Definition: Warum heißt der Stroop-Effekt so?
Den Namen verdankt der Effekt seinem gleichnamigen Entdecker, dem amerikanischen Psychologen John Ridley Stroop. Der widmete sich diesem Thema in seiner Dissertation bereits im Jahr 1935.
Damals wollte er zeigen, dass wir Wörter schneller lesen können als ihre Farbe zu benennen. Im Original-Experiment benutzte Stroop allerdings mehrere Wortreihen. Diese sagen zum Beispiel so aus:
Und jetzt versuchen Sie bitte Reihe für Reihe, Wort für Wort die Farben, in denen die Wörter abgebildet sind, auszusprechen…
Stroop-Effekt ausprobieren? Machen Sie den Selbsttest!
Was beim Stroop-Effekt entsteht, ist, so eine Art Chaos-im-Hirn-Effekt, den Wissenschaftler aber anders nennen, damit es, nun ja, wissenschaftlicher klingt.
Den Stroop-Effekt können Sie, wenn Sie möchten, natürlich auch gleich selbst erleben. Dazu brauchen Sie bloß an dem folgenden praktischen Selbsttest teilnehmen… Aber bitte nicht schummeln.
Sind Sie bereit? Fein, dann geht es los:
Oder als Selbsttest zum Nachlesen (im Video funktioniert der Effekt aber besser!).
Bitte absolvieren Sie die folgenden drei Aufgaben…
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Lesen Sie laut folgende Wörter vor:
Okay, das war noch Kindercamping. Deshalb nun die zweite Aufgabe…
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Lesen Sie erneut laut folgende Wörter vor:
Merken Sie etwas? Für die zweite Aufgabe haben Sie minimal länger gebraucht. Faszinierend, oder? Okay, jetzt der dritte und letzte Test…
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Sprechen Sie laut die Farben der Wörter aus:
Wohlgemerkt: Nicht die Worte vorlesen – nur die Farben sagen!
Diesmal dürften Sie deutlich länger gebraucht haben, mussten sich konzentrieren oder sind gar ins Stottern gekommen.
Kein Wunder: Das liegt an einer Art Sinnesüberreizung und einem Widerspruch der Hirnaktivitäten.
Das Lesen einfacher Worte wie „Rot“ oder „Schwarz“ ist ein automatischer, unwillkürlicher Akt, den wir kaum unterdrücken können. Das Erkennen und Nennen von Farben dagegen erfordert unsere willentliche Konzentration und Analyse. Beide Aktivitäten arbeiten in diesem Fall aber gegeneinander – Effekt: Es kommt zu erheblichen Verzögerungen, dem Stroop-Effekt eben.
Wie der Stroop-Effekt zum Verräter wird
Zurück zur Ausgangsfrage: Wie hat es der Geheimdienst angestellt, feindliche Agenten zu enttarnen?
Man kann Menschen einen Akzent antrainieren, man kann ihnen eine neue Identität geben, eine falsche Vergangenheit, eine glaubhafte Geschichte – aber man kann ihnen nicht ihre Muttersprache nehmen.
Also arbeitete der US-Geheimdienst während des Kalten Krieges mit einer Art linguistischen Falle: Wenn Sie jemanden in Verdacht hatten, in Wahrheit ein russischer Spion zu sein, dann präsentierten sie ihm eine klassische Stroop-Aufgabe.
Wieder gaben Sie den Verdächtigen mehrere Wörter in unterschiedlichen Sprachen zu lesen, darunter auch das Wort красный. Das ist Russisch und heißt Rot.
Schreibt man es in blauen oder grünen Buchstaben, wird jeder Amerikaner (der kein Russisch kann), kein Problem damit haben, in dem Fall einfach die Farbe laut auszusprechen.
Unter dem Stress, als Spion enttarnt zu werden, dem entsprechenden Zeitdruck mehrere solcher Farbwörter laut aufzusagen und vor dem Hintergrund eigentlich Russe mit eben dieser Muttersprache zu sein, sagten die Agenten an der Stelle eben nicht „Blau“ oder „Grün“ – sondern „Rot“.
Spätestens dann hatte der, sagen wir, Beamte aus Wisconsin ein Erklärungsproblem, warum er plötzlich Russisch lesen konnte…
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