Honeymoon-Hangover-Effekt: Frust nach Jobwechsel

Neuer Job, neues Glück. Das ist keine billige Wortkombination, das ist eine Formel. Eine Formel, die aufgeht. Arbeitnehmer, die ihren Job wechseln, durchleben die erste Zeit am neuen Arbeitsplatz wie auf Wolke sieben. Glücklich, motiviert, begeistert vom neuen Arbeitsumfeld. Irgendwann aber folgt das böse Erwachen. Dahinter steckt der Honeymoon-Hangover-Effekt. Schluss mit rosaroter Brille, stattdessen entstehen Frust und Zweifel. Wir erklären, was der Honeymoon-Hangover-Effekt ist und wie Sie damit umgehen können…

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Honeymoon-Hangover-Effekt: Was ist das?

„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“ – Dem Zitat von Hermann Hesse können wohl die meisten zustimmen, die schon einmal den Job gewechselt haben. Der neue Job beginnt meist ganz zauberhaft. Wir lernen neue Kollegen kennen, alle sind nett. Hinter uns liegt ein erfolgreicher Bewerbungsprozess: Wir sind der- oder diejenige, die letztlich ausgewählt und eingestellt wurde. Eine Art Liebeserklärung und beste Voraussetzungen für eine neue Beziehung… Es fühlt sich ein bisschen an, wie in den Flitterwochen. Daher auch der Name: Honeymoon-Hangover-Effekt.

Der Honeymoon-Hangover-Effekt verläuft in drei Phasen:

  1. Jobwechsel
    Zunächst verschlechtert sich die Zufriedenheit des Arbeitnehmers in seinem aktuellen Job. Irgendwann wir er so unglücklich, dass er einen Schlussstrich zieht und den Arbeitgeber wechselt.
  2. Honeymoon-Phase
    Am neuen Arbeitsplatz erlebt der Mitarbeiter zunächst ein regelrechtes Hoch. Kurz: Er oder sie ist deutlich zufriedener als zuvor. Das ist der „Honeymoon“ – die beruflichen Flitterwochen.
  3. Hangover-Phase
    Nach und nach aber schwindet das schöne Gefühl. Gewöhnung und Alltag setzen ein. Die anfängliche Euphorie weicht Ernüchterung. Katerstimmung! Das ist der Hangover – der Frust und die Zweifel, die dem anfänglichen Hochgefühl folgen.

Dem Phänomen kamen die US-Wisenschaftler Wendy Boswell und John Boudreau in einer Studie mit mehreren Hundert hochrangigen US-Managern auf die Spur.

Wann ist der Effekt am stärksten?

Am stärksten wirkt der Honeymoon-Hangover-Effekt bei einem freiwilligen Jobwechsel. Also wenn Arbeitnehmer aus eigenem Wunsch heraus kündigen und sich eine neue Stelle suchen. Dann erleben sie anfangs den größeren Honeymoon – und umso größer wird der Absturz empfunden. Wer hingegen unfreiwillig wechseln muss, freut sich womöglich auch über den neuen Job (und den Abschied von der Arbeitslosigkeit). Nicht immer ist das neue Arbeitsverhältnis aber „Liebe auf den ersten Blick“. Das Hoch ist nicht ganz so groß, aber auch die Ernüchterung wird weniger intensiv wahrgenommen.

Eine Studie von Adrian Chadi und Clemens Hetschko bestätigt: Je unfreiwilliger der Arbeitsplatzwechsel, desto geringer die erste Zufriedenheit am neuen Arbeitsplatz. Das Ergebnis haben Sie den „HoHa-Effekt“ getauft („Ho“ für HOneymoon; „Ha“ für HAngover). Der Effekt verschwindet sogar völlig, wenn jemand etwa aufgrund einer Werksschließung oder Insolvenz mit betriebsbedingten Kündigungen den Job wechselt. Mit einem „Honeymoon“ beim neuen Arbeitgeber sei dann nicht zu rechnen. Auch dann nicht, wenn die alte Stelle in Wahrheit eine Qual war.

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Wie lange dauert der Honeymoon-Hangover-Effekt?

Zunächst geht dem Flitterwochen-Phänomen eine starke Unzufriedenheit voraus. Die ist eine zwingende Voraussetzung für den Effekt. Der Arbeitnehmer muss unmittelbar vor dem Jobwechsel unglücklich sein. Nicht selten dauert diese Phase aus Frustration und innerer Kündigung bis zu einem Jahr. Tritt der Arbeitnehmer dann die neue Stelle an, beginnen die Flitterwochen. Beziehungsweise das Flitterjahr. Denn im ersten Jahr fühlt man sich laut Studie von Chadi und Hetschko am besten.

Auch im zweiten Jahr ist der Effekt noch „deutlich positiv“. Danach aber geht die Hochstimmung abrupt zurück. Teilweise verkehrt sie sich sogar ins Gegenteil. Jüngere Studien gehen von einem deutlich kürzeren Honeymoon aus. Nach sechs Monaten sei schon wieder alles vorbei. In Einzelfällen dauere die Flitterphase bis zu zwölf Monate. Spätestens danach aber kehre der traurige Alltag ein. Das schreiben zum Beispiel Forscher der WU Wien um Markus Latzke.

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Wen trifft der Honeymoon-Hangover-Effekt?

Die erste gemeinsame Zeit ist zwar schön. Für manche ist aber schöner als für andere. Einige Gruppen erleben einen besonders stark ausgeprägten Honeymoon. Das gilt für:

  • Frauen stärker als Männer.
  • Geringqualifizierte stärker als Hochqualifizierte.
  • Jüngere stärker als ältere Arbeitnehmer.

Bei Frauen ist der Honeymoon-Hangover-Effekt laut Studien am stärksten. Der Kater danach aber trifft vor allem ältere Arbeitnehmer, die noch dazu aus betrieblichen Gründen den Job wechseln mussten. Bei ihnen zeigt die Glückskurve steiler nach unten als bei jeder anderen Gruppe. Weniger heftig ist der Kater hingegen bei jenen, die sich nach einer Kündigung durch den Arbeitgeber beruflich verändert haben.

Job wechseln: Ja oder nein?

Ist der Honeymoon-Hangover-Effekt ein Argument pro oder kontra Jobwechsel? Schwer zu sagen. Nicht zuletzt spielen hier auch andere Parameter hinein. Ein Jobwechsel mit 50 ist schwieriger und fühlt sich anders an als bei einem Berufseinsteiger. Ebenso haben das Onboarding, also wie man im neuen Job empfangen wird, oder allgemeine Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt einen Einfluss auf beide Phasen: Hoch wie Tief.

Grundsätzlich lässt sich sagen: Jobwechsel sind immer dann gut, wenn Sie nicht aus dem Affekt heraus passieren, sondern aus guten Gründen und mit strategischen Zielen. Hauptsächlich, um sich beruflich und persönlich weiterzuentwickeln. Wer jünger ist, dem werden noch häufigere und schnellere Wechsel als Orientierungsphase zugestanden. Mit der Reife und Spezialisierung sollten diese bedachter erfolgen, um nicht als Jobhopper zu gelten.

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Warum gibt es den Honeymoon-Hangover-Effekt?

Eine Antwort in vier Worten: Der Reiz des Neuen. Neues elektrisiert uns, ob es sich dabei um ein neues Handy, einen neuen Partner – oder eben um einen neuen Job handelt. Die meisten Arbeitnehmer verbessern sich bei einem Jobwechsel. Sie verdienen danach mehr Geld, erwerben eine bessere Position, handeln vielleicht noch flexible Arbeitszeiten aus oder haben fortan eine kürzere Anreise zur Arbeitsstätte. Alles Vorzüge, die einen Honeymoon begünstigen.

Die Psychologie spielt dabei eine große Rolle, konkret: die sogenannte Nachentscheidungsdissonanz. Jeder Jobwechsler hält sich anfangs bewusst die schönen Aspekte der neuen Stelle vor Augen. Die Alternativen wertet er ab. Dazu zählen der alte Job oder andere Jobangebote. Kurz: Wir reden uns unsere Entscheidung schön, um sie zu rechtfertigen. Umso größer dann die Enttäuschung, wenn sich alle Verheißungen am Ende als heiße Luft entpuppen. Oder nach einiger Zeit zur Selbstverständlichkeit werden. Bei unfreiwilligen Arbeitsplatzwechseln sind die Erwartungen weniger hoch. Damit ist auch das böse Erwachen weniger schmerzhaft. Oder kurz: kein Honeymoon, kein Hangover.

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Wie lässt sich der Effekt entschärfen?

Auch für Unternehmen birgt der Honeymoon-Hangover-Effekt Risiken. Angenommen, Sie nehmen einen neuen Mitarbeiter äußerst herzlich im Unternehmen auf. Sie stellen ein Einführungsprogramm auf die Beine, dem Neuling einen Mentor zur Seite und erarbeiten gemeinsam einen hübschen Karriereplan. Tatsächlich beugt das einem möglichen Kater keinesfalls vor, im Gegenteil: Es potenziert ihn.

Das beste Gegenmittel gegen den Honeymoon-Hangover-Effekt ist daher Normalität. Eine positive Willkommenskultur ist wichtig – übertreiben Sie es damit aber nicht. Sonst fällt der neue Kollege irgendwann ins Bodenlose. Man könnte auch sagen: Die Dosis macht das Gift. Begrüßen Sie die Neuen nicht mit einem Feuerwerk, ein bisschen Konfetti reicht.

Gute Unternehmenskultur mildert den Honeymoon-Hangover-Effekt

Umso wichtiger: Bewerfen Sie Mitarbeiter regelmäßig damit! Eine Unternehmenskultur mit genereller Anerkennung und Wertschätzung sowie regelmäßigem Feedback und konstruktiver Kritik mildert den Hangover nach Wochen oder Monaten und kann den Effekt verzögern.

Gänzlich verhindern lässt sich der Honeymoon-Hangover-Effekt allerdings nie. Sonst würden wir alle nie mehr – freiwillig – die Jobs wechseln. Es gibt auch so etwas wie einen Jobzyklus. Danach kommt der Jobfrust irgendwann in jedem Beruf.

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