Winner-takes-it-all-Effekt: Beispiele aus aller Welt
Wann haben Sie sich das letzte Mal darüber beschwert, wie ungerecht und unfair etwas verteilt ist? Vermutlich ist es noch nicht allzu lange her.
Dies liegt zum Einen daran, dass der Mensch an sich gerne über Dinge klagt, die er nicht ändern kann und zum Anderen daran, dass es so viele scheinbare Ungerechtigkeiten auf der Welt gibt, die den Winner-takes-it-all-Effekt anschaulich machen.
Glauben Sie nicht?
Es beginnt schon beim Sport, genauer gesagt beim Fußball, der wohl beliebtesten Sportart in Deutschland. Genauso populär ist es, jedes Jahr aufs Neue festzustellen, dass der FC Bayern scheinbar uneinholbar an der Spitze klebt.
Die vergangenen sechs Meisterschaften gingen allesamt nach München. Seit der Gründung der deutschen Fußball Bundesliga vor 55 Jahren gab es für Bayern insgesamt 27 Meistertitel – eine Quote von nahezu 50 Prozent.
Ähnlich sieht es in der Computerwelt aus. Trotz diverser Konkurrenten laufen fast 90 Prozent der Rechner mit einem Betriebssystem von Microsoft. Sogar auf einer Ebene darunter lässt sich der Winner-takes-it-all-Effekt noch beobachten: Obwohl neuere Betriebssysteme verfügbar sind, ist Windows 7 immer noch bei einem Marktanteil von fast 50 Prozent. Mit der Zeit wird dieser Anteil vermutlich ähnliche Ausmaße für die aktuelleren Versionen annehmen.
Weitere Beispiele gibt es überall. Auf mobilen Geräten laufen fast 98 Prozent der Suchanfragen über Google, das Betriebssystem Android läuft auf rund 85 Prozent aller Smartphones.
Auch auf Finanzen und Reichtum bezogen gilt der Effekt. Anfang des Jahres veröffentlichte Oxfam eine Studie, wonach die reichsten acht Männer der Welt mehr besitzen als 50 Prozent der Weltbevölkerung zusammen.
Nun kann stundenlang darüber lamentiert werden, wie unfair die Welt doch ist. Das ist sie ja auch. Allerdings bringt das Jammern wenig. Sinnvoller ist es, zu verstehen, wie es zu solch einseitigen Verhältnissen kommen kann – denn das hat weniger damit zu tun, dass die Welt schlecht und ungerecht ist, sondern lässt sich ganz nüchtern und wissenschaftlich erklären.
The Winner takes it all: Erfolg führt zu mehr Erfolg
Häufig lässt sich beobachten, dass diejenigen, die bereits viel haben, noch mehr bekommen. Wer erfolgreich ist, wird noch erfolgreicher. Kinder von bekannten Schauspielern oder Persönlichkeiten werden ebenfalls bekannte Schauspieler und Persönlichkeiten. Und wer Geld hat, macht noch mehr Geld. Die erste Millionen ist bekanntlich die schwerste, danach wird es einfacher.
Tatsächlich haben sich auch Wissenschaftler mit diesem Phänomen beschäftigt und sind dabei zu einer Erkenntnis gekommen: Success breeds success – Erfolg führt zu Erfolg. Oder wie der Volksmund sagt: Der Teufel scheißt immer auf den dicksten Haufen.
Wie von selbst scheint der Erfolg weiterzugehen, wenn er erst einmal da ist.
Erst einmal oben auf der Karriereleiter, stehen einem viele Türen offen. Der Weg dahin kann allerdings ganz schön steinig sein. Denn wer noch nicht so erfolgreich ist und sich bisher keinen Namen gemacht hat, hat es ungleich schwerer und muss mehr leisten, um ähnliches zu erreichen.
Winner-takes-it-all-Effekt entsteht durch kumulativen Vorteil
In jungen Jahren wird Kindern meist beigebracht, dass es keine wirkliche Konkurrenz gibt. Der olympische Gedanke zählt: Dabei sei ist alles.
Doch nur im Kindergarten gibt es zweite und dritte Gewinner, im echten Leben ist der zweite Platz bereits der erste Verlierer.
So ist die Realität. Der Sieger bekommt alles, obwohl er beim Lauf vielleicht nur eine Hundertstelsekunde schneller war. Hinter dem Phänomen steckt der sogenannte kumulative Vorteil. Kumulativ bedeutet so viel wie angehäuft oder auch aufaddiert.
Das Ganze lässt sich also so verstehen…
Der Beste hat nicht deshalb einen so großen Vorsprung, weil von Anfang an um ein Vielfaches besser war als seine Konkurrenten. Vielmehr kann es auch ein kleiner Vorteil sein, der dafür aber Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr genutzt und ausgebaut wird.
Aus genau diesem Grund wird der Winner-takes-it-all-Effekt auch 1-Prozent-Regel genannt. Es reicht aus, um 1 Prozent besser zu sein als andere, um mit der Zeit den Großteil aller Ressourcen für sich beanspruchen zu können.
Wie genau das funktionieren kann, zeigt ein eindrucksvoller Beispiel, dass Forscher im Regenwald beobachten können.
Trotz Tausender verschiedener Baumarten, die dort beheimatet sind, sind es gerade einmal etwas mehr als 200 Arten, die mehr als die Hälfte der Fläche des gesamten Amazonas-Regenwalds ausmachen.
Um das etwas bildlicher zu machen: Auf einer Fläche von circa 5,5 Millionen Quadratkilometern (zum Vergleich: Deutschland kommt auf eine Fläche von gut 357.000 Quadratkilometern) und weit mehr als 15.000 konkurrierenden Baumsorten hat es ein Anteil von etwas mehr als 1 Prozent der Arten geschafft, 50 Prozent der Fläche zu bedecken.
Das Geheimnis ist auch hier der kumulative Vorteil. Die Gewinner-Bäume wachsen etwas schneller, nicht viel, aber genug, um einen kleinen Vorteil zu haben. So bekommen Sie mehr Sonnenstrahlen ab und wachsen noch ein bisschen schneller.
Mit der Zeit bekommen sie immer mehr Rohstoffe, die gleichzeitig anderen Baumarten zum Wachstum fehlen. Ein fast minimaler Unterschied am Anfang, der auf lange Sicht dazu führt, dass Tausende Konkurrenten wortwörtlich in den Schatten gestellt werden.
So nutzen Sie den Winner-takes-it-all-Effekt für sich
Der Winner-takes-it-all-Effekt ist zweifelsfrei spannend und ein interessantes Thema, um bei der nächsten Diskussion zu punkten und den Gesprächspartner zu beeindrucken. Sie können das Gesetz des alleinigen Gewinners aber auch für sich selbst nutzen.
Genau wie bei den Bäumen im Wald gilt nämlich auch im Beruf: Sie kämpfen mit Ihrer Konkurrenz um begrenzte Ressourcen. Hier ist es keine Sonne, aber es kann die Aufmerksamkeit des Chefs sein, der Auftrag eines Kunden, eine Stelle beim Traumarbeitgeber oder auch ein Platz im Wunschstudiengang.
Auch hier bekommt der Gewinner immer alles. Bekommt der Kollege die Beförderung oder ein anderes Unternehmen den Auftrag, ist es egal, ob Sie nun zweiter oder siebter waren. Verloren ist verloren. Das klingt zunächst ernüchternd und entmutigend, kann auf der anderen Seite aber auch eine ungemeine Motivation sein, um sich nicht mit weniger zufrieden zu geben.
Um das zu erreichen, können Sie sich den kumulativen Vorteil zunutze machen. Sie müssen gar nicht alle Konkurrenten deklassieren, um Klassen besser sein oder die Kollegen im Job wie blutige Anfänger aussehen lassen. Es reicht vollkommen aus, wenn Sie über einen längeren Zeitraum ein kleines bisschen besser sind – und diesen Vorsprung jedes Mal aufs Neue für sich nutzen. Auf lange Sicht werden Sie sich so immer weiter an die Spitze bringen.
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