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Better-than-Average-Effekt: Darum überschätzen wir uns

Ein gesundes Selbstbewusstsein schadet nie. Allerdings halten sich viele Menschen für deutlich besser als der Durchschnitt. Zum Beispiel beim Autofahren. Dahinter steckt der sogenannte Better-than-Average-Effekt – und ein klassisches Phänomen der verzerrten Wahrnehmung und Selbstüberschätzung. Aber woran liegt das? Warum beurteilen wir uns überdurchschnittlich gut? Für den Better-than-Average-Effekt gibt es gleich zwei wissenschaftliche Erklärungen…



Better-than-Average-Effekt: Darum überschätzen wir uns

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Definition: Was ist der Better-than-Average-Effekt?

Der Better-than-Average-Effekt (auch: Above-Everage-Effekt oder Overconfidence-Effekt) beschreibt das Phänomen, dass die meisten Menschen sich und ihre Fähigkeiten überschätzen und glauben, besser als der Durchschnitt zu sein.

Das Überdurchschnittlichkeitssyndrom, wie der Effekt auch heißt, beschreibt ein übermäßiges Selbstvertrauen bis zur völligen Selbstüberschätzung, wenn es um das eigene Können oder vorhandene Kompetenzen geht.

Better Than Average Effekt Definition Psychologie Bedeutung

Beispiele für den Better-than-Average-Effekt

Die erste Reaktion vieler Menschen: „Mich betrifft das nicht!“ Leider doch! Vieleicht nicht in allen Bereichen, aber so gut wie jeder fühlt sich gerne mal anderen überlegen (Fachbegriff: Overclaiming oder Illusory superiority). Ein paar klassische Beispiele:

  • Autofahren
    Fast jeder hält sich selbst für einen guten Autofahrer. In Umfragen geben beispielsweise 80 Prozent der Teilnehmer regelmäßig an, dass sie sich selbst zu den besten 30 Prozent der Autofahrer auf den Straßen zählen. Das funktioniert schon mathematisch nicht.
  • Leistung
    Ohne die eigene Leistung läuft im Team nichts und im Vergleich zu den Kollegen macht man sowieso viel mehr. Gerade im Job zeigt sich der Better-than-Average-Effekt oft. Eine Studie kam zu dem Ergebnis: Die meisten Probanden glaubten, sie bräuchten im Schnitt 34 Tage für ein Projekt – in Wahrheit waren es aber 56 Tage.
  • Entscheidungen
    Gerade Führungskräfte halten ihre Entscheidungen für zielführend und treffsicher. Dabei muss man sich nur manche Bilanzen ansehen, um zu wissen, dass das nicht stimmt.
  • Partnerschaft
    Sogar in der Beziehung leiden viele am Better-than-Average-Effekt: So manche(r) hält sich für einen vorbildlichen Partner, leidenschaftlichen Liebhaber und eine Granate im Bett. Natürlich.
  • Wissen
    Schauen Sie gerne Quizshows oder Fußball vor dem Fernseher? Dann kennen Sie auch das: Natürlich wissen Sie viele Antworten schneller – und wären selbstverständlich auch der bessere Fußballtrainer. Vor allem Trash TV funktioniert so gut, weil sich die Menschen gerne intelligenter fühlen als den Durchschnitt.
Bemerkenswert: Der Better-than-Average-Effekt tritt nur bei der Selbsteinschätzung auf. Sollen wir Mitmenschen, Freunde oder Kollegen beurteilen, zeichnen wir ein realistisches Bild und das Phänomen des übersteigerten Selbstbildes verschwindet.


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Warum bewerten wir uns besser als der Durchschnitt?

Zahlreiche Studien zeigen immer wieder: Den Better-than-Average-Effekt gibt es in allen Bereichen. Aber warum neigen so viele zum Überdurchschnittlichkeitssyndrom? Die Wissenschaft hat hierfür inzwischen zwei Erklärungen:

1. Sicherheitsbedürfnis

Die Menschen befriedigen durch die eigene Überschätzung ihr Bedürfnis nach Sicherheit und einem positiven Selbstbild. Es ist zutiefst menschlich und auch sinnvoll, gut von sich zu denken und an die eigenen Fähigkeiten zu glauben. Wer das nicht tut, hat schon aufgegeben. Insofern ist der Better-than-Average-Effekt ein nützlicher Charakterzug, der allerdings außer Kontrolle geraten ist. Womöglich auch, weil wir zu einer selektiven Erinnerung neigen. Bedeutet: Wir erinnern uns an unseren glorreichen Momente besser und lieber, Negatives dagegen verblasst, wird verdrängt und verschwindet. So wird die Selbstbewertung nachhaltig positiv beeinflusst.

2. Persönlichkeitsstörung

Die zweite Erklärung ist weniger schmeichelhaft: Hinter dem Better-than-Average-Effekt könnte ebenso eine klassische Profilneurose stehen. Also in Wahrheit ein Minderwertigkeitskomplex, der durch Selbstaufwertung und Geltungsdrang kompensiert wird. Eine solche Persönlichkeitsstörung kann und sollte therapiert werden.

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Better-than-Average-Effekt: Vor- und Nachteile

Eine verzerrte Wahrnehmung, notorische Selbstüberschätzung und ein überzogenes Selbstbild – das klingt nicht danach, als hätte das irgendwelche Vorteile. So jemand ist abgehoben, arrogant, unsympathisch und steht nicht gerade auf dem Boden der Tatsachen. Hinzu kommen Nachteile wie Frustration und Enttäuschung, wenn man mit seiner eigenen Durchschnittlichkeit konfrontiert wird…

Trotzdem sollte man den Better-than-Average-Effekt nicht vorschnell abstempeln. Er hat auch ein paar Vorteile, die uns sogar erfolgreich machen können: Menschen, die sich für überdurchschnittlich halten, trauen Sie sich mehr zu. Sie wagen und erreichen oft auch mehr, als Zweifler und Zauderer. Herausforderungen begegnen Sie mit einem anderen Selbstverständnis und sind davon überzeugt, dass Sie es schaffen können. Der Effekt kann sie Höchstleistungen treiben und Erfolge ermöglichen, von denen andere nur träumen.

Überdies entwickeln sie ein größeres Selbstwertgefühl. Nur eben zuweilen ein zu großes…


Jochen Mai Buch Ich DenkeAus mehr als 150 Psychoeffekten, Denkfallen und Wahrnehmungsfehlern ist übrigens ein Bestseller hervorgegangen: „Ich denke, also spinn ich“ (DTV, Juli 2011). Das Buch wurde mehr als 70.000 Mal verkauft und in mehrere Sprachen übersetzt.


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[Bildnachweis: Dmitry Guzhanin by Shutterstock.com]

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