Definition: Was ist der Spotlight-Effekt?
Der Spotlight-Effekt (auch: Rampenlicht-Effekt) beschreibt ein Phänomen in der Sozialpsychologie, bei dem wir die Aufmerksamkeit anderer überschätzen und glauben mehr im Rampenlicht zu stehen, als das wirklich der Fall ist – zum Beispiel bei einem peinlichen Patzer oder bei der Bewertung unserer äußeren Erscheinung.
Den Begriff „Spotlight-Effekt“ prägte der amerikanische Psychologe Thomas Gilovich von der Cornell Universität. In verschiedenen Experimenten fand er heraus: Menschen überschätzen regelmäßig die Wirkung, die ihre Aktionen oder Missgeschicke auf andere haben.
Spotlight-Effekt Studie: Eigene Wirkung überschätzen
Der englische Begriff „Spotlight“ bedeutet übersetzt „Scheinwerfer“ und steht dafür, dass Betroffene nach einem Malheur das Gefühl haben, ein Scheinwerfer sei auf sie gerichtet und alle sehen hin. Ein Trugschluss.
Bei dem sog. Barry-Manilow-Experiment ließ Gilovich Studenten ein T-Shirt tragen mit dem Konterfei des Popsängers Barry Manilow („Mandy“). Der ist heute in etwa so cool wie ein Bausparvertrag. Die Aufgabe der Studenten bestand darin, mit dem Shirt einen Raum zu betreten und danach zu schätzen, wie viele sich über ihr T-Shirt lustig gemacht hätten. Die Studenten vermuteten: mindestens 50 Prozent. Falsch gedacht: Nicht mal ein Viertel bemerken es!
Rot werden dauert maximal 60 Sekunden
Das Erröten, das ebenfalls viele fürchten, dauert allenfalls 1 Minute und erreicht nach 15 Sekunden bereits seinen Höhepunkt. Danach klingt es ab. Während Sie sich also noch heiß im Gesicht fühlen oder denken, alle beachten die Schamesröte, interessiert das andere so sehr, wie wenn in Mexiko ein Sack Mais umfällt.
Wer ist vom Spotlight-Effekt betroffen?
Den Spotlight-Effekt erleben nicht alle Menschen gleich. Es gibt Typen und Persönlichkeiten, denen ist nichts peinlich. Sie treten mit Anlauf in den Fettnapf oder überschreiten gerne und bewusst Scham- und Schmerzgrenzen. Für die dürfte der Spotlight-Effekt so spürbar sein wie Argon Gas.
Ganz anders hochsensible und empathische Menschen: Wer sich in besonderem Maße in andere einfühlen kann, der projiziert dieses Gefühl der Empathie oft auf sich selbst. Auch das ist ein Illusion, denn dabei sind Betroffene tatsächlich mehr mit sich selbst beschäftigt und richten den Scheinwerfer selbst auf sich.
Was sind die Nachteile des Spotlight-Effekts
Man könnte – böse – auch sagen: Wer den Spotlight-Effekt besonders stark wahrnimmt, leidet womöglich unter starker Ichbezogenheit. Betroffene messen den eigenen Handlungen mehr Bedeutung und Aufmerksamkeit zu als diese besitzen.
Die permanente Angst davor, sein Gesicht zu verlieren, kann enorm einschränken und belasten. Durch die Selbsterhöhung im Spotlight-Effekts („alle beachten mich“) schränken sich die Menschen nur selbst ein – mit negativen Folgen:
- Steigende Angst vor Aufmerksamkeit
- Selbstzensur und unfreies Verhalten
- Unterlassen statt unternehmen
- Sinkendes Selbstvertrauen
Psychologie: Die Angst vor der Abwertung
Der Spotlight-Effekt erklärt, warum andere unsere Fehler deutlich weniger schlimm finden als wir selbst. Manche bemerken sie nicht einmal. Ob Sie mal wieder Marmelade über die Krawatte oder Kaffee auf die Hose kleckern – niemandem ist das peinlicher als uns selbst.
Dabei gehören Pleiten, Pech und Pannen zum Leben dazu. Gänzlich vermeiden lassen sie sich nie, sie passieren einfach. Wobei Experten hierbei zwischen zwei Stufen unterscheiden:
- Peinlichkeit
Wenn uns selbst eine dumme Sache passiert, die aber keiner mitbekommt, ist uns das peinlich. Meist aber nur kurzfristig. - Scham
Gibt es für den Fehltritt hingegen Zeugen, setzen automatisch Schamgefühle ein. Irgendwas ist dumm gelaufen – aber jeder hat’s gemerkt. „Peinlich!“, denken oder sagen jetzt die anderen, und man selbst schämt sich, jedoch mehr für die Bloßstellung als für die Schwäche wie im ersten Fall.
Die meisten Menschen schämen sich aus Angst vor einer negativen Reaktion des Umfelds. Dabei geht es nicht nur um das mögliche Auslachen, sondern mehr um die potenzielle Abneigung und andere Formen der Abwertung. Allerdings völlig zu unrecht, wie der Pratfall-Effekt zeigt…
Pratfall-Effekt: Fehler machen sympathisch
Wer den Spotlight-Effekt fürchtet, sollte den Pratfall-Effekt kennen. Der geht auf den Psychologen und Professor der Universität von Kalifornien in Santa Cruz, Elliot Aronson, zurück. Aronson beschäftigte sich zeitlebens mit sogenannten kognitiven Dissonanzen – also Störgefühlen aufgrund sich widersprechender Wahrnehmungen (Kognitionen).
Bei seinen Studien spielte er zum Beispiel Probanden Tonbänder vor, auf denen Menschen Quizfragen beantworteten und hörbar einen Becher Kaffee verschütteten. Ergebnis: Wem die Blamage widerfuhr, wurde den Zuhörern eher noch sympathischer. Aber nur wenn die Quizfragen korrekt beantwortet wurden. Aronson schloss daraus, dass die Attraktivität einer sonst kompetenten Person steigt, wenn sie kleine Fehler offenbart. Es macht sie menschlicher, nahbarer (siehe auch: Underdog-Effekt).
Was tun gegen den Spotlight-Effekt?
Den ersten Schritt sind Sie bereits gegangen: Sie kennen den Spotlight-Effekt und seine Wirkung. Wenn Sie das nächste Mal glauben, alle schauen nur auf Sie, wissen Sie: Es gibt keinen Scheinwerfer!
Weitere Empfehlungen:
- Lachen
Nehmen Sie Fehler weniger wichtig. Kleinere Blessuren und Blamagen gehören zum Leben dazu. Na und?! Parieren Sie die Peinlichkeit mit Humor und Selbstironie. Wer über sich selbst lachen kann, beweist wahre Größe. - Egalness
Nehmen Sie sich selbst weniger wichtig. Das ist für manches Ego zwar ernüchternd, aber genauso befreiend: Andere Menschen interessieren sich mehr für sich als für Sie! Etwas mehr Egalness im Leben gibt Ihnen viel Souveränität und mentale Stärke zurück. - Selbstreflexion
Wer immer wieder Angst vor Bloßstellung hat, sollte sich fragen: warum? Was sind die Auslöser? Was ist davon wirklich jemals eingetreten? Und warum glauben Sie Ihren Ängsten mehr als Ihren Erfahrungen? Mit gezielter Selbstreflexion lässt sich ebenfalls der Spotlight-Effekt überwinden.
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