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Ablenkung: Der richtige Umgang mit Zerstreuung

Arbeit und Ablenkung scheinen zwei absolute Gegenpole zu sein. Wann immer es um konzentriertes Arbeiten geht, stehen Ablenkungen dem im Weg. Wer gerade noch hoch motiviert am Computer saß und sich der eigentlichen Aufgabe widmen wollte, ist im nächsten Moment allzu bereit, einem Kollegen Rede und Antwort übers Wochenende zu stehen. Menschen lassen sich schnell von anderen Menschen abbringen, in Person oder digital durch Social Media. Woran das liegt und wie Sie sinnvoll mit Ablenkungen umgehen können…



Ablenkung: Der richtige Umgang mit Zerstreuung

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Bedeutung: Was bedeutet Ablenkung?

Der Weg ist klar, aber Sie kommen davon ab, nehmen einen Umweg. Im schlimmsten Fall kommen Sie nicht am Ziel an: Das sind mögliche Auswirkungen von Ablenkung. Wortwörtlich genommen, können Ablenkungen tödlich enden – zum Beispiel wenn ein Fahrer auf der Autobahn bei hoher Geschwindigkeit vom Handy abgelenkt wird.

Im Büroalltag und beim Lernen führt Ablenkung zur falschen Zeit glücklicherweise nicht zu solchen Konsequenzen. Dass vorgegebene Ziele nicht erreicht werden, ist allerdings auch hier eine Gefahr. Wer sich auf eine Abschlussprüfung vorbereiten will und sich beim Lernen ablenken lässt, beschäftigt sich womöglich nur unzureichend mit den geforderten Themen.

Ärgerlich sind solche Konsequenzen, weil die Inhalte der Ablenkung meist nichtig sind, das verpasste Ziel hingegen nicht. Das führt dazu, dass wegen Plaudereien mit dem Kollegen, Katzenvideos im Internet oder einfach nur Tagträumerei Vorgaben nicht eingehalten werden können. Das führt zu Überstunden und dem frustrierenden Gefühl, nichts geschafft zu haben.

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Ursachen und Konsequenzen von Abweichung

Einerseits hat jeder eine klare Vorstellung davon, was Ablenkung bedeutet – andererseits gibt es verschiedene Auslegungen. Ist Ablenkung etwa das gleiche wie Unaufmerksamkeit? Das blendet nämlich die Tatsache aus, dass nicht jede Ablenkung selbst verursacht ist.

Mangelnde Aufmerksamkeit und daher Konzentrationsstörungen sind eher interne Gründe, die Ursachen dafür können beispielsweise in Schlafmangel oder Problemen bestehen. Hingegen liegen Ablenkungen infolge von Störungen wie das Klingeln des Telefons oder das Klopfen an der Tür klar in externen Gründen. Sie können noch so konzentriert arbeiten – bricht plötzlich der Feueralarm aus, dürfte die Ablenkung von der Arbeit mehr als sinnvoll sein.

Auf externe Gründe haben Sie einen vergleichbar geringen Einfluss, um beim Beispiel des Feueralarms zu bleiben. Sie können sich verbitten, in den kommenden zwei Stunden von Kollegen gestört zu werden, das Telefon umleiten und dergleichen mehr. Wird draußen vor Ihrem Büro die Straße aufgerissen, endet Ihre Einflussnahme. Umso wichtiger, sich den internen Gründen für Ablenkung zu widmen. Eine Studie (PDF) der Psychologen Gloria Mark vom Department of Informatics der University of California und Daniela Gudith und Ulrich Klock vom Institut für Psychologie der Humboldt Universität zeigt die Auswirkungen von Ablenkungen.

Die Forscher fanden heraus, dass etwa alle drei Minuten ein Arbeitnehmer im Büro bei seiner Arbeit abgelenkt wird – sowohl durch interne als auch externe Faktoren. Die Resultate sind in beiden Fällen drastisch: Bis zu 23 Minuten kann es wieder dauern, dass jemand wieder am ursprünglichen Punkt seiner Arbeit fortfahren kann. Angenommen, Sie hätten nur drei Ablenkungen während Ihrer Arbeitszeit und fänden bereits nach 20 Minuten wieder zum Ausgangspunkt Ihrer Tätigkeit zurück, so hätten Sie dennoch eine ganze Stunde Zeit verloren.

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Optimum minimiert Risiko für Ablenkungen

Die Hauptsorge: Ablenkungen sind Gift für die Produktivität. Sie sitzen zwar irgendwie am Arbeitsplatz, kriegen aber kaum etwas erledigt, da Sie immer wieder abgelenkt sind. Eine Studie mit Studenten hat auch herausgefunden, welche internen Gründe das Abschweifen von der Arbeit begünstigen. Untersucht wurde, wie gut die Probanden Vokabeln lernen. Dabei stellte sich heraus, dass die Gefahr der Ablenkung bei schwierigen oder extrem leichten Vokabeln deutlich höher war als bei mäßig schweren. Es geht also gewissermaßen um die optimale Mitte.

Diese Erkenntnis deckt sich mit der Flow-Theorie. Demnach sind wir dann voll in unserem Element, wenn wir einer leicht herausfordernden Tätigkeit nachgehen, bei der wir davon überzeugt sind, sie bewältigen zu können. In dem Moment, wo sich ein Gefühl von völliger Unter- oder Überforderung einstellt, verfallen viele Arbeitnehmer eher in Schockstarre. Sind sie hingegen im Flow, sind die Gedanken auf diese eine Sache fokussiert. Geräusche auf dem Büroflur werden ausgeblendet, Gedanken an Social-Media-Kanäle kommen erst gar nicht auf.

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Sind Unterbrechungen ein Produktivitätskiller?

Was die Studie um Gloria Mark auch herausfand: Ablenkungen müssen kein Produktivitätskiller sein. Im Gegenteil, sie können die Produktivität erhöhen. Und zwar ließ sich beobachten, dass bei anstehenden Unterbrechungen wie zum Beispiel einem Meeting viele Arbeitnehmer schneller arbeiten. Der Grund dafür liegt darin, dass solche anberaumten Termine zweierlei Funktion erfüllen. Zum einen funktionieren sie wie eine Deadline. Es ist klar, dass die vorhandene Arbeitszeit um diesen Termin gekürzt wird. Das bedeutet, dass in der neu berechneten Zeit die Arbeit geschafft werden muss.

Hier greift ein psychologisches Phänomen, das bereits als Parkinsonsches Gesetz bekannt ist. Eine Aufgabe dauert demnach genau so lange, wie uns Zeit zur Verfügung steht. Sind es die üblichen acht Arbeitsstunden, dann halt acht Stunden. Werden diese durch ein Meeting oder anderweitige Termine gekürzt, eben entsprechend weniger. Gleichzeitig kann so eine Unterbrechung durchaus willkommene Ablenkung sein. Ist die Tätigkeit eben nicht optimal herausfordernd, sondern eher etwas stupide, braucht es zwischendurch einen Ausgleich. Ablenkung hat schließlich zwei Seiten. Synonyme von Ablenkung sind:

  • Abwechslung
  • Aufmunterung
  • Erheiterung
  • Kurzweil
  • Unterhaltung
  • Veränderung
  • Vergnügen
  • Zeitvertreib
  • Zerstreuung

Ein Meeting oder ein Kundentermin kann genau die nötige Zerstreuung bieten, weil ein völlig anderer Themenschwerpunkt erörtert wird, um anschließend deutlich schneller die ursprüngliche Arbeit zu beenden. In diesem Fall ist eine Ablenkung gleichbedeutend mit einer Pause, auch wenn sie mitten in der Arbeitszeit stattfindet.

Ablenkung: Tipps für den richtigen Umgang

Wollen Sie vorankommen oder brauchen Sie Ablenkung, um neue Energie zu tanken? Für mehr Konzentration und Aufmerksamkeit haben wir folgende Tipps:

  • Formulieren Sie Ihre Ziele

    Schreiben Sie eine To-do-Liste. Sie hilft Ihnen, den Überblick zu behalten und gleichzeitig Prioritäten zu setzen. Das minimiert das Risiko, sich allzu entspannt zurückzulehnen, wenn beispielsweise ein voller Terminkalender bewusst ist.

  • Sorgen Sie für Ruhe

    Ruhe im Wortsinn, dass Sie Lärm und Unterbrechungen durch Kollegen und Telefonanrufe vermeiden. Ruhe allerdings auch im übertragenen Sinn: Ein aufgeräumter Schreibtisch nur mit den benötigten Materialien lenkt nicht so leicht ab wie ein mit allen möglichen Unterlagen voll gestellter Arbeitsplatz. Dazu gehört ebenso, das private Handy wegzulegen – allein die pure Anwesenheit weckt die Neugier auf neue Nachrichten und lenkt ab.

  • Meiden Sie Zeitfresser

    Das Internet mit seinen vielfältigen Möglichkeiten ist einer der stärksten Zeitfresser: Private Mails und Nachrichten auf Whatsapp checken, auf Facebook und Youtube surfen hält Sie unnötig ab. Besser, Sie schalten Ihr Smartphone aus und nutzen es nur zu festen Zeiten außerhalb der Arbeit.

  • Machen Sie Notizen

    Nicht nur unter der Dusche ereilt uns ein Gedankenblitz. Häufig kommen plötzliche Ideen, wenn wir mit etwas anderem beschäftigt sind. Geben Sie dem Impuls nach und widmen sich ausführlich dieser Idee, wird daraus eine Ablenkung. Besser, Sie notieren sich Ihren Einfall und kommen später gezielt darauf zurück.

  • Nutzen Sie das Telefon

    Ein überquellender Posteingang wirkt direkt abschreckend. Dabei sind viele Mails – vor allem untereinander – völlig banal. Dennoch kann die reine Anzahl dazu führen, dass Prioritäten sich nur schlecht erkennen lassen. Um dringende Dinge schnell zu erledigen und komplexe Inhalte verständlich transportieren zu können, ist das Telefon meist besser geeignet.

  • Legen Sie bewusste Pausen ein

    Die totale Konzentration acht Stunden am Stück gibt es nicht. Durcharbeiten, um vermeintlich schneller fertig zu werden, hat sich nicht bewährt. Um weniger anfällig für Konzentrationsstörungen zu sein, brauchen Sie Ruhepausen. Ist die Arbeit besonders monoton, aber die letzte Pause liegt zu kurz zurück, können Sie auch kurz aufstehen und sich bewegen oder auf die Toilette gehen.

Fokussierung abhängig vom Schwierigkeitsgrad

Die Psychologie-Professoren Simona Buetti und Alejandro Lleras von der University of Illinois wollten wissen, wann und wie leicht wir uns ablenken lassen und ob der Schwierigkeitsgrad dabei entscheidend ist. Dafür mussten ihre Probanden unterschiedlich schwere mathematische Aufgaben lösen. Währenddessen flackerten auf dem Bildschirm vor den Teilnehmern immer mal wieder neutrale Bilder auf, die ablenken sollten. Ein Eye-Tracker verfolgte jede Augenzuckung der Teilnehmer bis ins Detail. Ergebnis: Je leichter die Mathe-Aufgabe, desto eher blinzelten die Probanden zum Bildschirm hinüber. War die Aufgabe schwieriger, richteten sie den Blick seltener auf den Screen.

Abgelenkt Gruende Psychologie Ursachen Studie Grafik

Grad der Ablenkung eine Willensfrage

Erwartet hatten die Forscher das Gegenteil, das bei schwierigen Aufgaben der Wunsch nach Zerstreuung zunimmt. Stattdessen steige aber offenbar die Konzentration und verringere sich die Sensibilität für die Dinge von außen. Das passt auch zum Phänomen der sogenannten Unaufmerksamkeitsblindheit. Demnach übersehen konzentrierte Menschen oftmals kuriose, merkwürdige oder unerwartete Geschehnisse, die sich parallel ereignen. So wie in einem anderem Experiment: Bei dem sollten sich Probanden auf ein Basketballspiel-Video konzentrieren und nahmen eine quer durch das Bild laufende Person im Gorillakostüm nicht wahr.

Lleras zufolge besteht offenbar der Drang, sich von der Außenwelt zu lösen, wenn erhöhte Aufmerksamkeit für die Innenwelt erforderlich ist: In dem Fall zur Problemlösung. Eine weitere Studie bewies, dass selbst monetäre Anreize keine nennenswerten Auswirkungen hatten. Stattdessen zeichnete sich ab: Je mehr die Probanden mit einer Aufgabe kämpften, umso stärker konzentrierten sie sich darauf. Die Quintessenz: Der Grad der Ablenkung wird durch mehrere Faktoren bestimmt. Dazu zählen neben Schwierigkeitsgrad und einer ruhigen Umgebung eben auch unser Engagement und Interesse. Die Psychologen bezeichnen dies als „Engagement Theory of Distractability“.

Konsequenz für Lernwillige

Konzentration ist somit eine Frage des Willens. Ist unser Einsatz hoch, steigen auch Konzentration und Fokus. Ist uns die Aufgabe egal, konzentrieren wir uns nur widerwillig – und lassen uns leichter ablenken. Wer sich also beispielsweise felsenfest vornimmt, die Übungsaufgabe vor der Klausur gründlich durchzugehen und fehlerfrei zu lösen, geht eine Selbstverpflichtung ein. Der Einsatz steigt und mit ihm Konzentration und Fokus. Ablenkungsquellen dagegen nehmen wir seltener und schwächer wahr. Das heißt aber auch: Für Ablenkungen sind nicht immer die anderen verantwortlich, sondern vor allem wir selbst.

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