Familienaufstellung: Definition, Ablauf + Wie gefährlich?

Die Familienaufstellung ist eine faszinierende und zugleich kontroverse Methode der systemischen Therapie. Sie hilft, Lösungen für persönliche oder berufliche Blockaden zu finden. Wie die Methode funktioniert und was Sie bei der Familienaufstellung beachten müssen…

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Definition: Was ist eine Familienaufstellung?

Die Familienaufstellung (synonym: systemische Aufstellung) ist eine Methode der systemischen Therapie und dient dazu, die Dynamik in Beziehungen sichtbar zu machen. Sie basiert auf der Annahme, dass unser Verhalten, unsere Gefühle und körperliche Beschwerden durch unbewusste Muster im sozialen Umfeld beeinflusst werden.

Ursprünglich entwickelt wurde die Familienaufstellung in den 1970er-Jahren von Virginia Satir als „Familienskulptur“. Später wurde die Methode durch Bert Hellinger weiterentwickelt. Heute wird sie oft im Coaching eingesetzt – bei beruflichen oder innerpsychischen Themen.

Formen der systemischen Aufstellung

Neben der Familienaufstellung gibt es noch weitere Formen der systemischen Aufstellung:

  • Familienaufstellung

    Untersucht Beziehungen und Muster innerhalb der Herkunftsfamilie oder aktuellen Familie. Ziel ist, unbewusste Verstrickungen oder Traumata sichtbar zu machen und aufzulösen.

  • Organisationsaufstellung

    Wird im beruflichen Kontext genutzt, um Dynamiken in Teams, Konflikte oder Entscheidungsblockaden zu klären.

  • Projaktaufstellung

    Eignet sich für die Analyse von Zielen, Aufgabenverteilungen und Herausforderungen in konkreten Projekten.

  • Symptomaufstellung

    Fokussiert auf körperliche oder psychische Beschwerden, um deren mögliche Ursachen oder zugrunde liegende Konflikte zu erkennen.

  • Entscheidungsaufstellung

    Hilft bei der Klärung komplexer Entscheidungen, indem sie verschiedene Optionen und ihre Auswirkungen visualisiert.

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Wie funktioniert die Familienaufstellung?

Die Familienaufstellung kann sowohl in Gruppen als auch im Einzelcoaching genutzt werden. Der Ablauf variiert je nach Kontext, folgt aber bestimmten Grundschritten. Besonders im beruflichen Umfeld – etwa bei Konflikten im Team oder Entscheidungsfragen – ist die Methode sinnvoll.

Beispiel: Wir zeigen den Ablauf einer systemischen Aufstellung im beruflichen Kontext:

1. Klärung des Anliegens

Zu Beginn formuliert der Klient oder Coachee (= Aufsteller) sein Anliegen. Im beruflichen Kontext könnten das Themen sein wie:

  • Konflikte innerhalb des Teams
  • Entscheidungsblockaden bei Projekten
  • Überforderung durch unklare Strukturen

2. Auswahl der Stellvertreter

In einer Gruppenaufstellung wählt der Aufsteller nun Personen aus, die als Stellvertreter für relevante Themen im System fungieren – zum Beispiel Rollen wie: Kollege, Vorgesetzter, Kunde oder Projektziel. In einer Einzelaufstellung werden dafür Figuren, Kissen oder andere Symbole verwendet.

3. Aufstellung im Raum

Der Aufsteller positioniert die Stellvertreter im Raum, basierend auf seiner Wahrnehmung und Intuition. Dabei geht es darum, die gefühlte Beziehung zwischen den Elementen darzustellen – zum Beispiel Nähe, Distanz, Konfrontation oder Abwendung.

4. Wahrnehmung und Rückmeldungen

Beim Gruppencoaching fühlen sich nun die Stellvertreter in ihre Position ein und geben Rückmeldungen zu der gewählten Aufstellung. Das können körperliche Empfindungen, Emotionen oder spontane Gedanken sein. Im Einzelcoaching erklärt der Aufsteller, warum er welche Position gewählt hat. Die Aussagen helfen, verborgene Dynamiken und Konflikte im System zu erkennen.

5. Arbeit an der Lösung

Basierend auf den Rückmeldungen und den beobachteten Mustern arbeitet der Aufstellungsleiter mit dem Aufsteller an einem Lösungsbild. Im beruflichen Kontext kann dies bedeuten:

  • Klärung von Rollen und Verantwortlichkeiten
  • Neue Kommunikationswege im Team
  • Lösungsansätze für persönliche oder strukturelle Konflikte

6. Abschluss und Reflektion

Die Aufstellung endet mit einem Lösungsbild, das stimmig und entlastend wirkt. Im Nachgang reflektieren der Aufsteller und gegebenenfalls die Gruppe die Erkenntnisse, um diese in den Alltag zu integrieren und umzusetzen.

Methodik: Stellvertreter und Symbole

Je nach Setting werden Personen (Stellvertreter) oder Symbole (Figuren, Gegenstände) verwendet, um die relevanten Elemente im System darzustellen. Während anwesende Stellvertreter ihre Eindrücke direkt schildern, interpretiert der Aufsteller bei Symbolen die Dynamik selbst – unterstützt durch den Aufstellungsleiter. Unterschieden werden hierbei:

  • Gruppenaufstellungen
    Hier bringt die Interaktion zwischen Stellvertretern spontane, überraschende Einsichten. Sie eignen sich besonders, wenn komplexe Dynamiken ans Licht gebracht werden sollen.
  • Einzelaufstellungen
    Sind diskreter und ermöglichen eine geschützte Auseinandersetzung mit dem Thema. Sie sind ideal, wenn persönliche Gründe gegen eine Gruppenarbeit sprechen.
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Was bringt eine Familienaufstellung?

Familienaufstellungen sind eine vielseitige Methode zur Klärung von Konflikten und Blockaden in Beziehungen, beruflichen Strukturen oder bei persönlichen Entscheidungen. Sie eignen sich vor allem um festgefahrene und unbewusste Abhängigkeiten zu offenbaren und neue Perspektiven zu entwickeln.

Typische Anwendungsbereiche

  • Familienkonflikte
    Spannungen zwischen Familienmitgliedern, Kontaktabbrüche oder generationsübergreifende Belastungen.
  • Berufliche Herausforderungen
    Konflikte in Teams, unklare Rollen im Unternehmen oder Mobbing.
  • Entscheidungsfindung
    Unterstützung bei schwierigen beruflichen oder privaten Entscheidungen.
  • Psychosomatische Beschwerden
    Symptome wie Rückenschmerzen oder Schlafstörungen ohne klare medizinische Ursache.

Familienaufstellung Beispiel

Der Geschäftsführer eines Familienunternehmens steht vor der Entscheidung, ob er die Leitung an seine Tochter übergeben soll. Er fühlt sich innerlich zerrissen zwischen Loyalität gegenüber anderen Familienmitgliedern und der Erwartung, die Tradition des Unternehmens fortzuführen.

Mithilfe der Familienaufstellung werden die inneren und äußeren Konflikte beleuchtet. Dabei zeigt sich, welche Emotionen und Dynamiken aus der Vergangenheit seine Entscheidung unbewusst beeinflussen. Auf dieser Grundlage kann er seine Nachfolge objektiver regeln.

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Ist die Familienaufstellung gefährlich? Vor- und Nachteile

Familienaufstellungen sind nicht geeignet bei schweren psychischen Erkrankungen, Psychosen oder schweren Depressionen. Ebenso erfordert die Methode gründliche Vorbereitung und einen qualifizierten Aufstellungsleiter.

Eine Familienaufstellung hat Vorteile – birgt jedoch auch Risiken und kann sogar gefährlich sein. Hier eine Übersicht:

Familienaufstellung Vorteile

  • Beziehungsmuster aufdecken

    Unbewusste Dynamiken und Konflikte in sozialen Systemen werden sichtbar.

  • Strukturen visualisieren

    Beziehungen untereinander werden für alle greifbar und verständlich.

  • Blockaden erkennen

    Auch komplexe Zusammenhänge werden oft schon in kurzer Zeit erkannt.

  • Perspektiven wechseln

    Die Wahrnehmungen der Stellvertreter ermöglichen neue Einblicke und Aha-Momente.

  • Persönlichkeit weiterentwickeln

    Die Methode fördert das Bewusstsein für Veränderungen in verschiedenen Lebensbereichen.

  • Anwendung flexibel

    Die Methode eignet sich für familiäre, berufliche und persönliche sowie innerpsychische Themen.

Familienaufstellung Gefahren

  • Emotionale Überforderung

    Intensive Gefühle während der Aufstellung können Teilnehmer überfordern, vor allem ohne professionelle Nachbetreuung.

  • Fehlende Qualitätsstandards

    Die Ausbildung und Qualifikation von Aufstellern ist uneinheitlich und schwer überprüfbar. Im Markt gibt es viele Quacksalber.

  • Esoterische Strömungen

    Einige Anbieter arbeiten mit esoterischen oder fragwürdigen Konzepten wie „wissende Felder“, die wissenschaftlich nicht belegbar sind.

  • Mögliche Manipulation

    Teilnehmer können durch die Dynamik in der Gruppe oder durch den Aufstellungsleiter – unbewusst oder absichtlich – beeinflusst werden.

  • Eingeschränkte Eignung

    Personen mit psychischen Erkrankungen oder in akuten Krisen sollten die Methode mit Vorsicht nutzen oder psychologisch gut betreut werden – vor allem die Nachbetreuung ist wichtig.

Eine generelle Kritik an der klassischen Methode von Bert Hellinger sagt zudem, dass die Methode zu starr sei und oft auf universellen „Wahrheiten“ beruhe, die die individuelle Perspektive der Klienten zu wenig berücksichtigt.

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Wie kann ich seriöse Anbieter finden?

Die Wahl eines seriösen Anbieters ist entscheidend für den Erfolg und die Sicherheit einer Familienaufstellung. Da die Methode emotional intensiv sein kann, sollte der Aufstellungsleiter gut ausgebildet sein und verantwortungsvoll arbeiten.

Kriterien für Qualität

  • Ausbildung und Erfahrung
    Der Anbieter sollte eine fundierte Ausbildung in systemischer Therapie, Coaching oder Psychotherapie haben und praktische Erfahrung nachweisen können.
  • Mitglied in Fachgesellschaften
    Organisationen wie die Deutsche Gesellschaft für Systemaufstellungen (DGfS) oder die International Systemic Constellations Association (ISCA) stellen Qualitätsstandards auf. Mitglieder der Fachverbände verpflichten sich, ethische und methodische Richtlinien einzuhalten.
  • Nachbetreuung
    Ein seriöser Anbieter bietet nach der Aufstellung Möglichkeiten zur Reflexion und Unterstützung an, um die gewonnenen Erkenntnisse in den Alltag zu integrieren.

Warnsignale für unseriöse Anbieter

  • Esoterische oder mystische Versprechen
    Anbieter, die mit garantierten Ergebnissen werben, sollten Sie mit Vorsicht und Skepsis betrachten.
  • Mangelnde Transparenz
    Gibt es keine Informationen über die Qualifikationen des Anbieters oder den genauen Ablauf der Aufstellung, sollten Sie die Finger von dem Anbieter lassen.
  • Großveranstaltungen ohne Begleitung
    Aufstellungen in großen Gruppen ohne persönliche Betreuung können überfordernd und sogar gefährlich sein.
  • Autoritärer Stil
    Ein guter Aufstellungsleiter gibt keine absoluten Wahrheiten vor, sondern erarbeitet individuelle Lösungen gemeinsam mit dem Klienten.
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Häufige Fragen zur systemischen Familienaufstellung

Ist eine Familienaufstellung gefährlich?

Eine Familienaufstellung ist in der Regel nicht gefährlich, wenn sie von einem qualifizierten Aufstellungsleiter durchgeführt wird. Allerdings kann die Methode intensive emotionale Reaktionen hervorrufen. Ohne ausreichende Nachbetreuung oder bei unprofessionellen Anbietern besteht das Risiko einer Überforderung, besonders bei Menschen in psychischen Krisen.

Wie viel kostet eine Familienaufstellung?

Die Kosten variieren je nach Anbieter und Format. Gruppensitzungen kosten meist zwischen 50 und 200 Euro, während Einzelaufstellungen mit 100 bis 300 Euro teurer ausfallen können. Manche Anbieter bieten auch Rabatte für Stellvertreterrollen an.

Ist Familienaufstellung Esoterik?

Familienaufstellungen basieren auf systemischen Prinzipien und können wissenschaftlich fundiert sein, insbesondere wenn sie von Therapeuten mit systemischer Ausbildung geleitet werden. Allerdings gibt es auch Anbieter, die mit esoterischen Konzepten wie „wissenden Feldern“ arbeiten, was die Methode in Verruf bringen kann. Es ist wichtig, auf die Qualifikation des Anbieters zu achten.

Wie lange dauert es, bis eine Familienaufstellung wirkt?

Die Wirkung einer Familienaufstellung kann sofort spürbar sein oder sich über Wochen und Monate hinweg entfalten. Manche Teilnehmer berichten von direkten Aha-Momenten, andere bemerken schrittweise Veränderungen in ihrem Denken, Fühlen oder Verhalten.

Ist eine Familienaufstellung seriös?

Ja, Familienaufstellungen sind seriös, wenn sie von ausgebildeten und erfahrenen Aufstellungsleitern durchgeführt werden. Achten Sie darauf, dass der Anbieter Mitglied in einem anerkannten Fachverband ist, wie z. B. der Deutschen Gesellschaft für Systemaufstellungen (DGfS). Vermeiden Sie Anbieter, die pauschale Lösungen oder spektakuläre Ergebnisse versprechen.


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