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Hawthorne Effekt: Wir können mehr als wir denken

Es ist das Jahr 1924. Die Manager von General Electric (GE) fragen sich, wie sie die Produktion optimieren können. Dank des Taylorismus haben sie jeden Arbeitsvorgang in kleine, effiziente Schritte zerlegt. Nun gehen sie ans Eingemachte und lassen ein paar Wissenschaftler untersuchen, ob sich eine Veränderung der Lichtverhältnisse auf die Leistung auswirkt. Die Versuche werden in den Hawthorne-Werken in Cicero/Illinois durchgeführt, weswegen das Ganze später auch als Hawthorne-Effekt in die Geschichte eingehen wird. Zunächst aber informieren die Forscher alle Arbeiter darüber, was sie vorhaben. Dann wird die Halle heller gemacht – und tatsächlich: Mit dem Licht steigt die Produktivität…


Hawthorne Effekt: Wir können mehr als wir denken

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Hawthorne Effekt: Mehr Erwrtungen, mehr Leistung

Die Forscher sind baff und wiederholen das Experiment. Wieder informieren sie die Arbeiter, installieren zusätzliche Lampen – prompt steigt die Produktivität.

Die GE-Manager freuen sich über Millionen Glühbirnen, die sie künftig an andere Unternehmen werden verkaufen können. Ein Milliardengeschäft steht in Aussicht. Alle freuen sich.

Dann macht ein Wissenschaftler einen Einwand, der das Kartenhaus einstürzen lässt: Was wäre, wenn die Leistung der Arbeiter nicht wegen des Lichts stieg, sondern weil sie sich beobachtet fühlten?

Zweifel, Widerwillen, Panik: Die Forscher wagen ein drittes Experiment.

Erneut informieren Sie die Belegschaft, dass sie den Zusammenhang von Licht und Leistung untersuchen wollen. Nur installieren sie diesmal KEINE neuen Lampen – sie lügen. Die Produktivität steigt trotzdem. Aus der Traum vom Millionenglühbirnengeschäft

Genau das ist der Hawthorne-Effekt – und es lässt sich gleich zweierlei daraus lernen:

  1. Sobald Probanden wissen, dass sie beobachtet werden, können sie ihr Verhalten ändern, was das Ergebnis vieler Studien damals in Frage stellte. Für die Betriebswirtschaftslehre war es zugleich der Beweis, dass die Arbeitsleistung nicht nur von den Arbeitsbedingungen abhängt, sondern ganz wesentlich von sozialen und psychologischen Faktoren.
  2. Der Effekt zeigt aber auch, dass wir eine erlernte Ansicht über unsere maximale Leistungskraft haben und dass diese Grenze völlig willkürlich gewählt ist.

Man darf wohl annehmen, dass die Hawthorne-Arbeiter bereits unter Dämmerlicht ihr Bestes gaben. Aber jedes Mal, wenn die Forscher einen Versuch ankündigten, waren sie in der Lage, ihre Schaffenskraft zu steigern.

Der Mensch hat also mehr Reserven als er meint.

Bereits 1898 machte der ukrainische Psychologe Boris Sidis ein Experiment, bei dem er Testpersonen eine Karte mit nur einer Zahl oder einem einzigen Buchstaben zeigte. Die Testpersonen standen jedoch in so großer Entfernung zur Karte, dass sie sich beschwerten, aus diesem Abstand sei es unmöglich, die Karten zu sehen.

Sidis forderte sie daraufhin auf, doch einfach zu raten. Und was stellte sich heraus? Genau: Die Testpersonen rieten viel öfter richtig, als man erwartet hätte.

Die beiden amerikanischen Psychologen W.R. Kunst-Wilson und R.B. Zajonc zeigten wiederum in ihrem Versuch Testpersonen eine Reihe unbekannter Schriftzeichen. Danach sollten die Probanden aus einer neuen Reihe von Zeichen diejenigen herausfinden, die sie zuvor gesehen hatten.

Doch die Testpersonen hatten keine Ahnung. Die Zeichen waren viel zu kompliziert und unsortiert gewesen, um sie behalten zu können. Wiederum wählten die Forscher einen Umweg und fragten: „Welches Zeichen hat Ihnen gefallen?“

Was war das Ergebnis? Die Testpersonen konnten sich plötzlich an mehrere Zeichen erinnern. Anscheinend gehören schön finden und vertraut sein zusammen.

Unser Unterbewusstsein weiß also mehr, als wir glauben, und dieses Wissen können wir über Umwege aktivieren.

Genau das ist zugleich das Dilemma persönlichen Wachstums:

Wir wachsen nicht von alleine über uns hinaus, sondern erst wenn uns jemand herausfordert. Weil das aber anstrengt, meiden viele solche Pisacker. Lieber drehen sie das Licht ein bisschen heller. Doof, eigentlich.

Wachstum 4 Zonen Komfortzone Angstzone Lernzone

Helles Köpfchen dank richtigem Licht

Auch wenn der Hawthorne-Versuch gründlich in die Hose ging, untersuchen Wissenschaftler immer wieder, wie sich Büroräume gestalten lassen, damit die Menschen darin besser arbeiten können.

Mal wird an der Ergonomie der Einrichtung geschraubt, mal ist es die Architektur des Gebäudes selbst – aber immer spielt Licht dabei eine zentrale Rolle.

So auch bei der Beleuchtungsstudie, die der Lichthersteller Osram (sicher nicht ganz uneigennützig) zusammen mit dem Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen (ZNL) an zwei Ulmer Schulen initiierte. Ziel war es, herauszufinden, ob eine dem Tageslicht nachempfundene Beleuchtung die Aufmerksamkeit und kognitiven Leistungen von Schülern steigern kann oder nicht. Die Antwort: Sie kann!

Ein Zusammenspiel aus blauen und weißen LED, die vor allem helles Tageslicht simulieren und so einen künstlichen Himmel ins Klassenzimmer holen sollte (siehe Foto), sorgte für entsprechende Erleuchtung.

Und tatsächlich: Die so erhellten Jugendlichen im Alter von 17 bis 20 Jahren arbeiteten spürbar besser als ihre Mitschüler in der Kontrollgruppe. Zumindest machten die Erleuchteten in verschiedenen standardisierten Leistungs- und Aufmerksamkeitstest bis zu einem Drittel weniger Fehler.

Mehr noch: Durch das tageshelle Licht verschob sich der Tagesrhythmus der Jugendlichen nach vorne. So waren die Schüler früher am Morgen fit und zeigten seltener die typischen Symptome der sogenannten Morgenmüdigkeit, auch als Social-Jetlag bekannt.

Auch die Lehrer profitierten vom Licht: Sie seien laut eigenen Angaben wacher gewesen und hätten sich besser gefühlt. „Der positive Einfluss von Licht bestimmter Farbtemperatur und Beleuchtungsstärke auf Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden des Menschen ist zwar schon seit längerer Zeit bekannt, dass Schüler unter der optimierten Beleuchtung aber so gut abschneiden, ist schon beeindruckend“, sagt Katrin Hille, Forschungsleiterin des ZNL und Verantwortliche der Lichtstudie.

Das Experiment erinnert nicht ganz zufällig an den Hawthorne-Effekt. Dennoch versichern die erfahrenen Wissenschaftlern, darunter auch der renommierte Psychologe Manfred Spitzer, sich über mögliche verfälschende Effekte bewusst gewesen zu sein: Über ein Motivationssystem wurden für beide Gruppen (Kontroll- und Vergleichsklasse) Anreize gesetzt, bestmöglich mitzuarbeiten. Außerdem war jeder Schüler mal in der Vergleichsgruppe und mal in der Kontrollgruppe, ohne einen Grund zu haben, das eine Mal besser und das andere Mal weniger gut mitzuarbeiten. Aber ganz ausschließen kann man den Hawthorne-Effekt auch hier nicht.


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[Bildnachweis: Kanashkin Evgeniy by Shutterstock.com, Osram]

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