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Selektive Wahrnehmung: Ein Beispiel und Test

Ich sehe was, was du nicht siehst. – Genau das ist selektive Wahrnehmung auf einen kurzen Nenner gebracht.

Und sie funktioniert so, wie in dem Beispiel des folgenden Bildes. Hier aber liegt ein Problem: Wer selektiv wahrnimmt, sieht oft nur Ausschnitte, zieht daraus aber endgültige Schlüsse. Vorschnell.

Grund dafür können Vorurteile sein. Oder eben ein sprichwörtlicher Kurzschluss. Und das macht das psychologische Phänomen so gefährlich…


Selektive Wahrnehmung: Ein Beispiel und Test

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Filter im Kopf: Wie uns selektive Wahrnehmung austrickst

Selektive Wahrnehmung basiert zunächst auf einer wesentlichen Stärke unseres Gehirns: Erst dadurch können wir Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden. Allein jede Sekunde ist ein Viertel unseres Gehirns damit beschäftigt, zu sehen und das Gesehene zu filtern. In jedem Augenblick sorgen zig Lichtreize dafür, dass wir die Welt wahrnehmen. Wie wir sie wahrnehmen, hängt wiederum davon ab, wie unser Gehirn diese Informationen verarbeitet und interpretiert.

Unsere grauen Zellen gieren dabei nach bekannten Mustern, denn diese lassen sich leichter und schneller bekannten Informationen zuordnen. Im Grunde ist diese Aufmerksamkeitsblindheit, wie sie auch genannt wird, ein reiner Schutzmechanismus: Ohne ihn würden wir die Informationsfülle, die täglich auf uns einprasselt, gar nicht verarbeiten können und verrückt werden.

Machen Sie doch spaßenshalber diesen kurzen Test: Was sehen Sie? Oder vielmehr: Was glauben Sie zu sehen? Zugegeben, wenn der Artikel schon so beginnt, wird es nicht das sein, an was Sie vielleicht gerade denken.

Selektive Wahrnehmung Test

Zur Auflösung

Aus Ausschnitten machen wir ganze Realitäten. Gefährlich! Und zum Teil selbstentlarvend.

Schon Descartes fiel auf: „Was Peter über Paul sagt, sagt mehr über Peter als über Paul.“ Und Sokrates erkannte, dass wir bei unmittelbaren Beobachtungen die absolute Wahrheit gar nicht zweifelsfrei erkennen können.

Stattdessen entscheidet unsere (tendenziöse) Wahrnehmung maßgeblich über die Qualität unserer Entscheidungen und Handlungen.


Wussten Sie, dass das das Gehirn unnötige Informationen automatisch ignoriert?

Genau wie das zweite „das“ im ersten Satz.


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Selektive Wahrnehmung: Was ist schon die Wahrheit?

Sie kennen vielleicht eine der bekanntesten Anekdoten und Parabeln zu dieser Form der Selbsttäuschung. Es ist die Geschichte des König Krösus von Lydien…


Seinerzeit befragte Krösus das Orakel von Delphi, ob er gegen die Perser marschieren solle. „Wenn du das tust“, prophezeite das Orakel, „wirst du ein mächtiges Reich zerstören.“

Was für eine Nachricht! Krösus war begeistert, geradezu elektrisiert: Welches Reich könnte wohl mächtiger sein als das der Perser? Und das Orakel hatte ihm praktisch garantiert, dass Krösus siegreich aus der Schlacht hervor gehen würde. Ein fundamentaler Sieg, ein mächtiges feindliches Reich zerstört. Also zog Krösus hochmütig und siegesgewiss in den Kampf – und verlor.

In seinem Wunsch nach einem kolossalen Triumph über seine Feinde, hörte er nur das, was er hören wollte. Was er überhörte, wenn nicht gar ignorierte, war die Rückfrage, welches Reich das Orakel mit der Prophetie meinte. So besiegelte König Krösus seinen eigenen Untergang und zerstörte sein eigenes Reich Lydien.

Sie denken: Das weiß ich alles schon! Dann lesen Sie erst recht weiter…

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Optische Illusion: Wer das Unerwartete erwartet, übersieht Wichtigeres

Daniel Simons, Psychologie-Professor am Beckman Institut der Universität von Illinois beschäftigt sich schon seit Jahren mit selektiver Wahrnehmung. Dabei handelt es sich seiner Meinung nach um einen unserer schwerwiegendsten Defekte.

Zweifellos gibt es Menschen, die darum wissen und deshalb versuchen, ihre Sinne stets wach und ihre Wahrnehmung weit zu öffnen. Auch keine gute Idee. Denn Simons jüngste Studien kommen zu dem Befund: Wer das Unerwartete erwartet, übersieht dabei oft noch Wichtigeres.

Was an dieser Stelle noch kryptisch klingt, können Sie gleich selbst ausprobieren. Schauen Sie sich dazu bitte das folgende Video aufmerksam an: Dort spielen einige junge Leute Ball. Zählen Sie bitte, wie oft der Ball zwischen den Teilnehmern im weißen Team hin und her wechselt:

Vermutlich kennen Sie das Video schon. Es ist inzwischen legendär.

Simons und sein Kollege Christopher Chabris, ebenfalls Psychologie-Professor allerdings am Union College in New York, experimentierten damit bereits im Jahre 1999.

Natürlich konnten die meisten Probanden genau mitzählen, wie oft der Ball wechselte – aber gut die Hälfte von ihnen übersah den Gorilla, der durch die Szenerie wanderte, obwohl dieser rund neun Sekunden lang zu sehen war.

Ein klassischer Fall von selektiver Wahrnehmung oder Aufmerksamkeitsblindheit: Weil sich alle auf die Ballspieler konzentrieren, übersehen sie, was sonst noch passiert.

Der Punkt ist aber: Eben weil das Experiment so bekannt ist, funktioniert es heute kaum noch.

Genau diesen Effekt nutzte Simons nun für einen zweiten Versuch. Auch hierzu gibt es ein Video, sodass auch Sie sich diesem Test jetzt selbst unterziehen können. Also noch einmal:

Bevor Sie weiterlesen, schauen Sie sich das Video genau an und zählen Sie wieder, wie oft der Ball zwischen den weißen Spielern wechselt

Natürlich haben Sie dieses Mal mitgezählt und auch den Gorilla schon erwartet – und gesehen. Klasse!

Doch das hat Ihre Wahrnehmung so sehr beeinflusst, dass Sie vermutlich übersehen haben, wie der Vorhang die Farbe wechselte und ein Mitglied des schwarzen Teams einfach verschwand.

Bei Simons’ Versuchen zeigte sich:

  • Von den Teilnehmern, die mit dem Gorilla rechneten, weil Sie das erste Video kannten, bemerkten gerade einmal 17 Prozent auch die anderen beiden Ereignisse.
  • Wer dagegen das Gorilla-Video nicht kannte, registrierte schon in 29 Prozent der Fälle den Vorhangfarbwechsel und das Verschwinden eines Teammitglieds.

Das sei zwar statistisch nicht signifikant, räumt Simons selbst ein, mache aber deutlich, dass selbst das Unerwartete zu erwarten, unsere Wahrnehmung keinesfalls verbessert. Eher ist es umgekehrt.


Der eine sieht nur Bäume, Probleme dicht an dicht.
Der andere die Zwischenräume und das Licht.


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Selektive Wahrnehmung: Wahrheit und Wirklichkeit

Das Phänomen der selektiven Wahrnehmung ist eben nicht nur ein visuelles, sondern auch ein kognitives.

Die große Gefahr liegt darin, dass wir dabei immer nur unsere schon vorhandenen Urteile und Vorstellungen bestätigen und auch falsche Schlussfolgerungen nicht mehr überprüfen.

Selbst neue Erfahrungen oder Erkenntnisse, die unseren Stereotypen widersprechen, versuchen wir solange zu interpretieren (oder zu bekämpfen), bis uns nicht länger stören, Motto: Was nicht passt, wird passend gemacht.

Wir fragen dann vielleicht die Familie, Freunde, Kollegen um Rat – und hören und sehen doch nur, was wir hören und sehen wollen. Bis uns Hören und Sehen vergeht. So kommen wir trotz guter Ratgeber letztlich keinen Schritt weiter oder scheitern gar.

Wahr ist aber auch: Das regelmäßige Infragestellen unserer Wahrnehmungsauswahl ist zwar ein nettes Gedankenspiel – in der Praxis aber eher unnütz, wie etwas Simons‘ Experimente zeigen konnten.

Nicht zuletzt werden dabei zuweilen Dinge problematisiert, die in Wirklichkeit unproblematisch sind.

In einem bekannten Experiment bittet Richard Wiseman die Testpersonen, eine Zeitung durchzulesen und die abgebildeten Fotos zu zählen. Auf Seite zwei der Zeitung ließ er jedoch in einer fetten Überschrift drucken: „Sie können aufhören zu zählen – in dieser Zeitung sind 43 Fotos abgebildet“. In die Mitte der Zeitung ließ er eine zweite Nachricht drucken: „Hören Sie auf zu zählen. Sagen Sie dem Testleiter, dass Sie dies gelesen haben, dann gewinnen Sie 100 englische Pfund.“ Eine Testperson nach der anderen überlas die beiden Überschriften.

Einen wirklich befriedigenden Ausweg im Sinne von „3 Tipps wie Sie selektive Wahrnehmung vermeiden“ gibt es leider nicht.

Die einzige Chance, den Psychoeffekt abzumildern, besteht in möglichst kritischer Selbstreflexion und dem wiederholten Ratsuchen bei eben jenen Freunden und unabhängigen Dritten, verbunden mit genauem Zuhören und Nachfragen.

Schließlich hätte womöglich schon eine einzige Frage in der Krösus-Parabel dessen Schicksal verändert und die selektive Wahrnehmung verhindert:

Welches Reich meinst du?

[Bildnachweis: Karrierebibel.de]

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