Andorra-Effekt: Bedeutung, Beispiele + wie vermeiden?

Menschen neigen dazu, sich den Einschätzungen und Beurteilungen ihrer sozialen Umgebung anzupassen. Dabei tun sie dies ganz unabhängig davon, ob die Beurteilung des Umfelds richtig ist oder nicht. Das Phänomen wird in der Sozialpsychologie auch als Andorra-Effekt bezeichnet. Wir erklären den Effekt, mit Beispielen im Alltag und Berufsleben, und zeigen auf, wie man ihn vermeiden kann…

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Definition: Was ist der Andorra-Effekt?

Der Andorra-Effekt beschreibt in der Sozialpsychologie das Phänomen, dass sich Menschen den Zuschreibungen und Einschätzungen anderer anpassen – sowohl im eigenen Verhalten als auch in der Selbstwahrnehmung.

Ursprung und Namensgeber des Andorra-Effekts ist das Theaterstück „Andorra“ von Max Frisch. Darin verändert sich die Persönlichkeit der Hauptfigur mit der Zeit entsprechend den negativen Erwartungen und Vorurteilen ihres Umfeldes, mit denen sie fortlaufend konfrontiert wird.

Was macht der Andorra-Effekt mit Betroffenen?

Genau genommen handelt es sich bei der Dynamik des Andorra-Effekts um eine sich selbsterfüllende Prophezeiung: Die Betroffenen bekennen sich nicht zu ihrer tatsächlichen Persönlichkeit, ihren Eigenschaften und Charakterzügen, sondern entwickeln sich mit der Zeit zu dem Menschen, den andere in ihnen sehen oder sehen wollen – positiv wie negativ.

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Der Andorra-Effekt beschreibt damit einen typischen Beurteilungsfehler und eine Verstärkung der Vorurteile und Stereotype im sozialen Umfeld. Betroffene spiegeln die zugeschriebenen Erwartungen und nehmen diese an: Man wird zu der Person, von der andere sagen, wer man ist.

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Welche Bedeutung hat der Andorra-Effekt im Alltag?

Der Beurteilungsfehler lässt sich überall im Alltag beobachten. Im Arbeitsleben kann der Andorra-Effekt von erheblicher Bedeutung sein: Bekommen Mitarbeiter zum Beispiel von ihren Vorgesetzten oder Kollegen regelmäßig negatives Feedback aufgrund negativer Erwartungen, kann dies dazu führen, dass sich die Leistung tatsächlich objektiv verschlechtert. Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin passt sich in diesem Fall den negativen Erwartungen an und erfüllt sie.

Der Effekt funktioniert auch umgekehrt: Ebenso kann sich die Leistung eines Mitarbeiters deutlich steigern, wenn andere das erwarten oder einem spiegeln, dass Sie uns für intelligent, produktiv oder organisiert halten. In diesem Fall spricht man auch vom Rosenthal-Effekt oder Pygmalion-Effekt.

Beispiele für den Andorra-Effekt

  • Begabung
    Ein Kind, das von seinen Eltern als wenig begabt eingeschätzt wird und häufig negatives Feedback auf seine Aktivitäten bekommt, wird seine Potenziale und Talente eventuell nicht richtig entfalten können. Obwohl es durchaus intelligent und begabt ist, fügt es sich in die Rolle des „Untalentierten“ und entwickelt kaum Selbstbewusstsein.
  • Kulturklischees
    Eine Schülerin mit Migrationshintergrund wird regelmäßig mit kulturspezifischen Klischees konfrontiert. Es wird ihr in ihrem Umfeld unterstellt, dass sie eben so oder so sei und aus einem dummen Bauernnest stammt. Obwohl sie zunächst engagiert war, empfindet sie mit der Zeit eine zunehmende Frustration und bringt sich immer weniger im Unterricht ein.
  • Mutterrolle
    Eine Mitarbeiterin, die gerade aus der Elternzeit zurückgekehrt ist, wird von ihrem Vorgesetzten als wenig engagiert und belastbar bewertet. Er unterstellt ihr, dass junge Mütter sich vornehmlich um das Kind kümmern, die Karriere und der Job stehen erst an zweiter Stelle. Wenn überhaupt. Das konstant negative Feedback führt dazu, dass sie sich tatsächlich in die Mutterrolle zurückzieht und weniger engagiert.
  • Selbstständigkeit
    Dem neuen Lehrling wird vom Chef jeder Handgriff vorgeschrieben, da er ihm aufgrund seines Alters nicht zutraut, die erforderlichen Fähigkeiten zu besitzen. Nach gewisser Zeit ist der Lehrling überzeugt, dass er nicht in der Lage ist, selbstständig zu arbeiten. Er erledigt seine Aufgaben nur noch genau so, wie sie ihm von seinem Vorgesetzten vorgegeben werden. Der Chef fühlt sich dadurch in seiner Einschätzung bestätigt.
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Wie kann man den Andorra-Effekt vermeiden?

Wir alle sind geprägt durch unseren Charakter, unsere Erfahrungen, Werte, Gefühle und Vorstellungen. All diese individuellen Prägungen fließen unbewusst in die Beurteilung anderer Menschen ein. Sympathien und auch Antipathien spielen eine weitere wichtige Rolle. Wir beurteilen andere nie objektiv.

Wollen wir vermeiden, dass wir anderen Menschen mit negativen Erwartungen und Vorurteilen begegnen, müssen wir unsere Beurteilung objektivieren. Im Beruf ist das insbesondere für Führungskräfte wichtig, um die Motivation und Leistungsfähigkeit im Team nicht auszubremsen. Doch wie erreichen wir das?

5 Tipps für objektivere Beurteilungen

  1. Subjektivität erkennen

    Werden Sie sich bewusst, dass Ihre Beurteilung von Menschen nicht objektiv ist. Erst dadurch sind Sie in der Lage, auch negative Einschätzungen anderer Menschen zu hinterfragen und kritisch zu prüfen, ob diese gerechtfertigt sind.

  2. Denkmuster hinterfragen

    Fragen Sie sich, welche Art von Personen Sie generell als inkompetent oder unsympathisch wahrnehmen. Erkennen Sie eigene Vorurteile? Indem Sie sich der eigenen Denkmuster bewusst werden, können Sie diese infrage stellen und Methoden entwickeln, Menschen objektiver zu beurteilen. Oftmals überstrahlen einzelne negative Merkmale die positiven Eigenschaften einer Person, was zu einer vorschnellen Abwertung führen kann (siehe: Horn-Effekt).

  3. Besser beobachten

    Gerade als Führungskraft ist es wichtig, die Mitarbeiter genau zu beobachten. Diese Beobachtungen sollten nicht nur negative, sondern auch positive Eindrücke einschließen. Um eine faire Beurteilung zu ermöglichen, sollten Sie sich zudem an objektiv messbaren Kriterien und Leistungen orientieren. Dies hilft zum Beispiel bei fairen Feedbackgesprächen.

  4. Zweitmeinung einholen

    Sind Sie zu einem eher negativen Urteil über eine Person gekommen, sollten Sie dieses durch eine zweite Meinung überprüfen. Kollegen oder andere Mitarbeiter können einen ganz anderen Eindruck von diesem Menschen haben. Diese externen Eindrücke helfen dabei, die eigene Bewertung zu hinterfragen und ein eigenes Urteil gegebenenfalls zu korrigieren.

  5. Mindset berichtigen

    Besonders für Führungskräfte ist es wichtig, an die Fähigkeiten, die Motivation und die Fachkompetenzen der Mitarbeiter zu glauben. Haben Sie positive Erwartungen und Vertrauen! Vermitteln Sie ihren Mitarbeitern, dass sie von ihren Fähigkeiten überzeugt sind. Wie der Pygmalion-Effekt zeigt, lassen sich dadurch sowohl Leistung wie Motivation steigern, was wiederum zu einer objektiv besseren Arbeitsbeurteilung führt.


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