken folgt die klientenzentrierte Gesprächsführung nach Carl Rogers. Es ist die wissenschaftliche Grundlage moderner Gesprächstherapie und zählt zu den erfolgreichsten Therapieformen. Wir erklären, was klientenzentrierte Gesprächsführung ist, zeigen die drei Grundhaltungen nach Rogers und welche Techniken im Dialog angewendet werden…



Klientenzentrierte Gesprächsführung nach Rogers: Bedeutung & Techniken

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Was ist klientenzentrierte Gesprächsführung?

Klientenzentrierte Gesprächsführung ist ein Ansatz in der Gesprächstherapie, um Menschen bei ihrem Wunsch nach Entwicklung und Selbstoptimierung zu unterstützen. Der Therapeut ist hierbei Gesprächspartner und schafft den Rahmen, in dem Klienten eigenständig Probleme erkennen und Lösungen entwickeln.

Im Zentrum steht der Mensch und sein angeborener Wille zu Wachstum und Verbesserung. Der Therapeut liefert hierfür aber nicht von außen Lösungen oder Antworten. Vielmehr bietet er Hilfe zur Selbsthilfe.

Der Grundgedanke der klientenzentrierten Gesprächsführung: Jeder kann und soll selbst herausfinden, wo Spannungen oder Schwierigkeiten liegen und wie diese zu lösen sind.

Menschenbild und Gesprächsführung nach Carl Rogers

Grundlage der klientenzentrierten Gesprächsführung ist die humanistische Psychologie von Carl Rogers. Damit verbunden ist ein humanistisches Menschenbild, das die Basis der Wirksamkeit und der Techniken für die Gesprächsführung in der Psychotherapie ist.

Gemäß Carl Rogers ist jeder Mensch einzigartig, hat ein ureigenes Interesse an Wachstum und Verbesserung und benötigt funktionierende soziale Beziehungen. Gleichzeitig ist jede(r) in der Lage, durch seine Fähigkeiten bestehende Probleme zu lösen. Jeder hat in sich, was es zur Heilung braucht. Zum Menschenbild gehören die Kernaspekte:

  • Aktualisierungstendenz
    Jeder Mensch hat ein angeborenes Streben nach Selbstverwirklichung und Wachstum. Diese Aktualisierungstendenz bringt den Willen, an sich zu arbeiten, besser zu werden und Probleme zu lösen.
  • Bedürfnisse
    Damit die nötigen Veränderungen möglich sind, müssen die grundlegenden Bedürfnisse nach Wertschätzung erfüllt sein. Menschen können sich nur entfalten, wenn sie sich nicht um die Aufrechterhaltung von Existenz und Selbstachtung kümmern müssen.
  • Positivität
    Das humanistische Menschenbild folgt einem Grundsatz: Jeder Mensch ist gut und bringt von Natur aus entsprechende Werte und Moralvorstellungen mit. Gewalt und Aggressivität entstehen erst durch äußere Umstände.

Einsatzgebiete: Klientenzentrierte Gesprächsführung in der Praxis

Entwickelt wurde die klientenzentrierte Gesprächsführung als Modell in der Gesprächstherapie. Es ist bis heute der prägende Ansatz und zeigt neben Verhaltenstherapie und Psychoanalyse die besten Erfolgsaussichten für anhaltende Denk- und Verhaltensänderungen. Das Konzept wurde unlängst auf andere Einsatzgebiete übertragen. Vor allem in der Pädagogik mit Kindern und der Erwachsenenbildung wird es genutzt.

Coaching setzt ebenfalls auf einen klientenzentrierten Ansatz. In der Zusammenarbeit werden Klienten unterstützt, um selbst besser zu werden und Probleme eigenständig zu lösen. Selbst im Verkaufsgespräch wird ein ähnliches Ziel verfolgt: Kunden sollen eigenständig zur Erkenntnis kommen, dass sie ein Produkt brauchen – hier geht es aber eher um Verkaufspsychologie und Manipulation.


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3 Grundhaltungen in der klientenzentrierten Gesprächsführung

Carl Rogers nennt drei Grundhaltungen, die für die klientenzentrierte Gesprächsführung essenziell sind. Nur unter diesen Voraussetzungen stimmen die Rahmenbedingungen für die notwendige Bindung zwischen Therapeut und Klient:

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1. Kongruenz (Echtheit)

Therapeuten müssen Klienten echt und authentisch gegenübertreten. Sie dürfen sich nicht verstellen oder inkongruentes Verhalten zeigen – also Unterschiede zwischen Verhalten, Aussagen oder anderen Signalen. Dazu müssen auch eigene Emotionen, Gedanken und Eindrücke ehrlich sowie transparent kommuniziert werden. Das schafft Vertrauen und eine engere soziale Bindung. Klientenzentrierte Gesprächsführung findet zudem auf Augenhöhe statt: Der Therapeut ist nicht höher gestellt.

2. Empathie

Für die klientenzentrierte Gesprächsführung benötigen Therapeuten ein hohes Maß an Empathie. Sie müssen für die Gefühle des Gegenübers offen sein, um diese richtig zu erkennen und zu verstehen. Zur Empathie gehört es auch, dem Klienten die erkannten Gefühle mitzuteilen, damit dieser sie besser verstehen und verarbeiten kann. Aber: Emotionen werden niemals bewertet oder kritisiert. Gefühle werden neutral beobachtet und analysiert.

3. (Bedingungslose positive) Wertschätzung

Das humanistische Menschenbild sagt: Jeder Mensch ist gut. Deshalb muss auch jedem Menschen die entsprechende Wertschätzung entgegengebracht werden. Vorurteile, persönliche Ansichten oder Abneigungen dürfen der allgemeinen Anerkennung des Menschen nicht im Weg stehen. Die Gesprächsführung steht jedem Menschen eigene Entscheidungen und Werte zu, auch wenn der Therapeut diese selbst nicht befürworten muss. Im Dialog spielt das aber keine Rolle.

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Techniken der klientenzentrierten Gesprächsführung nach Rogers

In der klientenzentrierten Gesprächsführung nach Rogers (auch: personenzentrierte Gesprächsführung) hält sich der Therapeut zurück. Der Klient soll aktiv sein, von Erfahrungen berichten, Probleme reflektieren, Emotionen benennen und Lösungen erarbeiten.

Um Betroffene dabei zu unterstützen, nutzen Psychotherapeuten verschiedene Gesprächstechniken und Methoden:

  • Aktives Zuhören

    Der Therapeut ist vor allem aktiver Zuhörer, der dem Klienten die Chance gibt, selbst zu sprechen. So kann er aufmerksam zuhören, das Gesagte, Körpersprache, Mimik und mögliche Emotionen genau wahrnehmen und darauf reagieren. Beim Zuhören zeigt der Therapeut bereits Verständnis durch Kopfnicken oder verbale Zustimmung mit einzelnen Aussagen.

  • Paraphrasieren

    Wichtige Aussagen des Klienten werden in eigenen Worten wiederholt. Durch das sogenannte Paraphrasieren zeigt der Therapeut, dass er den Inhalt tatsächlich verstanden hat und der Klient kann die eigenen Erkenntnisse durch die Wiederholung vertiefen. Es entstehen keine Missverständnisse und möglicherweise werden zusätzliche Aspekte angesprochen, die bei der ersten Aussage nicht explizit erwähnt wurden.

  • Verbalisieren

    Gezeigte und vermutete Emotionen des Klienten werden vom Therapeuten offen ausgesprochen. Das Verbalisieren holt diese Gefühle ins Bewusstsein und erleichtert den Umgang. Dazu reichen einfache Beobachtungen, wie zum Beispiel „Ich sehe die Wut in deinen Augen, wenn du davon sprichst…“ Oder: „Deine Stimme klingt traurig, sobald wir dieses Thema ansprechen…“

  • Offene Fragen

    Zentrale Gesprächstechnik sind offene Fragen, auf die der Klient möglichst frei und lange antworten kann. Sie ermutigen zu einer ausführlichen Antwort, in der Situationen und Erfahrungen geäußert, Emotionen thematisiert und auch Probleme gefunden werden können. Je mehr und vertrauensvoller gesprochen wird, desto besser die Selbstreflexion und die Möglichkeit für Wachstum und Problemlösung.

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Klientenzentrierte Gesprächsführung: Kritik am Konzept

Trotz der Erfolge und der häufigen Anwendung gibt es Kritik an der klientenzentrierten Gesprächsführung. Ein großer Kritikpunkt ist das idealisierte Menschenbild: Es bildet nicht alle Facetten menschlichen Denkens und Handelns ab und wird oft als unrealistische Annahme bemängelt. Auch setzt das Modell wenig Expertise und Fähigkeiten des Therapeuten voraus. Nach dem Menschenbild bringt jeder selbst alles mit, um seine Probleme zu lösen.

Kritisiert wird zudem, dass die Gesprächsführung nicht für alle psychischen Probleme und Krankheiten anwendbar ist. Sind Wille und Fähigkeit zur persönlichen Entwicklung gestört, kommt das Modell an seine Grenzen.


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