Wie funktioniert die Pomodoro Technik?
Was die Pomodoro-Technik so populär macht, ist sicher der italienische Charme der Simplizität: kein kompliziertes Brimborium, kein hochtrabendes Technikgeschwurbel – eine simple Küchenuhr reicht. Und bei Tomaten und Italien denken wir zugleich an Sonne, Süden, Pizza, Pasta und Urlaub. Das motiviert zusätzlich.
Das Grundprinzip der Pomodoro-Technik funktioniert denkbar einfach: Um produktiver zu werden, wechseln Phasen konzentrierter Arbeit (25 Minuten) mit regelmäßigen Pausen (5 Minuten) ab. Diese Intervalle nennt Cirillo übrigens Pomidori. Nach 4 Pomidori sollten Sie zudem eine längere Pause von 20 bis 30 Minuten machen. Dann beginnt der Ablauf von vorne (siehe Grafik):
Für einen kompletten Pomodoro-Zyklus werden also rund 2:25 Stunden gebraucht (4 Pomodori-Einheiten plus längere Pause).
Anwendung und Tipps zur Pomodoro-Technik
Ein Problem und Kritikpunkt an der Pomodoro Technik sind die 25-Minuten-Einheiten. Welche Aufgabe dauert schon exakt 25 Minuten? Damit die Zeitmanagement-Methode optimal funktioniert, sollten Sie daher folgende Tipps zur Vorbereitung nutzen:
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Aufgaben priorisieren
Bevor es losgeht, verschaffen Sie sich einen kurzen Überblick der anstehenden Aufgaben. Notieren Sie sich kurz (!), was alles erledigt werden muss. Danach priorisieren Sie die Aufgaben – zum Beispiel mithilfe einer To-Do-Liste, der Eisenhower-Methode oder ABC-Analyse.
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Zeitaufwand schätzen
Im zweiten Schritt schätzen Sie grob, wie viel Zeit jede der Aufgaben benötigt. Eine grobe Schätzung reicht. Wichtiger ist, dass Sie größere Aufgaben in kurze Intervalle von rund 25 kalkulierten Minuten aufteilen. Aus „Projekt präsentieren“ wird dann zum Beispiel „Folien sichten + Fehlerkorrektur“ (Pomodoro 1), „Anmerkungen einfügen“ (Pomodoro 2) und „Präsentations-Probe“ (Pomodoro 3).
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Tag einteilen
Da Sie dank Schritt 1 die wichtigsten Aufgaben des Tages kennen und diese nun in kalkulierte Pomidori eingeteilt haben, sollten Sie diese nun in Ihrem Tagesplaner (eine kostenlose Vorlage erhalten Sie HIER) eintragen. Idealerweise planen Sie die Pomodoro-Intervalle am Vorabend oder gleich morgens als erstes.
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Fokussiert bleiben
Damit die Pomodoro-Technik funktioniert, müssen Sie diese eine Weile praktizieren und sich an die 25-Minuten-Einheiten gewöhnen. Ob Sie dazu eine Küchenuhr, eine Eieruhr oder das Smartphone nutzen, ist egal. Entscheidender ist, dass in dieser Zeit wirklich konzentriert und fokussiert arbeiten. Sobald der Timer klingelt, gönnen Sie sich eine kurze Verschnaufpause. Ziel ist, den Kopf frei zu bekommen und neue Kraft zu tanken. Weil die Konzentration so oder so nachlässt, ist nach dem vierten Durchgang eine bis zu 30-minütige Auszeit erforderlich.
Cirillo selbst empfiehlt für die Arbeit mit der Pomodoro-Technik nur Stift und Papier zu verwenden, um weitere Ablenkungen auszuschalten.
Pomodoro Timer für Internet-Browser und als App
Falls Sie den ganzen Tag vor dem Rechner sitzen oder viel im Internet arbeiten, können Sie zahlreiche kostenlose Pomodoro Timer nutzen. Besonders empfehlenswerte sind browserbasiert, sodass Sie für die Pomodoro-Timer nicht einmal eine Software installieren müssen:
- Tomato.es
- tomato-timer.com
- tomighty.github.io
- marinaratimer.com
Alle Anwendungen bestehen aus einem einfachen Timer, der meist mit der Space-Taste gestartet wird und auf 25 Minuten voreingestellt ist. Nach Ablauf der Frist macht sich die Seite bemerkbar. Zudem können Sie sich den Timer Keepfocused herunterladen. Die kostenlose Browser-App ermöglicht ebenfalls, seine Arbeitsweise zu kontrollieren.
Pomodoro App auf dem Smartphone
Wer lieber mit einer Pomodoro App auf dem Smartphone arbeitet, kann zum Beispiel die iPhone-App „Flat Tomato“ von Jian bu nutzen. Die kostenlose Timer-App ermöglicht nicht nur die Zeiteinteilung, sondern zeigt in Form von Diagrammen und Grafiken wie erfolgreich Sie waren. Wahlweise täglich, wöchentlich oder monatlich. Nutzer von Android-Smartphones wählen stattdessen die Pomodoro-App „Brain Focus„. Auch sie gibt einen Überblick besonders produktive Phasen, Pausen und Fortschritte.
Ganz ohne App auf dem Smartphone geht es aber auch:
- Stellen Sie die Stoppuhr auf Ihrem Handy auf 25 Minuten, und starten Sie die Sequenz.
- Schalten Sie Ihr Handy in den Flugmodus, um nicht gestört zu werden.
- Konzentrieren Sie sich nun voll auf Ihre Aufgabe.
- Sobald die Stoppuhr klingelt, gönnen Sie sich eine 5-minütige Pause und beginnen den Zyklus von vorne.
- Während der Pause können Sie das Smartphone wieder in den Normalmodus schalten und kurz Ihre Mails checken.
Wobei hilft die Pomodoro-Technik?
Die Pomodoro Technik ist so simpel, dass sie fast banal wirkt. Ist sie aber nicht. Tatsächlich sind wir im Arbeitsalltag zahlreichen Ablenkungen ausgesetzt: Der Kollege kommt auf einen Plausch vorbei. Jemand ruft an. Auf dem Bildschirm poppen ständig neue Mails auf. Jede dieser Ablenkungen reißt uns aus dem „Flow„. Studien kamen zu dem Ergebnis, dass wir teils 11 Minuten brauchen, um uns danach wieder auf unsere Aufgabe zu konzentrieren. Ein einziges Stop-And-Go.
Die Pomodoro-Technik diszipliniert dazu, uns wirklich nur einer Aufgabe zu widmen (siehe auch: Singletasking) und darauf zu fokussieren. Ebenso hilft sie, ein besseres Zeitgefühl zu bekommen, den Tunnelblick zu vermeiden und uns nicht zu überarbeiten. Ohne die kleinen Pausen zwischendurch wäre die Technik nichts weiter als Akkordarbeit. Stattdessen schalten wir häufige Zeitfresser aus und schotten uns (im positiven Sinne) ab, um wieder produktiver zu werden.
Mit der Pomodoro-Technik gegen Prokrastination
Was viele nicht wissen: Francesco Cirillo war noch Student als er die Technik erfand. Er kämpfte gegen Konzentrationsstörungen beim Lernen. Vor allem versuchte er so seiner Prokrastination entgegen zu wirken, also dem ständigen Aufschieben unangenehmer Aufgaben. Bis heute hilft die Pomodoro Technik Studenten wie Azubis, diese „Aufschieberitis“ beim Büffeln und Pauken zu überwinden. Dabei müssen Sie gar nicht unbedingt die 25-Minuten-Intervalle einhalten. Wenn es partout nicht geht, funktioniert das Prinzip auch mit 15-Minuten- oder 40-Minuten-Einheiten. Lassen Sie sich also nicht entmutigen, wenn es die ersten Male nicht lehrbuchmäßig funktioniert.
Tipps zum Umgang mit Störungen & Unterbrechungen
In kaum einem Job wird es möglich sein, ohne Störungen zu arbeiten. Unterbrechungen durch Kollegen, Anrufe oder Mails kommen überall vor. Damit die Technik funktioniert, kann es sinnvoll sein, die Pausen-Intervalle zu verlängern, um Liegengebliebenes abzuarbeiten. Oder um wirklich eine Pause zu machen und so anschließend wieder konzentriert weiterzuarbeiten. Entscheidend ist die Art der Unterbrechung oder Störung. Mancher Kollegen-Plausch kommt ja vielleicht auch willkommen.
Im Endeffekt geht es bei der Pomodoro-Technik um ein besseres Selbstmanagement. Und darum, dass Sie sich für bestimmte Aufgaben eine klare Deadline setzen, um keine Zeit zu vertrödeln. Die Fokussierung ist somit eine Frage der Selbstdisziplin. Denn manche Ablenkungen können Sie selbst regulieren:
- Wer in einem lauten Großraumbüro arbeitet, kann auf Ohrstöpsel oder Kopfhörer zurückgreifen.
- In kleineren Büros können Sie die Tür schließen und die Kollegen mit einem Bitte-nicht-stören-Schild um Ruhe bitten.
- Für eine längere Pomodoro-Session können Sie Mails und Telefon auch mal ganz ausschalten, den Anrufbeantworter einschalten oder Anrufe an einen Kollegen umleiten (der bescheid weiß!).
- Bewährt hat sich auch, sich zur Beantwortung von Mails feste Zeiten einzurichten.
Tipp: Idealerweise sprechen Sie Ihren persönlichen Einsatz der Pomodoro Technik vorher mit dem Vorgesetzten ab. Dann weiß jeder, dass Sie in dieser Zeit nicht gestört werden wollen. Zudem haben Sie die Erlaubnis, das Telefon auszuschalten oder umzuleiten sowie Mails nicht sofort beantworten zu müssen (siehe auch: Telepressure). Das vermeidet unnötige Missverständnisse oder Ärger.
Pomodoro-Technik Kritik
Natürlich gibt es auch an der Pomodoro-Technik Kritik. Die Hauptvorwürfe sind:
- Zu unflexibel
Die 25-Minuten-Abschnitte seien ein zu enges Korsett. Manche Aufgaben lassen sich einfach nicht darauf zuschneiden. So führe die Einhaltung doch nur zu einer anderen Unterbrechung. Dagegen lässt sich allerdings einwenden, dass sich die Methode den jeweiligen Bedürfnissen anpassen lässt. Entscheidend ist, dass Sie das Grundprinzip – den Wechsel aus fokussierter Arbeit und regelmäßigen Pausen – beibehalten. - Zu unrealistisch
Kritiker monieren, dass niemand einen solchen Rhythmus den ganz Tag lang durchhalten könne. Einen derart ablenkungsfreien, strikt durchgetakteten und fokussierten Tag gibt es nicht. Mag sein. Sie können sich den Tag allerdings auch in Blöcke einteilen: jene, in denen Sie mit der Pomodoro-Technik arbeiten und andere, die freier bleiben.
Die Pomodoro Technik Vor- und Nachteile
Wirkliche Pomodoro-Technik Nachteile gibt es nicht. Sie lässt genügend Flexibilität, die Zeitintervalle und den Tag so einzuteilen, dass es für Sie passt. Dafür sind die Vorteile umso zahlreicher.
- Simplizität
Einfacher geht es kaum: Für die die Pomodoro Technik brauchen Sie nur einen Timer, Zettel und Stift. - Impulskontrolle
Die Technik hilft, für die Dauer von 25 Minuten oder länger den Wunsch zu unterdrücken, sich ablenken zu lassen. - Motivation
Die regelmäßigen Pausen sorgen nicht nur für neue Energie. Sie geben ebenso einen Motivationskick, weil Sie sich damit für jeden Teilschritt und Teilerfolg belohnen. - Selbstdisziplin
Durch das feste Gerüst der Pomodoro-Intervalle haben lernen Sie, diszipliniert an einer Sache zu arbeiten – ganz gleich, ob es 10, 15 oder 25 Minuten sind. - Regeneration
Weil Sie gezwungen sind, Pause zu machen, schützen Sie die Pomidori vor Überanstrengung und Selbstausbeutung. So bleiben Sie über den Tag hinweg geistig fit. - Konzentration
Studien zeigen: Länger als 90 Minuten kann sich niemand am Stück konzentrieren. Die Pomodoro-Einheiten sind deutlich kürzer und verbessern so zusätzlich die Konzentration. - Produktivität
Die Pomodoro Technik verhindert Multitasking und die Gefahr, sich zu verzetteln. Das steigert die Effizienz. - Zielerreichung
Indem Sie sich nur auf eine Sache pro Intervall konzentrieren, arbeiten Sie insgesamt zielgerichteter. Und weil Sie große Aufgaben in überschaubare Teile zerlegen, fällt auch das Anfangen leichter. Effekt: Sie erreichen am Ende mehr und müssen sich weniger überwinden.
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