Barnum-Effekt: Das steckt dahinter
Der Begriff geht auf Phineas Taylor Barnum zurück, der bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts in New York das beliebte Kuriositätenkabinett Barnum’s American Museum eröffnete und leitete. Ausschlaggebend für die spätere Bedeutung seines Namens war dabei die Idee, dass Barnum in seinem Zirkus die unterschiedlichsten Attraktionen, Shows und Ausstellungen zeigen wollten. So entstand der Grundgedanke a little something for everybody oder übersetzt: da ist für jeden etwas dabei!
Populär gemacht wurde der Barnum-Effekt unter diesem Namen erst rund 100 Jahre später vom amerikanischen Psychologen Paul Meehl. Die Erkenntnis war zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht mehr neu, vielmehr gab er dem Forer-Effekt (der auch heute noch als Synonym verwendet wird) oder der sogenannten Täuschung durch persönliche Validierung (personal validation fallacy) einen Neuen Begriff.
Als wichtigste Forschung zum Barnum-Effekt gilt ein Test des amerikanischen Psychologen Betram R. Forer – nach dem der gerade genannte Forer-Effekt ursprünglich benannt wurde. Er gab Studenten die Aufgabe, einen Persönlichkeitstest auszufüllen und ließ kurze Zeit später jedem Teilnehmer die Auswertung zukommen. Die zweite Aufgabe für die Studenten: Diese sollten nun auf einer Skala von 0 bis 5 angeben, wie genau die Analyse die eigene Persönlichkeit beschreibt.
Mit einem durchschnittlichen Ergebnis von deutlich über 4 Punkten fand die große Mehrheit der Studenten den Test sehr akkurat. Der entscheidende Faktor ist jedoch, dass es nie eine wirkliche Auswertung eines Persönlichkeitstests gab. Alle Teilnehmer erhielten den identischen Text als persönliche Auswertung, der nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhte, sondern von Forer selbst aus verschiedenen Horoskopen gebastelt wurde.
So konnte Forer zeigen, dass Menschen die Neigung besitzen, allgemein gefasste Aussagen und ungenaue Behauptungen über die eigene Person als zutreffend aufzufassen und sich selbst darin zu erkennen.
Barnum-Aussagen: Vage und allgemeingültig
Die Ergebnisse von Forers Studie wurden von anderen Wissenschaftlern in ähnlichen Versuchen bestätigt, jedes Mal sahen die Teilnehmer der Untersuchungen sich sehr treffend beschrieben und zeigten eine hohe Zustimmung mit den Behauptungen zur eigenen Persönlichkeit, auch wenn diese vollkommen aus der Luft gegriffen waren.
Verantwortlich für den Barnum-Effekt sind vor allem die sogenannten Barnum-Aussagen. Gemeint sind Aussagen, die vage und allgemein sind und mit denen sich nahezu alle Menschen identifizieren können. Solche Barnum-Aussagen können durch verschiedene Instrumente erzeugt werden:
- Wünschenswerte, positive Eigenschaften: Dem Satz Sie sind ein liebenswerter, gleichzeitig zielstrebiger Mensch würde wohl jeder sofort zustimmen. Das liegt daran, dass wir diese Eigenschaften in uns selbst sehen wollen – auch wenn wir in Realität vielleicht überhaupt nicht auf unsere Ziele hinarbeiten.
- Allgemeine Ängste und Sorgen: Einige Ängst sind so weit verbreitet, dass man mit einer Aussage darüber nahezu nicht falsch liegen kann. Ein Beispiel für eine Barnum-Aussage ist demnach Ihnen ist Ihre Gesundheit sehr wichtig – wer würde da schon widersprechen?
- Ungenaue Aussagen: Sie sind zielstrebig, aber suchen sich die Ziele, die Sie verfolgen, sehr genau aus. Was nach einer tiefen Analyse des Verhaltens klingt, umfasst schlichtweg alle Ausprägungen von Zielstrebigkeit. Egal, ob Sie mit Elan und Motivation große Ziele anstreben oder es kaum vorwärts geht, in dieser Barnum-Aussage finden Sie sich immer wieder.
Ein bekanntes Beispiel für Barnum-Aussagen ist der Satz Sie gehen nicht gerne ein großes Risiko ein. Das trifft natürlich sofort auf alle zu, die eher zurückhaltend agieren und die sichere Variante wählen, doch auch risikofreudige Menschen interpretieren die Aussage so, dass es für sie passt. Die Ursache dafür ist die vage Formulierung großes Risiko. Aufgefasst wird die Bedeutung dann als ein so großes Risiko, dass man es nicht eingehen will – wodurch die Barnum-Aussage tautologisch immer als korrekt empfunden wird.
Warum fallen wir auf den Barnum-Effekt rein?
Es klingt schwer zu glauben, dass so viele Menschen auf den Barnum-Effekt hereinfallen. Bevor Sie aber mit dem Finger auf andere zeigen, sollten Sie sich selbst nicht voreilig aus dieser Gruppe ausschließen. Hinter der Barnum-Effekt stehen mehrere psychologische Phänomene, denen fast jeder zunächst auf den Leim geht.
Zum einen spielt die selektive Wahrnehmung eine große Rolle. Kurz gesagt: Sie sehen nur das, was Sie sehen wollen. Wenn eine Auswertung Ihnen verspricht, ein Bild Ihrer Persönlichkeit zu zeichnen, werden Sie sich auf all die Punkte konzentrieren, die tatsächlich übereinstimmen – zumindest mehr oder weniger. Der Rest wird nur überflogen und spielt bei der Bewertung kaum eine Rolle.
Ein weiterer Effekt ist der Bestätigungsfehler, der besagt, dass Informationen so interpretiert werden, dass sie den eigenen Ansichten und Erwartungen entsprechen. Als simples Beispiel: Wird Ihnen gesagt, dass Sie zuverlässig, stimmt das mit Ihrer persönlichen Meinung über sich selbst überein und Sie fühlen sich sofort gut beschrieben. Es wird überhaupt nicht reflektiert, ob eine solche Aussage mit der Realität übereinstimmt.
Barnum-Effekt: So können Sie ihn überwinden
Der Barnum-Effekt zeigt vor allem dann seine volle Wirkung, wenn Sie ihn nicht kennen. Weil Sie diesen Artikel gelesen haben, können Sie sich selbst besser vor dem Wahrnehmungsfehler schützen, vollkommen gefeit sind Sie deswegen allerdings noch nicht.
Wenn Sie den Barnum-Effekt überwinden wollen, hilft vor allem eine kritische Herangehensweise. Das bedeutet nicht, dass Sie Persönlichkeitstests von Anfang an als Unfug abtun sollen, sondern dass Sie die Ergebnisse wirklich hinterfragen und den Aussagen nicht blind zustimmen.
Eine skeptische Grundeinstellung ist dabei von Vorteil. In etwa so, als würden Sie einen Glückskeks öffnen. Dort erwarten Sie auch nicht automatisch eine zutreffende psychologische Analyse und eine wahrheitsgemäße Aussage über die Zukunft.
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